Sehr geehrter Herr Lutz,
sehr geehrte Frau Gerd tom Markotten,
lieber Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, lieber Carsten,
sehr geehrter Ministerpräsident, lieber Dietmar,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Tobias,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich will gerne sagen, dass ich ganz berührt bin, was in kurzer Zeit gelingen kann; denn ich erinnere mich noch ziemlich genau an die Gespräche, die ich, als ich noch Finanzminister war, mit Dietmar Woidke über die Frage geführt habe, ob wir das irgendwie hinkriegen und ob es bei all den Debatten über die Zukunft der Kohleregion in Deutschland auch möglich ist, eine solche industrielle Investition auch tatsächlich zustande zu bringen.
Ich will hier gar nicht in die Details gehen und alles ausplaudern, was vielleicht irgendwann einmal in einer Biografie des langjährigen Ministerpräsidenten Woidke irgendwo in 15 Jahren geschrieben wird, sondern ich will sagen: Es ist so, dass eigentlich nicht so viele dafür waren. Man musste etwas dafür machen. Dass wir uns untergehakt haben und dass wir auch die Bahn auf unserer Seite hatten, das war die Grundlage dafür, dass das gegen alle Bedenkenträger gelungen ist. Deshalb möchte ich mich bei denen, die schon damals mitgeholfen haben, ganz herzlich für diese Leistung bedanken.
Ein ICE besteht aus vielen Tausend Einzelteilen. Damit er fährt, müssen alle diese einzelnen Teile an der richtigen Stelle und einsatzbereit sein. Auch diese Halle besteht aus vielen Tausend Einzelteilen. Sie sind jetzt alle an der richtigen Stelle und einsatzbereit, und das – Sie haben es gerade erwähnt, Herr Lutz – sogar noch vor dem ursprünglichen Zeitplan. Es ist ja noch keine zwei Jahre her, dass ich zum Spatenstich hier war. Da standen wir hier unter freiem Himmel und da war dieses neue Werk noch ein kühner Plan.
Es ist ja kein Geheimnis, dass gerade große Bauprojekte in Deutschland oft zu lange dauern, nach dem Motto: bloß kein Risiko, dafür lieber noch ein paar Gutachten mehr. Aber damit kommen wir nicht weit und auch nicht weiter. Ich finde, dass es gerade in diesen Zeiten sehr wichtig ist, sich klarzumachen, dass es etwas Besonderes ist, wenn hier in kürzester Zeit ein anspruchsvoller Bau hochgezogen wird. Alle sind rechtzeitig fertig geworden. Das ist es, was ich meine, wenn ich – ich bleibe einmal bei dem Begriff – vom Deutschlandtempo spreche.
Aber vor allem, will ich sagen, ist es ja gut, wenn es dort einen kleinen Wettbewerb gibt, wer nun am schnellsten ist: diejenigen, die die LNG-Terminals bauen, diejenigen, die neue Strecken errichten, diejenigen, die hier ein ICE-Ausbesserungswerk errichten oder diejenigen, die überhaupt in dem eigenen Bundesland viel Tempo machen?
Ich finde, das, was der Ministerpräsident hier gesagt hat, muss unterstrichen werden: Dass das Wirtschaftswachstum in Brandenburg im ersten Halbjahr 2023 so groß ausgefallen ist, ist nicht von alleine entstanden, sondern da haben welche was gemacht – auch diejenigen, die politische Verantwortung haben. Danke dafür!
Auch für die Verantwortlichen vor Ort, lieber Herr Oberbürgermeister, gilt das ja; denn die Vorschriften sind ja immer alle die gleichen. Egal, wo in Deutschland man so etwas macht: Die Vorschriften sind wirklich die gleichen. Aber ob man damit dann so umgeht, dass man ganz gemächlich eins nach dem anderen macht, oder ob man das so macht, dass man versucht, die Dinge schnell und zügig zu lösen: Das macht den Unterschied und das ist hier geschehen.
Die Bahn hat sich dabei mutig auf etwas Neues eingelassen. Das Partnerschaftsmodell Schiene ist schon angesprochen worden, und ich bin ganz beeindruckt davon, dass das funktioniert. Wenn man sich das von den Experten erklären lässt, hat man den Eindruck, das müsste eigentlich schon seit 50 Jahren so gemacht werden – so ganz besonders klingt das ja nicht. Aber die Wahrheit ist eben doch: Manches ist ganz besonders, wenn man es dann eben endlich so macht, wie es immer schon hätte sein sollen. Deshalb ist es auch beeindruckend, dass das hier gleich seinen Erfolg gezeigt hat. Ich finde, das ist etwas, was wir festhalten sollten. Das Neue Werk Cottbus setzt dabei Maßstäbe für große Vorhaben überall in Deutschland. Ich sage deshalb auch großen Dank, denn wir brauchen ja mehr davon.
Es ist aber nicht nur das Partnerschaftsmodell Schiene, das dieses Projekt so innovativ macht, sondern auch der Beton, aus dem die Halle gebaut ist. Ich möchte das gerne einmal hervorheben, weil ja manch einer meint, in Deutschland gäbe es zu wenige gute Ideen oder die Hürden lägen zu hoch, wenn man solche Ideen umsetzen möchte: Ein Start-up aus Cottbus hat herausgefunden, wie man Fertigteile für eine Halle wie diese mit weniger Zement herstellt, die aber trotzdem genauso haltbar sind. Weniger Zement heißt auch weniger CO2. Es ist also eine Innovation aus der Lausitz, die eine Antwort auf eine der großen Fragen unserer Zeit gibt: Wie schaffen wir es, weiter mit Beton zu bauen, aber mit weniger Emissionen? Das ist ja nicht nur wichtig für Großprojekte wie diese Halle, sondern auch für die vielen Häuser und Wohnungen, die wir in den kommenden Jahren brauchen, für die ganze Infrastruktur, die wir erneuern müssen. Es ist wichtig, dass wir zeigen, dass industrieller Wohlstand, dass unser Wohlstand überhaupt auch in Zukunft weiter möglich sein wird, aber mit weniger CO2-Emissionen.
Der neue Beton, der hier in Cottbus ersonnen wurde, zeigt noch etwas, nämlich dass die Transformation zur Klimaneutralität nicht nur gut ist für unsere Umwelt und das Klima, sondern eben auch für Chancen und Arbeitsplätze. Lieber Dietmar, Brandenburg zeigt seit Jahren, wie es geht. Ich habe es schon gesagt: Es gibt hier ein großes Tempo und ein großes Wachstum. Hier entstehen Arbeitsplätze, die gute Jobs mit sich bringen. Die Tesla Gigafactory hat gezeigt, was Wachstum und Beschleunigung hier verursachen können, aber das ist eben nicht das einzige Beispiel. Ich habe in den letzten Jahren viele Betriebe gesehen, bei denen man merken konnte: Hier ist etwas besonderes los. Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch etwas erwähnen, worauf einige und auch ich selbst schon rekurriert haben: Brandenburg hatte im ersten Halbjahr 2023 das mit Abstand größte Wirtschaftswachstum im Vergleich aller Länder. Das hat fast chinesische Dimensionen und insofern soll es einmal erwähnt werden.
Die Kooperation zwischen der Deutschen Bahn und der LEAG für das neue Werk ist ein weiteres Paradebeispiel dafür, wie es geht. Die Deutsche Bahn ist auch deshalb hierher nach Cottbus gekommen, weil sie hier auf die Erfahrung und auf die Qualifikation der Brandenburgerinnen und Brandenburger zurückgreifen kann und will.
Das ist doch auch der riesengroße Unterschied zwischen dem, was wir heute hier erleben, und dem, was hier vor 20, 30 Jahren unter dem Begriff Strukturwandel stattgefunden hat. Ich war seinerzeit als Anwalt für Arbeitsrecht viel in den damals noch neuen Bundesländern unterwegs. Ich habe Frauen und Männer beraten und vertreten, deren Betriebe abgewickelt wurden, wie es da so lapidar hieß. Heute wissen wir: Damals ist uns unglaublich viel Wissen und unglaublich viel Erfahrung verloren gegangen. Das darf und das wird es nicht wieder geben. In Deutschland haben so viele Frauen und Männer einen Arbeitsplatz wie niemals zuvor. Deutschland hat die höchste Beschäftigungszahl in der Geschichte des Landes. Das ist etwas sehr Bemerkenswertes, gerade in diesen Zeiten.
Wenn Städte wie Cottbus heute ein Problem haben, dann ist es sicher nicht mehr der Arbeitsmangel, sondern der Arbeitskräftemangel. Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte, und zwar viele. Die gibt es in Deutschland, aber viele wohnen auch woanders. Cottbus und die Lausitz haben Vorteile wie günstige Wohnungen, gute Kinderbetreuung, die unberührte Natur direkt vor der Haustür. Wenn gut bezahlte und sichere Arbeitsplätze dazukommen, sind das überzeugende Argumente für die Region.
Wir brauchen auch Arbeitskräfte von anderswo – ich habe es schon gesagt –, die wir mit offenen Armen empfangen. Wer mit anpackt, ist willkommen – ob schon immer hier oder zugezogen. Denn mit der Wirtschaft muss es aufwärtsgehen, und das gelingt nur, wenn Arbeitskräfte bei uns sind. Wir sind ein weltoffenes Land, das einen festen Platz hat im geeinten Europa.
Wir stehen hier wohl im modernsten Bahnwerk Europas, in der längsten Wartungshalle mit perspektivisch 1.200 Arbeitsplätzen für Mechatroniker, Elektrikerinnen, Maschinenbauer. Ich will an dieser Stelle gerne sagen: Das freut mich besonders, denn wenn über Strukturwandel in Regionen geredet wird, wenn darüber geredet wird, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden, dann hat schon der eine oder die andere die Sorge, es ginge da um Forschungsinstitute. Um die geht es immer auch, aber es geht eben auch um Arbeitsplätze wie die, die schon da sind, sodass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an anderer Stelle ihre Fähigkeiten, die sie erworben haben, nutzen können. Deshalb ist dieses Werk für mich eines der bewegendsten Zeugnisse einer gelungenen Veränderung in einer Region, weil man sagen kann: Genau das, was die tollen Frauen und Männer, die bisher in der Region gearbeitet haben, können, das wird auch in Zukunft gebraucht. Das sind nicht allein ihre Kinder und Enkel – die auch –, sondern das sind sie selber mit so einer Arbeit, wie sie sie bisher gemacht haben, und auch – das ist ja mindestens so wichtig – mit sicherer und gut bezahlter Arbeit. Für all das steht dieses Werk.
Das zeigt: Der Trend dreht sich, und er hat sich hier in Cottbus und an vielen anderen Orten in Ostdeutschland schon gedreht. Es sind ja nicht nur diese riesigen Hallen der Bahn, die schon entstanden sind und noch gebaut werden; vielmehr setzt das Bahnwerk Impulse für das ganze Umfeld. Hier entstehen Ausbildungsplätze, die Stadt erwartet, dass noch mehr Fachkräfte zuziehen, und nach Jahrzehnten der Abwanderung geht es jetzt darum, wo man neue zusätzliche Wohnmöglichkeiten schaffen kann.
Ein Projekt nach dem anderen geht in der Region an den Start. In den nächsten Jahren entsteht der Lausitz Science Park, in dem Forschungsinstitute von DLR, Fraunhofer, Leibniz und Helmholtz eigene Standorte aufbauen. 10.000 Beschäftigte können hier eines Tages arbeiten. Es kommt die erste Uniklinik nach Brandenburg – auch darüber haben Dietmar Woidke und ich uns viel unterhalten und dafür gesorgt, dass gegen viele, viele Widerstände dieses Projekt etwas werden kann. Im ehemaligen Braunkohletagebau Cottbus Nord soll der Cottbusser Ostsee entstehen, der größte künstliche Binnensee in Brandenburg. Und der ICE kommt nicht nur aus der Lausitz, sondern er fährt in Zukunft auch in die Lausitz – das ist unser gemeinsames Projekt, Herr Lutz.
Allerdings ist Zugfahren im Augenblick ja ein spannendes Abenteuer. Viele Grüße an diejenigen, die jetzt hier streiken! Ich hoffe, dass es da bald zu einer Verständigung kommt, sodass wir uns auf die Bahn verlassen können.
Es geht also von Cottbus ein Signal der Zuversicht aus, das weit über die Stadt hinaus strahlt, zumal gerade die Bahn für den Transport in Zukunft eine viel größere Rolle spielen wird. Dafür brauchen wir eine Bahn, die ihre Fahrgäste schnell und zuverlässig transportiert. Wir brauchen eine Bahn, die als Arbeitgeber attraktiv ist und die technisch einwandfrei funktioniert. Wir alle wissen – über Pünktlichkeit und Bahn wird ja auch viel diskutiert –, dass das heute noch nicht so ist. Zu lange wurde die Infrastruktur der Bahn auf Verschleiß gefahren. Deshalb halten wir an unseren Plänen fest, die Schienen und Gleise, die Signalanlagen und alles, was dazugehört, nun Schritt für Schritt zu erneuern. Dafür stärken wir die Deutsche Bahn mit Eigenkapitalerhöhungen von 20 Milliarden Euro bis 2029 – eine gigantische Summe, aber wer weiß, was alles investiert werden muss, damit wir auf den Stand kommen, den wir für unser großes Industrieland richtig finden. Man wird sehen: Das ist auch dringend notwendig. Wir hoffen natürlich, dass wir mit diesem Eigenkapital noch viel mehr Mittel mobilisieren, die dann investiert werden können und den Betrieb der Bahn für die Zukunft sichern.
Klar, Bauarbeiten führen erst einmal zu Beeinträchtigungen. Das ist auf jeder Baustelle so. Da müssen auch einmal Strecken gesperrt werden. Aber das machen wir jetzt; denn eins kann ja nicht sein, nämlich dass wir die Sache immer vor uns herschieben. Wir müssen jetzt viel mehr anpacken. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Weichen für die Zukunft gestellt werden – da passt das Bild, das so oft benutzt wird, ausnahmsweise einmal. Denn bei diesem Werk kommt zusammen, was uns erfolgreich macht: Kooperation und Klimaschutz, Tempo und Transformation, Mut und Machen. Dann läuft's.
Wir leben ja in aufgeregten Zeiten. Ein bisschen haben wir das auch gehört, und es gehört auch zur Demokratie dazu, dass man sich seine Meinung sagt. Aber hier an dieser Stelle ist jetzt doch zu sehen, wie etwas richtig vorangeht. Sie können stolz sein auf das, was Sie geschafft haben. Herzlichen Glückwunsch dazu und viel Erfolg bei all dem, was hier noch geschafft werden wird! Ich freue mich jedenfalls, dass es jetzt losgeht. Glück auf und schönen Dank!