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01.06.2010

Interview mit NDR Info

NDR Info: Herr Scholz, wie passt das für Sie zusammen: Mutig einerseits, andererseits ein Rücktritt in einer Zeit der Krise?

Olaf Scholz: Ich war über den Rücktritt überrascht, wie viele andere, und bedauere den Rücktritt auch. Andererseits ist es auch so, dass ich die Gründe noch nicht ganz nachvollziehen kann, um es einmal so auszudrücken.

NDR Info: Besonders empfindlich hatte Horst Köhler auf Kritik an seinen Äußerungen zu Afghanistan reagiert. Ist ein so dünnhäutiger Mann am Ende der Richtige an der Spitze des Staates gewesen?

Olaf Scholz: Das nachträglich festlegen zu wollen, ist nicht richtig. Auf alle Fälle muss jemand, der politisch Verantwortung in Deutschland hat, auch Kritik aushalten können. Denn wer Kritik übt, und das gehört zur Demokratie dazu, muss auch akzeptieren, dass er selbst auch im Licht der Öffentlichkeit steht. Sicherlich ist das so, dass beim Bundespräsidenten immer ein etwas anderer Maßstab gilt, und deshalb ist Kritik ja selten sehr persönlich geäußert worden, sondern immer ein wenig an der Person vorbei. So gehört sich das auch.

NDR Info: Sie fanden nicht, dass die Kritik der Grünen, vor allem die von Jürgen Trittin, zu hart, vielleicht unangemessen war?

Olaf Scholz: Jedenfalls würde ich mich wundern, wenn diese konkrete Kritik die Ursache für den Rücktritt war. Ich glaube, es war mehr so, dass der erkennbar schwindende Rückhalt in den Fraktionen, die ihn zweimal auf Bundesversammlungen zum Präsidenten gewählt haben, die Ursache für den Rücktritt ist. Aber das ist alles Spekulation, die Details wissen wir alle nicht.

NDR Info: Die Grünen haben Köhlers Rücktritt schon kurz nach Vollzug eingeordnet und ihn als Zeichen für das nahende Aus der schwarz-gelben Regierung interpretiert. Ist das zutreffend oder wurde hier ein bisschen zu früh das parteipolitische Süppchen gekocht?

Olaf Scholz: Mit der Parteipolitik bei Präsidentenfragen muss man sich etwas zurückhalten. Aber eins ist doch offensichtlich, dass insbesondere die erste Wahl des Präsidenten Horst Köhler auch ganz bewusst von dem damaligen Vorsitzenden von CDU/CSU und FDP als Zeichen des kommenden Wechsels betrachtet worden ist. Das kann man jetzt nicht vergessen, wenn man an den Rücktritt denkt.

NDR Info: Aus der SPD in Niedersachsen kommt vom neuen Landeschef Olaf Lies der Vorschlag, Margot Käßmann solle die Nachfolge Köhlers antreten. Wie ist Ihre Meinung: Ist das ein guter Plan?

Olaf Scholz: Wir haben uns vorgenommen, uns zunächst einmal zurückzuhalten. Der amtierende Bundespräsident, der Bürgermeister von Bremen, hat auch alle Parteien aufgefordert, jetzt nicht gleich zu Beginn mit Vorschlägen über die Nachfolge zu kommen. Ich glaube, das ist auch ein guter Rat, jedenfalls an die Bundesparteien. Und es ist auch so, dass erkennbar eine Mehrheit in der Bundesversammlung existiert - nach wie vor - für Union und FDP, und die müssen jetzt erst mal sagen, ob sie auf gemeinsame Kandidatensuche gehen, oder ob sie andere einbeziehen wollen.

NDR Info: Das heißt, die Parteifreunde in Niedersachsen waren da ein bisschen zu schnell?


Olaf Scholz: Nein, das ist durchaus etwas, was gerade für einen niedersächsischen Sozialdemokraten ein naheliegender Vorschlag ist. Aber für uns alle zusammen gilt, dass wir uns jetzt erst einmal besinnen und dann beraten wollen. Und natürlich auch gucken, inwieweit Parteipolitik bei den Mehrheitsparteien der Bundesversammlung eine Rolle spielt. Und wenn da ein Zeichen kommt, dass man auf eine gemeinsame Suche gehen will, auch mit den Parteien der Opposition, dann wäre das etwas, was wir aufgreifen würden. Wenn nicht, dann nicht.

 

Das Interview finden Sie auch auf der Internetseite des NDR.