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Foto: Olaf Scholz
Photothek
11.04.2024 | Berlin

Rede anlässlich der zentralen Abschlussveranstaltung der Bundeswehr nach Ende der UN-Mission in Mali

Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Verfassungsorgane,
sehr geehrte Bundesministerinnen,
sehr geehrter Herr Bundesminister,
liebe Soldatinnen und Soldaten,
liebe zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
liebe Angehörige,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zehn Jahre war die Bundeswehr Teil der Minusma-Mission der Vereinten Nationen und der europäischen Ausbildungsmission EUTM in Mali. Weit mehr als 20.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten haben in Mali sowie am Transportstützpunkt im Nachbarland Niger gedient – fern der Heimat, fern der Familie, unter teilweise sehr gefährlichen Bedingungen.

Ihre Beteiligung, der Einsatz der Bundeswehr, war richtig. Die ursprünglichen Ziele der Mission, für die Sie Ihr Leben und Ihre Gesundheit riskiert haben, sie waren richtig. Vor zehn Jahren, da stand der malische Staat vor dem Kollaps. Islamistische Terroristen und Separatisten drohten eine Stadt nach der anderen zu überrennen. Sie verbreiteten Angst und Schrecken unter der Bevölkerung.

Es war richtig, die damalige Chance für Frieden zu ergreifen und das Land und seine Bevölkerung zu schützen – an der Seite unserer Partner, auf Bitten der malischen Regierung und mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrats. Denn Deutschland steht seinen Partnern bei. Deutschland nimmt seine Verantwortung als Mitglied der Vereinten Nationen ernst. Auf Deutschland ist Verlass. Das macht uns als Land aus, und das bleibt. Hinzu kommt – und das kann Sie alle mit Stolz erfüllen: Mit Ihrem Einsatz haben Sie zehntausende Menschenleben geschützt – auch das bleibt.

Wenn wir heute zusammenkommen, dann auch um das Andenken all derer in Ehren zu halten, die im Laufe dieses Einsatzes ihr Leben verloren haben, aufseiten der Bundeswehr und – auch das gehört hierher – aufseiten der Partnerländer bei dieser Mission, die zu den gefährlichsten in der Geschichte der Vereinten Nationen gehörte.

Wir erinnern uns heute hier in Berlin ganz besonders an die beiden Bundeswehrkameraden, die bei dem tragischen Hubschrauberabsturz am 26. Juli 2017 starben. Wir denken aber auch an diejenigen, die bei dem brutalen Selbstmordanschlag auf einen Konvoi am 25. Juni 2021 verwundet wurden, und an all die anderen Frauen und Männer der Bundeswehr, die so viel riskiert haben in diesem Einsatz für unser Land. Für Ihren Dienst, für Ihr Engagement und Ihre Bereitschaft, ans Äußerste zu gehen und manchmal noch darüber hinaus, dafür möchte ich Ihnen heute Danke sagen. Das werden wir nicht vergessen. Das bleibt uns in Erinnerung.

Genauso richtig, wie es 2013 war, diesen Einsatz zu beginnen, so folgerichtig war es im Mai 2023, den Abzug einzuleiten. Denn Verantwortung zu übernehmen bedeutet auch, Konsequenzen aus veränderten Rahmenbedingungen zu ziehen. Wo wir vom Gastland nicht mehr gewollt sind, wo eingeschränkte Bewegungsfreiheit und politische Rahmenbedingungen die Auftragserfüllung unmöglich machen, da müssen wir Einsätze auch beenden. So war es in Mali, wo die Verantwortlichen in Bamako den Friedensprozess von Algier und letztlich die vollständige UN-Mission Minusma aufgekündigt haben.

Und dennoch: Mali und die gesamte Region zu stabilisieren angesichts der terroristischen Bedrohung, das bleibt weiterhin wichtig – für die Millionen Bewohnerinnen und Bewohner des Sahel und für uns in Europa, und zwar auch nach dem Abzug der Bundeswehr und nach Beendigung der Mission Minusma. Wir können und werden uns deswegen nicht von dieser Region abwenden. Dazu gehört der Austausch mit den Regierenden in der Region, auch wenn dieser Austausch schwierig ist. Dazu gehört auch, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern, etwa in der Sahel-Allianz, immer wieder neu nach Möglichkeiten suchen, wie wir uns künftig engagieren. Dazu gehört ganz entschieden auch der Ausbau unserer Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und mit der Regionalorganisation Ecowas.

Es geht heute um Ihre Leistungen in zehn Jahren UN-Einsatz in Mali. Chronologisch am Ende, in der Schwierigkeit jedoch ganz weit vorn steht die geordnete und umsichtige Rückverlegung, die im vergangenen Dezember zu Ende gegangen ist. Dieser Abzug unter komplizierten und unsicheren Bedingungen, diese Herkulesaufgabe, wie der Verteidigungsminister das bei der wohlbehaltenen Rückkehr des letzten Einsatzkontingentes genannt hat, war wie eine zusätzliche Mission in der Mission. Wie Sie Ihre Aufgaben unter schwierigsten Umständen erfüllt haben, diese herausragende Teamleistung steht symbolhaft für die Professionalität und Kameradschaft in unserer Bundeswehr. Darauf können alle beteiligten Frauen und Männer stolz sein.

Wir sehen leider keine Anzeichen dafür, dass die Welt zu einem friedlicheren Ort wird. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat uns vor Augen geführt, wie zentral die Landes- und Bündnisverteidigung ist. Stabilisierungseinsätze werden aber auch Aufgabe der Bundeswehr bleiben.

Aufgabe der Politik ist es, aus den Erfahrungen der Vergangenheit Lehren für unser künftiges Engagement zu ziehen. Ich finde es deshalb sehr gut, dass die Auslandseinsätze evaluiert werden, so auch derzeit der Bundeswehreinsatz in Mali. Diese Erkenntnisse werden uns auch für zukünftige Einsätze leiten.

Ich denke, eine ganz zentrale Lektion ist uns jetzt schon allen klar: Militär kann ein sicheres Umfeld schaffen. Dauerhafte Stabilisierung ist aber nur dann möglich, wenn sie im Einsatzland gewollt ist und die Regierungen dieser Länder von ihrem Volk getragen werden und die Lebensbedingungen verbessern. Sicherheit und Hoffnung auf eine bessere Zukunft bedingen einander. Wir müssen unsere Auslandseinsätze stets einem Realitätscheck unterwerfen.

Liebe Soldatinnen und Soldaten, wir haben entschieden, die Bundeswehr finanziell, materiell und personell zu stärken. Aber alle politischen Weichenstellungen sind nichts ohne die Menschen, die diese jeden Tag umsetzen – ob in Einsätzen wie in Mali, auf dem Truppenübungsplatz oder in einem Büro hier im Inland. Ich möchte, dass dieser Dienst der Truppe für Deutschland die Wertschätzung erfährt, die er verdient. Im Rahmen der Bundeswehrtagung im vergangenen Herbst habe ich betont, dass dazu auch gehört, unsere Veteraninnen und Veteranen stärker zu ehren. Ich freue mich sehr, dass seitdem die Idee eines Veteranentages weit vorangekommen ist und dass es dafür breite Unterstützung im Bundestag gibt. Ich bin sicher, dass die letzten Details bald geklärt werden und dass wir diesen Tag bald zum ersten Mal gemeinsam begehen können – als Tag der Anerkennung und der Ehrung für Leistungen wie Ihre, aber auch als Tag, um klarzumachen, dass unsere Freiheit auch verteidigt werden muss.

Abschließend möchte ich hier noch einmal ganz besonders allen Familien und Angehörigen, Freunden und Verwandten danken, dafür, dass sie die Abwesenheit ihrer Liebsten während des Einsatzes schultern und den Alltag stemmen, oftmals sicher auch in Angst und Sorge, und dass Sie große Stützen sind, wenn jemanden das Erlebte nicht so einfach loslässt. Sie haben meinen tiefsten Respekt. Sie alle haben unsere Anerkennung und große Dankbarkeit verdient!

Schönen Dank.