Sehr geehrter Herr Ricks, dear Dave,
sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, liebe Malu,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Ministerinnen und Minister,
Herr Generalkonsul Scharpf,
Herr Landrat,
Herr Bürgermeister,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lilly,
meine Damen und Herren!
Schon diese lange Anrede zeigt: Heute ist ein besonderer Tag für Alzey und für die ganze Region – ein besonders guter Tag. Wir haben es gerade schon gehört: 2,3 Milliarden Euro investiert Lilly hier in den Aufbau einer neuen, hochmodernen Produktionsstätte für Pharmazeutika. 1.000 gute Arbeitsplätze sollen hier entstehen. Wir reden über eine, wenn nicht gar die größte Einzelinvestition in den Pharmastandort Deutschland seit der Wiedervereinigung.
Mir ist zugetragen worden, an was sich manche der alt eingesessenen Alzeyerinnen und Alzeyer dadurch erinnert fühlen, nämlich an ein Ereignis in den Sechziger-, Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Damals gab es schon einmal einen Aufbruch in und aus Alzey. Der Unternehmer Karl-Heinz Kipp hatte damals hier – und zwar genau hier, im Gewerbegebiet Ost – das erste große SB-Warenhaus auf der grünen Wiese eröffnet. Die Kunden rannten ihm buchstäblich die Türe ein. Ein kleines Wirtschaftswunder made in Alzey war das.
Lieber Herr Bürgermeister Jung, Sie haben meinen Kolleginnen und Kollegen erzählt, was Sie derzeit auf vielen Jubiläumsfeiern und auf runden Geburtstagen hören, gerade von den Älteren, nämlich dass jetzt wieder so etwas in Gang kommt, dass es hier in Alzey jetzt wieder einen solchen Aufbruch geben kann wie damals. Ich finde das bemerkenswert und auch berührend. Oft genug wird ja einer guten alten Zeit hinterhergetrauert, anstatt sich auf eine gute neue Zeit einzulassen. Die Grundlagen für diese gute neue Zeit, die legen wir heute gemeinsam.
Die Alzeyer Erfolgsgeschichte hat viele Mütter und Väter. Einigen von ihnen möchte ich heute ganz besonders herzlich danken. Da ist natürlich zuallererst das Unternehmen selbst, Lilly, das sich mit dieser Investition klar zu Deutschland als starkem, führenden Pharma- und Industriestandort bekennt. Das freut uns, denn Lilly bringt große Erfahrung mit. Vor 101 Jahren brachte Ihr Unternehmen das erste industriell hergestellte Insulin auf den Markt. Einer der Forscher, denen das gelang, war der Chemiker George Clowes, ausgebildet übrigens in Deutschland. Dem Kampf gegen Diabetes ist Lilly auch heute noch verpflichtet. Arzneimittel von Lilly retten Leben, sie lindern Krankheiten, auch in der Neurologie, in der Onkologie, in der Immunologie und in vielen anderen Bereichen.
Zur Alzeyer Erfolgsgeschichte gehört auch das Land Rheinland-Pfalz. Liebe Malu, sehr geehrte Frau Ministerin Schmitt, beim Aufbau des Biotech- und Life-Science-Clusters hat das Land wirklich alles richtig gemacht. Starke Grundlagenforschung, praxisnahe Forschungseinrichtungen, die gezielte Förderung von Innovationen, eine aktive Ansiedlungspolitik – das alles zahlt sich jetzt aus.
Es ist noch kein Jahr her, da waren wir gemeinsam bei Boehringer in Ingelheim und haben den Grundstein für die neue „Chemical Innovation Plant“ gelegt. Seither habt Ihr in Mainz die Deutschlandzentrale von Novo Nordisk eröffnet. BioNTech baut dort ein neues Gebäude für seine Krebsforschung; ebenso das Helmholtz-Institut zusammen mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Universität Mainz. Erst Anfang des Jahres hat an der Uni ein neues Institut seine Arbeit aufgenommen, das die Life-Sciences durch computerbasierte Methoden voranbringen will, und wie ich höre, gibt es auch ein Stück rheinaufwärts in Ludwigshafen, bei AbbVie, schöne Entwicklungen. Der Aufbruch, der hier gerade stattfindet, der ist schon phänomenal.
Eines ist bei solchen Ansiedlungen unerlässlich, und das sind starke Partner vor Ort, die Tempo machen, die Probleme aus dem Weg räumen. Denn die meisten Vorschriften sind ja überall in Deutschland gleich. Den Unterschied macht, wenn vor Ort entschieden wird, die Dinge so schnell und unkompliziert wie möglich auf die Beine zu stellen. Dass das geht und wie das geht, das haben alle bewiesen, die hier auf kommunaler Ebene Verantwortung tragen, allen voran die Erschließungsgesellschaft Alzey. Gerade einmal elf Monate ist es her, seit Lilly und die Verantwortlichen aus Alzey erstmals miteinander Kontakt hatten. Nach nur sechs Monaten folgte dann bereits die Ankündigung dieser Milliardeninvestition, und nun, gerade einmal fünf Monate später, der Spatenstich. Das ist rekordverdächtig! Für das Alzey-Tempo, das Sie vorlegen, sage ich Ihnen, Herr Landrat, und Ihnen, Herr Bürgermeister, stellvertretend für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort: Schönen Dank!
Eines ist dabei wichtig – auch dabei kann man sich Alzey zum Vorbild nehmen –, nämlich, wie Sie die Bürgerinnen und Bürger mitgenommen haben. Denn natürlich verändert ein solches Großprojekt die Stadt und die ganze Region. Bislang pendeln viele Alzeyerinnen und Alzeyer zum Arbeiten nach Mainz oder in die anderen Großstädte im Rhein-Main-Gebiet. Künftig wird es das auch andersherum geben. Manche der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lilly werden sicherlich auch hierherziehen wollen, so schön, wie es hier bei Ihnen in Rheinhessen ist. Das bedeutet, dass die Stadt genug Wohnungen braucht, dazu auch Schul- und Kitaplätze. Gut ist es, wenn alles das von Anfang an mitgedacht und mitgeplant wird wie hier in Alzey. Gut ist auch, dass Lilly selbst von Anfang an den Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern gesucht hat. Natürlich helfen der Zusammenhalt und die sprichwörtliche Weltoffenheit der Menschen in dieser Gegend, von der der Rheinhesse Carl Zuckmayer einmal treffend als der „Kelter Europas“ gesprochen hat. Das war nicht nur auf den Wein bezogen, der hier gemacht wird, sondern vor allem auf die unterschiedlichen Völker und Stämme, die seit Römerzeiten hier durchgezogen und oft dageblieben sind.
Eines möchte ich noch hinzufügen. Deshalb bin ich heute hierhergekommen. Was immer wir als Bund tun können, um den Pharmastandort Deutschland noch weiter zu stärken, das werden wir tun. Ich erinnere mich an unser Telefonat, lieber Dave Ricks, und daran, wie viele Gespräche Sie auch mit dem Wirtschafts- und dem Gesundheitsminister und mit der Wissenschaftsministerin geführt haben, um die Weichen für diese Investition zu stellen.
Ähnliche Investitionen gibt es auch jenseits der Landesgrenzen von Rheinland-Pfalz. Daiichi-Sankyo investiert über eine Milliarde Euro in Bayern, Roche über eine Milliarde Euro in Bayern und Baden-Württemberg, Merck bis 2025 1,5 Milliarden Euro in Hessen, um nur einige der größeren zu nennen. Das hat mit einem Weltklassenetz aus Maschinen- und Anlagenbauern, aus Zulieferern und Forschungseinrichtungen zu tun und natürlich mit den hervorragend ausgebildeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die wir in Deutschland haben.
Dass diese Investitionsentscheidungen aber gerade jetzt so Schlag auf Schlag kommen, das liegt auch daran, wie wir als Bundesregierung die Dinge verändert haben. In keinem anderen großen Land Europas liegen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung höher als bei uns. Auch deshalb liegt Deutschland bei den Patentanmeldungen im Gesundheitsbereich auf dem zweiten Platz hinter den USA. Gerade erst haben wir die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für Forschungsausgaben noch einmal verbessert. Mit einem neuen Zukunftsfonds in Höhe von zehn Milliarden Euro bis 2030 unterstützen wir Start-ups, viele davon auch im Pharmabereich und in den Biowissenschaften. Wir haben durch gezielte Preisanpassungen Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln abgefedert. Mit der Pharmastrategie und dem Medizinforschungsgesetz setzen wir nun Anreize für mehr Forschung und Produktion in Deutschland und Europa. Mit dem Medizinforschungsgesetz werden wir auch die klinischen Prüfungen vereinfachen und Bürokratie abbauen. Das ist ein zentraler Meilenstein unserer Pharmastrategie, und ich danke Minister Lauterbach dafür, dass er das so entschieden voranbringt.
Auch in der Europäischen Union arbeiten wir an einem Pharmapaket, mit dem wir Zulassungsverfahren europaweit beschleunigen. Dabei achten wir darauf, dass sich Forschung und Innovation auch in Zukunft lohnen und Urheberrechte geschützt werden. Sie haben mir in unserem Gespräch eben noch einmal erläutert, wie bedeutend das ist und wie sehr es gerade Deutschland ist als das eine Land in der Welt, das immer wieder die Urheberrechte, „intellectual property“, so sehr schützt und in vielen internationalen Konferenzen darauf besteht, dass das eine Grundlage für Forschung und Innovation ist. Es ist nicht leicht, wenn man manchmal der einzige ist, der laut die Stimme erhebt, aber bisher war es ganz erfolgreich.
Auch bei den Gesundheitsdaten geht es voran. Erst vor wenigen Tagen ist ein neues Gesetz in Kraft getreten, das forschenden Pharmaunternehmen den Zugang zu Gesundheitsdaten erleichtert. Gemeinsam mit dem Europäischen Gesundheitsdatenraum stärkt das unseren Forschungsstandort im internationalen Wettbewerb. All das sind Bausteine, die Erfolgsgeschichten wie diese hier in Alzey möglich machen. Als Bund bleiben wir dabei am Ball.
Auf dem Weg hierher vom Flugplatz in Wiesbaden kommt man an vielen wohlklingenden Ortsnamen vorbei. Es sind Orte, die jeder Weinliebhaber kennt: Saulheim, Udenheim, Armsheim, Alzey natürlich. Daran wird sich auch nichts ändern. Aber eines ist seit heute anders. Künftig werden Alzey und die Region nicht mehr nur für ihren guten Wein bekannt sein, sondern auch als ein starkes Zentrum der Pharmaindustrie in Deutschland, dank Lilly und dank allen, die an dieser Erfolgsgeschichte mitschreiben.
Schönen Dank dafür!