arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

12.12.2008

Kurzarbeitergeld auch für kleine Unternehmen

Interview mit der Neuen Rhein Zeitung

 

Herr Minister Scholz, in einigen Betrieben sieht es derzeit so aus: Die Zeitkonten sind leer, die Urlaubsansprüche ausgeschöpft, die Leiharbeiter wurden entlassen, Zeitverträge nicht verlängert. Jetzt kommt die Kurzarbeit. Rechnen Sie mit Massenentlassungen 2009?

Olaf Scholz: Es weiß keiner, was auf uns zukommt. Ich habe auch ein mulmiges Gefühl. Es kann alles schlimmer kommen, als wir heute vermuten. Allerdings: Fakt ist, dass wir auf dem Arbeitsmarkt die besten Werte seit 16 Jahren haben. Die Zahl der Arbeitslosen ist unter die Drei-Millionen-Marke gefallen. Fakt ist auch, dass wir nicht untätig bleiben und Sorge dafür getragen haben, dass kein Unternehmen Beschäftigte jetzt sofort entlassen muss. Deshalb ist das Kurzarbeitergeld von sechs auf 18 Monate verlängert worden.

Ist Kurzarbeit ein Thema für kleinere Unternehmen?

Scholz: Es sollte sich gerade bei kleinen Unternehmen wieder herumsprechen, dass wir den Nettolohn-Ausfall des Arbeitnehmers bezahlen. Das ist eine große Entlastung für die Unternehmen. Beim Arbeitgeber verbleiben nur noch Sozialbeiträge und Urlaubsentgelt.

Was ist noch im Arsenal?

Scholz: Generell empfehle ich: Qualifizieren statt entlassen. Am wirksamsten ist das Programm Wegebau”. Wir übernehmen die Qualifizierungskosten und in dieser Zeit auch den Lohn.

Sie hören sich so an, als würden Sie jetzt viel Geld in die Hand nehmen.

Scholz: Die Agentur für Arbeit hat 15 Milliarden Euro an Rücklagen. Die sind für genau die heutige Situation da. Wir können jetzt aktiv Arbeitsmarktpolitik machen und sogar gleichzeitig, passend zur konjunkturellen Lage, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung senken.

Auch die politischen Annahmen für 2009 haben sich geändert. Bisher ging man davon aus, dass die große Koalition schnell zum Wahlkampf übergehen würde...

Scholz: Ein Irrtum. Stillstand kann sich die Koalition nicht leisten. Die Bürger werden sich nicht für die Marktschreier interessieren.

Bis vor kurzem hat der SPD-Kanzlerkandidat vom Ziel der Vollbeschäftigung geredet. Macht man sich jetzt lächerlich?

Scholz: Vollbeschäftigung ist kein Ziel für 2009, wohl aber für Mitte des nächsten Jahrzehnts. Eine demokratische Marktwirtschaft darf das Ziel Beschäftigung für Alle zu schaffen nicht aus den Augen verlieren. Das wäre Zynismus. Und auf diesen Zynismus der Politik, folgt der Zynismus der Bürger. Eins ist klar, wären wir in den letzten Jahren beim Beschäftigungsaufbau nicht so erfolgreich gewesen, würden wir uns nicht über die Perspektive Vollbeschäftigung unterhalten.

Die Leiharbeiter sind in der Krise als erste dran. Wie prekär ist deren Situation?

Scholz: Richtig ist, dass die Zeitarbeitnehmer meist besonders hart betroffen sind. Sie sind oft als erste dran, wenn Personal abgebaut wird. Wir machen deshalb auch der Zeitarbeit Angebote: Qualifizierung und Kurzarbeitgeld.

Mindestlöhne wären ein Signal. Wann kommt die Koalition zu Potte?

Scholz: Ich glaube, dass wir uns um den Jahreswechsel herum verständigen werden. Übrigens: Die Zeitarbeitbranche erfüllt alle Voraussetzungen für Mindestlöhne. Zwei Arbeitgeber-Verbände haben sie beantragt. Die Mehrheit der Leiharbeiter sind bei ihnen beschäftigt, mehr als die Hälfte ist tariflich gebunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Union das Geschäft der weniger seriösen Unternehmen der Branche betreibt.

Der Rentenbericht sah für 2009 ein Plus 2,75 Prozent vor. Ist das noch realistisch?

Scholz: Ich habe keine neuen Voraussagen. Ich rechne damit, dass die Rentenerhöhung höher als 2008 ausfallen wird, weil die Lohnentwicklung besser war.

Die Rentner spüren nicht den Rückstoß der Krise?

Scholz: Die Rentenkassen sind voll und ich wehre mich mit Händen und Füßen dagegen, an die Rücklage der Rentenversicherung zu gehen. Die Rücklage ist in den letzten Jahren wieder gewachsen. Die Ein- kommen der Rentner sind sicher und stabil finanziert. Ihre Kaufkraft brauchen wir auch.

 

Hier finden Sie das Interview auf der Internetseite der Neuen Rhein Zeitung.