"Bunte": Fühlen Sie sich auf einem Marathonlauf?
Olaf Scholz: Kann man so sagen. Erst mussten wir uns national gegen Berlin durchsetzen, jetzt die Hamburger befragen, dann im Erfolgsfall das IOC überzeugen. Wir haben ein tolles Konzept die bescheidenen Spiele der kurzen Wege auf einer Elbinsel. OlympiaCity nennen wir das. Im Umkreis von zehn Kilometern sind fast alle Wettkampfstätten erreichbar. Alle Sportler wohnen im Olympischen Dorf.
"Bunte": Elf Milliarden Euro soll das ganze trotzdem kosten. Das ist viel Holz in schwierigen Zeiten.
Olaf Scholz: Olympia ist eine Sache des deutschen Sports und des ganzen Landes. Die Spiele in Hamburg werden weniger kosten als die Spiele in London. Wir erwarten über drei Milliarden Euro an Einnahmen und können selbst 1,2 Milliarden aufbringen.
"Bunte": Die wahrscheinlich wieder viel teurer wird so wie bei der Elbphilharmonie ...
Olaf Scholz: Nein, dafür stehe ich mit meinem Namen als Bürgermeister. Wir wollen nichts schönrechnen und haben 700 Einzelprojekte durchkalkuliert. Mit Inflationsausgleich und Risikozuschlägen. So genaue Berechnungen neun Jahre vorher gab es noch nie.
"Bunte": Seit wann sind Sie so olympiabegeistert?
Olaf Scholz: Ich war schon als Junge mit meinen Eltern in München im Olympiapark. Als ich in diesem Sommer mit meiner Frau nach Italien fuhr, haben wir vom Münchner Olympiaturm die bis heute großartigen Anlagen betrachtet. Der olympische Geist ist dort gegenwärtig. Wir Deutschen sollten wieder einmal beweisen, dass wir Olympische Spiele organisieren können. Es kann ein zweites Sommermärchen geben.
"Bunte": Wie sportlich sind Sie selbst?
Olaf Scholz: Bis zu meinem 40. Lebensjahr war ich nicht besonders sportlich. Ich jogge zweimal in der Woche, am liebsten mit meiner Frau, die mich damals dazu motiviert hat. Und ich sitze sehr gerne im Ruderboot. So kann ich Hamburg vom Wasser aus betrachten; da sieht die Stadt ganz anders aus, wenn man auf der Alster und den Kanälen unterwegs ist. Körperliche Fitness ist dabei ein schöner Nebeneffekt.
"Bunte": Im Segeln könnten Sie auch in ihrem Alter noch Olympionike werden.
Olaf Scholz: Ja, aber ich habe leider nur den A-Schein. Und auch schon lange keine Praxis mehr. Das reicht nicht.
"Bunte": Ist es ein großes Handicap, dass jetzt überall über korrupte Sportfunktionäre diskutiert wird?
Olaf Scholz: Man darf das IOC nicht mit der FIFA verwechseln. Ich habe den Eindruck, dass beim IOC unter dem Präsidenten Thomas Bach sehr seriös gearbeitet wird. Wir machen auf jeden Fall alle Verträge öffentlich, im Hamburger Transparenzregister kann sie jeder nachlesen.
"Bunte": Los Angeles, Paris, Rom und Budapest sind ihre Konkurrenten ist schon die Bewerbung ein Wert an sich.
Olaf Scholz: Sie steigert unsere Bekanntheit schon mal spürbar. Aber wir wollen gewinnen, nicht nur dabei sein. Dass wir so gastfreundlich viele Flüchtlinge aufgenommen haben, nützt uns. Diese Großzügigkeit wird international anerkannt. In Barcelona, einer Hamburg vergleichbaren Stadt am Wasser, hat Olympia 1992 sehr viel bewirkt die Touristenzahlen und die Wirtschaftskraft sind danach enorm gestiegen. Für die Hamburger Stadtentwicklung ist Olympia eine Jahrhundertchance.
"Bunte": Wie hat Ihre Frau Britta Ernst gewählt?
Olaf Scholz: Sie hat mir verraten, dass sie für Olympia abgestimmt hat.
"Bunte": Sie ist Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, als Paar treten sie nicht oft auf.
Olaf Scholz: Unsere Devise heißt: Wir machen da, wo wir Verantwortung haben, unsere Arbeit.
"Bunte": Und 2024 werden Sie als Bürgermeister die Spiele eröffnen?
Olaf Scholz: Ich trete 2020 zur Wiederwahl an. Das habe ich meinen Wählern versprochen.
"Bunte": Und wenn Berlin ruft?
Olaf Scholz: Ich war schon Minister. Ich bin jetzt Bürgermeister. Das ist für jemanden, der in Hamburg aufgewachsen ist, das schönste Amt.
Das Interview führte Manfred Otzelberger.