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01.03.2003

Mehr Zeit für die UN-Waffen-Inspekteure - den Irak mit friedlichen Mitteln entwaffnen

Meine Damen und Herren, liebe Freunde,

Deutschland wird sich an einem Krieg gegen den Irak nicht beteiligen, und Deutschland wird keiner UN-Resolution zustimmen, die einen Krieg gegen den Irak legitimiert. Das ist die klare Aussage der Bundesregierung, und das ist genau die Position, die Deutschland bereits seit Monaten vertritt.

Diese frühe Festlegung der Bundesregierung auf eine eindeutige Linie in der Irak-Frage macht deutlich: Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik. Wir haben einen klaren Kurs,  und auch in der wichtigen Frage von Krieg oder Frieden legen wir unsere Karten auf den Tisch. Das ist gut so. Denn in einer Demokratie geht es nicht um geheime Vorbehalte, sondern um eindeutige Aussagen.

Diese Aussagen hat die rot-grüne Bundesregierung früh gemacht. Und sie ist von ihrem richtigen Kurs auch dann nicht abgewichen, als die CDU uns und den Menschen in Deutschland weiß machen wollte, Deutschland vertrete eine isolierte Position. Diejenigen, die mit dieser Legende noch vor Wochen durch die Lande tingelten, müssten sich heute eigentlich schämen. Denn heute wissen wir: Die  unmissverständliche Linie der Bundesregierung hat erst dazu geführt, dass immer mehr Länder auch im UN-Sicherheitsrat ernsthaft nach Möglichkeiten suchen, die Irak-Krise mit friedlichen Mitteln zu lösen.

Eine Sache ist mir wichtig: Wenn wir heute für eine friedliche Lösung der Irak-Krise demonstrieren, dann hat das überhaupt gar nichts mit einer Positionierung zugunsten von Saddam Hussein zu tun. Saddam Hussein ist ein brutaler Tyrann. Er knechtet sein eigenes Volk, er hat die Kurden im Nord-Irak mit Giftgas umgebracht, er ist eine Gefahr nicht nur für die Region des Mittleren Osten. Saddam Hussein verfügt über Waffen, die er nicht haben darf. Deshalb muss er entwaffnet werden.

Diese Entwaffnung läuft bereits. Im Irak gibt es heute bereits weit weniger Waffen als noch vor zehn Jahren. Und es werden durch die Arbeit der UN-Waffeninspektoren fast täglich weniger. Die UNMOVIC-Inspektoren müssen die Chance bekommen, ihre Arbeit erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Die richtige Antwort auf die vom Irak ausgehende Gefahr ist die von der UN beschlossene und praktizierte Sanktions-, Eindämmungs- und Kontrollpolitik. Es ist die Politik, die in den Resolutionen der Vereinten Nationen zum Ausdruck kommt, und diese Politik wird von der Bundesregierung gestützt. 

Ich sage es noch einmal: Die Abrüstung des Irak, die Zerstörung von verbotenen Waffen und Trägersystemen, muss weitergehen. Deshalb brauchen die Waffeninspektoren der Vereinten Nationen mehr Zeit für ihre wichtige Arbeit. Diese mutigen und engagierten Männer und Frauen sind damit beschäftigt, eine glimmende Lunte auszutreten, und diese Männer und Frauen unterstützen wir mit dieser Kundgebung.

Die Alternative zur Arbeit der Inspektoren wäre ein Krieg. Doch ein Krieg ist kein erfolgversprechendes Mittel, die Ziele Entwaffnung des Irak und Stabilisierung der Region zu erreichen. Es ist nicht einmal sicher, dass man sich Saddam Hussein durch eine Militäraktion vom Hals schaffen kann. Sicher ist aber etwas anderes: dass einem  Krieg viele, viele  unschuldige Zivilisten zu Opfer fallen würden. Und nicht allein das: Es ist zu befürchten, dass die gesamte Region des Nahen und Mittleren Osten ins Taumeln gerät. Es ist zu befürchten, dass die Anti-Terror-Koalition auseinander bricht die Koalition, zu der auch die Bundeswehrsoldaten gehören, die noch immer in Afghanistan sind. Wenn diese Koalition scheitern sollte, dann käme das einem Sieg des internationalen Terrorismus gleich.

Meine Damen und Herren,

ich will einige wichtige Dinge über Deutschland und die NATO sagen, über deutsche Außenpolitik und die Verpflichtungen, die Deutschland auf internationaler Ebene eingegangen ist. Deutschland ist ein fester Partner im NATO-Bündnis, und Deutschland ist wichtiger Teil der Anti-Terror-Koalition, die sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gebildet hat. Mit Blick auf die deutsche Beteiligung an Kriegen und Militäreinsätzen im Kosovo, in Mazedonien, Ost-Timor und in Afghanistan ist klar, dass die Bundesregierung in der aktuellen Irak-Frage nicht aus einer pazifistischen Haltung heraus handelt. Deutschland ist in vielen Krisenregionen der Welt aktiv und leistet seinen Beitrag. Deutschland war bereit, als Lead Nation gemeinsam mit niederländischen Soldaten die Friedensmission ISAF in Afghanistan zu führen. Deutschland unterhält das zweitgrößte Kontingent von Soldaten bei Friedenseinsätzen im Ausland. Niemand kann mit gutem Gewissen sagen, dass wir nicht dort stehen, wo es wichtig und sinnvoll ist.

Die Entscheidung des Jahres 1999 für eine deutsche Beteiligung am Krieg im Kosovo war eine wichtige Zäsur. Sie bedeutete den Abschied von der Entscheidung, sich nicht mit eigenen Kampftruppen an Kriegen zu beteiligen. Noch drei mal danach wurde in der ersten rot-grünen Regierungsperiode ein Auslandseinsatz der Bundeswehr vom Parlament gebilligt. Alle diese Entscheidungen waren richtig. Sie dienten der Verhinderung eines Völkermordes im Kosovo. Sie dienten der Verhinderung eines Bürgerkrieges in Mazedonien. Und sie dienten der Unterstützung der freien Welt nach dem 11. September 2001, als sich eine internationale Terror-Organisation des Staates Afghanistan  bemächtigt hatte. All dies waren legitime und vom Völkerrecht getragene Anlässe für Militäreinsätze.

Eines ist aber auch klar: Ein Krieg gegen den Irak ist nicht die logische Folge der gerade beschriebenen Entscheidungen, die die rot-grüne Bundesregierung in den letzten Jahren getroffen hat. Im Gegenteil: Ein Krieg gegen den Irak würde die Legitimationsbasis verlassen, auf der Bundeswehreinsätze seit 1998 stattgefunden haben. 

Jetzt gibt es dennoch Leute, die die Friedenspolitik der Bundesregierung als Populismus diskreditieren wollen. Gerade wir in Hamburg wissen seit der Regierungsbeteiligung des unsäglichen Ronald Schill, was Populismus ist: ein Werben um Stimmen mit üblen Ressentiments. Populismus ist nicht, wenn eine Regierung mit der überwältigenden Mehrheit der Menschen einer Meinung ist. Diese Situation haben wir derzeit in Deutschland und in vielen anderen Ländern, die den deutsch-französischen Kurs in der Irak-Problematik unterstützen.

Als ich vor einigen Tagen hier in Hamburg Flugblätter verteilte, um zu dieser Kundgebung aufzurufen, ist etwas bemerkenswertes passiert. Eine Frau nahm sich die Zeit, das Flugblatt an Ort und Stelle zu lesen, und dann sprach sie mich an. Sie kam aus Holland, und sie sagte nur: Ich finde es gut, dass die deutsche Regierung an ihrer Position festhält. Ich gratuliere ihnen. Und ich habe ihr das gesagt, was ich auch Ihnen hier gern sage: Deutschland wird in der Frage nach Krieg oder Frieden fest bleiben. Deutschland wird sich mit seinen Soldaten nicht an einem Krieg im Irak beteiligen. Deutschland wird keiner Resolution im UN-Sicherheitsrat zustimmen, die einen Krieg legitimiert. - Und es ist gut, dass immer mehr Menschen den Kurs der Bundesregierung unterstützen.

Vielen Dank!