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29.05.2009

Olaf Scholz spricht mit der Berliner Zeitung über die Verhandlungen zur Opel-Rettung

Herr Scholz, heute um 14 Uhr geht der Poker um Opel weiter. Nehmen Sie diesmal einen Schlafsack mit?

Nein, ich schlafe lieber in meinem Bett, selbst wenn es nur zwei Stunden sind. Es geht um sehr, sehr viel nicht nur für Opel, da sorgt schon der Adrenalinspiegel für eine gute Kondition.

War der Gipfel schlecht vorbereitet?

Jetzt ist wichtig, dass wir heute fertig werden. Die Zeit drängt. Die Beteiligten stehen unter maximalem Druck.

Sind Sie wegen des Zeitdrucks erpressbar?


Keineswegs. General Motors braucht von uns eine Überbrückungsfinanzierung und muss deshalb seinen Teil zum Erfolg der Verhandlungen beitragen. Wir wollen Sicherheiten, und wir wollen die Zustimmung zum Erneuerungskonzept für Opel. Es geht um einen strategischen Investor, der Opel Europa langfristig entwickelt.

Kann es an den 300 Millionen Euro scheitern, die General Motors in letzter Sekunde zusätzlich fehlen?

Natürlich kann man fragen, warum das nicht schon geklärt wurde, ich frage mich das auch. Im Moment ist aber etwas anderes wichtig: General Motors und die amerikanische Regierung müssen etwas tun, damit wir unsere Hilfe für die Überbrückung leisten können. Ein Investor steht bereit. Insbesondere Magna ist sehr präzise vorbereitet. Die Leute von Magna wissen im Detail, was sie wollen. Sie können sich jederzeit einigen, es braucht nur einen, der sich mit ihnen einigen will.

Magna ist der Favorit?

Magna hat die Pole-Position. Aber es sind noch andere im Rennen.


Was gefällt Ihnen an Magna?

Magna versteht etwas vom Autogeschäft. Magna kennt die Branche und kennt auch Opel und General Motors aus langjährigen Geschäftsbeziehungen. Magna hat zudem klare finanzpolitische Vorstellungen und ist bereit, selbst zu investieren. Das gibt dem Steuerzahler mehr Sicherheit, schon weil Magna eigenes Geld verlieren würde, wenn das Konzept nicht funktioniert. Wir wären also gemeinsam im Boot.

Sind die Russen, die gemeinsam mit Magna bieten, ein guter Partner?


Es ist gut, dass es neue Wachstumsmärkte gibt.

Werden Arbeitsplätze nach Osten abwandern?

Nein. Jetzt geht es darum, die bestehenden Werke zu erhalten. Wenn man neue Märkte erschließen will, wird es natürlich auch Investitionen vor Ort geben müssen. Aber das ist für die Arbeitsplatzsituation in Deutschland eher positiv.

Die Insolvenz ist keine Option mehr?

Das sollte niemand verantworten wollen. Wer damit spielt, handelt fahrlässig und hat vielleicht auch nicht genug wirtschaftliche Erfahrung.

Meinen Sie den Wirtschaftsminister?

Bei einer Insolvenz wäre die Überlebenschance von Opel kleiner. Das Unternehmen käme in eine schwierige Lage.

Wäre das schrecklicher, als 1,5 Milliarden Euro Steuergelder in ein schwarzes Loch zu werfen?

Auch eine Insolvenz wäre nicht umsonst. Allein für die Pensionen müsste die deutsche Volkswirtschaft Milliarden aufbringen. Aber um es klar zu sagen: Kredite und Bürgschaften sind keine Subventionen.

Ist wenigstens die Treuhand unter Dach und Fach?


Es gibt einen weitgehend verhandelten Vertrag, aber noch keine definitive Zustimmung von allen.

Woran hakt es denn?


An der fehlenden Zustimmung.

Von der Kanzlerin?

Von zwei amerikanischen Institutionen.

Gesetzt den Fall, heute wird wirklich entschieden: Mit wie viel Geld wird der deutsche Steuerzahler noch für Opel bürgen müssen?


Es wird für den Restrukturierungsprozess von Opel weitere Bürgschaften geben müssen.

Sind dann die Opel-Jobs sicher?


Ein sozialverträglicher Stellenabbau ist wohl leider unvermeidlich. Das wissen die Opelaner auch. Aber wenn es klappt, dann wird es für die meisten Arbeitsplätze eine Zukunft geben.

Für wie lange?


Am Ende zählen unternehmerische Konzepte, die am Markt funktionieren. Deshalb ist es gut zu wissen, dass es einen Investor gibt, der ins Risiko gehen und sein Konzept auch durchhalten will.

Schaffen Sie mit Opel nicht einen gefährlichen Präzedenzfall?


Wir haben klare Kriterien für die Vergabe von Bürgschaften. Das tun wir nur, wenn wir davon überzeugt sind, dass wir das Geld auch wiederkriegen. Es gibt Risiken. Sonst würde keiner nach unserer Hilfe fragen. Aber: Die Risiken müssen überschaubar sein.



Das Gespräch führten Daniela Vates und Regine Zylka.

 

Das Interview finden Sie auch auf der Internetseite der Berliner Zeitung.