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27.06.2013

Kommunale Wohnungswirtschaft als politische Herausforderung am Beispiel der Freien und Hansestadt Hamburg

 
Sehr geehrte Frau Behrends,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
Kommunale Lebenswelten gestalten Als erstes fällt mir dazu ein, wie privilegiert wir Hamburger sind. Die Berliner allerdings auch, in ähnlicher Weise.
 
Das Privileg besteht darin, dass sich jede Hamburgerin und jeder Hamburger sagen kann: Eigentlich habe ich gar keinen Anlass, das Stadtgebiet jemals zu verlassen, es sei denn zu Dienstreisen oder Familienfeiern. Oder weil mein Handwerksbetrieb einen Auftrag im Kreis Pinneberg erhalten hat.
 
Berlinerinnen und Berliner, kann ich mir vorstellen, haben einen historisch bedingten größeren Drang, rauszufahren. Aber beide Städte haben alles: Man kann wohnen, arbeiten, lernen, nightlifen, netzwerken, abhängen, kommunizieren elektronisch oder real, indem man Bus, U-Bahn, S-Bahn oder Alster- beziehungsweise Spreedampfer fährt. Man kann aufregende Ausstellungen und Museen besuchen, in belebten Fußgängerzonen shoppen, man kann stundenlang durch den Wald laufen und sieht nur Eichhörnchen, gelegentlich Wildschweine.    
 
Zu den faszinierendsten Details in Berlin gehört der dreiminütige Fußweg vom Sony Center in den Tiergarten. Man verlässt den futuristischen Teil der Hauptstadt, überquert eine Straße und ist im Wald.
 
Das alles, und viel mehr, ist Stadt. Aber auch für das Stadtleben, und für das Regieren und Verwalten einer Stadt, gilt: Nichts kommt von selbst, und nichts bleibt von selbst wie es ist.
 
Das lässt schon die demografische Entwicklung nicht zu. In einer Stadt mit wachsender Bevölkerung zu leben und das tun wir auch nach dem Zensus ist ein besseres Gefühl als die Vorahnung, die sich beim Betrachten der Prognosen für ganz Deutschland und für Europa einschleicht. Zensus kommen, Statistiken gehen, aber die Zahl der Bürger und Bürgerinnen in unserem Land und auf dem Kontinent schrumpft unverdrossen weiter.
 
Nicht so in den großen Städten. Mancherorts ist von einer demografischen Rendite die Rede. Die wird uns in den großen Städten aber nicht in Form abnehmender Schüler-, Studenten- oder Erwerbstätigenzahlen zufallen. Im Gegenteil, unsere Art von demografischer Rendite erfordert jede Menge Arbeit: darauf hinzuwirken, dass viel mehr gut ausgebildete, optimistische Stadtbewohner, für die und deren Familien das urbane Leben attraktiv ist, junge und alte, auch tatsächlich in unseren Städten gut leben können. Und ein ausreichendes Angebot guten, bezahlbaren Wohnraums vorfinden. 
 
Und schon bin ich bei der Überschrift meines Warm-ups, so wurde er mir in der Einladung ans Herz gelegt: Kommunale Wohnungswirtschaft als politische Herausforderung am Beispiel der Freien und Hansestadt Hamburg. Eine Herausforderung ist es auch wegen der jungen und alten Stadtbewohner. Die älteste Bevölkerung Europas hat Deutschland schon jetzt und es ist ja auch wunderbar, dass inzwischen so viele Frauen und Männer ein hohes Alter erreichen. 
Das Wachstum der Städte schreitet fort. Das gilt nicht nur weltweit, sondern entgegen manchen flüchtigen, falschen Eindrücken auch in Europa und auch in Deutschland. Die demografische Entwicklung wird sich nicht so auswirken, dass unsere Städte schrumpfen. Berlin, Hamburg, München, Köln, nicht nur die vier größten deutschen Städte, sondern auch fast alle anderen unter den oberen zwei Dutzend wachsen.
 
Wir werden für diese Entwicklung verantwortlich sein und müssen, wie gesagt, dafür sorgen, dass es eine gute, eine für die Einwohner attraktive Art des Wachstums wird. Wir müssen diese Entwicklung nicht fürchten, sondern sollten sie begrüßen. In Hamburg sind wir der Überzeugung, dass die Städte auch Orte der Hoffnung sind. Und dass sie ihren Bewohnern das Versprechen auf ein besseres Leben geben.
Wer sind die Bewohner? Naturgemäß bilden sie gerade in den großen Städten eine überaus heterogene Großfamilie, und eben deshalb muss das Versprechen für alle gelten: für den Kaufmann, der gute Geschäfte machen will, ebenso wie für die junge Frau, die nach dem Studium einen Job sucht; 
 
für den Schulabgänger, der eine Lehrstelle braucht; die Familie, die aus einem anderen Land zuwandert und all die anderen. Noch lange lässt sich diese Aufzählung fortsetzen.
 
Das Versprechen lautet: Hier, in den großen Städten, finden Sie Arbeit. Auch als berufstätiges Paar mit Kindern, weil die in der Kita oder Ganztagsschule gut aufgehoben sind. Weil ihnen ein guter Ausbildungs- und Berufsweg offen steht.
 
 
Hier können sie ob Eltern oder nicht für verschiedene Arbeitgeber tätig sein und müssen trotzdem keine weiten Wege zurücklegen, um nach Feierabend wieder zusammenzufinden. Hier können Sie Ihren Arbeitsplatz auch wechseln, ohne gleich ihr gesamtes Umfeld aufzugeben.
 
Das Versprechen unnötig zu sagen, aber in der Praxis nicht immer erfüllt muss zu halten sein und das gibt es nicht für umsonst. Voraussetzung ist eine Infrastruktur, die für die jungen und mittleren, vielleicht sogar die älteren Urban Professionals und ihre Familien attraktiv ist .
 
Die Städte stehen in einem Wettbewerb zueinander, aber für sie alle gilt, dass genug bezahlbarer Wohnraum in guter Qualität zur Verfügung stehen muss, als ein zentraler Teil des Versprechens. Das aber heißt, Wohnungen zu bauen.
Meine Damen und  Herren,
auch Hamburg gehörte eine Zeit lang zu den Städten, die den Wohnungsbau vernachlässigten, trotz der Eigenwerbung, eine wachsende Stadt zu sein. Umso mehr brauchen wir jetzt schnell zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum.
 
Deshalb unser ehrgeiziges Wohnungsbauprogramm, mit dem Ziel, pro Jahr 6.000 Wohnungen zu bauen, darunter 2.000 Sozialwohnungen. Auf die komme ich noch gesondert.
 
Mit dem Wohnungsbauprogramm sind wir auf gutem Wege und in einer Rede vor hamburgischem Publikum würde ich jetzt ausführlich den Stand der Dinge erläutern. Das muss ich hier nicht, ich sage nur: 8.731 Genehmigungen hatten wir 2012 schon und ich bin optimistisch, dass wir diese Wohnungsbautätigkeit über Jahre hinweg auf hohem Niveau halten. Im bisherigen Jahr 2013 sind bereits mehr als 3.500 Baugenehmigungen erteilt worden.
 
Weitere Details mögen überregional nicht so relevant sein, aber ein paar grundsätzliche Punkte lassen sich schon am Beispiel Hamburgs veranschaulichen. 
 
Zum Beispiel dieser: Wir haben jetzt über 1,7 Millionen Einwohner, das sind ungefähr so viele wie 1969. Der Unterschied: Es gibt aber 200.000 Wohnungen mehr als damals trotz der eben erwähnten, zwischenzeitlichen Stagnation.
 
Mehr Wohnungen für die gleiche Zahl von Einwohnern und trotzdem ein jetzt bestehender  Wohnungsmangel, diese Dialektik dürfte nicht nur in Hamburg vorherrschen.
Das hat mit gestiegenen Ansprüchen auf elbow room pro Person zu tun. Ein Grund ist die heute höhere Zahl der Einpersonenhaushalte, nicht selten von zugezogenen oder jungen Leuten eingerichtet. Hinzu kommen langjährige Wohnungsinhaber, in vielen Fällen -inhaberinnen, die nach dem Auszug der Kinder und dem Tod des Ehepartners in der großen Wohnung geblieben sind. 
 
Mit 52 Prozent Singlehaushalten hat Hamburg zu planen, sich auf sie einzustellen. 
 
Einzustellen kann aber nicht heißen, der Verdrängung, beziehungsweise Chancenlosigkeit derjenigen zuzusehen, die keine Singles sind oder sich aus diesem Status herausbewegen wollen und bezahlbaren Wohnraum suchen.
 
Der gesamte Hamburger Wohnungsbestand umfasst circa 900.000 Wohneinheiten, diese Zahl enthält die Einfamilienhäuser. Mit fast 700.000 Wohnungen befindet sich der Großteil dieser Wohneinheiten aber in Mehrfamilienhäusern mit mehr als zwei Parteien.
 
Mit circa 70 Prozent sind die meisten Hamburger Wohnungen  in Privatbesitz. Der städtischen Wohnungsbau-gesellschaft  SAGA GWG gehören 14 Prozent der Wohneinheiten, weitere 14 Prozent befinden sich im Besitz großer Wohnungsbau-genossenschaften. 
 
Knapp 900.000 Wohnungen, das ist oder war vor einem Jahr der status quo. Bei dem kann es nicht bleiben. Mehr Einwohner auf der einen, höhere Ansprüche an Wohnfläche pro Kopf auf der anderen Seite sind eine potenziell konfliktträchtige Mischung, erst recht wenn die Mieten steigen. Und wenn heute wieder von Wohnungsnot die Rede ist, mag das mit Blick auf die Situation in den Nachkriegsjahren übertrieben, vielleicht sogar frivol klingen, aber es beweist, dass fehlende Wohnungen wieder ein Problem geworden sind. 
 
Hamburg hat große Pläne und wird weiter wachsen. Bis 2030 sagt man uns 1,9 Millionen Einwohner voraus, vielleicht werden es auch mehr. 
 
Nicht unerwähnt lassen will ich in diesem Zusammenhang die Metropolregion Hamburg mit demnächst fünf Millionen Einwohnern. Diese fünf Millionen erwarten, dass unsere Stadt ihre Rolle als Motor der Region annimmt und sich den Anforderungen an die Infrastruktur gewachsen zeigt. Von zum Beispiel Lüneburg nach Hamburg braucht die Bahn 30 Minuten, von Lübeck sind es 40 Minuten. Das sind Entfernungen, die anderen Städten dieser Welt als innerstädtisch gelten.
 
Trotzdem kann es keine Lösung sein, in Ermangelung eigenen Wohnraumangebots alle Neuankömmlinge nach Lüneburg oder Lübeck zu schicken. Die Metropole muss ihre Aufgaben selber lösen. 
 
Wenn wir uns darauf einlassen, dann sehen wir die praktischen Aufgaben vor uns, die damit verbunden sind. Die erste habe ich genannt: Wohnungen bauen.
 
Um das Ziel zu erreichen, haben wir uns in Hamburg auf eine klare und eindeutige Rollenverteilung geeinigt:
 
Es gibt die Senatskommission für Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Ich diskutiere mit den Senatoren für Wirtschaft, Finanzen und Stadtentwicklung alle sechs Wochen über den Wohnungsbau, wir treffen Entscheidungen und supervidieren das, was in den Bezirken geschieht. 
 
Denn um die konkreten Bebauungspläne und Genehmigungen kümmern sich die Bezirke. Diese klare Zuweisung hat ein Fundament. In einem Vertrag haben wir uns mit den sieben Bezirken, und zwar mit den Bezirksamtsleitungen und den Bezirksversammlungen, auf unmissverständliche Ziele  geeinigt. Jeder Bezirk kennt sein Ziel und seinen Anteil an den 6.000 Wohnungen, die jährlich genehmigt werden sollen und auch schon genehmigt werden. Jeder Bezirk hat sein eigenes Wohnungsbauprogramm. Das Potenzial der sieben Wohnungsbauprogramme liegt bei weit über 30.000 Wohnungen, das reicht für mehrere Jahre.
Um die öffentliche Förderung kümmert sich die Wohnungsbaukreditanstalt, die jetzt Investitions- und Förderbank heißt, aber den Wohnungsbau unvermindert hoch fördert. Wir wollen, dass mindestens ein Drittel der Neubauwohnungen öffentlich geförderter Wohnraum sind.
 
Um den Verkauf städtischer Grundstücke kümmert sich das Immobilienmanagement der Hamburger Finanzbehörde, das wir neu organisiert haben. Wir wollen städtische Flächen schneller aktivieren und auf den Markt bringen. 
 
Um die Koordination und den richtigen Rahmen kümmert sich die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Das heißt: um die Förderprogramme, den Flächennutzungsplan und die großen Stadtentwicklungsprojekte wie die HafenCity, die Neue Mitte Altona und Wilhelmsburg. Überhaupt: Wilhelmsburg! Dieses Jahr präsentiert sich  Wilhelmsburg mit der Internationalen Bauausstellung, IBA, und der Internationalen Gartenschau, igs, einem internationalen Publikum. 
 
Meine Damen und Herren,
die klare Rollenverteilung innerhalb der Politik und der Verwaltung, das ist die erste Säule des Wohnungsbaus in Hamburg. Die zweite Säule nennen wir das Bündnis für das Wohnen und geschlossen haben wir es mit der Wohnungs-wirtschaft und den Mieterorganisationen. 
 
Wobei die Stadt mit ihrem eigenen Unternehmen, der SAGA GWG, auch selbst Teil der Wohnungswirtschaft ist und diese Rolle in Zukunft wieder intensiver wahrnehmen will. Die Gesellschaft beginnt nun wieder Jahr für Jahr mit dem Bau von 1.000 Wohnungen und ist gleichzeitig die Lokomotive für die Genossenschaften und den privaten Wohnungsbau.
 
Meine Damen und Herren,
wir brauchen Wohnungen und Häuser in jeder Preisklasse. Und wir freuen uns über jeden, der ordentliches Geld verdient und sich eine schöne Wohnung oder ein nettes Haus in der Stadt sucht; zur Miete oder zum Kauf. Aber die größte Herausforderung neben dem Bau neuer Wohnungen ist sicherzustellen, dass die Wohnungen bezahlbar bleiben.
 
Das ist ein heikler Punkt, denn tatsächlich wird sich der Bestand an Sozialwohnungen in den kommenden Jahren deutlich verringern, weil viele Wohnungen regelhaft ihre Bindung verlieren. 
Das ist Anlass zum Handeln, denn sonst wird die eine Entwicklung das, was wir mit den Händen aufbauen, mit dem anderen Ende wieder umstoßen, jedenfalls langfristig.
 
Wenn Sozialwohnungen aus der Bindung herausfallen, heißt das nicht, dass deren Mieten sofort in enorme Höhen schießen. Vielmehr stehen die Wohnungen oft dem Markt erst mal zu weiterhin günstigen Preisen zur Verfügung, weil für laufende Mietverhältnisse Mieterhöhungen grundsätzlich gestaffelt und nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sind.
 
Zur deren Ermittlung steht in Hamburg der Mietenspiegel zur Verfügung. Demzufolge betrug die durchschnittliche Nettokalt-Miete im frei finanzierten Wohnungsbestand in Hamburg 7,15 Euro pro m². Die durchschnittliche Miete kürzlich ausgelaufener Sozialwohnungen dürfte in der Regel deutlich darunter liegen, da mehr als die Hälfte der gebundenen Wohnungen Hamburgs eine Nettokalt-Miete unterhalb von 5,50 Euro pro m² aufweist. Über 80 Prozent der gebundenen 
Wohnungen lagen im September 2010 günstiger als 6,50 Euro pro m².
 
Bei der SAGA / GWG betrug die durchschnittliche Miete für Wohnungen 5,82 Euro pro m² und Monat im Jahr 2012. Im öffentlich geförderten Bestand waren es 5,28 und im frei finanzierten 6,10 Euro. Also hat das städtische Unternehmen die eben vorher genannten Zahlen klar unterboten.
  
Die Gesellschaft hat zudem für 2012 zusätzliche begrenzende Kriterien für Mietanhebungen eingeführt. Die Zahlen verdeutlichen die Bedeutung der kommunalen Wohnungsunternehmen für die soziale Balance des Wohnungsmarktes.
 
Hinzu kommt, dass die Wohnungen nach Auslaufen der Bindung selbst in den Mietenspiegel mit einfließen, mit ihren nach wie vor günstigen Mieten. Somit haben sie auch hinterher noch eine mietpreisdämpfende Wirkung, nicht nur innerhalb des Mietenspiegels, sondern innerhalb des gesamten Wohnungsmarktes.
 
 
Bei uns hilft es dabei sehr, dass von den knapp 900.000 Wohnungen in Hamburg wie berichtet 256.000 im Besitz entweder der eben genannten städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA/GWG oder der großen Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften sind.
 
Es gehören also fast 30 Prozent des Wohnungsbestandes Eigentümern, die ihn zu Mietpreisen diesseits des freien Spiels der Marktkräfte zur Verfügung stellen. Die Wohnungen an die Stadtbewohner vermieten, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind. Und, wie gesagt, das wirkt insgesamt preisbildend.
 
Auch die Wohnungsbaugenossenschaften haben oftmals, vor allem bei Neuvermietungen, die Mieterhöhungsspielräume nicht voll ausgeschöpft. Sie gehören daher zum jedenfalls kulturell unverändert gemeinsamen Wohnungsbestand.
 
Meine Damen und Herren,
damit es mit dem bezahlbaren Wohnraum klappt, müssen wir einen hohen Bestand an öffentlichen Wohnungen vorhalten.     
 
Aber wir brauchen auch rechtliche Initiativen. Wir haben ja auf Bundesebene einiges angedacht und vorgelegt, aber ich beginne mit den Möglichkeiten, die das Landesrecht eröffnet.
 
Wir haben in Hamburg ein Gesetz zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Wohnungswesens formuliert. Darin geht es um Leerstand sowie Zweckentfremdung von Wohraum, zum Beispiel als Ferienwohnungen. Um zwei Punkte, die ein beständiger Anlass für Ärger und berechtigte Klagen der Mieterorganisationen und der Medien sind. Beide sind angesichts der angespannten Wohnraumlage nicht hinnehmbar.
 
Konkret geht es um Änderungen im Wohnraumschutzgesetz, im Wohnraumförderungsgesetz und im Wohnraumbindungsgesetz, jeweils mit dem Zusatz Hmb für Hamburg. Hauptpunkte sind:
 
  • die Dauer des erlaubten Leerstands wird von sechs auf drei Monate verkürzt;
  • es besteht eine Anzeigepflicht bereits ab dem ersten Tag nach dreimonatigem Leerstand und eine
  • Zwischenvermietungspflicht bei Um- und Neubaumaßnahmen.
 
Ferner weitet das Gesetz die Auskunftspflicht über etwaigen Leerstand gegenüber den Behörden aus. Sie gilt, außer für Vermieter und Bewohner, nun auch für Verwalter, Vermittler und Internetanbieter.
 
Wir stocken hierfür das Personal in den Bezirken auf und versprechen uns von dem Gesetz weit mehr als nur eine gute Presse. Wir glauben, dass wir eine erkleckliche Zahl von Wohnungs-suchenden allein hierdurch unterbringen können.
 
Nächster Punkt ist die Soziale Erhaltungs-verordnung. Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann die Gemeinde in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen, Zitat, zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. Zitatende. Das ließe sich syntaktisch eleganter formulieren, aber das Ziel ist klar: Schutz der Mieter vor Umwandlung ihrer Wohnungen in Eigentumswohnungen, vor dem Abriss ihrer Wohnungen und vor Luxussanierungen.
 
Soziale Erhaltungsverordnungen bestehen bisher für vier innerstädtische Gebiete. Drei weitere werden voraussichtlich in diesem Jahr 2013 in Kraft treten. Plausibilitätsprüfungen laufen darüber hinaus für fünf Stadtteile. 
 
Meine Damen und Herren,
unsere Bundesratsinitiativen sind dort diskutiert und beschlossen worden.
 
Wie kommen potenzielle Mieter besser an eine ihnen angemessene Wohnung, die auch bezahlbar ist? Die erste Bundesratsinitiative zur Änderung des Wohnraumvermittlungsgesetzes war eine gemeinsame Initiative der Länder Hamburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
 
In Großstädten ist es vielfach äußerst schwer, an eine Wohnung zu kommen, die nicht über den Makler vermittelt wird. Mit dieser Initiative wollten wir, dass bei der Maklercourtage künftig das Bestellerprinzip gilt. Danach soll der Vermieter, wenn der einen Makler beauftragt hat, die Courtage selbst übernehmen und nicht mehr auf den Mieter abwälzen können. Das Motto Wer bestellt, bezahlt ist gerecht und fair.
 
In weiteren Anträgen, die in den Bundesrat eingebracht wurden, ging es um überhöhte Mieten, insbesondere bei Neuvermietungen. Da nämlich wird dann richtig sichtbar, welche Preise sich durchsetzen lassen. Während wir sonst, wie erläutert, mit dem kommunalen Wohnungsbestand, dem Bestand an Sozialwohnungen, auch mit gesetzlichen die Mietpreisanstiege einigermaßen begrenzen können. Das gilt zumindest für die laufenden Mietverhältnisse.
 
Deshalb wollen wir Mieterinnen und Mieter wirksam davor schützen, dass sie Mieten von mehr als 20 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete zahlen müssen. Dem hat der Bundesrat am 7. Juni zugestimmt. Die Bestandsmieten sollten bei möglichen Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete auf 15 Prozent in vier Jahren begrenzt werden. Das war eine Forderung der  SPD aus dem Antrag Bezahlbare Mieten in Deutschland vom Februar dieses Jahres. Aktuell gelten nach dem Mietrechtsänderungsgesetz der Bundesregierung 15 Prozent in drei Jahren, wenn denn eine Rechtsverordnung dazu erlassen wird.
Für Hamburg ist das geplant und wahrscheinlich wird eine solche Verordnung im 3. Quartal verabschiedet.
 
Bei Wiedervermietungen dürfen Mieterhöhungen nicht dazu führen, dass die Miete mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt [juristischer Zusatz: Wird die Miethöhe beibehalten, dann ist die Vereinbarung nach §557c BGB wirksam, und zwar auch dann, wenn die neu vereinbarte Miethöhe mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt]. 
 
Wir wollen, dass mehr Wohnungen gebaut werden, um die Preisspirale bei den Mieten zu begrenzen. Damit geben wir aber auch ein Signal an die Wohnungswirtschaft: Gesetzliche Regelungen sollen nicht den Neubau von Wohnungen behindern, sondern die Spekulation im längst gebauten Bestand. Wir können und wollen die private Bautätigkeit nicht ersetzen und nicht auf sie verzichten. Und wir wissen um die Kosten neu gebauter frei finanzierter Wohnungen. Darum müssen bei ihrer Erst- und Wiedervermietung nicht die gleichen strengen Regeln gelten.
 
Wir sind sicher: Mit diesem ausgewogenen Mix an Maßnahmen werden wir den Herausforderungen des Wandels in den Städten am besten gerecht.
 
 
Meine Damen und Herren,
als ich Anfang des Monats vor dem Bundesrat diese Initiativen begründet habe, da habe ich auch sozusagen in Richtung Bundeskanzleramt gesprochen und gesagt: Wenn Hamburg am sozialen Wohnungsbau festhält, um so auch in der Zeit hoher Mieten einigermaßen die soziale Balance zu halten, dann wäre ein klares Signal der Bundesregierung hilfreich, dass die Kompensationsmittel für den sozialen Wohnungsbau bis 2019 weiterhin zur Verfügung stehen werden. Das haben wir jetzt nach langem sich über ein Jahr hinziehenden Ringen endlich erreicht. 
 
Diese und ähnliche Erwartungen an die Bundesregierung teile ich mit den Amtskollegen aus den fünf größten Städten Deutschlands also sind auch Berlin und Hamburg verbündet. Wir sind der Meinung, dass es angesichts dramatisch steigender Mieten in den Ballungsräumen absolute Priorität haben muss, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Bund muss die Großstädte dabei unterstützen. Denn sie stehen unter erhöhtem Nachfragedruck und müssen einen Großteil der Zuwanderung verkraften. Ende des Zitats.
 
Meine Damen und Herren,
wenn es eben hieß: Die Großstädte müssen einen Großteil der Zuwanderung verkraften, dann hätten wir obwohl es ja ein Kraftakt ist, wenn der nötige Wohnraum fehlt das Wort verkraften vielleicht trotzdem durch ein schöneres ersetzen können. Wir wollen ja Zuwanderung und brauchen sie.
 
Hamburg wird davon profitieren, dass anderswo Geborene in unsere Stadt ziehen, um dort zu arbeiten. Das betrifft Frauen und Männer aus Deutschland genauso wie solche aus dem Ausland. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat gerade in jüngster Zeit dazu geführt, dass viele Jüngere aus den südeuropäischen Regionen nach Hamburg gekommen sind, um Arbeit zu finden.
 
Etliche Studien weisen darauf hin, dass wirtschaftliches und Bevölkerungswachstum in den nächsten Jahren in vielen Städten, Ballungszentren und Metropolen stattfinden werden.
 
Große Städte sind Ankunftsstädte. Weltweit wird die Mehrzahl der Bevölkerung künftig in den Städten leben. Und die urbanen Räume werden noch mehr als bisher zu Zentren des kulturellen und wirtschaftlichen Lebens ihrer Länder.
 
Dieses Wachstum der Städte ist Teil des Zusammenwachsens Europas, das ungeachtet der aktuellen Turbulenzen  auf den Währungsmärkten weitergehen wird.
 
 
 
Die Städte müssen sich den Herausforderungen dieser Entwicklung stellen. Sie müssen nicht nur  genügend bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Schulen und Kindergärten müssen vorhanden sein, damit alle die ihnen zustehenden Bildungschancen wahrnehmen können. Aber auch, um den Eltern und Familien eine ausgewogene Balance zwischen Familie und Beruf zu ermöglichen.
 
Es muss ein urbanes öffentliches Verkehrssystem vorhanden sein, nötigenfalls geschaffen werden, das diesen Namen verdient. Dafür muss es übrigens auch das ist eine wichtige Folge des demografischen Wandels barrierefrei zugänglich sein. 
 
Meine Damen und Herren,
wir dürfen niemals mehr damit aufhören, Wohnungen zu bauen. 
 
Neuer Wohnraum muss in Zukunft auch und besonders in den Stadtteilen entstehen, die bisher im Schatten der anderen standen. Überall gibt es viele attraktive Flächen, die wir bislang noch nicht ausreichend städtisch erschlossen haben. Ich habe die Internationale Bauausstellung und die Internationale Gartenschau schon erwähnt. Mit diesen Ausstellungen hat Wilhelmsburg ein lange vernachlässigter Stadtteil in diesem Jahr zwei wichtige Impulsgeber für seine weitere Entwicklung erhalten. Und stolz können die Bewohner jetzt  sagen: Wir leben auf Europas größter bewohnter Flussinsel.
 
Der Hamburger Senat hat in den vergangenen Jahren viel Geld investiert, um diese Elbinsel fortzuentwickeln. Das öffentliche und private Investitionsvolumen seit 2007 in Wilhelmsburg, und ringsum, beträgt mehr als eine Milliarde Euro. 
 
Ich kann Ihnen allen nur empfehlen, bei Ihrem nächsten Hamburg-Besuch sich diese neu  durchgestarteten Stadtteile einmal selbst anzusehen. Sehr anregend! Unter anderem entstehen dort zurzeit die modernsten Häuser Hamburgs, die beweisen, dass wir den Herausforderungen der Energiewende gerecht werden können. Wir haben seit diesem Jahr die Trennung der Stadt an den Elbbrücken endgültig überwunden. Der Wegfall des bisherigen Zollzauns rund um den Freihafen bietet weitere Entwicklungschancen.
 
Ich bin sicher, dass Wilhelmsburg in 20 bis 30 Jahren einer der attraktiven Stadtteile Hamburgs sein wird, zum Arbeiten, zum Wohnen und für kulturelle Veranstaltungen.
 
Solche Entwicklungen gibt es auch in anderen Orten in Deutschland. Und sie sind gut. Wenn viele Quartiere als Wohnorte neu entdeckt und verbessert werden, müssen wir uns auch nicht vor der Gentrifizierung fürchten. Gentrifidingsbums, hat ein wortmächtiger Kritiker vor kurzem gesagt. Aufwerten ohne zu verdrängen. 
 
Stadtplanung muss aber immer weiter wollen und weitergehen. Es ist nicht damit getan, gewachsene Quartiere zu bewundern, wo sich Wohnen und Gewerbe bereits mischen, sondern solche Quartiere neu zu entwickeln. 
 
Unser Bestreben ist es, etliche weitere noch nicht entdeckte, oder noch nicht wieder entdeckte, Stadtbezirke weiter zu entwickeln. Wenn Sie zum Beispiel aus Hamburg von der Schanze oder Ottensen als Szenestadtteilen gehört haben, sollten Sie bald auch sagen können, dass 
Wilhelmsburg, die Veddel, Rothenburgsort, Hamm oder Horn ebenfalls gute Orte sind. 
 
Meine Damen und Herren,
zum Schluss noch einmal zu dem Privileg, in Berlin oder Hamburg zu wohnen. Oder in New York. In dem Film Broadway Danny Rose kann Woody Allen auf Mia Farrows Frage: Haben Sie Freunde außerhalb der Stadt? nur entgeistert antworten: Außerhalb der Stadt? Ich? Wofür halten Sie mich?
Dabei sind die beiden auf der Flucht vor der Mafia und könnten Freunde in einer abgelegenen ländlichen Gegend gut gebrauchen. Aber das führt uns jetzt vom Thema weg.
 
Ich wünsche Ihnen in Berlin und überall, und uns in Hamburg, eine gute urbane oder, wer das trotz allem vorzieht, natürlich auch rurale Zukunft.
Vielen Dank.
 
 
 
Es gilt das gesprochene Wort.