Olaf Scholz im Interview mit der BILD-Zeitung
BILD: Herr Arbeitsminister, Sie fordern im Ausbildungspakt von den Unternehmen 2009 mindestens 600.000 Ausbildungsplätze. Aus der Wirtschaft heißt es: In der Krise schaffen wir das nicht. Was nun?
Olaf Scholz: Die meisten Unternehmen sind trotz Krise in der Lage, genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Also meine Bitte an die Chefs: Tut trotz Krise, was ihr könnt!
BILD: Die Zahl der Schulabgänger geht zurück. Reichen da nicht weniger Plätze?
Scholz: Nein. Wir brauchen trotzdem mindestens 600 000 Plätze. Schon heute gibt es fast 1,5 Millionen junge Leute zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsabschluss. Die haben kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Es muss unser Ziel sein, dass jeder mit 20 entweder Abitur hat oder eine Berufsausbildung. Sonst produzieren wir Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel. Das wäre Irrsinn.
BILD: Viele Betriebe leiden aber unter der Krise und haben vielleicht keine Ausbildungskapazitäten...
Scholz: Wir tun viel, um die Betriebe in der Krise zu unterstützen. Darüber kann sich niemand beschweren. Aber: An der Ausbildung dürfen wir nicht sparen. Und der Staat und die Bundesagentur für Arbeit leisten den Betrieben vielfältige Unterstützung, damit sie auch in dieser schwierigen Zeit ausbilden. Wer jetzt nicht ausbildet, ist außerdem sehr kurzsichtig. Denn in wenigen Jahren fehlen uns Fachkräfte. Unternehmen, die nach der Krise freie Stellen nicht mit qualifizierten Leuten besetzen können, kriegen dann richtig Probleme.
BILD: Die Wirtschaft hält viele Jugendliche nicht für ausbildungsfähig. Ist das übertrieben?
Scholz: Es stimmt, dass viele junge Leute nicht alles mitbringen, was sich ein Ausbildungsbetrieb wünscht. Die Kritik an den Ergebnissen der Schulpolitik ist berechtigt. Dass 80 000 junge Leute jährlich die Schule ohne Abschluss verlassen, ist nicht naturgegeben, sondern Staatsversagen.