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Symbolbild: Olaf Scholz
Photothek
23.09.2022 | Hannover

Rede anlässlich der Festveranstaltung "25 Jahre erfolgreich" der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE)

Lieber Michael Vassiliadis,

lieber Hubertus Schmoldt,

liebe Yasmin Fahimi,

lieber Stephan Weil,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich freue mich besonders, dass ich bei eurem Jubiläum dabei sein kann. Denn ich finde schon lange: Die IGBCE ist eine ganz besondere Gewerkschaft in unserem Land. Ihr seid immer noch eine junge Gewerkschaft – aber mit großer Geschichte und viel Tradition.

Vor 25 Jahren ging es los mit einer sehr schwierigen Ausgangslage. Ihr habt euch aus dieser Lage mit einer schlagkräftigen und effektiven Organisation herausgearbeitet. „Zukunftsgewerkschaft“ – so nennt ihr euch selbst, und so nehme ich euch auch wahr: Ihr guckt nach vorne. Aber zugleich steht die IGBCE seit 25 Jahren vor allem für den schwierigen Brückenbau zwischen Alt und Neu in unserem Land. Damit ist die IGBCE nicht nur eine „Zukunftsgewerkschaft“, damit ist sie auch eine „Transformationsgewerkschaft“. Genau das macht euch so wertvoll für eure Mitglieder, für die Beschäftigten in den Branchen, für unser ganzes Land – gerade in dieser Zeit.

Transformation, das heißt ja: von der Zukunft nicht nur reden, sondern den Übergang zum Neuen ganz praktisch meistern. Das ist kompliziert. Aber genau damit kennt ihr euch aus – so gut wie wenige in Deutschland!

Denn um Transformation ging es bei euch von Anfang an: Die Gründung der IGBCE vor 25 Jahren war vor allem die Folge des Niedergangs der klassischen Montanindustrie. Stahlkrise und Zechensterben hatten auch die einst stolze und mächtige IG Bergbau und Energie geschwächt. Mit der Fusion zur IGBCE habt ihr damals eure Kräfte klug gebündelt.

Ihr habt euch damit gerade nicht ans Bestehende geklammert. Ihr habt den Stier bei den Hörnern gepackt. Ihr habt früh schon innovative Tarifverträge abgeschlossen, in denen zum Beispiel auch Qualifizierung und Altersvorsorge geregelt wurden. Ihr betreibt einen eigenen Thinktank, um die Debatten zur Zukunft von Arbeit und Umwelt in unserem Land mitzuprägen.

Auch jetzt kriegt ihr den Brückenschlag zwischen Alt und Neu wieder hin. Auch das ist nicht einfach. Denn keine andere Industriegewerkschaft in unserem Land ist historisch so eng mit der fossilen Produktionsweise verbunden wie die IGBCE – mit Kohle, mit Öl und mit Gas. Und trotzdem: Als Transformationsgewerkschaft tragt ihr den Übergang ins klimaneutrale Zeitalter aus Überzeugung mit – natürlich immer kritisch, immer mit den Interessen eurer Mitglieder im Blick, aber immer zugleich konstruktiv, fortschrittlich und zukunftsorientiert.

So macht sich die IGBCE seit 25 Jahren nicht nur verdient um ihre Mitglieder, sondern um unser Land insgesamt. Das war so in der Ära Schmoldt, und das ist so in der Ära Vassiliadis. Übrigens: Zwei Vorsitzende in 25 Jahren – schon das allein ist ein eindrucksvoller Beweis für Stabilität und Kontinuität. – Lars Ruzic, das kann ich dir nicht ersparen: Wir hatten in dieser Zeit 16 Vorsitzende.

Darum, lieber Michael, liebe Kolleginnen und Kollegen, herzlichen Dank für eure hervorragende Arbeit – und bitte macht weiter so! Deutschland braucht diese Transformationsgewerkschaft, Deutschland braucht die IGBCE.

In diesen Monaten erleben wir eine neue Zäsur. Von einer „Zeitenwende“ habe ich gesprochen. Der „größte Stresstest für die Gesellschaft seit Jahrzehnten“ – das hast Du gesagt, lieber Michael. Ich bin zutiefst überzeugt: Gemeinsam werden wir diesen Stresstest bestehen – aber nur, wenn wir uns keine Illusionen machen über die Dimension der Aufgabe. Putins verbrecherischer Angriffskrieg bedroht die Freiheit und das Leben von Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern; aber er bedroht auch die gesamte Friedens- und Sicherheitsordnung der vergangenen Jahrzehnte. Er bedroht auch uns. Das können wir nicht hinnehmen – und das werden wir nicht hinnehmen!

Darum haben wir gegen Russland beispiellose Sanktionen verhängt – Sanktionen, die wirken. Darum unterstützen wir die Ukraine und werden sie auch weiter unterstützen – finanziell, humanitär und auch mit Waffen; so lange, wie das notwendig ist. Und darum befreien wir uns in hohem Tempo aus der Abhängigkeit von russischer Energie. Das ist auch eine Frage unserer nationalen und europäischen Sicherheit.

Die neue Bundesregierung hat sich von Anfang an mit dem Thema Energieversorgung beschäftigt. Schon im Dezember 2021 – drei Monate vor Kriegsbeginn – habe ich meinen Leuten die Frage gestellt: Was passiert eigentlich, wenn wir auf Öl, Kohle und Gas aus Russland verzichten müssen? Da herrschte erst einmal großes Schweigen. Aber dann haben wir sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt, und jetzt zahlen sich unsere Anstrengungen aus: Unsere Gasspeicher sind so voll wie noch nie – über 90 Prozent.

Ab Januar gehen an unserer Küste die ersten LNG-Terminals in Betrieb. Ich bedanke mich hier ganz besonders bei dem Ministerpräsidenten, der alles dafür getan hat, dass das auch mit einem Tempo geht, das in Deutschland gar nicht so üblich ist – danke dafür!

Wir bekommen mehr Gas aus Lieferländern wie den Niederlanden und Norwegen, und wir haben dafür gesorgt, dass wir Gas aus den westeuropäischen Häfen in den Niederlanden, in Belgien und neuerdings auch in Frankreich importieren können – ganz neue Importwege für die Versorgung unseres Landes.

Wir haben dafür gesorgt, dass die Kohlekraftwerke wieder laufen und noch weiter weitere in Betrieb gehen werden und keine abgeschaltet werden. Und wir machen auch möglich, dass die zwei süddeutschen Atomkraftwerke im Januar, Februar und März weiterlaufen können, wenn das notwendig ist.

Alles das hat dazu beigetragen, dass wir jetzt sagen können: Wir werden durch diesen Winter kommen! Wer hätte das vor wenigen Monaten gedacht?

Ganz aktuell haben wir eine Frage miteinander besprochen, die auch ganz beispielhaft dafür ist, dass das hier eine Gewerkschaft ist, die dabei hilft, Probleme zu lösen. Ich war vor wenigen Tagen in Schwedt, als wir die Entscheidung getroffen haben, die deutschen Rosneft-Betriebe unter Treuhand zu stellen. Das hatten wir lange mit den Landesregierungen vorbereitet, aber auch mit der Gewerkschaft und den Verantwortlichen, und haben geschaut: Was muss alles klar sein, damit eine solche Entscheidung vernünftig getroffen werden kann?

Als wir das verkündet haben, konnten wir sagen: Ja, wir haben sichergestellt, dass wir wissen, wie es zu einer Ölversorgung von Schwedt und auch von Leuna kommt. Wir haben dafür gesorgt, dass es einen Ausbau der Pipelinekapazitäten nach Rostock gibt, dass aus Polen geliefert werden kann, dass wir gleichzeitig auch Arbeitsplätze und Lohnzahlungen sichern, damit niemand um sein Einkommen fürchten muss und darum, dass er seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, und dass wir eine Perspektive haben, was sich zukünftig an diesem Standort entwickeln kann, wenn es zum Beispiel um neue Kraftstoffe für Flugzeuge und auch vieles andere geht. Das ist ein gutes Beispiel für Zusammenstehen, für Zusammenhalt und für zukunftsorientierte Lösungen. Danke für diese Zusammenarbeit!

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die steigenden Preise bringen viele Bürgerinnen und Bürger und auch viele Unternehmen in Bedrängnis – manche sogar in Not. Entscheidend ist deshalb mehr denn je, dass wir soziale Gerechtigkeit bei all dem, was jetzt entschieden wird, nie aus dem Blick verlieren.

Darum hat die Bundesregierung sehr früh reagiert und zwei Entlastungspakete mit einem Volumen von 30 Milliarden Euro beschlossen. Die Maßnahmen wirken bereits und sie haben die Teuerung spürbar gedämpft. Wir haben jetzt ein weiteres Entlastungspaket von 65 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, das jetzt gesetzgeberisch umgesetzt wird. Auch das soll Entlastungen mit sich bringen.

Eine dieser Maßnahmen können alle, die sich ihre Lohnabrechnung am Ende dieses Monats tatsächlich einmal angucken, genau sehen, nämlich die Energiepreisprämie, die wir beschlossen haben. Wir haben sie noch einmal ergänzt um Leistungen auch für Rentnerinnen und Rentner.

Dazu gehört, dass wir das Kindergeld erhöhen – zwei Schritte in einem, 18 Euro pro Monat. Das sind über 400 Euro für eine Familie mit zwei Kindern. Dazu gehört, dass wir dafür sorgen können, dass sich die Teuerung nicht in zusätzlichen Gewinnen für den Staat niederschlägt. Wir bauen die kalte Progression ab und haben dafür gesorgt, dass ab Anfang des nächsten Jahres die Rentenbeiträge vollständig vom steuerpflichtigen Einkommen abgezogen werden. Das ist eine Entlastung um fünf Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren für alle Bürgerinnen und Bürger, die diese Beiträge zahlen müssen. All das hilft.

Aber wir werden weitere Dinge tun müssen. Das wissen wir ganz genau. Deshalb haben wir uns fest vorgenommen, zusammen mit den Sozialpartnern nach Antworten auf die hohen Preise und die Inflation zu suchen. Das Instrument der Wahl ist eines, dass es in der Geschichte Deutschlands schon einmal gegeben hat, nämlich die Konzertierte Aktion, die wir wieder zusammengerufen haben und in der es darum geht, gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln.

Zu diesen Maßnahmen gehört auch, dass es eine Möglichkeit geben soll, dass Unternehmen ihre Beschäftigten mit einer zusätzlichen Zahlung entlasten können, die, alles zusammen, bis zur Höhe von 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei ist. Ich finde: Das ist ein gutes Zeichen der Sozialpartnerschaft. Das passt zu unserem Land und seinen Traditionen. Es ist ziemlich beeindruckend, dass die IGBCE auch schon genau weiß, wie sie das umsetzen will. Ich habe mitgekriegt, dass auch die Arbeitgeberverbände begeistert sind.

Ich habe schon davon gesprochen, dass die hohen Energiepreise für die Unternehmen eine genauso große Belastung sind wie für die Haushalte. Das wissen hier viele am besten. Wenn wir uns die explodierenden Gaspreise zum Beispiel für die Glas- und Keramik- oder Papierindustrie anschauen, dann wissen wir ganz genau, wovon die Rede ist, und auch, was zu tun ist. Wir haben deshalb schon sehr früh einen umfassenden Schutzschirm aufgespannt, um besonders betroffene Unternehmen und ihre Beschäftigten zu unterstützen. Wir werden ihn jetzt weiterentwickeln und ausbauen. Das ist dringend notwendig.

Aber klar ist: Staatliche Maßnahmen allein können die Folgen des russischen Angriffskriegs nicht völlig abfangen. – Aber wir können sehr viel tun. Was wir zuallererst tun müssen und woran wir uns jetzt machen, ist, dass die Preise wieder runter müssen. Die Preise für Strom, die Preise für Heizung, die Preise für Gas müssen sinken. Das ist die erste Aufgabe, die wir jetzt haben.

Da ist der Krieg, den Russland in der Ukraine führt, mit all den furchtbaren Konsequenzen. Wir unterstützen die Ukraine. Das wirkt, wie wir sehen. Aber es gibt auch andere Schlachtfelder, zum Beispiel die Frage, wie wir verhindern, dass der Hunger in der Welt größer wird. Wir haben vieles durchgesetzt, das jetzt dazu beiträgt, dass Getreideexporte wieder möglich sind, und machen auch finanzielle Hilfsprogramme verfügbar. Dazu gehört, dass wir dafür sorgen, dass die Energieversorgung in Deutschland funktioniert. Ich wiederhole, was ich eben gesagt habe: Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass wir zu dieser Zeit in einem Moment, in dem Russland die Gaslieferung über die ganzen verschiedenen Pipelines nach Deutschland praktisch eingestellt hat, sagen können: „Wir kommen durch diesen Winter“? – Das ist uns gelungen, und auf diesem Schlachtfeld waren wir gemeinsam erfolgreich. Auch das muss festgehalten werden.

Aber das Nächste sind eben die Preise. Deshalb gehört zu den Entscheidungen, die wir jetzt schon politisch getroffen haben und die jetzt gesetzgeberisch umgesetzt werden, dass wir das Design unseres Strommarktes so ändern, dass nicht alle möglichen große Gewinne machen können, weil die Produktion von Strom mit Gas so teuer geworden ist. Das kann nicht heißen, dass es jetzt riesige Zusatzgewinne zulasten aller derjenigen gibt, die die Stromrechnung bezahlen müssen, Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen, wenn sie Strom mit Wasserkraft, mit Windkraft, mit Solarenergie, mit Biomasse, mit Kohle, mit Atom produzieren. Es reicht schon, wenn alle ganz ordentlich Geld verdienen. Aber diese Zusatzgewinne müssen nicht sein, und wir werden in Deutschland und in Europa durch Maßnahmen dafür sorgen, dass das nicht mehr diese hohen Strompreise zur Folge hat.

Dazu gehört auch, dass wir etwas Gleiches machen, wenn es um die Gaspreise geht. Das ist natürlich noch schwieriger. Denn bei der Strompreisbremse, die wir entwickelt haben und jetzt auf den Weg bringen und umsetzen, damit die Strompreise runtergehen, müssen wir etwas am Marktdesign ändern, an der Frage, wie die Preise entstehen. Aber wenn es darum geht, auf der arabischen Halbinsel, in Afrika, in Südamerika, in Nordamerika, in Norwegen, in den Niederlanden und, wo auch immer Gas in großem Umfang produziert wird, Gas einzukaufen, dann sind es viele, viele Beteiligte, die der europäischen und deutschen Gesetzgebung nur begrenzt unterstehen. Trotzdem müssen wir es hinbekommen, dass die Preise erst einmal sinken. Genau das zu tun, haben wir uns vorgenommen, zusammen mit der Kommission in Europa, aber auch mit einer eigenen Expertengruppe, die wir eingerichtet haben und die in ganz kurzer Zeit hochwirksame Vorschläge dazu machen wird. Ich bin sehr dankbar dafür, dass Frau Professor Grimm, dass Herr Russwurm vom Bundesverband der Deutschen Industrie und dass euer Michael Vassiliadis diese Kommission leiten, damit dabei wirklich effiziente Ergebnisse herauskommen. Es sind noch viele Unternehmensvertreter, noch viele Experten dabei. Aber es ist das, was jetzt die zentrale Aufgabe ist, damit die Gaspreise in Deutschland und Europa wieder sinken.

Auch das will ich sagen: Natürlich kann man nicht einfach zusehen, wie ganz unabhängig vom Strommarkt einige jetzt große Gewinne machen und wie die Staaten sich verschulden, um die Folgen abzumildern. Deshalb finde ich den Vorschlag der Europäischen Kommission sehr gut, eine zeitlich befristete Sonderabgabe zu etablieren. Ich kann hier und an dieser Stelle sagen: Die Bundesregierung wird diesen Vorschlag der Europäischen Kommission unterstützen. Sie wird zu Zusatzeinnahmen führen, die wir dazu verwenden können, die Preise in Deutschland zu senken, die wir dazu verwenden können, diejenigen in Deutschland zu unterstützen – Bürger, Haushalte und Unternehmen –, die diese Unterstützung brauchen.

Natürlich werden wir auch auf all das setzen, was wir aus der Krisenbewältigung schon kennen. Hier muss ich das nicht erläutern, aber ich will es als Stichwort nennen: Kurzarbeit. – Die Förderung der Kurzarbeit hat uns schon durch viele Krisen geholfen. Wir haben dieses Instrument wieder scharf gestellt.

Es sind also, wie ich geschildert habe, jetzt kurzfristige Entlastungen notwendig. Aber wir müssen auch langfristig Politik machen, um den Wohlstand in unserem Land, soziale Gerechtigkeit und den Respekt für Arbeit in unserem Land nachhaltig zu festigen. Dafür sind mir vor allem drei Dinge wichtig, über die ich hier noch sprechen will und an denen wir jetzt erst recht mit allergrößtem Hochdruck arbeiten.

Erstens: Dringender denn je brauchen wir den Umstieg auf die erneuerbaren Energien. Spätestens mit Russlands Angriffskrieg ist klar: Raus aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern müssen wir nicht nur der Klimakrise wegen. Darum ziehen wir beim Umstieg auf erneuerbare Energien das Tempo jetzt an. Schon in der ersten Hälfte dieses Jahres haben wir mit dem EEG die größte Gesetzesnovelle für den Ausbau der erneuerbaren Energien seit Jahrzehnten verabschiedet, und wir beschleunigen die Planungs- und Genehmigungsverfahren. Dieser Umbruch wird die größte industrielle Transformation seit vielen, vielen Jahrzehnten.

Das schafft natürlich viele große, neue Herausforderungen für die Wirtschaft und auch für die IGBCE. Das bedeutet aber zugleich enorme Chancen. Deutschland ist ein starkes Land, ein Land mit klugen Köpfen und mit erstklassiger Forschung, mit hervorragenden Ingenieurinnen und Handwerkern, mit fleißigen Arbeiterinnen und Arbeitern. Hier bei uns im Land können und werden wir die Technologien entwickeln, die die ganze Welt für die Energiewende braucht. Wer denn sonst, wenn nicht wir? Die Bundesregierung leistet dazu ihren Beitrag mit Klimaschutzdifferenzverträgen, mit Leuchtturmprojekten, die wir unterstützen und fördern.

Manche behaupten ja, Klimaschutz und industrielle Transformation würden als Standortnachteil für Deutschland wirken. Ich sage: Klimaschutz und industrielle Transformation können für unser Land zum entscheidenden Standortvorteil werden! Damit das gelingt, schließen wir uns mit anderen Ländern zusammen, die beim Klimaschutz ebenfalls richtig vorankommen wollen, und darum haben wir beim G7-Gipfel im Juni unter unserer deutschen Präsidentschaft die Gründung eines offenen und kooperativen Klimaclubs vereinbart, und zwar noch in diesem Jahr. Denn das kann ja auch nicht sein: Die einen gehen voran und haben höhere Preise, und die anderen verschmutzen weiter die Welt und machen Wettbewerb. Insofern muss man das miteinander zusammenbringen.

Kooperation ist aber auch bei uns in Deutschland der Schlüssel, damit die Transformation vorankommt. Deshalb haben wir auch eine Allianz gegründet, in der Politik, Verbände und Gewerkschaften, Wirtschaft und Gesellschaft zusammen diese Frage diskutieren. Selbstverständlich spielt die IGBCE dabei eine ganz entscheidende Rolle.

Es gibt eine zweite entscheidende Bedingung für den langfristigen Erfolg unseres Landes, und der Film hat es uns schon ein bisschen gesagt: Das wird uns nur gelingen, wenn alle dabei mitkommen können. Das gilt dann auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land. Deshalb brauchen wir intensive Investitionen in Weiterbildung und Möglichkeiten, dass das in großem Maßstab in den deutschen Betrieben stattfindet. Wir werden das mit Qualifizierungsgeld und Transferkurzarbeitergeld unterstützen, damit das tatsächlich eine Erfolgsgeschichte wird.

Aber wir müssen natürlich auch früher ansetzen; denn wir müssen alles dafür tun, dass die deutsche Wirtschaft und die Kraft, die wir haben, nicht daran scheitern, dass es uns an Arbeitskräften fehlt. Wenn alles nur so weiterläuft wie bisher, dann werden wir 2030 sieben Millionen Fachkräfte zu wenig haben, und diesen Ausgleich müssen wir auch hinbekommen.

Ich glaube übrigens, dass man klar sagen muss: Diejenigen, die sagen, dass das gar nicht geht, irren sich gewaltig! Sie haben sich nämlich in der Vergangenheit schon einmal verrechnet. Wer sich noch an die Debatten aus den Neunzigerjahren erinnert, der wird herausfinden, dass dabei in großem Umfang vorgerechnet worden ist, wie viele Millionen uns jetzt fehlen würden. Jetzt sind wir aber sechs Millionen mehr!

Deshalb wird uns das wieder gelingen, wenn wir wissen, was wir tun müssen: Ausbau von Kinderbetreuung, damit Familien so berufstätig sein können, wie sie das sein wollen. Dazu gehört, dass wir die Berufsausbildung so stark voranbringen, dass alle jungen Leute ihre Talente entfalten können. Ich bin sehr dankbar, dass diese Gewerkschaft so viel dafür tut, dass die Berufsausbildung in Deutschland weiter eine wichtige und zentrale Ausbildung bleibt!

Natürlich – das wissen alle, die hier versammelt sind – beruht die Stärke unserer Volkswirtschaft auch darauf, dass wir in den letzten Jahren immer wieder auf Talente aus aller Welt zurückgreifen konnten, die in den Betrieben in unserem Land angefangen haben. Das wird auch für die Zukunft weiter etwas sein, das wichtig ist. Wir werden mit einem ganz modernen Einwanderungsrecht den Beitrag dazu leisten, dass wir auch auf diese Weise unseren Wohlstand sichern können.

Es gibt eine dritte Bedingung für unseren Erfolg jetzt und in der Zukunft. Das ist der Zusammenhalt – oder die Solidarität. Nur gemeinsam sind wir stark! Nur gemeinsam bleiben wir stark! Das gilt in Europa und international, für unsere Bündnisse und Partnerschaften. Aber das gilt ganz genauso hier bei uns im Land. In dieser schwierigen Zeit müssen wir begreifen – oder wieder begreifen: Die große Stärke unseres Landes liegt nicht im Gegeneinander, sondern im Miteinander. Sie liegt darin, dass wir uns in Deutschland mit Respekt begegnen – bei aller Vielfalt, bei allen Unterschieden der Interessen.

Darum gehören Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung zu den kostbarsten Traditionen Deutschlands überhaupt. Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung sind der organisierte Respekt. Davon brauchen wir in Zukunft mehr und nicht weniger! Darum sind die Gewerkschaften so ungeheuer wichtig für unser Land: Damit wir alle zusammen gut durch diese Krise kommen, und damit wir alle zusammen eine gute Zukunft haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Michael, heute habt ihr erst einmal allen Grund zum Feiern. „25 Jahre erfolgreich“ – das ist Euer Motto für dieses Jubiläum, völlig zu Recht! Ich wünsche mir und vor allem euch, dass ihr das in den nächsten 25 Jahren genauso erfolgreich schafft. Denn es ist ja keine gewagte Voraussage: Als Transformationsgewerkschaft werdet ihr bis 2047 weiter dringend gebraucht, und danach auch noch. Darum bleibt, wie Ihr seid – solidarisch und fortschrittlich! Und blickt weiter nach vorne! Dann ist mir um die Zukunft der IGBCE nicht bange, und dann – mit starken Partnern wie euch – ist mir auch nicht bange um die Zukunft unseres Landes.

Schönen Dank!