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05.10.2011

Rede auf der Partnerkonferenz von Microsoft


Sehr geehrter Herr Schröder,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

 

als erstes bedanke ich mich für das doppelte Lob zu Beginn Ihrer Rede, Herr Schröder. Und begrüße Sie alle herzlich im Congress Center Hamburg. Das Verdienst am dem guten Kaffee, den man in unserer Stadt trinkt, kommt natürlich Vielen zu, von den Plantagenarbeitern in den Erzeugerländern über die Importeure bis hin zu den Cafébetreibern.


Ein bedeutender IT-Standort in Deutschland, ja, das zu sein ist unser Ehrgeiz. Und natürlich braucht auch das viele Akteure, in der Wirtschaft, an den Schulen und Universitäten, in der Politik. Deswegen habe ich zu Beginn meiner Amtszeit die Zuständigkeit unter anderem für den Bereich IT in das neue Amt Medien in der Senatskanzlei geholt. Das soll deutlich machen, dass dies ein für Hamburg und seine Wirtschaft sehr relevanter Bereich ist.

 

Die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien prägen unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben nachhaltig und tiefgreifend. Peter Glotz hat bereits 1999 vom digitalen Kapitalismus gesprochen, um unser Zeitalter zu beschreiben.

 

Heute sehen wir, wie recht er hatte: Finanzströme rasen in Sekundenbruchteilen um die Welt, junge Menschen können über Kontinente hinweg miteinander in Kontakt bleiben, Wissen demokratisiert sich, Hemmnisse fallen...


die Hemmungen leider manchmal auch. Die neue Medienwelt ist kein buntes und friedliches Utopia, in dem das Gute, Wahre und Schöne im herrschaftsfreien Diskurs erarbeitet wird.

 

In der scheinbaren Anonymität hinter dem Rechner blühen auch all die menschlichen Eigenarten auf, die uns seit Jahrtausenden Schwierigkeiten machen. Vieles bleibt allzu menschlich.

 

Vor allem aber verlangen uns die neuen technologischen Möglichkeiten enorme Anpassungsleistungen ab, wenn wir ihre Chancen nutzen wollen.

 

Zwischen der Schreibstube der Kontore im ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum heute fast papierlosen Büro liegen gleich mehrere revolutionäre Umwälzungen.

 

Nicht anders sieht es im Hafen aus: Dort verrichtet heute ein Computerterminal die Arbeit ehemals hunderter Hafenarbeiter.

 

Das sind nur zwei Beispiele dafür, dass wir heutzutage immer wieder vor der Aufgabe stehen, die Herausforderungen der neuen Technologien und der neuen Medien zum Guten zu entwickeln.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

dabei habe ich natürlich insbesondere die Chancen für Wirtschaft und Beschäftigung im Blick. Gerade auch hier in Hamburg.


Lassen Sie mich einige nicht zu viele Zahlen nennen, die das unterstreichen. Die MITT-Branche hat in unserer Stadt heute 65.500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die Freelancer mitgerechnet, kommen wir auf über 100.000, die für 9.500 IT- und mehr als 13 ½ tausend Medienunternehmen arbeiten.


Unter denen sind natürlich viele kleine und junge Unternehmen der IT-Branche und gerade für die ist Hamburg ein guter Standort. Das Gründungs-Barometer der Handelskammer weist aus, dass von knapp 21.000 Neugründungen im vorigen Jahr rund zehn Prozent zum Informations- und Kommunikationsbereich zu rechnen waren.

 

Auch und erst recht ist Hamburg wegen der zahlreichen potenziellen Kunden ein wichtiger Standort für große IT-Anbieter, wie Systemhäuser, aber auch für Anbieter, die auf bestimmte Branchen oder Produkte spezialisiert sind.


Der BITKOM erwartet für den IT-Bereich im jetzigen Jahr ein bundesweites Wachstum von über vier Prozent. Auch in Hamburg wird der Bedarf an IT-Dienstleistern weiter zunehmen. Fast alle Branchen der Wirtschaft sind auf innovative IT-Lösungen angewiesen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu wahren und zu verbessern.

 

Die Wirtschaftspolitik des Hamburger Senats unterstützt ganz entschieden diese Entwicklung und das IT-Cluster in Hamburg. Hier ist vor allem die Initiative hamburg@work zu nennen, die vielen von Ihnen bekannt sein dürfte. 

 

Es handelt sich um Deutschlands größtes MITT-Netzwerk und gleichzeitig um das gelungene Modell einer Public Private Partnership.

 

Das zwei Millionen Euro-Jahresbudget stammt annähernd zur Hälfte von den privaten Partnern, die sich im Verein hamburg@work organisiert haben.

 

Das Netzwerk gibt es seit 1997. Mittlerweile hat es mehr als 2.500 Mitglieder aus 650 Unternehmen miteinander verknüpft.

 

Mit überregional bekannten Veranstaltungen wie den IT-Strategietagen fördert Hamburg@Work die Branchenentwicklung ebenso wie mit konkreten praktischen Hilfestellungen vor Ort.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

einer der beiden Schwerpunkte der Arbeit des Netzwerks ist der e-Commerce.

 

Klassische Handelsunternehmen wie OTTO oder Tchibo entwickeln sich inzwischen zu e-Commerce-Unternehmen, OTTO ist bereits das zweitgrößte der Welt nach Amazon.


Ich halte es für einen Glücksfall für Hamburg und für alle Beteiligten , dass der Handel hier auf so viele ausgezeichnete Medienunternehmen trifft, von denen viele aus dem Umfeld der traditionellen Verlagswelt hervorgegangen sind. Aus der Verknüpfung dieser Segmente ergibt sich im Zusammenspiel mit der Logistikbranche der Handel der Zukunft, nämlich e-Commerce.


Hamburg deckt auf diesem Gebiet wie kein anderer deutscher Standort die vollständige Wertschöpfungskette ab. Nach einer aktuellen Studie, in der die 1000 größten eCommerce-Shops in Deutschland verglichen wurden, hat Hamburg bundesweit die meisten und den höchsten Umsatz.

 

Drei große Branchen kommen im eCommerce zusammen:

 

  • Der Handel mit 32.000 Unternehmen und über 125.000 Mitarbeitern;

 

  • Die IT- und Telekommunikationsbranche mit 8.000 Unternehmen und über 45.000     Mitarbeitern;

 

  • sowie die Logistik-Branche mit 11.000 Unternehmen über über 333.000 Beschäftigten.

 

Wir reden hier schon längst nicht mehr über Randbereiche unseres Wirtschaftsgeschehens, sondern über den Kernbereich.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

der zweite Schwerpunkt wird für Sie auch keine Überraschung sein: Games. Für Unbedarftere klingt es vermutlich immer noch etwas infantil, wenn man sagt: Hamburgs Wirtschaft floriert sehr wesentlich durch Computer-Games. Beißende Zungen könnten sagen: Na und, darauf basiert doch das ganze Weltfinanzsystem und deshalb tiltet es ja auch immer wieder.

 

Kulturpessimisten die nicht immer und mit allem Unrecht haben könnten rhetorisch fragen, ob die Rückenanansicht von Jugendlichen, die im verdunkelten Zimmer mit viel Getöse die virtuelle Welt retten, indem sie Aliens abschießen, ob das für Eltern die Erfüllung ihrer pädagogischen Träume sei.

 

Damit habe ich mich jetzt gar nicht wirklich vom Thema entfernt, im Gegenteil. Ich bin beim Stichwort Medienkompetenz, und wie wir bereits gehört haben, ist Microsoft mit zahlreichen Partnerprojekten auf diesem Gebiet unterwegs.


Medienkompetenz, das ist ja mehr als eine technische Fertigkeit. Medienkompetent ist, wer sich in der Welt der digitalen Kommunikation souverän bewegt, das Nützliche nutzt, die weniger nützlichen Me Too-Angebote mit gesunder Skepsis betrachtet und den Kopf über dem Wasser der Informationsflut behält. Das ist keine leichte Aufgabe und ohne Anleitung im Kindes- und Jugendalter werden es viele nicht schaffen.

 

Unsere Kinder und Jugendlichen brauchen in der Regel keine große Einweisung, wie man einen Computer oder ein Smartphone bedient, das lernen sie wahrscheinlich schneller und effektiver by doing und im Austausch mit Gleichaltrigen.

 

Wichtig ist aber, dass sie frühzeitig und spielerisch lernen, was in so einer Kiste drinsteckt und wie man das für sich nutzen kann, ohne Furcht, aber auch ohne die digitale Welt zu mystifizieren und kritiklos allen Angeboten, die auf sie einflimmern, ausgesetzt zu sein.


Das muss ganz früh beginnen und die Partneraktion von Microsoft, Schlaumäuse Kinder entdecken Sprache, die Sie geschildert haben, scheint mir an der richtigen Stelle anzusetzen. Im Rahmen einer Tagung habe ich neulich gesagt: Im Zeitalter sozialer Netzwerke wie StudiVZ oder Twitter, zahlloser interaktiver Medien, einer permanenten Versorgung mit Fernsehprogrammen oder der Möglichkeit, von nahezu jedem Fleck der Welt, rund um den Globus zu telefonieren, ist die Forderung Computer raus aus dem Kinderzimmer vielleicht populär, aber wenig realistisch und auch überhaupt nicht wünschenswert.


Es gibt eine Karikatur von Marie Marcks, in der ein besorgtes Elternpaar seinem Kind in langer mühevoller Arbeit alle Steine aus dem Weg geräumt hat. Die Steine sieht man im Hintergrund als großen Berg. Und genau darauf klettert jetzt das Kind mit Begeisterung herum.


Ich finde, das ist eine schöne Allegorie, die auch auf das Thema Medienkompetenz zutrifft. Kompetent wird man nicht, indem man alle Hindernisse umgeht oder aus dem Weg geräumt bekommt. Es gibt kein Wissen ohne Erfahrung.

 

Wir brauchen die stärkere Förderung von Medienkompetenz innerhalb der schulischen Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. Und natürlich im familiären Umfeld. Medienkompetenz ist keine Frage des Alters.

 

Hamburg setzt auf Kompetenz und Mündigkeit. Elternhäuser, Schulen und  Ausbildungseinrichtungen müssen den Kindern und Jugendlichen helfen, verantwortungsvoll mit dem Internet und all den anderen Nice-to-haves  umzugehen.


Medienkompetenz zu vermitteln, ist eine gesellschaftliche Herausforderung. Ich bin Microsoft und allen Partnern verbunden, die sich auf ihre Weise darum bemühen.

 

Denn natürlich liegt es auch im wohlverstandenen Eigeninteresse der großen IT- und Software-Unternehmen, für kompetente Nutzer und für transparente Angebote zu sorgen. Sonst blüht Ihnen das, was die Berliner Informatikerin Constanze Kurz, nebenbei Sprecherin des Chaos Computer Club,  kürzlich in einem Interview beschrieben hat:


Wenn das Wort ´Ultraschallbild´ in Ihren Mails auftaucht, bekommen Sie morgen vielleicht schon Werbung für Kinderwagen (...) Ich möchte nicht manipuliert werden. Ich möchte selbst entscheiden, was ich kaufe. Und ich bin nicht in erster Linie Konsument, ich bin Bürger. Schon Kinder und Jugendliche werden heute mit Werbung penetriert, alle Kommunikationskanäle sind zugepflastert mit PR dafür geht so viel intellektuelle Energie drauf. Mich stört die Selbstverständlichkeit, mit der wir das hinnehmen.


Was können wir tun, wenn wir es nicht hinnehmen wollen? Hier in Hamburg haben wir gemeinsam mit den großen Branchenverbänden im Mai verabredet, dass eine Beschwerdeplattform eingerichtet werden soll. Eine Art Online-Werberat. Dorthin sollen Bürgerinnen und Bürger sich wenden können, wenn sie das Gefühl haben, dass mit ihren Daten bei der Online-Werbung Schindluder getrieben wird.

 

Ich wünsche dieser Plattform, dass sie bekannt wird und dass sie wenig genutzt werden muss.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

diese allgemeinen Bemerkungen vorausgeschickt, komme ich zu den Games zurück. Ein Wirtschaftszweig von wirklich beeindruckender Dynamik: Hamburg ist mittlerweile der größte Standort für Online-Browser-Games in Europa. Auch durch die gute Arbeit von GameCity Hamburg seit 2003 arbeiten mittlerweile über 2500 Festangestellte in 146 Unternehmen. Dazu kommen noch einmal rund 400 Freie und über 600 Angestellte, die für Hamburger Firmen außerhalb Hamburgs tätig sind. Das sind weit über 3.500 Beschäftigte.

 

Allein seit August 2010 sind innerhalb eines Jahres fast 400 neue Arbeitsplätze entstanden, 500 weitere neue Mitarbeiter werden bis Ende des Jahres 2011 gesucht.


Mitarbeiter gesucht: das ist noch so ein Stichwort, das in manchen Unternehmen der MITT-Branche bereits zum Schreckenswort wird wenn man den Zahlen der Bitkom glaubt. Seit 2007 ist demnach die Zahl der Stellen in diesem Wirtschaftssektor deutschlandweit um mehr als 20.000 gewachsen, der Finanzkrise zum Trotz, in den Bereichen Software und IT-Services sogar um mehr als 80.000.

 

Dennoch ist Zitat aus der Karrierewelt für 60 Prozent der Unternehmen der Mangel an hochqualifizierten Spezialisten das größte Wachstumshemmnis (...) Der Fachkräftemangel koste die Branche etwa einen Prozentpunkt Wachstum pro Jahr.

 

Um diesem Mangel zu begegnen, brauchen wir gute Angebote an den Hochschulen. Und die Betriebe müssen sich darum kümmern, dass ausreichend Nachwuchs ausgebildet wird.

 

In den vergangenen Jahren sind einige neue Berufsbilder beschrieben worden, die den geäußerten Bedarf befriedigen könnten, wenn es die entsprechenden Lehrstellen gäbe.


Es ist aus mehr als nur einem Grunde wichtig,  dass die Kenntnis der Informationstechnologien in der modernen Welt frühzeitig vermittelt wird. Im Rahmen der Initiative IT-Fitness in Hamburg mit Microsoft im Jahr 2008 hatte ich noch den Eindruck gewonnen, dass deren Einsatz im Schulunterricht häufig zu kurz kommt, dass junge Bewerber dann später keine oder zu wenig Kenntnisse mit in die Betriebe brächten. So hatten es auch Umfragen von forsa und Infratest damals festgestellt.

 

Es geht aber voran. Das digitale Klassenzimmer im ersten gemeinsamen Oberstufenjahrgang eines Gymnasiums und einer Stadtteilschule ist es hier in Hamburg seit diesem Schuljahr Wirklichkeit geworden.

 

Die Körber-Stiftung unterstützt das Projekt finanziell, die Universität begleitet es wissenschaftlich. Ich zitiere den Schulleiter: Wir wollen die Jugendlichen schon jetzt auf das Berufsleben vorbereiten, dazu gehört heutzutage auch ein kompetenter Umgang mit digitalen Medien.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

dem muss ich an dieser Stelle nicht mehr viel hinzufügen. Microsoft Mitglied des Netzwerks hamburg@work und der Hamburger IT-Strategietage hat nicht nur eine große Zahl von Partnerunternehmen, sondern ist auch ein geschätzter und wichtiger Partner der Stadt Hamburg bei der weiteren Verbesserung der gesamtstädischen Medien- und IT-Kompetenz.


Ich wünsche Ihrer diesjährigen Partnerkonferenz einen weiterhin inhaltsreichen Verlauf und allen Teilnehmern noch einen angenehmen Aufenthalt in Hamburg.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.