Sehr geehrter Herr Krishna,
sehr geehrter Herr Gil,
sehr geehrte Frau Assis,
sehr geehrter Herr Wendt,
sehr geehrte Abgeordnete,
meine Damen und Herren!
Denken Sie an eine Lochkarte – da haben Sie wahrscheinlich alle sofort ein ähnliches Bild vor Augen. Bei einem Quantencomputer ist das anders: Da ist die Vorstellung etwas diffuser. Die meisten Leute würden wahrscheinlich sagen: Ein Quantencomputer ist ein Rechner, der sehr viel größer und schneller ist als alle, die wir bisher haben. So einfach ist die Sache nun auch wieder nicht. Wir werden auch künftig klassische Computer nutzen. Aber Quantencomputer können tatsächlich einige Aufgaben viel leichter lösen als andere Rechner, zum Beispiel das Faktorisieren großer Zahlen. Wofür klassische Computer Tage brauchen, brauchen sie Sekunden.
Zurück zu den Lochkarten: Auch die waren zu ihrer Zeit ein Quantensprung – auch wenn das ein sehr abgegriffenes Bild ist. Mit der Lochkartenmaschine von Herman Hollerith begannen die Ära der Datenverarbeitung und die Erfolgsgeschichte von IBM. Hollerith war der Sohn deutscher Einwanderer in den USA. 1910 schickte er einen Mitarbeiter in die Heimat seiner Eltern. Der hatte 120 Reichsmark Startkapital und gründete die Deutsche Hollerith-Maschinen Gesellschaft, die DEHOMAG. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die DEHOMAG umbenannt in Internationale Büro-Maschinen Gesellschaft – die Muttergesellschaft in den USA hieß da schon IBM. Der Rest ist Geschichte.
Heute zeigen Sie und wir zusammen, dass wir diese deutsch-amerikanische Geschichte fortschreiben. Die USA sind unser wichtigster Handelspartner. Viele deutsche Unternehmen investieren in den USA und immer mehr amerikanische Unternehmen hier bei uns. Wir haben etwa Amazon und Microsoft gehört, die Milliardeninvestitionen für Rechenzentren und Cloud Computing in Deutschland angekündigt haben. Lilly investiert Milliarden in die Pharmabranche. Es ist richtig, dass wir die Produktion von Halbleitern in Deutschland und Europa vorantreiben, mit Infineon, Global Foundries und Wolfspeed, also amerikanischen Unternehmen – auch wenn sich die Intel-Investitionen in Magdeburg verzögern. Andere machen auch mit; dafür steht die Investition von ESMC, einem Joint Venture von TSMC, Infineon, Bosch und NXP.
Quantencomputer, Halbleiter, Künstliche Intelligenz, Pharma, Bio- und Klimatechnologien: Diese Auswahl ist kein Zufall. Wir reden da über Schlüsseltechnologien und Branchen, die ein Industrieland wie Deutschland braucht, um auch in Zukunft gutes Geld zu verdienen. Es sind genau diese Zukunftsfelder, wo wir ganz vorne mit dabei sein müssen, wo wir nicht abhängig sein dürfen von anderen.
Dafür muss man sich nur fragen, womit unsere Unternehmen in Zukunft Geld verdienen und wo gute Arbeitsplätze entstehen. Denn das, was wir schon können und was wir schon machen, reicht nicht mehr. Es geht vielmehr darum, neue Dinge zu entwickeln, mit denen wir weiter vorne mit dabei sind. Wenn immer alles so bliebe, wie es war, säßen wir heute noch vor den Lochkartenmaschinen.
Im Automobilbereich wird es immer darum gehen, die Karosserie zu bauen – und das kann man sehr unterschiedlich gut machen. Ankommen wird es aber auch auf gute Batterien, energiesparende Technologien und natürlich Software. In der Pharmabranche wird es um Bio- und Gentechnologien gehen, mit denen man Medikamente entwickeln kann, die genau zu den Patientinnen und Patienten passen. Mit Quantencomputern sind da ordentliche Leistungsschübe drin; denn mit Quantencomputern wird einiges einfach noch viel schneller gehen als gedacht.
IBM hätte dieses Rechenzentrum überall auf der Welt bauen können, aber Sie haben sich für Deutschland, für Ehningen entschieden. Das freut uns, aber natürlich ist das kein Zufall. Deutschland ist schließlich ein weltoffenes Land. Wir freuen uns über die Unternehmen, die zu uns kommen und mit denen wir weltweit Geschäfte machen. Deutschland profitiert von den Unternehmen, die hierher kommen, und konkret von IBM beim Quanten-Ökosystem; aber auch, weil die „Systemanalyse Programmentwicklung“ von fünf ehemaligen IBM-Mitarbeitern gegründet wurde.
Alle wissen, welches Unternehmen daraus geworden ist. Es nennt sich jetzt bekannterweise SAP und ist das wertvollste deutsche Unternehmen. Das heißt, die Möglichkeiten, die aus Unternehmen und ihrem Wachstum und ihren Technologien entstehen, sind viel größer, als man selber denkt.
Ich möchte deshalb an dieser Stelle noch einmal sehr klar sagen: Wir profitieren von der weltweiten Zusammenarbeit. Deglobalisierung und Abschottung sind Irrwege. Sie würden unseren Wohlstand gefährden.
Unternehmen wie IBM kommen nach Deutschland, weil sie wissen, dass hier Frauen und Männer mit technologischer Spitzenkompetenz arbeiten. Ein Drittel der Absolventinnen und Absolventen unserer Unis kommen aus den MINT-Fächern. Gerade erst hat uns die Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bescheinigt, dass auch viele internationale Studierende wegen der guten MINT-Ausbildung zu uns kommen.
Aber wir müssen uns darum kümmern, dass uns die Fachkräfte nicht ausgehen. Nicht Arbeitslosigkeit, sondern Arbeiterlosigkeit heißt das Problem heute und auf absehbare Zeit. Deshalb haben wir mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Grundlage dafür geschaffen, dass Deutschland mit seinem modernsten Einwanderungsrecht, das wir jetzt haben, alles machen kann, um genügend Arbeits- und Fachkräfte zu gewinnen. Jetzt müssen wir den Fachkräften das Ankommen noch leichter machen, ihre Qualifikationen schneller anerkennen und die Bürokratie für sie und die Unternehmen abbauen.
Der Weg von den Lochkarten zu Computern, schnellem Internet und weltweit erfolgreichen Technologiekonzernen war weit. Jetzt gehen wir mit den Quantencomputern einen nächsten Schritt. Die Nachfrage der Kunden ist offenbar da, sodass Sie sich bei IBM für ein Quantenrechenzentrum hier vor Ort entschieden haben.
Ich bin mir sicher, langfristig werden alle Technologieunternehmen von Quantencomputern profitieren, und die Länder, in denen die Quantencomputer gebaut werden, ebenfalls. Deshalb unterstützen wir den Aufbau von Zukunftstechnologien in Deutschland.
2021 ist mit dem IBM Q System One der erste physische Quantencomputer auf dem Boden der Europäischen Union errichtet worden. Den hatte IBM zusammen mit der Fraunhofer-Gesellschaft als Partnerin und mit starker politischer Unterstützung auf den Weg gebracht – das war schon damals ein gutes und ein richtiges Signal.
Erst recht gilt das angesichts des Ausbaus zu einem Quantenrechenzentrum und dieser Eröffnung heute. Es ist das einzige Quantenrechenzentrum von IBM außerhalb der USA.
Wie ich höre, soll auch die Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Gesellschaft weitergehen, und das Land Baden-Württemberg unterstützt kräftig die weitere Entwicklung.
Die Bundesregierung treibt die Entwicklung von Quantentechnologie insgesamt in Deutschland voran. Dafür haben wir eine gute Basis. Von den großen Volkswirtschaften Europas gibt ausschließlich Deutschland seit mehreren Jahren über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aus. Das ist die Grundlage unseres ökonomischen Erfolgs und unseres Wohlstands. Zwei Milliarden Euro haben wir seit 2020 in die Förderung der Quantentechnologien investiert, mit Fokus auf Quantencomputing. Das war mir schon als Finanzminister ein großes Anliegen. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als wir alle zusammengesessen und über diese Frage gesprochen haben und ich gesagt habe: „Statt jetzt zu lamentieren, sollten wir einmal sagen: Wir wollen so etwas in Deutschland entwickeln und bauen.“
Einige zukunftsträchtige Projekte haben wir auch schon auf den Weg gebracht: einen Quantencomputer auf Ionenfallenbasis, den NXP im Mai in Hamburg zusammen mit Start-ups im Rahmen der QCI entwickelt hat. Ein weiteres Beispiel sind Infineon und die eleQtron GmbH, die gemeinsam Quantenprozessoreinheiten für skalierbare Quantencomputer entwickeln.
Ich denke, das sind große Fortschritte, die zeigen, dass hier in Deutschland ein ganz großes Netzwerk von Kompetenzen zum Thema Quantencomputing entsteht, das gerade dadurch stark wird, dass es zentrale Player und viele andere gibt, die mit großer Kraft investieren, und damit alles zusammen seine Bedeutung entfalten kann.
Ich bin daher dankbar für die Entscheidung für diesen Standort, und wir freuen uns auf viele weitere Jahre IBM in Deutschland!
Vielen Dank auch an die Fraunhofer-Gesellschaft, ohne deren Einsatz dieser Erfolg auch nicht möglich gewesen wäre. Deutschland – das jedenfalls kann man sagen – kann Quantencomputer, und das zeigt auch dieses Quantenrechenzentrum hier in Ehningen. Viel Erfolg damit!
Schönen Dank!