arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

Symbolfoto: Olaf Scholz
Photothek
08.07.2024 | Erlangen

Rede beim Besuch der Siemens Healthineers AG

Schönen Dank für die Einladung, für die Gelegenheit, ein paar Worte zu sagen. Und selbstverständlich schönen Dank auch für das, was ich jetzt schon alles mitkriegen konnte! Der Betriebsrundgang war für mich nämlich wirklich sehr beeindruckend, nicht nur wegen der Technologien, die ich kennenlernen durfte, und der Art und Weise, wie das alles funktioniert – es ist ja für jemanden, der auch ab und zu einmal Patient gewesen ist und in diesen Geräten irgendwie gelegen hat, ganz interessant, das einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten – , sondern was mich am meisten beeindruckt hat, ist auch die Begeisterung, die ich bei ganz vielen Beschäftigten gesehen habe, bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die mir das erklärt und gezeigt haben. Die mögen das, was sie da tun, und diese Arbeit. Und ein bisschen ist das ja auch das, was uns in Deutschland auszeichnet, dass wir das gerne tun, dass wir gerne gute Arbeit tun und gerne unsere Arbeit machen. Deshalb schönen Dank für die Einladung!

Ich bin gebeten worden, auch ein bisschen zur allgemeinen Lage und zu dem, was uns so umtreibt, zu sagen. Das will ich tun, hier am Anfang, aber auch gerne in dem Gespräch, das wir miteinander führen werden.

Aber zuallererst will ich natürlich auch über die Gesundheitswirtschaft in Deutschland sprechen, in der das, was an industrieller Medizin existiert, was hier produziert wird, auch eine ganz, ganz große Rolle spielt. Das ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Deutschland. Wir haben viele berühmte Wirtschaftszweige, über die jeden Tag gesprochen wird und zu denen auch jeder eine Meinung hat. Aber es gibt einige, die sind auch sehr berühmt, die sind vor allem sehr erfolgreich, verdienen viel Geld und sind im globalen Wettbewerb durchaus leistungsfähig, bei denen das weniger geschieht. Das ist nicht ganz gerecht, wenn ich das ausdrücklich sagen darf. Denn zum Beispiel das, was hier produziert wird, was hier erdacht und erforscht wird, ist gut für unsere Gesundheit, aber auch für viele in der ganzen Welt, wie wir eben gehört haben. Und so ist es auch. Deshalb, finde ich, kann man sehr wohl stolz sein auf das, was in Deutschland an Gesundheitswirtschaft in all ihren Facetten existiert.

Ein bisschen hängt es ja auch zusammen. Dass wir leistungsfähige Krankenhäuser und ein leistungsfähiges Gesundheitssystem haben – bei allem, was sich verbessern lässt –, ist fast ein Alleinstellungsmerkmal, das wir nur mit wenigen Ländern in der Welt teilen. Wir haben gleichzeitig immer schon eine ganz leistungsfähige Pharmaindustrie, Forschung im Gesundheitsbereich und in der Pharmakologie. Aber wir haben eben auch die Medizinindustrie, die erfolgreich ist und durchaus einen großen Beitrag zu der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes leistet.

Was können wir tun als diejenigen, die in der Politik Verantwortung haben, dass das so bleibt? Der erste Satz ist wichtig für uns als Bürger und als Patienten wie für den wirtschaftlichen Zusammenhang, nämlich weiter dafür zu sorgen, dass wir ein leistungsfähiges Gesundheitswesen mit guten Krankenhäusern und all dem, was dazugehört, haben – denn das ist die Basis für alles, dass das hier existiert.

Zweitens aber geht es darum, dass wir ganz genau verstehen, was die Herausforderungen sind, vor denen die Unternehmen stehen, um dann zu versuchen, in ganz konkreten Schritten und Entscheidungen die Bedingungen dafür zu schaffen, dass weiteres Wachstum, weitere Arbeitsplatzsicherung, weitere Fortschritte möglich sind. Da sind wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten ganz erheblich weitergekommen.

Es gibt ein paar Schlagworte, die man manchmal vielleicht in der Zeitung oder im Fernsehen verfolgen kann, an denen das deutlich wird. Wir haben zum Beispiel sehr viele Entscheidungen zur Digitalisierung unseres Gesundheitswesens getroffen. Wir haben ein Gesetz mit dem schönen Namen Gesundheitsdatennutzungsgesetz gemacht. Du kennst das? Das klingt ganz langweilig, ist aber ganz spannend. Denn übersetzt heißt das, dass Deutschland jetzt das Land ist, das forschenden Unternehmen die meisten Gesundheitsdaten – anonymisiert wohlgemerkt und gesichert – zur Verfügung stellt. Dies geschieht in einer Zeit, in der das vielleicht die wichtigste Grundlage für wissenschaftlichen Fortschritt ist, den man in der Gesundheitsforschung erreichen kann und in der es deshalb existenziell ist, auf Daten zugreifen zu können. Die Konsequenz alleine dieses Gesetzes ist, dass mehrere Unternehmen entschieden haben, in Deutschland zu investieren, und dies real. Ich war bei einem schon bei der Grundsteinlegung. Für die war das im Rahmen einer Entscheidung zwischen drei unterschiedlichen Standorten der Grund für die Entscheidung für Deutschland.

Das Gleiche gilt für das, was wir im Bereich der Pharmaindustrie gemacht haben, wo wir entsprechende Vereinbarungen dazu getroffen haben, wie man besser pharmazeutische Forschung in Deutschland haben kann. Ein letzter Ausdruck davon, gerade letzte Woche im Bundestag beschlossen, ist das Medizinforschungsgesetz. Aber auch daraus folgt, dass Unternehmen sagen: Es lohnt sich, hier zu investieren, weil die Rahmenbedingungen so günstig sind, dass wir das am besten machen können, vor allem wettbewerbsfähig!

Natürlich wünsche ich mir – darüber haben wir heute am Rande des Betriebsbesuchs auch gesprochen –, dass wir auch viele konkrete Vorschläge von diesem Unternehmen und der Branche bekommen, was wir noch tun können, um die Rahmenbedingungen der Medizinindustrie, die die Apparate herstellt, noch zu verbessern. Weil das ist ja für uns billig und am Ende etwas, das die Arbeitsplätze sichert, die zum Beispiel hier existieren.

Zusammengefasst: Ich bin sehr froh über dieses Unternehmen und über die ganze Branche. Und ich bin froh über alle, die hier arbeiten und möglich machen, dass das ein großer Erfolg und ein erfolgreiches Unternehmen aus Deutschland ist!

Insgesamt ist die Stimmung ja nicht immer zum Besten. Deshalb war ich sehr dankbar, wenn ich das hier sagen darf, für die sportliche, aber auch emotionale Leistung unserer Nationalmannschaft. Die haben alle hinter sich versammelt. Und ich fand sehr beeindruckend, was der Trainer gesagt hat. Der hat gesagt: Leute, guckt mal, was für ein schönes Land wir sind, welche Möglichkeiten wir haben. Und wenn alle jetzt immer auf Depression machen, kommen wir hier auch nicht weiter. Wir müssen uns einmal für uns selbst und für das, was wir können, begeistern! – Ich finde, das hat er völlig richtig formuliert. Deshalb will ich sagen: Das sollte in Zukunft die Stimmung in unserem Land sein. Wir können was! Wir wollen was erreichen. Und wir reden darüber, wie wir das am besten zustande kriegen!

Trotzdem: Wir leben in Zeiten des Umbruchs. Und darüber will ich gerne etwas sagen. Die Umbrüche sind vielfältig. Alle haben das in letzter Zeit auch selbst auf der Reihe. Corona hat ganz viel geändert. Plötzlich gibt es Homeoffice, was früher gar nicht erlaubt war. Jetzt gibt es viele andere Möglichkeiten. Aber es hat auch viele umgetrieben. Einige haben es immer noch nicht verdaut. Und manche Freundschaft ist noch nicht wieder gekittet. Das muss man ja auch ganz nüchtern und klar sagen.

Dann gibt es den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, etwas, das vielen Angst macht. Ich weiß das von meiner Mutter, aber auch vielen anderen Älteren, die mich ansprechen, die ganz andere Erinnerungen an Krieg und Zerstörung haben und die sich angesichts eines Krieges in unserer unmittelbarsten Nachbarschaft richtig Sorgen machen – eines Kriegs, der ja auch die Friedens- und Sicherheitsarchitektur der letzten Jahrzehnte infrage stellt. Das klingt so abstrakt, aber es ist ja ganz konkret übersetzbar: Wir hatten die Verständigung in Europa, und eigentlich hat man das auch in der ganzen Welt versucht, dass man Grenzen nicht mit Gewalt verschiebt, dass es nicht so ist, wie es im Mittelalter hier in Deutschland und noch lange danach in ganz Europa war, dass, wenn sich einer stark genug fühlt, er einfach sagt: Jetzt gucke ich einmal, was ich kriegen kann vom Nachbarland!

Das aber ist jetzt passiert. Und das hat unglaubliche Konsequenzen. Wir müssen dem Land, das angegriffen wird, helfen. Das ist nicht einfach. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere eigene Sicherheit gestärkt wird, indem wir die Nato stark machen, indem wir in Deutschland mehr Geld für Verteidigung ausgeben. Aber bei allem, was man da politisch diskutieren kann und wir vielleicht auch diskutieren, ist eines klar: Sicherer fühlt man sich nicht, wenn so ein Krieg so nahebei stattfindet. Die Konsequenzen waren auch ziemlich schnell zu spüren: Energiekrise, Inflation. Wir sind durchgekommen. Wir haben es geschafft, dass wir eine Situation hinbekommen, in der wir nicht plötzlich kein Gas und kein Öl mehr haben, obwohl 50 Prozent davon über Nacht weg waren und die Preise explodiert sind. Das hat die Staatsverschuldung ordentlich in die Höhe getrieben. Aber wir haben uns irgendwie gerettet.

Nun sind wir fast durch und haben geschafft, was keiner geglaubt hat, nämlich dass wir das überleben. Und dann sind all die anderen Themen da, die uns umtreiben: Was machen wir, damit wir irgendwie in einer Welt leben können, die demnächst nicht acht, wie jetzt, sondern zehn Milliarden Einwohner hat? Und wie können wir zusammenleben, wenn alle so leben wie wir jetzt oder wie wir in den Fünfzigerjahren, aber zehn Milliarden Mal – und nicht nur in Europa und Nordamerika? Das ist nämlich der Unterschied! Natürlich kann man Autos produzieren, so wie immer schon. Aber für zehn Milliarden Leute? Da wird es nicht nur an Öl und Gas fehlen, sondern das ist auch nicht gut für die Frage, wie man atmen kann.

Wenn jetzt überall in der Welt Autobahnen, Eisenbahnen, Flughäfen und Forschungseinrichtungen entstehen, Millionenstädte – was alles gut ist und was man jedem gönnen kann und was heute realistisch geworden ist –, dann bedeutet das ganz eindeutig, dass uns das nur gelingen kann um die Mitte dieses Jahrhunderts – 2050. das ist nicht weit von jetzt –, wenn wir das auf eine Art und Weise machen, in der wir das Klima nicht beschädigen. Deshalb ist die industrielle Überlebensfähigkeit, der Wohlstand unseres Landes, daran geknüpft, dass wir herausfinden, wie das geht, und das schaffen. Ich komme gleich noch einmal darauf zu sprechen.

Es gibt noch viele andere Themen, die uns umtreiben und von denen ich weiß, dass sie viele bewegen, lauter Schlagwörter wie Künstliche Intelligenz. Darüber haben wir heute auch gesprochen, weil das hier in die Apparate eingebaut wird. Aber da machen sich Leute Sorgen: Was heißt es für meine Perspektiven, arbeiten zu können, wenn so riesige Produktivitätsschritte damit verbunden sein sollten? – Für Deutschland kann man sagen: Das haben wir immer hingekriegt, meistens. Aber nur, weil es immer geklappt hat, ist man sich nicht sicher, dass es beim nächsten Mal auch klappt. Ich bin ganz zuversichtlich, aber man muss es ja wissen.

Andere Schlagwörter: Quantencomputer oder die Frage der Robotik. Nun arbeiten viele ja mit Robotern zusammen. Einige können schon mit ihnen persönlich sprechen. Aber ganz sind wir noch nicht da angekommen. Das ist trotzdem etwas, an dem man merkt: Da ändert sich etwas! Vor allem, wenn man hier schon vor 30 Jahren gearbeitet hat, weiß man, was sich geändert hat.

Das Gleiche gilt für solche Dinge wie die analytische Biologie, in der in der Verknüpfung all dieser Dinge ganz große Veränderungen auf uns zukommen. Dann sagen ganz viele Leute: Das ist ja toll, aber wie geht das für mich aus? Ich glaube, das ist auch ein Stück der Unsicherheit, über die Nagelsmann gesprochen hat. Er hat gesagt: Ein bisschen mehr Optimismus, wir kommen da schon durch. Aber die Unsicherheit ist ja da.

Das Letzte – das habe ich schon gesagt –, das in diese Reihe gehört und worüber man sich Klarheit verschaffen muss, ist die Globalisierung selbst. An diesem Unternehmen kann man sehen, was einem dazu alles einfallen kann. Siemens Healthineers würde nicht wirtschaftlich erfolgreich existieren, wenn nicht der ganze Weltmarkt ihr Ziel wäre – Europa, Nordamerika, Südamerika, Asien, Afrika, mit vielen künftigen Wachstumsmärkten, auch mit Produktionsstätten anderswo. Gleichzeitig macht das einigen Sorgen, weil natürlich ein Stück des Sicherheitsgefühls, das wir hierzulande hatten und haben, darauf beruht: Die anderen können viel weniger als wir. Aber man muss schon ziemlich blöd sein, um das zu glauben. Da passiert schon ganz schön viel!

Das alles kommt zusammen. Und die Frage ist: Wie können wir es schaffen, dass es eine gute Zukunft für uns in Deutschland gibt – für jeden von uns, nicht nur für die Leute, die fünf Sprachen sprechen und alle möglichen Studiengänge absolviert haben, sondern für alle, auch für die Leute, die am Band arbeiten, für diejenigen, die irgendwie bei Amazon oder im Lebensmitteleinzelhandel arbeiten? Meine feste Überzeugung ist: Das geht, wenn wir ein paar Prinzipien beachten, die wir jetzt im Blick haben müssen.

Das Erste ist: Wir müssen immer ganz viel in Forschung und Entwicklung investieren. Dabei sind wir besser als andere. Deutschland gibt über drei Prozent seiner Wirtschaftsleistung, seines Sozialprodukts, für Forschung und Entwicklung aus. Kein anderes europäisches großes Land tut das. Es ist übrigens der Grund für den deutschen Exporterfolg – auch von Mittelständlern, von kleinen Betrieben –, dass das in der Natur unserer Volkswirtschaft ist. Wenn man die Dinge, die man vor 30 und vor 20 Jahren gemacht hat, jetzt immer noch macht, dann kann man damit definitiv kein Geld mehr verdienen und auch keine Arbeitsplätze sichern.

Aber das muss so bleiben. Und wir müssen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Forschung und Entwicklung eine große Rolle spielen. Eben habe ich über unsere verschiedenen Strategien im Bereich der Gesundheitswirtschaft und auch der Medizintechnologie gesprochen. Aber das gilt für viele weitere Bereiche, in denen wir die Rahmenbedingungen so gut wie möglich machen können und müssen und dafür sorgen, dass Forschung steuerlich besonders gefördert wird. Dafür haben wir erste Schritte gemacht. Und das machen wir weiter.

Der zweite Punkt ist: Wir dürfen Entscheidungen nicht aufschieben. Wenn man die Energieversorgung, die ja für das, was wir machen müssen, ziemlich zentral ist, auf Erneuerbare umstellen will – ich sage das auch in Bayern –, dann muss man das auch tun. Wir sind aus der Atomkraft ausgestiegen, übrigens parteiübergreifend und der Sicherheit halber zweimal – einmal Rot-Grün, Schröder/Fischer, einmal Schwarz-Gelb, Merkel/Westerwelle. Nun ist es so. Wir haben auch beschlossen, dass wir aus der Kohleverstromung aussteigen, und zwar spätestens 2038. Gleichzeitig wissen wir, dass wir 2030 mehr Strom brauchen als heute, weil sich die Wirtschaft elektrifiziert. Überall merkt man das. Das kann man wahrscheinlich auch hier in diesem Betrieb sehen und in einigen noch viel mehr. Das kann man dann nicht nur sagen, sondern das muss man dann auch tun.

Also haben wir alle Gesetze geändert, damit das klappt. Denn ich hatte mir das angeguckt und ausgerechnet, dass wir mit den bestehenden Gesetzen alles Mögliche schaffen werden, aber nicht, 2030 Strom zu 80 Prozent und auch noch mehr aus erneuerbaren Energien zu haben. Jetzt können wir sagen: Das werden wir schaffen.

Wir brauchten für ein Stromsystem, das auf Wind, Sonne, Wasser und Biomasse beruht, auch bessere Leitungen. Das haben wir auch geändert, sodass die Übertragungsnetze jetzt früher fertig werden und nicht später. Wir brauchen auch ein paar Kraftwerke, die angeschaltet werden können. Eine Firma namens Siemens baut ein paar davon – hoffen wir, Kraftwerke, die dann anspringen, wenn es gerade nicht genug davon gibt. Diese haben wir mit der Kraftwerksstrategie jetzt auf den Weg gebracht. Wir brauchen außerdem Wasserstoff. Dafür bauen wir jetzt das Leitungsnetz – privatwirtschaftlich mit 22 Milliarden Euro, nicht der Staat. Wir müssen Elektrolyseure und Speicher möglich machen.

Warum erzähle ich so viel Technik? Nicht, damit man das auswendig aufsagen kann, sondern um zu sagen: Wir haben die Dinge entschieden. Und es ist jetzt plausibel zu sagen, dass wir es hinbekommen werden, dass wir das Ziel 2030 erreichen und 2040 genug Strom für alles haben, was dann notwendig ist, wahrscheinlich noch einmal doppelt so viel.

Genau das ist der Weg, den man beschreiten muss. Deshalb Punkt zwei meiner Antwort: Wir haben das nicht mehr nur noch angekündigt, sondern die Entscheidungen getroffen, die dazu führen, dass es klappt.

Der dritte Punkt hängt ein bisschen damit zusammen, wie immer alles miteinander zusammenhängt. Es ist der folgende: Tempo. – Tempo, Tempo, Tempo! Ich kann einfach nicht mehr ertragen, dass es viele Jahre dauert, Dinge zu genehmigen. Nun muss man nicht davon fasziniert sein, wenn es in anderen Ländern Entscheidungen gibt, die ohne rechtliche Verantwortung passieren. Aber dass anderswo ein Gebäude oder eine Bahnlinie in der Zeit, in der wir sie planen, schon gebaut sind, bevor wir mit dem ersten Bauschritt loslegen, ist nicht naturgegeben. Das kann man ändern. Das gilt für Tausende anderer Entscheidungen, ob es Autobahn oder Eisenbahn ist, ob es Stromlinien sind, ob es Betriebsgenehmigungen oder Baugenehmigungen für Unternehmen sind, für all das.

Auch dazu will ich gerne verkünden: Wir haben ein riesiges Gesetzgebungsprogramm, um all die Widerstände zu beseitigen, die einer schnellen Planungsgenehmigung in all diesen Fragen entgegenstehen.

Was brauchen wir also für eine gute Zukunft? Forschung und Entwicklung, ein Energiesystem, das mit der zukünftigen Anforderung unserer Industrie zusammenpasst, und Tempo. Das ist dann vielleicht ganz im Sinne des Bundestrainers das, was wir auch mit der Mannschaft Deutschland hinbekommen müssen: Tempo und diese Dinge. Das, glaube ich, ist eine Aufgabe.

Ich will zwei, drei Dinge daran anschließen, die mir wichtig sind, weil es nicht nur um Arbeitsplätze, Industrie und Modernisierung geht, sondern auch um die Frage, wie das Miteinander klappt. Das hat etwas damit zu tun, dass Gesellschaften, die sich schnell ändern, eines auf alle Fälle brauchen: Zusammenhalt, dass man sich nicht alleine fühlt, sondern dass alle zusammenhalten. Ich finde, das ist zentral. Es ist zentral, dass wir uns nicht gegeneinander aufbringen lassen.

Übrigens, Fußnote, die Kerndiskussion, die wir geführt haben, als es um den Bundeshaushalt ging – dabei kann man sich ja in die Details verlieben. Und die Abgeordneten wissen zu jedem Punkt etwas zu sagen. Sehr gut! Aber der eigentliche Punkt, um den es am Ende immer noch ging, bis wir uns morgens um fünf Uhr nach 80 Stunden Verhandlungen in der Regierung verständigt hatten – gut investierte Zeit, das sage ich ausdrücklich –, war: Lassen wir es zu, dass eine Situation entsteht, in der Dinge gegeneinander ausgespielt werden. Dinge wie die Notwendigkeit, die Ukraine zu unterstützen, die Tatsache, dass wir mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben müssen, und die Anforderung, dass wir einen funktionierenden Sozialstaat brauchen, dass die Renten stabil sein müssen und dass wir dafür sorgen müssen, dass man sich sicher fühlen kann, dass wir etwas für Kinder tun? Die Mühe war es wert, weil wir eine Lösung gefunden haben, die das ausschließt und besagt: Wir spielen das nicht gegeneinander aus.

Jetzt zurück von der Fußnote, die der Bundeshaushalt in echt ja nur ist! Auch wenn das immer eine „Tagesschau“-Meldung wert ist, geht es doch um den größeren Blick auf die Frage, wie wir zusammenleben wollen. Was das angeht, haben wir im Augenblick, finde ich, ein bisschen die Theorie, als ob es einen Kuchen gäbe, der immer nur neu verteilt würde. Wenn man das tief in seinem Innern denkt, dann kann man nicht großzügig sein, dann kann man nicht sagen: „Ja, da müssen wir Geld investieren. Da braucht jemand Unterstützung. Da sollte man etwas machen“, sondern denkt immer gleich mit: „Und ich bekomme es dann nicht.“

Deshalb sind Gesellschaften, die immer denken, die Welt sei eine Torte, die man nicht größer machen kann, immer schlecht gelaunt. Das gibt es auch überall sonst. Denn sonst würden all die merkwürdigen Wahlergebnisse in unserer Nachbarschaft und auch hier oder in den USA gar nicht denkbar sein. Das ist eine Art Nullsummendenkens, das Gefühl, es gehe nichts voran, sondern es werde immer nur untereinander neu verteilt. Daraus gibt es nur einen Ausweg, nämlich den, dass man auf die Zukunft setzt, dass man Dynamik, Wachstum, zusätzliche Arbeit möglich findet und dass man sagt: Daraus finden wir die Kraft, um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu organisieren. Ich finde, genau das ist der richtige Weg.

Deshalb will ich auch auf das eine Thema, um das ich gebeten worden bin, zu sprechen kommen, nämlich zum Beispiel auf die Frage: Was ist mit der Rente? Das ist der größte Vermögenswert, den die meisten Deutschen haben. Wäre das nicht staatlich organisiert, würde das auch bei der Vermögensrechnung im Vergleich verschiedener Länder angerechnet. Hätten wir keine staatliche Rentenversicherung, müsste jeder für sein eigenes Alter vorsorgen und mindestens so viel ausgeben wie heute. Dann würde das persönlich als Wert begriffen. Ich finde unser System besser. Es ist ja seit dem 19. Jahrhundert entwickelt, eine deutsche Tradition. Aber ich sage ausdrücklich: Es ist Vermögen. Es ist sogar vom Grundgesetz geschützt. Da kann nicht einfach einer kommen und sagen: Ich kürze diese Renten jetzt einfach von einem Tag auf den anderen. Schleichend, das geht, aber von einem Tag auf den anderen ist das schwer.

Aus dem Grunde ist es ganz wichtig, dass man über diese wichtige Sache klare Auskünfte hat, und zwar auch und gerade, wenn man sehr jung ist. Es wird ja immer diskutiert, als wäre das eine Sache für 60-Jährige, die sich Gedanken darüber machen, wie es demnächst weitergeht. Aber die Wahrheit ist genau andersherum. Für sie ist das auch wichtig, weil es ja unmittelbar bevorsteht und man dann nicht mehr so viel in seinem Leben ändern kann, sondern mit dem klarkommen muss, was man bis dahin hat. Aber wenn ich mit 17 die Schule verlasse und hier eine Lehre mache, dann habe ich fünf Jahrzehnte Arbeit vor mir. Das weiß jeder 17-Jährige und jede 17-Jährige. Fünf Jahrzehnte! Wenn ich fünf Jahrzehnte einzahle, dann möchte ich doch gerne wissen, wie das ausgeht, wenn ich es gemacht habe. Es gibt lang anhaltende Ehen, aber nicht alle halten 50 Jahre. Das ist schon eine lange Zeit.

Deshalb gibt es von mir die klare Aussage: Wir werden in Deutschland ein stabiles Rentenniveau garantieren. Darauf kann sich jeder verlassen. Wir werden noch dieses Jahr ein Gesetz beschließen, dass das für die nächsten zwei Jahrzehnte völlig festschreibt, damit man sich auf die Rente verlassen kann.

Ich möchte auch noch über das reden, was in den Zeitungen immer „Rente mit 63“ heißt. In Wahrheit heißt es: Rente für langjährig Versicherte, die 45 Jahre eingezahlt haben. Diese können ein bisschen früher in Rente gehen – wenn wir bei 67 angelangt sind, dann mit 65, um es sich einmal klarzumachen –, ohne Abschläge zu riskieren. Was wird da geschimpft!

Allerdings gibt es einen kompletten Unterschied zwischen dem, was im Fernseher passiert, und dem, was vor dem Fernseher passiert. Im Fernsehen sitzen immer Experten und Schlaumeier, die sagen: Das muss weg! Vor dem Fernseher sitzen immer Leute und sagen: Bloß nicht! Wenn ich auf Veranstaltungen bin, fragen mich immer Leute, ob man nicht neu erfinden müsste, dass jemand, der früh angefangen und eine schwere Arbeit hat, vielleicht ein bisschen früher in Rente gehen kann. Deshalb liegt darin auch eine Fiesheit, wenn ich das einfach einmal aus meiner Sicht ganz ungeschminkt sagen darf.

Ich hatte das Glück, eine Juristenausbildung zu haben, die schnell fertig war. Einstufig hieß sie damals. Das gibt es nicht mehr. Ich war in sechs Jahren mit dem zweiten Staatsexamen fertig. In dieser Zeit sind heute die meisten nicht mit dem ersten fertig. Es lag nicht an mir, sondern am System – ich hatte Glück. Dann habe ich noch meinen Zivildienst gemacht. Und dann habe ich mit 27 angefangen zu arbeiten. Jetzt rechne man einmal 27 plus 45!

Die Zusammenfassung davon ist: Alle Menschen, die eine akademische Qualifikation haben, werden natürlich nicht auf 45 Jahre Arbeit kommen. Aber sie schlagen immer vor, dass diejenigen, die mit der Lehre angefangen haben, damals noch mit 15 und 16, es okay finden sollen, dass diese Möglichkeit, zwei Jahre früher in Rente zu gehen, abgeschafft werden soll. Ich finde, das ist eine unfaire Aufteilung. Und ich bin in der Frage ganz entschieden. Dass diese Möglichkeit besteht, werden wir nicht ändern.

Damit ich hier nicht zu lange rede, fasse ich das letzte Thema an, um das ich gebeten worden bin: Berufsausbildung. Dazu will ich gerne etwas sagen, kurz und knackig. Wir können das ja nachher vertiefen.

Die Berufsausbildung ist eine Tradition, die wir in Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts aus der Handwerkstradition entwickelt haben, die wir in die Fabriken und Kontore der damaligen Zeit überführt haben. Die ganze Welt beneidet uns darum, dass wir das mit der dualen Ausbildung gemacht haben. Für mich ist die Lehre, die duale Ausbildung unverändert die wichtigste Ausbildung in Deutschland. Deshalb wünsche ich mir, dass alle Betriebe ihre Kapazitäten nutzen, um so viel auszubilden, wie es möglich ist. Und ich wünsche mir, dass wir in Deutschland diese Form der Berufsausbildung auch für die Zukunft mit aller Kraft unterstützen, stärken und in die Zukunft fortschreiben. Es bleibt die wichtigste Ausbildung in Deutschland und ist die Basis für unsere Zukunft.

Schönen Dank!