Sehr geehrte Frau Professorin Rupp,
sehr geehrter Herr Dr. Göcks,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
für die Gelegenheit, heute einige Sätze zur Digital Readiness zu sagen, danke ich umso mehr, als mich die Einladung noch auf analogem Wege erreicht hat. Leider ist die Briefmarke inzwischen verschwunden. Vielleicht war kein Poststempel darauf, trotzdem haben wir sie nicht abgedampft und wiederverwendet, da bin ich ganz sicher. Wahrscheinlich ist sie einer Sammlung einverleibt worden, nach Dienstschluss.
Wir sollten die Nostalgiker nicht schelten, die so etwas tun, denn seit es Handyporto gibt, sind die Tage der Briefmarke gezählt. Ob das ein Fluch oder ein Segen der Digitalisierung ist, darauf komme ich am Schluss zurück.
Jedenfalls bin ich mitten im Thema, und nur noch einen Schritt von den Hochschulen entfernt. Das Motto der Veranstaltung verbindet zwei Begriffe, die die Herausforderungen des digitalen Zeitalters gut umreißen.
Change keine Frage, die Digitalisierung wird die Hochschulen, wird die gesamte Bildungslandschaft verändern. Sie hat bereits die soziale Kommunikation verändert, Stichwort social media, und arbeitet mit der Axt an den Wurzeln der traditionellen öffentlichen Kommunikationsverläufe; übrigens durchaus im Sinne früherer Querdenker wie Bertolt Brecht, der vor mehr als achtzig Jahren forderte, das Radio von einem Distributions- zu einem Kommunikationsapparat zu machen, damals noch ohne zu wissen, wie das technisch gehen sollte.
Inzwischen beginnt sie die Produktion zu verändern, Stichworte: Industrie 4.0 oder Internet der Dinge. Die damit verbundene Transformation in den Fabrikhallen ist in vollem Gange und gerade hier in Hamburg gehören zum Beispiel auch die Veränderungen im Hafen zu diesem Prozess.
In der öffentlichen Infrastruktur und Daseinsvorsorge das ist dann schon drittens wird die Digitalisierung den Gedanken, wo der nächste Briefmarkenautomat sei, bald in den Hintergrund treten lassen, denn jeder von uns hat mit seinem Smartphone schon jetzt mehr Rechenleistung in der Tasche als Houston Control beim Steuern der ersten Mondfähren aufbieten konnte. Sie erinnern sich, die wurden noch with the power of ten billion butterly sneezes analog in den Orbit entlassen.
Smart city ist das Stichwort zu dieser dritten Entwicklung. Ich nenne hier nur die technisch unterstützte Intermodalität als Beispiel also die Verknüpfung von Bus und Bahn mit CarSharing- und Mietwagensystemen, Leihfahrrädern und Taxis, die dafür sorgt, dass sich jede und jeder einzelne flexibler und mit mehr Übersicht durch die Stadt bewegen kann. Was auf mittlere Sicht, kombiniert mit emissions- und geräuscharmen Antriebssystemen, sehr viel zur Lösung urbaner Luftreinheits- und Lärmfragen beisteuern wird.
Also: Change und dazu die Readiness: Es ist nicht wirklich die Frage, ob man die Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche gut findet oder sie ablehnt. Bei allem Respekt für kulturkritische Warner; bei allem Wissen um Arbeitsplätze, die verloren gehen und durch neue, bessere ersetzt werden müssen und, da bin ich nach den bisherigen Erfahrungen zuversichtlich, auch ersetzt werden kann es letztlich nur darum gehen, die Chancen dieses technischen Fortschritts, der unwiderruflich kommt, bestmöglich zu nutzen; gleichzeitig mit ihm einhergehende Gefahren zu minimieren.
Wir müssen, was die Digitalisierung betrifft, alle miteinander aus der Bedrohungsdiskussion eine Chancendebatte machen.
Das erfordert Bereitschaft und aktives Handeln. Wir müssen den Willen haben, diese Entwicklung selbst zu gestalten. Andernfalls werden uns die Googlies und die Apple Cores, die Courseras und Udacities dieser Welt die Bedingungen diktieren, unter denen wir in Zukunft leben, arbeiten und lernen ein Szenario, das ich für eine demokratische Gesellschaft für schlicht nicht akzeptabel halte.
Wie Sie wissen, hat vor vier Wochen der IT-Gipfel der Bundesregierung in Hamburg stattgefunden und ich freue mich sehr darüber, dass genau dieser Wille zur politischen Gestaltung des Prozesses dort deutlich artikuliert und mit entsprechenden Maßnahmen unterlegt worden ist.
Dort ging es sehr intensiv auch um die Frage, ob und wie es uns in Deutschland und Europa gelingen kann, die Plattformen aufzubauen, auf denen sich künftig der Informations- und Wissenstransfer digitaler Gesellschaften vollzieht. Dazu gehört, dass wir die Schlüsseltechnologien der digitalen Welt nicht nur anwenden, sondern sie auch selbst entwickeln und beherrschen.
Im Rahmen der Arbeit unserer Regionalen Arbeitsgruppe zu Content & Technology haben wir gemeinsam mit Inhalteanbietern und Technologieunternehmen darüber gesprochen, wie künftige Kooperationen zwischen diesen beiden Welten aussehen können, die zum beiderseitigen Vorteil gelingen.
Diese Debatten sind wichtig und ihre Schlussfolgerungen reichen weit über den Bereich der Digital- und Kreativwirtschaft hinaus. Kooperation ist der Schlüssel zu einer gelungenen Transformation.
So weit, so gut, meine Damen und Herren,
was aber bedeutet Digitalisierung nun konkret für die Hochschullandschaft?
Auf dem Höhepunkt des MOOC-Hypes vor zwei Jahren wurden ja schon Stimmen laut, die vor dem Hintergrund eines künftigen, umfassend digitalisierten Vorlesungs- und Lehrangebots weltweit und für jedermann zu jeder Zeit verfügbar das Ende der Universität klassischer Prägung ausriefen. Das ist natürlich mehr als nur übertrieben, es ist ein Missverständnis.
Denn das, was an Universitäten stattfindet Forschen und Lehren im unmittelbaren Kontakt zwischen Professoren aller Gender und den Studierenden und zwischen den Studierenden untereinander das wird man trotz ausgefeiltester virtuell-technischer Möglichkeiten nie wirklich ersetzen können.
Es scheint ja schon fast ein klassisches Paradox zu sein: in Zeiten, in denen jeder Wissenschaftler weltweit per Internet kommunizieren kann, gilt Fußläufigkeit also die Chance, mal eben mit den Kolleginnen im Institut nebenan bei einem Kaffee über die neuesten Fragen zu plaudern als einer der zentralen Erfolgsfaktoren für die Ansiedlung neuer wissenschaftlicher Einrichtungen. Wir haben das gerade bei den Planungen für das neue Innnovationszentrum am DESY durchexerziert. Also, um die Zukunft unseres Hochschulstandorts ist mir nicht bange jedenfalls dann nicht, wenn er die Chancen, die die Digitalisierung bietet, geschickt nutzt.
Gleichzeitig muss Bildung grundsätzlich für alle da sein, muss sie allen zugänglich sein, und wenn es eine ernsthaft demokratische Seite der Digitalisierung gibt, dann besteht die weniger im Dauertwittern eigener Befindlichkeiten, womöglich live vom Rednerpult des Bundestages, als vielmehr darin, dass Informationen, auch wissenschaftliche, frei zugänglich sind und ausgetauscht werden können, natürlich unter Beachtung der Copyright-Regeln. Aber es darf niemand mehr dumm bleiben, weil ihm die Quellen versperrt sind und er oder sie gar nicht erst zu fragen wagt.
Andererseits haben Hochschulen andere Aufgaben als Volkshochschulen, die in Hamburg übrigens fast so alt sind wie die Universität.
Was aber die digitalen Bildungsangebote betrifft, so scheinen die für manche in erster Linie unter kommerziellen Aspekten interessant zu sein. Mittlerweile herrscht in dem Bereich eine ähnliche Goldgräberstimmung wie zu Zeiten des Neuen Marktes in der IT. Da werden weltweite Marktvolumina von 20 Milliarden Euro kolportiert, ein großer deutscher Medienkonzern kauft für angeblich eine halbe Milliarde eine amerikanische Bildungsplattform. Und wir sehen gerade auf dem amerikanischen Markt eine Reihe von reichlich mit venture capital angefütterten Anbietern, die, so scheint es, alle noch auf der Suche nach dem perfekten Geschäftsmodell mit der Ware universitäre Bildung sind.
Was wir in Deutschland nicht wollen und es geht ja schon los , sind Verheißungen vom Digitalen Erasmus für alle, von einem europäischen MOOC-Verbund, mit dem quasi Kleingedruckten zum Schluss, ich zitiere aus Spiegel Online: Seit September berechnet die Firma XY 149 Euro für ein Zertifikat mit fünf ECTS-Punkten, einzelne Kurse kosten noch mehr.
Demgegenüber haben wir in Deutschland aus meiner Sicht einen unschätzbaren Vorteil: nämlich ein staatlich finanziertes Hochschulwesen. Aus dem Hamburger Haushalt geht jedes Jahr fast eine Milliarde an Wissenschaft und Forschung. Und genau deswegen sind wir nicht gezwungen, das Thema Digitalisierung durch die kommerzielle Brille zu betrachten, sondern haben den Luxus, uns eigene Gedanken machen zu können. Den sollten wir uns gönnen und nicht jetzt hektisch ein paar MOOCs produzieren und über eine der bekannten Plattformen anzubieten, aus Furcht, wir könnten eine Entwicklung verpassen.
Wohlgemerkt, der digitale Bildungsmarkt ist in Bewegung. Und wer sich jetzt nicht überlegt, wie er sich in Position bringt, dem droht möglicherweise in einigen Jahren dasselbe Szenario, das wir etwa jetzt in der Verlags- und Buchhandelsbranche erleben: dass er nämlich die Vorgaben eines kommerziellen Plattforminhabers akzeptieren muss, um mit seinen Angeboten überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Um es ganz klar zu sagen: ich möchte nicht, dass irgendwann einmal ein internationaler Monopolist diktiert, welche Inhalte an Hamburger Hochschulen gelehrt werden und welche nicht.
Insofern ist es dann kein Luxus, darüber nachzudenken, wie unsere Hochschulen im digitalen Zeitalter funktionieren sollen es ist eine absolute Notwendigkeit.
Meine Damen und Herren,
wir haben in den vergangenen Monaten sehr intensiv mit allen staatlichen Hamburger Hochschulen Universität, TU, HAW, HCU, HfMT, HfbK und mit dem Multimedia Kontor Hamburg darüber diskutiert, wie die Grundzüge einer gemeinsamen Digitalisierungsstrategie aussehen könnten. Und ich bin sehr froh darüber, dass bei diesem Thema der gesamte Hochschulstandort mit großem Engagement an einem Strang zieht.
Wir sind uns darüber einig, dass dieser Prozess unterschiedliche Zieleebenen erfassen muss:
Zunächst einmal geht es natürlich um die Hochschulen selbst. Es geht um die Steigerung der Qualität von Lehre und Studium; es geht darum, die Hochschulen in den Stand zu versetzen, mit hohen Studierendenzahlen und einer zunehmenden Heterogenität Ihrer Studentenschaft umzugehen; es geht darum, national und international die besten Köpfe für die Hamburger Hochschulen zu gewinnen.
Zweitens geht es um den gesellschaftlichen Aspekt: Die Digitalisierung, ich sagte es schon, bietet die Chance, universitäre Lehrangebote für jedermann zugänglich machen. Damit ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für individuelle Bildungschancen und -karrieren; neue Zielgruppen können erschlossen, Bildungsübergänge können erleichtert werden, zum Beispiel von der Schule zur Hochschule. Im Bereich der beruflichen Fortbildung tun sich völlig neue Möglichkeiten auf.
Schließlich wird sich über eine erfolgreiche Digitalisierung der Hochschulen der gesamte Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Hamburg in ganz anderer Weise national und international präsentieren können.
Ausgehend von diesen strategischen Zielsetzungen haben wir unter dem Arbeitstitel Hamburg Open Online University eine erste Idee entwickelt. Arbeitstitel sollen ja manchmal äußerst langlebig sein, aber wie gesagt, das ist eine erste Idee, und das, was ich im Folgenden vorstelle, ist natürlich noch nicht bis ins Kleinste durchdekliniert. Wir stehen ganz am Anfang eines Prozesses.
Ich möchte die zentralen Elemente dieser Idee wie folgt skizzieren:
Erstens: Eine selbstentwickelte und -betriebene gemeinsame Plattform aller Hamburger Hochschulen, die sowohl von ihren Studierenden als auch von Außenstehenden in unterschiedlichsten Ausprägungen genutzt werden kann. Tatsächlich denken wir in diesem Zusammenhang nicht an eine Plattform klassischer Prägung, sondern an eine Enabler-Technologie, eine offene Architektur mit Basisfunktionalitäten, die über entsprechende Schnittstellen die Einbindung von externen Tools ermöglicht und auf dieser Basis schnell und bedarfsgerecht weiterentwickelt werden kann.
Eine Architektur, die unabhängig und auf jedem Device vor allem auch mobil durch offene Standards nutzbar ist; die den Einsatz unterschiedlichster didaktischer Settings ermöglicht und die Vernetzung, Kommunikation und Kollaboration in Communities unterstützt.
Zweitens: Das Etablieren eines neuen didaktischen e-learning-Ansatzes, der sich nicht in der Bereitstellung unterschiedlichster Materialien erschöpft die wird es natürlich auch geben , sondern Nutzer in den Stand setzt, anhand konkreter Aufgaben- und Problemstellungen sich selbst und gemeinsam mit anderen Wissen anzueignen; das problem based learning.
Wie kann das praktisch aussehen? Zunächst einmal stellt der Lehrende eine konkrete Aufgabe, sagen wir diese: Wie müsste ein Ersatz für die Köhlbrandbrücke idealerweise aussehen? Dann stellt er zur Lösung der Aufgabe geeignete Materialien zusammen und stellt sie in die Online-Bibliothek ein. Der Studierende entscheidet sich für die Bearbeitung einer Aufgabe, kann sich mit mehreren anderen, die dieselbe auch lösen wollen, zu einer Gruppe zusammenschließen, bearbeitet in der Gruppe mithilfe der zur Verfügung stehenden Materialien die Aufgabe und kann die Ergebnisse anschließend mit anderen Gruppen im Netz diskutieren. Am Ende können die erbrachten Leistungen zertifiziert werden; die im Rahmen der Erarbeitung erstellten neuen Materialien werden in die Online-Bibliothek übernommen.
Selbstverständlich sind hier unterschiedlichste Konstellationen denkbar. So kann diese Projektarbeit begleitend zu einem universitären Kurs erfolgen. Genauso gut können sich allerdings auch Studieninteressierte, die noch nicht an der Uni sind, an solchen Aufgaben gemeinsam mit anderen versuchen und im Erfolgsfall vielleicht auch Zertifikate erwerben. Und natürlich ist es denkbar, dass Studierende mit Nichtstudierenden in diesem Kontext zusammen arbeiten. Kurzum: wir wollen die technischen Möglichkeiten umfassend nutzen, um möglichst vielfältige Lernszenarien zu ermöglichen.
Drittens: Eine Vorreiterrolle Hamburgs bei der Entwicklung qualitätsgesicherter OER, open educational ressources. Ich will Sie an dieser Stelle nicht mit langwidrigen Definitionen und Abgrenzungsmerkmalen quälen, was OER sind und was nicht die kennen Sie ohnehin alle besser als ich. Einigen wir uns an dieser Stelle schlicht auf die Beschreibung: Lehr- und Lernmaterialien, die jedem Nutzer im Netz zur freien Verfügung stehen. Dass OERs bislang, zumindest im Rahmen universitärer Bildung, nicht in großem Umfang zur Verfügung stehen, hat eine ganze Reihe von Gründen: rechtlich nicht eindeutig geklärte Nutzungsbedingungen, schwierige Auffindbarkeit, fehlende Qualitätssicherung, eine durchaus nicht immer vorhandene Bereitschaft von Lehrenden, eigene Inhalte öffentlich zu machen, und whatnot. Wir wollen, dass möglichst alle Materialien, die im Rahmen der Hamburg Open Online University entwickelt und verwendet werden, einen geprüften OER-Standard haben. Das Ziel ist, dass sich OER made in Hamburg zu einem anerkannten Markenzeichen entwickeln und überall auf der Welt Anwendung finden.
Viertens: Support und Qualifizierung. Wir wollen, dass sich nicht nur die technikaffinen digital natives in der Professorenschaft auf unserer neuen Plattform tummeln. Die wollen wir natürlich auch, aber wir wollen, dass alle Lehrenden die digitalen Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Lehre einsetzten. Das erfordert das Etablieren von Strukturen in den Hochschulen, die Professoren und Lehrende durch eine breit angelegte Qualifizierung befähigt, die neuen medialen Möglichkeiten zur Verbesserung der Lehre zu nutzen. Und es erfordert weiterhin eine deutliche Verstärkung der an den Hochschulen bereits bestehenden Supportstrukturen, um Lehrende beim Erstellen entsprechender Materialien technisch zu unterstützen.
Fünftens: Anreize. Es ist vollkommen klar, dass das Entwickeln anspruchsvoller, attraktiver digitaler Lehr- und Lernangebote mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Daher wollen wir über ein Förderprogramm bessere Bedingungen zum Realisieren entsprechender Projekte schaffen. Zudem muss gute Lehre auch in der Wahrnehmung und in der wissenschaftlichen Reputation einen höheren Stellenwert erhalten Gute Lehre muss sich lohnen.
Hier sind Aspekte wie die Anrechenbarkeit für gute und aufwändige Lehre, die Vergabe von Lehrpreisen, ein Qualitäts- und Transparenz-rahmen, aber auch die Berücksichtigung guter Lehre in Berufungsverhandlungen wichtige Schritte. Es kann nicht sein, dass sich ein Nachwuchswissenschaftler, der sich in besonderer Weise für die Lehre engagiert und infolgedessen weniger Veröffentlichungen produzieren kann, in seinem akademischen Fortkommen selbst schädigt. Lehre muss Top-Priorität haben.
Wir wollen sehen, dass wir dies nicht nur für unsere Hamburger Hochschulen praktizieren, sondern über unser Beispiel es auch zu einem bundesweiten Standard machen.
Meine Damen und Herren,
Sie sehen, wir haben uns einiges vorgenommen. Es geht um deutlich mehr als lediglich eine technische Plattform, auf der digitale Formate präsentiert werden. Eine Digitalisierungsstrategie wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes verstanden wird und sämtliche Aspekte, die es in diesem Rahmen zu berücksichtigen gilt, ins Auge fasst. Und das ist eben nicht nur die technische Seite. Es geht um Inhalte, Didaktik, Recht, Governance, Support, Qualifizierung und eher zuerst als zuletzt Qualität.
Was wir brauchen, ist ein hochschulübergreifende Digitalisierungsstragie. Und insofern bin ich sehr froh darüber, dass alle staatlichen Hamburger Hochschulen gemeinsam angetreten sind, um dieses Ziel zu erreichen: beim Strategiewettbewerb Hochschulbildung und Digitalisierung des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft.
Es geht um nicht weniger als den digitalen Aufbruch in der Hochschullehre, also darum, dass die Hamburger Hochschulen sich in der Breite der Chancen und Möglichkeiten unterschiedlichster digitaler Formate bedienen, um die Qualität ihrer Lehre zu befördern und sich damit im nationalen und internationalen Vergleich einen eindeutigen Standortvorteil verschaffen.
Und es geht darum, dass sich unsere Hochschulen gegenüber unterschiedlichsten Zielgruppen öffnen. Dass künftig jeder und jedem ein breiter Fundus unterschiedlichster Materialen zur individuellen Bildung zur Verfügung steht, dass sich künftig jede und jeder auch aktiv an Lernprozessen mit unterschiedlichsten Partnern beteiligen kann.
Das wird nicht nur für jeden einzelnen Nutzer, sondern auch für die Hochschulen völlig neue Perspektiven eröffnen. Insbesondere für Schülerinnen und Schüler wird sich hier ein breites Anwendungsfeld ergeben. Sie können sich frühzeitig orientieren, Anregungen für ein späteres Studium gewinnen, eigene Qualifikationen überprüfen und wenn nötig nacharbeiten.
Die Hochschulen können durch gezielte Brückenangebote den Übergang zwischen Schule und Studium erleichtern und so die Abbrecherquoten minimieren, die in vielen Bereichen viel zu hoch sind und die nicht selten etwas mit falschen Erwartungen und Einschätzungen zu tun haben. Und die Schulen werden sich über ein großes Angebot freiverfügbaren Unterrichtsmaterials freuen können.
Meine Damen und Herren, dieser Prozess kann nur dann gelingen, wenn er nachhaltig in den Hochschulen installiert und auch von den Hochschulleitungen als prioritäre strategische Zielsetzung angenommen wird. Und natürlich wird dieser Prozess zusätzliche Ressourcen erfordern, die die Stadt den Hochschulen zur Verfügung stellen wird.
Wir werden uns jetzt gemeinsam auf einen Weg machen und unterwegs sicherlich vieles lernen. Daher finde ich es sehr wichtig, dass wir jetzt kein fertiges Projekt definieren und durchdeklinieren, um dann schlimmstenfalls am Ende festzustellen, dass es leider in der Praxis doch nicht so funktioniert wie gedacht. Ein Schicksal, das viele große IT-Projekte erlitten haben. Sondern wir werden jetzt Schritt für Schritt voran gehen, die Dinge immer wieder in der Praxis testen, nachjustieren und nur das übernehmen und implementieren, was wirklich läuft. Das nennt man, wie ich mir habe sagen lassen, eine agile Vorgehensweise. Nun denn!
Ich lade Sie als Expertinnen und Experten ein, uns auf diesem Weg kritisch und unterstützend zu begleiten. Education drives me insane / I can't recall all the facts on my brain, heißt es in einem damals noch analog aufgenommenen Song von Ray Davies. Ich glaube, wir könnten den Barden, wäre er Hamburger, beruhigen, und können alle gemeinsam gespannt auf das Ergebnis sein.
Und, meine Damen und Herren,
das Handyporto ich habe ja versprochen, darauf zurückzukommen , das Handyporto, für das die Deutsche Post vor Jahren einen Innovationspreis bekommen hat, es ist natürlich kein Fluch, sondern Segen. Zwar muss man dafür mehr bezahlen als den Nominalwert, aber dafür ist man auf der moralisch sicheren Seite, denn abdampfen und wiederverwenden lässt sich kein Zahlenalgorithmus. Wie Sie sehen, löst die Digitalisierung sogar Probleme, die wir nie hatten. An den echten werden wir mit ihr nicht scheitern.
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.