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22.01.2004

Neuwahlen für Hamburg - Vertreterversammlung der Hamburger SPD am 22. Januar 2004

Vertreterversammlung 22. Januar 2004
Rede von SPD-Landeschef Olaf Scholz


Liebe Genossinnen und Genossen,

ich begrüße Euch zu unserer heutigen Versammlung. Diese Versammlung hat einen wichtigen Grund: Endlich, endlich gibt es in Hamburg neue Wahlen!

Eine Neuwahl - das ist für eine große alte Volkspartei immer guter Anlass, zusammen zu kommen und zu zeigen, was diese Partei kann, und was die vielen Menschen können, die diese Partei darstellen. Wir stellen uns den Wählerinnen und Wählern!

Ich persönlich habe Wahlen immer als ein Fest der Demokratie empfunden, und wir sind diejenigen, die gerne mit den Menschen an den Infoständen, auf den Straßen und Plätzen reden. Wir wollen sie überzeugen, dass ein Regierungswechsel in dieser Stadt dringend notwendig ist.

Wir Hamburger Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollten schon früher neue Wahlen für unsere Stadt. Ich erinnere mich noch genau an den vergangenen Sommer. Schon damals haben wir gesagt: Das geht nicht länger gut im Hamburger Rathaus. Diese Regierung ist am Ende, sie kann nicht mehr weitermachen. Das große Versprechen, das der Bürgermeister von Beust den Hamburgerinnen und Hamburgern Ende 2001 gegeben hat, als er seine Schill-Beust-FDP-Regierung bildete, hat er nicht einhalten können. Sein Versprechen war: Es macht nichts mit einer rechtspopulistischen Partei zu koalieren. Es macht nichts, einen Pakt mit Ronald Schill zu schließen. Dieses Versprechen den Hamburgerinnen und Hamburgern gegenüber hat er gebrochen!

Und Beust hat nicht den Mut gehabt, die Konsequenzen zu ziehen. Er hat sich nicht getraut. Er hat versucht, sich durchzulavieren. Es war das Ziel des Bürgermeisters von Beust, sich durchzuwurschteln bis zum regulären Wahltermin - und der wäre erst in
zwei Jahren gewesen. Dieses Kalkül, wie so viele andere, ist nicht aufgegangen. Aber nicht etwa Mut, nicht etwa die Bereitschaft, sich den Wählerinnen und Wählern zu stellen, hat dazu geführt, dass wir jetzt endlich doch Neuwahlen bekommen. Nein, es war die Tatsache, dass der Schill gesagt hat: Du kriegst deine Mehrheit für die Haushaltsgesetze nicht mehr zusammen. Es war also Feigheit des Bürgermeisters und nicht sein Mut, was dazu geführt hat, dass wir jetzt Neuwahlen bekommen. Ich finde, das sollten die Hamburgerinnen und Hamburger im Hinterkopf haben, wenn sie wählen gehen und entscheiden, wer Hamburg in Zukunft regieren soll.

Eines ist in den letzten Jahren ja selbst für unsere Mitbewerber und unsere Gegner nicht mehr zu leugnen gewesen. Dass wir in Hamburg einen Innensenator und zweiten Bürgermeister Namens Ronald Barnabas Schill haben. Dass sich dieser Mann immer wieder schlecht benommen hat. Dass er dadurch negativ aufgefallen ist und Hamburg in der ganzen Bundesrepublik Negativ-Schlagzeilen eingebracht hat. Ja, dieser Mann war der Zweite Bürgermeister unserer Stadt. Und angesichts dieser Tatsache drängt sich eine Frage auf:  Hatten wir eigentlich einen Ersten Bürgermeister? Gab es jemanden, der diese Stadt regiert hat? Gab es einen Ersten Bürgermeister, der etwas bewegt hat für die Zukunft Hamburgs? Nein, Fehlanzeige! Es gab keinen Ersten Bürgermeister, der sich auch als Erster Bürgermeister im Sinne und im Interesse der Freien und Hansestadt Hamburg betätigt hat. Und darum ist es auch gut, dass wir jetzt Neuwahlen bekommen und mit diesen Neuwahlen die Chance, den amtierenden Bürgermeister in die Opposition zu schicken können, liebe Genossinnen und Genossen.

Man muss ja ab und zu daran erinnern: Der Bürgermeister von Hamburg - das ist nicht bloß
ein normaler Bürgermeister. Nichts gegen Kiel, nichts gegen Hannover, auch nichts gegen Frankfurt oder Stuttgart: Aber der Bürgermeister von Hamburg, das ist einer der 16 Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Der steht einem Staat vor. Hamburgische Bürgermeister, das waren Menschen wie Henning Voscherau. Das waren Menschen wie Peter Schulz. Das waren Menschen wie Klaus von Dohnanyi, Ortwin Runde und Hans-Ulrich Klose. Das waren Menschen, das waren Persönlichkeiten, die stets an den politischen Debatten und Diskussionen in unserer Stadt und in unserem Land teilgenommen haben. Sie hatten in diesen Diskussionen stets etwas wichtiges zur Zukunft Deutschlands und dieser Stadt zu sagen. - Was hat Bürgermeister von Beust in den letzten Jahren und Monaten  zu sagen gehabt? - 

Wir erinnern uns, wir hören und lesen es immer wieder: Wie das schiefgelaufen ist mit dem  Schill, den Ole von Beust zum Innensenator und zum Zweiten Bürgermeister gemacht hat.  Wie das  schiefgelaufen ist mit dem Lange, der im wichtigen Bereich der Bildungs- und der Kita-Politik so viel Chaos angerichtet hat. Wie Beusts guter Bekannter Roger Kusch in der Justiz herumgefuhrwerkt hat. Aber trotz aller Peinlichkeiten, Affären und Skandale heißt es aus dem Senat am Ende immer: Eigentlich haben wir doch eine gute Regierungsarbeit geleistet. Die die Rücktritte, die Skandale, würden die eigentlich gute Regierungsarbeit überdecken. Fast stereotyp: Jedes mal kam diese Presseerklärung - vom Fraktionsvorsitzenden der CDU, von der Bürgermeisterei und allen anderen. Wir wissen aber, was die Menschen darüber denken. Und wir haben uns auch selbst ein Urteil gebildet. Und deshalb, bitte ich jeden und jede von Euch: Wenn Ihr mit den Bürgern in Hamburg sprecht und sie zu überzeugen sucht, dass sie zur Wahl gehen, dann fordert sie auf, wieder die Sozialdemokratische Partei zu wählen. Stellt ihnen doch einfach eine Frage: Was sind die Erfolge des Beust-Schill-Senats? Ihr werdet keine Antwort bekommen. Denn da ist nichts, was man antworten kann. Fragt und erzählt von der Antwort, die ausgeblieben ist, liebe Genossinnen und Genossen.

Ich kann Euch auch heute schon sagen, was Herr von Beust sagen wird: Herr Scholz - neulich hatte er es zu Walter Zuckerer gesagt Herr Zuckerer, das ist jetzt aber unsachlich. Wir wollten doch einen sachlichen Wahlkampf führen. - Nein, das ist nicht unsachlich! Das entspricht dem Urteil der Menschen. Und auf die kommt es bei der Wahl an, nicht auf diejenigen, denen es egal ist, dass Beusts Senat nichts auf die Beine gestellt hat. 

Aber es gibt etwas weiteres, etwas wichtiges: Wir sollten nicht in die Falle hineingehen, die die Strategen der CDU und die Hinterleute des Bürgermeisters aufstellen werden - und nicht nur für uns, sondern ehrlicherweise für alle Wahlberechtigten dieser Stadt. Wie diese Falle aussieht? Diese Falle ist ein Wahlkampf, der eigentlich gar nicht stattfindet. Ein Wahlkampf, in dem eigentlich gar kein Wahlkampf gemacht wird.

Wie kommt man sonst aus der Affäre, wenn man zwar über sich berichten muss, aber gar nichts vorzuweisen hat? Was macht man, wenn man wieder gewählt werden will, aber keine Ergebnisse, keine Leistungsbilanz vorweisen kann? Ja, man verweigert sich dem politischen Mitbewerber. Das aber ist ein bisschen wenig fürs gewählt werden. Das ist zu wenig angesichts der vielen ungelösten Probleme in unserer Stadt. Und ich sage ausdrücklich, die Menschen wissen, welche Probleme es gibt. Es sind die fehlenden Kindergartenplätze, es ist 
der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern ist, - ein Thema, mit dem CDU und FDP vor der letzten Wahl angetreten sind es ist die Tatsache, dass die Kriminalität in dieser Stadt schlimmer geworden ist und nicht besser, trotz all dem Getöse, das wir gehört haben. Das alles müssen wir den Menschen sagen, liebe Genossinnen und Genossen.

Zum Thema Kriminalität will ich noch ein paar Sätze sagen: Ich meine nicht, dass wir immer alles richtig gemacht. Auch wir haben mit den Statistiken gearbeitet, um Aussagen über die Sicherheitslage in der Stadt machen zu können. Da haben einige von uns vielleicht ab und zu den Fehler gemacht, zu viel zu interpretieren. Das war nicht gut, weil die Menschen sich missverstanden fühlten. Weil sie den Eindruck erhalten konnten, die da oben reden sich die Welt schön. Was wir aber niemals gemacht haben: Wir haben niemals Statistiken gefälscht. Und auch das unterscheidet uns vom amtierenden Senat. Der hat Straftaten - etwa aus dem Bereich der organisierten Kriminalität einfach ignoriert, hat sie nicht in die Statistik einfließen lassen. Und so kam es, dass plötzlich 48.000 Straftaten fehlten.

Wir werden jetzt eine neue Kriminalitätsstatistik vorgelegt bekommen. Die wird zeigen: Die Kriminalität in Hamburg ist gestiegen. Und die Aufklärungsquote ist gleichzeitig gesunken. Auch da ist auch nichts besser geworden. Und am Ende kommen die Tricksereien des Senats ans Licht. 

Ich glaube, das alles ist ein Zeichen dafür, dass seriöse Politik, dass Anstand in der Politik schon eine Rolle spielt. Und es ist ein Ansporn für uns, durch das, was wir jetzt im  Wahlkampf machen, dafür Sorge zu tragen, dass es um diese Themen geht und die weiteren die uns bewegen. Das ist die Zukunft der Hamburger Krankenhäuser, die der Senat verscherbeln will. Das ist die Frage, was wir für Arbeitsplätze und Wirtschaft tun werden und für all die anderen Dinge, die uns bewegen. Wir müssen über die Themen reden, die für die Menschen wichtig sind. Denn das sind die Themen, die über den Wahlausgang entscheiden.

Das ist alles unsere Antwort auf den Trick von denen, nicht über Politik zu sprechen. Wir werden in diese Falle nicht hineingehen. Wir werden über die Probleme sprechen und über unsere Ideen, wie diese Probleme zu lösen sind. Wir werden den Menschen klar machen, dass man durch die richtige Wahlentscheidung am 29. Februar etwas ändern kann in unserer Stadt und für unsere Stadt. Wir werden sagen, dass man mit der richtigen Wahlentscheidung dafür sorgen kann, dass es besser wird: bei den Kindergärten, in den Schulen, in der Hamburger Wirtschaft, auf dem Arbeitsmarkt. Wir werden sagen, das man mit der richtigen Wahlentscheidung bei der nächsten Bürgerschaftswahl dafür sorgen kann, dass wir mehr Arbeitsplätze in dieser Stadt bekommen. Dass unsere Krankenhäuser nicht verkauft werden  und unser Landesbetrieb Krankenhäuser ein öffentlich geführtes Unternehmen bleibt. Wir werden uns anstrengen und das für die Stadt und ihre Menschen tun, was der Hamburger Bürgermeister und seine Mannschaft nicht tun können oder nicht tun wollen.

Eine letzte Bemerkung. Wir Hamburger Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden im Wahlkampf nicht in dem Maße unterstützt, wie andere unterstützt werden, wenn es um das Wahlkämpfen geht. Das muss uns als Sozialdemokratische Partei nicht wirklich betrüben. Das kennen wir aus unserer langen Geschichte. Aber weil die Rahmenbedingungen für die SPD in Hamburg so sind, wie sie sind, müssen wir härter arbeiten als die anderen.

Wir müssen dafür sorgen, dass wir mit ganz vielen Menschen sprechen können. Das gilt für jeden hier im Saal, für all die Aktiven in der Partei, auch diejenigen, die wir heute als Abgeordnete wählen werden. Ich habe da eine konkrete Vorstellung: Jeder - bis vielleicht zum Listenplatz 60, und die  anderen vielleicht auch, aus Ansporn heraus - haben ab morgen, ab Sonnabend, bis zum Wahltag am 29. Februar jeden Tag mindestens einen Termin in ihrem Stadtteil. In dem Stadtteil, wo sie zu Hause sind, wo sie arbeiten, wo sie gewählt werden wollen, wo sie sich verantwortlich fühlen. Da sind die Kindergärten, da sind die Schulen, die Häuser der Jugend, die Betriebe, Vereine, Kirchengemeinden. Dort ist es nicht schwer, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Das muss unsere Strategie sein: Wir müssen mit den Menschen sprechen. Wenn wir das tun, dann spüren sie, dass wir uns um sie kümmern um sie, und um die Probleme und Sorgen, die sie haben. Das ist Wahlkampf von unten. Das ist gut für eine Oppositionspartei. Das ist gut für eine Volkspartei. Und deshalb wünsche ich mir diese Gespräche. Es sind mehr als 2000 Gespräche, die alleine auf diese Weise zustande kommen. Wenn wir das machen, dann haben wir alle Chancen, diese Wahl zu gewinnen. Dieser Parteitag soll für uns ein Auftakt sein. Für uns. Gemeinsam. 


Schönen Dank.