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Symbolfoto: Ola Scholz
Photothek
07.11.2024 | Berlin

Rede beim Forum der Betriebsräte der Deutschen Telekom AG

Guten Morgen!

Moin hätte ich an anderer Stelle gesagt. Ein Teil versteht das. Ich freue mich, dass wir hier miteinander sprechen können – in turbulenten Zeiten, das wurde schon gesagt. Aber mir war es unbedingt wichtig, dass wir hier miteinander über die Zeitläufte, über die Herausforderungen für das Unternehmen, für die Branche, für Arbeitsplätze, Wirtschaft und all das, was uns umtreibt, diskutieren können.

Ja, es sind schon ganz besondere Zeiten. Wir haben es eben gehört. Und das kann man nur unterstreichen. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat für uns alle viel verändert. Er hat dazu geführt, dass Geschäfte nicht mehr möglich sind, weil die Tätigkeit von Unternehmen dort unterbrochen werden musste. Wir haben gesehen, dass es plötzlich eine riesige Herausforderung für die Energieversorgung Deutschlands ist, weil viele gedacht haben: Von einem Tag auf den anderen 50 Prozent des Gases zu ersetzen, wie soll das denn gehen? Wir haben eine unglaubliche Energiepreis- und dann Preisinflation erlebt. Und ganz schön viele haben gedacht, das werde dauerhaft eine erhebliche Wirtschaftskrise für unser Land mit sich führen. Probleme haben wir, aber die Wirtschaftskrise, die damals alle befürchtet haben, ist nicht gekommen, weil wir uns zusammengerissen und weil wir dafür gesorgt haben, dass wir unsere Energieversorgung auf andere Weise sichern können, mit Gas aus anderen Ländern und mit neuen Terminals, die wir schnell gebaut haben. Aber es bleibt eine unglaubliche Herausforderung.

Der Krieg selber ist es auch. Ich denke, es gibt hier wahrscheinlich niemanden in diesem Raum, der nicht abends besorgt in den Fernseher oder in die Social-Media-Nachrichten schaut und verfolgt, was alles tatsächlich geschieht. Ein Krieg in unserer Nachbarschaft hier in Europa! Das größte Land Europas, Russland, hat das zweitgrößte Land, was die Fläche betrifft, die Ukraine, überfallen, um sich einen erheblichen Teil oder die ganze Ukraine einzuverleiben. Das sind Dinge, von denen wir gehofft haben, dass wir sie nur noch aus den Geschichtsbüchern kennen. Aber jetzt ist es plötzlich Realität geworden, dass einfach deshalb, weil man die Macht hat, ein Krieg geführt wird und unglaublich viele Menschenleben riskiert werden, damit man später, wenn man tot ist, in den Geschichtsbüchern nachlesen kann, man habe das eigene Land um ein paar Kilometer erweitert. Das bedroht den Frieden in Europa. Und das dürfen wir nicht einfach so geschehen lassen.

Das will ich an dieser Stelle gern ergänzend sagen: Es stellt auch die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung infrage, auf die wir uns in unglaublich vielen Verträgen und immer wieder neu verständigt haben, dass nämlich Grenzen nicht mehr mit Gewalt verschoben werden. Das ist etwas Bedeutendes. Denn es gibt ganz schön viele Politiker in Europa, die als Präsident oder Regierungschef, wenn sie gerade nichts zu tun haben, in Geschichtsbüchern blättern und schauen könnten, wo denn das, was jetzt ihr Land ist, früher einmal war. Wenn das alle tun und plötzlich nachmittags und abends schauen, was alles darinsteht, dann haben wir mit den falschen Konsequenzen daraus unglaublich viele Kriege.

Deshalb ist es so wichtig, dass diese Verständigung gegolten hat. Deshalb war es auch so wichtig, dass Bundeskanzler Willy Brandt eines Tages gesagt hat: Ich setze mich dafür ein, dass wir, um Frieden und Sicherheit möglich zu machen, einen Vertrag unterschreiben, in dem die Ostgrenze Deutschlands an der Oder endgültig festgelegt wird. Das war seine Leistung. Darüber hat es sogar ein Misstrauensvotum im Bundestag und eine Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger gegeben. Aber Deutschland hat gesagt: Nie wieder soll ein deutscher Politiker in Büchern blättern und dann sagen: Da, die Grenze müsste verschoben werden. Das muss das Prinzip für ganz Europa bleiben und sein.

Wir haben deswegen und auch aus anderen Gründen wirtschaftliche Probleme und wirtschaftliche Herausforderungen, die wir bewältigen müssen. Das ist klar, und dazu will ich gleich noch etwas sagen. Aber natürlich ist es sehr aufwendig, ein Land dabei zu unterstützen, sich gegen einen solchen Angriff zu verteidigen. Das tun wir – als zweitgrößter Unterstützer in der Welt nach den USA, in Europa als mit weitem Abstand größter Unterstützer. Allein die Waffenhilfe, die militärische Hilfe, die Deutschland für die Ukraine geleistet hat – und das ist ja nicht alles –, hat sich bisher schon auf fast 30 Milliarden Euro belaufen. Wenn man den Aufwand mitberücksichtigt, den wir haben, weil wir richtigerweise denen, die vor dem Bombenterror aus der Ukraine geflohen sind, hier Aufnahmeschutz gegeben haben, dann geben wir zwölf Milliarden Euro pro Jahr aus, um diese Unterstützung möglich zu machen. Das ist viel Geld. Einige sagen, das sei nicht viel Geld. Ich sage: Das ist sehr viel Geld. Es gibt Bundesländer in Deutschland, die einen geringeren Haushalt haben. Es gibt Ministerien, sehr viele Ministerien der Bundesregierung, die einen kleineren Haushalt haben als diese Summe.

Wenn man jetzt zu der Überzeugung kommt, das müssten wir einfach einmal nebenbei ausschwitzen, dann zündet man das Land an. Das will ich ausdrücklich an dieser Stelle sagen. Dann zündet man das Land an. Das bedeutet, dass man dann Entscheidungen treffen muss, dass wir Straßen nicht ausbauen, dass Schulen nicht weiterentwickelt werden, dass wir nicht in die Forschung investieren, dass wir für Wirtschaft und Arbeitsplätze nichts tun können, all die Dinge, die herausfordernd sind, weil wir sagen: Wir wollen das jetzt auf Kosten von Entscheidungen in diesem Land machen. Die Vorschläge, wie das gehen soll, sind dann auch breit: bei der Rente kürzen, irgendwie bei bestimmten sozialen Sicherungssystemen, bei Gesundheit und Pflege irgendwie zugreifen, um zu sagen, da holen wir etwas heraus, damit wir das tun können, was unsere Pflicht ist, nämlich Unterstützung zu leisten.

Von den Ländern, die die Ukraine unterstützen, gibt es kaum eines, das den Weg geht, all das aus dem laufenden Haushalt finanzieren zu wollen. Ich sage: Deutschland hat das zwar bisher so getan, weil wir alles ausgekratzt haben, was man irgendwo in den Ecken unseres Haushaltes finden konnte. Nur ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem die Entscheidung lautet: Entweder wir spielen innere Sicherheit, äußere Sicherheit, soziale Sicherheit und wirtschaftliche Sicherheit gegeneinander aus und sorgen dafür, dass der Zusammenhalt und das Miteinander in Deutschland nicht mehr funktionieren, oder wir sagen: Das ist eine große, zeitlich vorübergehende Herausforderung, vor der wir stehen, bei der aber klar ist, dass wir das außerhalb des normalen Haushalts finanzieren müssen. Das können wir nicht auf Kosten von Zukunft und Zusammenhalt in Deutschland tun. Das ist mein Standpunkt.

Ja, und das ist auch der Grund – es schauen ja alle Fernsehen und lesen Nachrichten auf Social Media –, warum ich den Bundesminister der Finanzen heute entlassen werde. Ich will gern zugeben, dass ich mir das nicht leichtgemacht habe. Ich zähle zu den Leuten, die sich nicht vor der Verantwortung drücken und sich auch nicht vor dem drücken, was für die meisten das Allerschwerste ist, nämlich Kompromisse zu machen. Es gibt Leute, die sind großartig und sagen immer: Nach vorn, auf die Barrikade, alles nach mir! Aber die Welt ist nicht so, dass sich alles nur nach einem oder zwei richten würde, sondern wir müssen miteinander auskommen, wir müssen Kompromisse machen. In der Demokratie ist es auch völlig richtig, dass es unterschiedliche Ansichten gibt, die man austragen und mit denen man Lösungen finden muss. Aber die Grundlagen für das, was wir tun, müssen eben auch stimmen. Deshalb finde ich diese Entscheidung richtig – das will ich sagen –, auch nachdem ich sie gestern getroffen habe, und werde das tun, was jetzt für unser Land notwendig ist. Die Regierung tut ihre Arbeit. Das wird die nächsten Wochen und Monate so sein. Und die Bürgerinnen und Bürger werden bald die Gelegenheit haben, neu zu entscheiden, wie es weitergehen soll. Das ist ihr gutes Recht. Ich werde deshalb Anfang des nächsten Jahres im Bundestag die Vertrauensfrage stellen und dann am Ende die, um die es wirklich geht, nämlich die Bürgerinnen und Bürger bitten zu sagen, wie es in Deutschland weitergehen soll.

Ich komme zu den Themen von Wirtschaft und Arbeit, die ich schon angesprochen habe. Ja, das ist eine große Herausforderung – alle wissen das – wegen des Krieges und vieler weiterer Kriege, übrigens auch wegen immer mehr zunehmenden Protektionismus, mit dem wir zu kämpfen haben. Das ist eine unglaubliche Herausforderung, übrigens eine Herausforderung, vor der Deutschland viel mehr steht als alle anderen Länder. Denn wenn man – und manche aus anderen Ländern tun das ja gegenwärtig mit Häme – das deutsche Wirtschaftsmodell beschreiben will, dann muss man sagen: Wir sind die am dichtesten mit der Welt verflochtene Volkswirtschaft der Welt. Es gibt auch noch andere, die ganz viele Güter und Dienstleistungen exportieren, aber es gibt kaum Länder, die so viel exportieren und importieren, wie Deutschland es tut, wenn man das zusammen betrachtet. Das betrifft fast jedes Produkt, auch viele Dienstleistungen, die wir haben. Auch in diesem Konzern sind überall in der Welt Leute mit Softwareentwicklung und mit anderen Sachen beschäftigt, die auch dazugehören und Teil einer Entscheidung sind, die lautet: Deutschland ist mit der ganzen Welt verbunden, mit Investitionen in anderen Ländern, mit Produkten und Dienstleistungen, die man aus anderen Ländern bekommt, mit Produkten und Dienstleistungen, die wir in andere Länder verkaufen.

Damit sind wir ziemlich gut gefahren – das muss man dazusagen – und haben viel Wohlstand für unser Land ermöglicht und in anderen Ländern mitgeschaffen. Wenn jetzt eine Welt beginnen sollte, in der sich alle sich in Zonen aufteilen, in der politische Lager zwischen Ländern geknüpft werden und alles gewissermaßen nicht mehr in der Weise funktioniert, dann werden wir das sicherlich spüren. Das muss man ganz klar sagen.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir das tun, was in unserer Macht, was in unserer Hand liegt, nämlich dafür zu sorgen, dass wir deshalb auch weiterhin gut durch die Zukunft kommen, weil wir technologisch vorn dabei sind, weil wir technologisch führend sind. Es ist doch etwas Besonderes, was du gesagt hast. Wir sind mit unseren 84 Millionen Einwohnern die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Davor ist China mit über einer Milliarde Einwohnern. Und davor sind noch die USA mit ein paar hundert Millionen Einwohnern – nicht ganz so viele wie in der EU, aber wirtschaftlich gleich stark. Da ist dann Deutschland Nummer drei oder vier, je nachdem, wie das mit den Wechselkursen zwischen Euro und Yen gerade ist. Ich finde, es ist ganz, ganz wichtig, dass man sich klarmacht, dass das etwas Besonderes ist und dass wir, wenn wir vorn dabeibleiben wollen, das nur hinbekommen können, indem wir das mit modernsten Technologien machen, die in unserem Land auch eine Chance haben.

Das ist für mich übrigens ein guter Grund dafür, dass sich die Tagung hier mit künstlicher Intelligenz beschäftigt. Denn – ich will den Tagungsergebnissen und den Diskussionen, die geführt werden, nicht vorgreifen – es gibt ja in Wahrheit eine klare Antwort, die auch dem deutschen Wirtschaftsmodell entspricht. Wir nutzen sie. Wir wollen die Forschung hier haben. Wir wollen auch die Anwendung hier haben. Wir wollen, dass es hier neue Unternehmen gibt, die damit entstehen. Gleichzeitig wollen wir natürlich auch, dass kein Missbrauch mit den Möglichkeiten getrieben wird. Das ist, denke ich, eine Haltung, die man haben kann. Aber das bedeutet eben nicht, sich davor zu verschließen, sondern es bedeutet, die Möglichkeiten zu nutzen und die Risiken zu begrenzen, indem man sich genau auskennt und das Notwendige dazu tut. Deshalb finde ich, das ist ein gutes Thema für diese Tagung. Es ist eine der Zukunftsfragen unserer Volkswirtschaft und der ganzen Welt.

Das gilt auch für viele, viele andere Fragen, die uns miteinander umtreiben: Quantencomputer, Robotik, was alles an Technologien da ist, auch das, was wir mit analytischer Biologie verbinden. Das hängt mit den anderen Dingen zusammen, weil wir plötzlich Dinge in kürzester Zeit ausrechnen können, für die andere vorher 50 Jahre an Rechenarbeiten und -operationen veranschlagen mussten. Das geht jetzt manchmal in Minuten und Sekunden. Das ist das, was jetzt für unsere Zukunft wichtig ist, dass wir einen hohen Aufwand für Forschung und Entwicklung treiben, dass wir dafür sorgen, dass wir eine gute Infrastruktur haben und dass wir das in allen Feldern tun, die für uns von Bedeutung sind.

Ein Themenfeld hat natürlich auch mit diesem Unternehmen und seinen Wettbewerbern zu tun. Da besteht – das will ich sagen – eine große Chance für Deutschland. Wir haben es mit dem, was man Hyperscaler nennt, ja nicht so gut hinbekommen, auch nicht die privatwirtschaftlich investierenden Unternehmen. Es gibt jetzt viele andere Wettbewerber, die dabei sehr erfolgreich sind und mittlerweile auch in Deutschland viel investieren. Aber das Telekommunikationsnetz kann sehr wohl das sein, wo wir überholen und bei dem wir sehr gut sind, weil wir eine gute Infrastruktur, ein erstklassiges Angebot haben und auch die Dinge entwickeln, die damit möglich sind, in den verschiedensten Dimensionen. Das will ich gern möglich machen, indem wir sagen: Unsere Angebote sollen in der ganzen Welt spitze sein. Es darf nirgendwo besser sein, damit die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger die neuen Möglichkeiten für Glasfaserkabel, für 5G, für all das, was eine Rolle spielt, nutzen können.

Wenn wir das tun, dann wird es auch Anwendungen geben, die zum Beispiel die Unternehmen tatsächlich Stück für Stück nutzen. Das geht dann ganz plötzlich, übrigens wie auch bei anderen Themen, die für Modernität wichtig sind, wie zum Beispiel der Elektrifizierung der Mobilität. Ich habe mich mit vielen immer herumgestritten und gesagt: Das geht ganz anders zu, als ihr denkt, wenn es zum Beispiel um Ladeinfrastruktur geht. Jahrelang hat man zu viele Ladesäulen für zu wenige Elektrofahrzeuge. Und plötzlich hat man in einem Jahr für die vielen, die neu dazugekommen sind, viel zu wenige, weil man gedacht hat, das gehe Stück für Stück voran. In Wahrheit gibt es Entwicklungen, die ganz langsam gehen, aber dann brechen sie durch. Und dann muss man mit der Infrastruktur und den Möglichkeiten, die wir haben, mithalten können. Das ist auch in dem Feld, das für dieses Unternehmen eine Rolle spielt, ganz zentral, dass wir nämlich genügend investieren und mithalten können.

Was können wir als Staat tun? Wir können eine Landschaft schaffen, in der Forschung eine große Rolle spielt, ein Umfeld, in dem wir dafür sorgen, dass die modernste Technologie auch gewollt ist, und selbstverständlich auch die Rahmenbedingungen dafür, dass investiert werden kann. Kabel müssen ja verlegt werden. Mobilfunkmasten müssen gebaut werden. Irgendwer muss sie errichten. Das ist ganz praktische, harte Arbeit, die geleistet werden muss. Wenn es dann mit dem Errichten schnell geht, aber lange dauert mit der Genehmigung, dann hat man so seine Probleme.

Deshalb ist das eine der ganz großen Sachen, die wir als Durchbruch in Deutschland hinbekommen müssen. Wir müssen dafür sorgen, dass die über Jahrzehnte in Europa, in Deutschland, in den 16 Ländern, in den 401 Landkreisen und kreisfreien Städten und den 11.400 Gemeinden gewachsenen Vorschriften, Bedenken und Regeln so gestrafft werden, dass die Dinge wieder schnell gehen. Es dauert einfach zu lange.

Dazu haben wir ziemlich viele Gesetze gemacht. Es kommen noch ein paar. Ich könnte viele große Abenteuergeschichten darüber erzählen – das werde ich jetzt nicht tun –, mit wem ich wie und wie viele Stunden verhandelt habe und um welche Ecke wir gebogen sind, damit es jetzt geht, damit der Mobilfunkmast schneller kommt. Aber eine Sache will ich gern sagen. Da brauchen wir noch einen großen Mentalitätswechsel in Deutschland. Den können wir nicht verordnen. Um den können wir uns nur gemeinsam bemühen. Mein Eindruck ist: Mitte der 80er Jahre hätte der Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde, wenn ein Mobilfunkmast gekommen wäre – damals waren es noch nicht so viele –, den Investor angerufen und gesagt: Komm vorbei! Dann hätten sie sich ins Auto gesetzt, wären dahin gefahren, wo er stehen soll, und dann hätte der eine gesagt: „Ich möchte ihn da bauen“, und der andere hätte gesagt: „Geht es nicht da?“ Übrigens wäre das auch heute noch ein völlig korrektes rechtliches Vorgehen, dass man das einfach schnell und zügig löst. Jetzt meinen alle, es müssten noch Gutachten über Sichtachsen, über Blumenbestand und verschiedene andere Dinge erstellt werden. Ich wünsche mir, dass wir nicht nur die Gesetze entschlacken, so dass schnell entschieden werden kann, sondern dass die Begeisterung für schnelle, pragmatische Entscheidungen auch überall wächst. Denn das können wir in kein Gesetz schreiben; so muss man sein.

Ich will noch ein Thema ansprechen, das schon in meiner Eingangsbemerkung eine Rolle gespielt hat, das aus meiner Sicht aber auch unabhängig von den aktuellen Ereignissen wichtig ist. Ich finde, Deutschlands Stabilität hat etwas damit zu tun, dass wir ein erfolgreicher Sozialstaat sind. Helmut Schmidt hat das einmal gesagt: Neben der Demokratie ist das vielleicht die größte Errungenschaft, die sich die Deutschen erkämpft haben. Das ist ja keine karitative Veranstaltung, wie einige immer meinen. Das ist ja keine Art erweiterter Suppenküche.

Ich will das einmal für das Thema der Rente ausführen. Das ist der wichtigste Vermögenswert, den die meisten Bürgerinnen und Bürger haben. Wer jetzt mit 17 die Schule verlässt, hat fünf Jahrzehnte Arbeit vor sich, in denen er oder sie Beiträge zahlt. Dann hofft man doch die ganze Zeit, diese 50 Jahre, dass das etwas ist, auf das man sich verlassen kann, dass das Renteneintrittsalter nicht immer weiter steigt, dass es ein stabiles Niveau gibt. Das will ich gern sagen: Es sind geschützte Werte, die auch das Grundgesetz schützt. Ich bin deshalb dagegen, dass jedes Mal, wenn jemand sich als Reformpolitiker profilieren will, er sagt: Als Erstes kürzen wir bei der Rente. Das haben die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht verdient.

Übrigens gibt es ja noch ein kleines Detail. Das muss ich hier anekdotisch noch loswerden, weil es mich so umtreibt und, ehrlich gesagt, auch empört. Es gibt die Möglichkeit, zwei Jahre früher in Rente zu gehen als das gesetzliche Rentenregelalter, wenn man schon 45 Jahre gearbeitet hat. Das wird immer „Rente mit 63“ genannt. Da sind wir gar nicht mehr. Das Regelalter liegt ja schon bei 66.  Aber das wird in den Fachzeitschriften, in denen sich die Wirtschaftsprofessoren äußern, immer kritisiert. In den Talkshows der Republik wird gesagt, das sei ein Privileg, das müsse sofort abgeschafft werden. Daran stört mich eine Sache. Wenn man mit 17 die Schule verlässt – einige hier im Raum haben sie vielleicht auch mit 15 oder 16 verlassen und haben angefangen zu arbeiten –, dann kommt man auf 45 Jahre vor der Rente. Wenn man studiert hat, dann schafft man das bis 67 nicht. Nun sitzen in so einer Talkshow lauter Leute – ich selbst habe studiert; das ist also keine Diskriminierung von Leuten mit Hochschulstudium, Professor Sowieso, Doktor Sowieso, Manager Sowieso –, und wenn da gesagt wird, das sei ein Privileg, das abgeschafft werden müsse, dann reden lauter Leute, die niemals auf 45 Beitragsjahre kommen werden, darüber, dass Leute, die vor ihrem 20. Lebensjahr angefangen haben, dieses kleine Privileg nicht mehr haben sollen. Das ist falsch.

Deshalb glaube ich, dass wir Impulse für wirtschaftliches Wachstum brauchen. Wir müssen etwas dafür tun, dass das mit den Bedingungen für unsere Unternehmen klappt. Wir müssen die Energiepreise in den Griff bekommen, insbesondere die, die dadurch steigen können, dass wir das große Stromnetz ausbauen. Das muss sein, aber es darf keine Kalkulationsbremse für Investitionen werden. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass unser Land zusammenhält. Nur wenn beides klappt, wirtschaftliches Wachstum, gute Forschung, gute Entwicklung, gute Infrastruktur und ein funktionierender sozialer Zusammenhalt, ist Deutschland auch das starke Land, das es sein will und in dessen Traditionen wir auch weiterhin für die Zukunft arbeiten wollen.

Schönen Dank.