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17.08.2011

Rede vor dem Wirtschaftsrat der CDU: Wirtschaftspolitik für ein modernes Hamburg

Rede vor dem Wirtschaftsrat der CDU: Wirtschaftspolitik für ein modernes Hamburg

 

Sehr geehrter Herr Leutke,

meine Damen und Herren,

 

gern habe ich Ihre Einladung angenommen, über Wirtschaftspolitik für ein modernes Hamburg vor dem Wirtschaftsrat zu sprechen. Ich bin mir auch der besonderen Auszeichnung bewusst, dass ich als erster sozialdemokratischer Bürgermeister seit etlichen Jahren vor Ihnen sprechen darf.

Ich will also möglichst wenig Zeit auf die Vorrede verwenden und mit dem Aktuellen beginnen. Damit meine ich nicht die gestrigen Schlagzeilen, obwohl die auch aktuell waren und sind: Hansestadt hat deutschlandweit die besten Wirtschaftsaussichten oder Hafen liegt trotz neuer Risiken auf Rekordkurs.

Wir sind uns vermutlich darin einig, dass man so etwas (a) gern liest, (b) besonders wenn es stimmt, (c) das Stichwort Risiken schon anzeigt, dass solche Stimmungsbilder niemals Anlass sein dürfen, sich zufrieden zurückzulehnen. Vielmehr geht es darum, zielstrebig weiterzuarbeiten, so dass die Wirtschaftsaussichten die besten bleiben.

Was sie aktuell am meisten gefährdet, lässt sich unschwer aus denselben Zeitungen herauslesen und das täglich. Die gegenwärtigen weltweiten Turbulenzen an den Finanzmärkten sind Anlass zur Sorge und ich muss vor diesem Kreis nicht betonen, wie sehr sie auch unsere Stadt betreffen. Ob die so genannte Realwirtschaft funktioniert, steht und fällt an jedem Wirtschaftsstandort also auch in Hamburg mit ihren Finanzierungsbedingungen. Die gerade halbwegs überstanden geglaubte weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hatte auch hier viel Kapital und viel Vertrauen zerstört.

Das Vertrauen behutsam wieder aufzubauen ist eine der großen Aufgaben, vor denen wir gemeinsam stehen. Wachsen kann es nur dann wieder, wenn die Bürgerinnen und Bürger einen Sinn in dem sehen, was sich im Finanzsektor abspielt. Die Finanzmärkte, wie wir sie voller Ehrfurcht stets im plurale tantum nennen, brauchen Aufsicht und Realitätsbezug, brauchen eine politische und kulturelle Ordnung, um wirtschaftlich und sozial verträglich zu sein.

 

Die Ereignisse in 2008 und 2009 haben gezeigt, dass wir sie nicht alleine lassen dürfen und die Ereignissse 2011, europa- und weltweit, zeigen es abermals.

Sie zeigen natürlich noch mehr. Sie zeigen, mit welcher Wucht eine ausufernde Schuldenpolitik auf diejenigen zurückfallen kann, die sie viel zu lange geduldet haben. Die jetzige Situation der USA kommt ja nicht wirklich überraschend. Dazu ein Zitat aus dem Hamburger Abendblatt:

 

Der amerikanische Senat stimmte am Sonnabend der Erhöhung der Verschuldungsobergrenze der USA auf 2,323 Billionen Dollar zu, nachdem die Regierungskredite die bisherige ´Schallmauer´ von 2,079 Billionen Dollar erreicht hatten. Bis zum 2. September seien aber neue Anleihen erforderlich, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Staates vermieden werden solle, sagten Regierungsvertreter. 

 

Der Artikel ist vom 11. August, und zwar 1986. Unter den Präsidenten Reagan und Bush senior stiegen die Bundesschulden am Ende auf vier Billionen Dollar. Erst der nächste US-Präsident Bill Clinton hat sich mit zumindest vorübergehendem Erfolg der Staatsschulden-Bekämpfung gewidmet und das Prinzip Pay as you go zu etablieren versucht. Dieses halte ich, im sehr viel bescheideneren Rahmen des Stadtstaates Hamburg, für ein gutes Prinzip.

 


Meine Damen und Herren,

 

in Kürze bin ich beim Bund der Steuerzahler eingeladen und dort werde ich genauso wie hier und heute sagen: Steuerzahler die ja auch Konsumenten sind wissen, dass man auf die Dauer nicht mehr Geld ausgeben kann als man einnimmt. Politiker wissen es auch. Wer so tut, als wüsste er es nicht, handelt nicht verantwortlich. Der morgendliche Blick in die Zeitung hat es uns seit Wochen wieder vor Augen geführt, wie schon 1986: Jedes auf Pump errichtete Kartenhaus wird irgendwann einstürzen. 

 

Deutschland ist nicht die USA und Hamburg ist nur ein kleiner Teil Deutschlands. Überall gibt es auch spezifische, zum Teil hausgemachte Problemlagen. Aber auf eines sollten wir uns sehr grundsätzlich einigen können, jetzt endlich: dass wir ab sofort auf die Schuldenbremse treten und in Hamburg einen Haushalt ohne Neuverschuldung in 2020 anstreben, so wie es das Grundgesetz allen Ländern, also auch Hamburg, vorgibt. Und das wiederum heißt, dass ab sofort die Ausgaben nur noch langsamer wachsen dürfen als die Einnahmen.

 

Der bisherige Senat hat uns in der Finanz- und Haushaltspolitik ein schweres Erbe hinterlassen, mit 28 Milliarden Euro Schulden. Das strukturelle Defizit im Haushalt wird vom Rechnungshof auf eine Milliarde Euro beziffert. So kann und darf es nicht weitergehen. Was in der Regierungserklärung steht, gilt: Wir dürfen auf die vielen Schulden der letzten Jahrzehnte nicht immer noch weitere auftürmen. Die Zinslasten würden schon uns die Luft nehmen und spätere Generationen vollends erdrücken.


Der neue Senat wird das anders machen und er wird sich auch nicht durch aktuelle Schwankungen von Steuerschätzungen und anderen Prognosen aus seinem Konzept bringen lassen. Wenn suggeriert wird, jetzt wäre doch wieder Spielraum für Mehrausgaben, oder im Bund für Steuersenkungen, sage ich folgendes: Wenn wir jetzt gerade einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet haben, ist das schön für die Stadt, weil es zeigt, dass in Hamburg ein guter Branchenmix entstanden und die wirtschaftliche Basis gesund ist. Daran zu arbeiten, ist ja die andere Seite langfristig vorsorgender Politik. Wir werden aber jetzt definitiv nichts tun, was das Ziel eines Haushalts ohne Neuverschuldung bis 2020 gefährdet.


Natürlich hat die Wirtschaftspolitik für ein modernes Hamburg Aufgaben, die ohne Geld nicht zu erfüllen sind. Sie hat Ausgaben, nämlich für die Sicherung und den Ausbau der Infrastruktur. Dafür, dass die Arbeitnehmer und die Wirtschaft möglichst optimale Bedingungen vorfinden. Sie muss im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Zukunftssicherung für die Bürgerinnen und Bürger arbeiten. Der Senat muss sich also zwischen verschiedenen Anforderungsprofilen bewegen, um unter anderem gute Infrastruktur- und Wirtschaftspolitik zu machen.

 


Meine Damen und Herren,


was ist gute Wirtschaftspolitik? Erst recht in den engen finanziellen Grenzen, die uns gesteckt sind?  Natürlich ist sie leichter angekündigt als definiert, und leichter definiert als gemacht. Aber wir wollen sie machen und deswegen versuche ich auch gern folgende  Definition: Gute Wirtschaftspolitik ist eigentlich die, die man nicht sieht. Sie muss beweisen, dass sie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhalten und stärken kann. Sie ist pragmatische Wirtschaftspolitik mit dem Ziel, dass die Arbeitsplätze sicher bleiben und die Arbeitnehmer ordentlich bezahlt werden.


Seit erdenklichen Zeiten war das immer dann der Fall, wenn es dem Hafen gut ging. Der Hamburger Hafen wird auch weiterhin das belastbare Fundament unseres wirtschaftlichen Erfolgs sein. Er verbindet deutsche Unternehmen mit ihren Absatzmärkten in aller Welt und sichert durch den Import von Rohstoffen und Vorleistungsprodukten die Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandortes Deutschland.

 

Der Hamburger Hafen ist also von nationaler Bedeutung und die Metropolregion Hamburg ist mit mehr als 10.000 Unternehmen, die im Logistiksektor tätig sind, und rund 330.000 direkt und indirekt Beschäftigten in diesem Wirtschaftszweig der führende Logistikstandort in Nordeuropa.

 

Das Cluster Logistik knüpft hier an und ist nicht zufällig eines der wichtigsten im Rahmen der Hamburger Clusterpolitik. Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen ist eines der wichtigsten Anliegen überhaupt in jeder Wirtschaftspolitik. In der Logistik sind in der Metropolregion seit 2005 über 22.000 neue Arbeitsplätze entstanden trotz Krise. Ein Grund mehr, die Logistik-Initiative Hamburg fortzuführen und auszubauen.

 

Wir schaffen damit langfristig Beschäftigung und Jobchancen sogar auch für gering Qualifizierte und es entstehen Ausbildungsplätze mit einer langfristigen Perspektive.

A propos Metropolregion: Schon lange gucken wir über den Tellerrand, bündeln die Stärken einer Gesamtregion und verbessern die internationale Sichtbarkeit des Nordens. Denn das Beste am Norden das kennen Sie aus der Eigenwerbung des NDR ist unser Weitblick. Und der zeigt uns, dass die Wirtschaftskraft unserer Region am Hamburger Hafen genauso hängt wie an den leistungsstarken Verkehrsverbindungen. Aber auch an den international erfolgreichen Unternehmen mit ihren vielen Tausend qualifizierten Arbeitskräften in Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

 

Zurück zum Hafen. Im vergangenen Jahr ist er nach der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise der vorigen mit 7,9 Millionen TEU wieder auf Wachstumskurs gegangen. Vor Prognosen, die kommenden Jahre betreffend, sollten wir uns zurzeit hüten. Wachstumspotenziale für den Hafen nützen Wirtschaft und Beschäftigung, Stadt und Region und der Hamburger Senat steht dafür ein. Er wird unter Beteiligung der Hafenwirtschaft die Rahmenbedingungen schaffen.

 

Ein marktgerechtes Angebot an hafenspezifischen Dienstleistungen ist eine Voraussetzung, ein gut ausgebautes Verkehrsnetz zu Land, zu Wasser und in der Luft die andere. Wir stehen für die erneut notwendige Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe, und wir stehen für den Bau der Hafenquerspange und der Y-Trasse sowie die Ertüchtigung des Eisenbahnknotens Hamburg. Denn wir müssen alles in allem die logistische Leistungsfähigkeit im Hafen und im Hinterland entscheidend steigern.

 

Wenn man den Blick noch etwas weiter schweifen lässt, kann man auch schnellere Verbindungen nach Skandinavien wie die Fehmarnbeltquerung mit aufzählen, wo es um eine künftig noch bessere Anbindung Hamburgs geht.

Eine leistungsfähige Verkehrs-Infrastruktur kann übrigens das gilt wieder besonders für den Hamburger Süden auch die Lebensqualität der Menschen in den Wohnquartieren verbessern, indem sie möglichst viel Durchgangsverkehr dort herausholt und heraushält.

Widerspruch und Konflikte werden nicht ausbleiben. Neue Verkehrstrassen und altbekannte Baggerarbeiten schonen nicht immer die Natur, vielmehr laufen solche Vorhaben manchen berechtigten Interessen zuwider. Der Senat wird eine jederzeit transparente Planung vorantreiben, in der kein Argument, alt oder neu, abgebürstet wird. Dabei wird der Senat das gesamtstädtische Interesse im Sinn haben und die Europäische Umweltgesetzgebung beachten.  

 

Am besten fahren wir, wenn die Verkehrsträger mit ihren jeweiligen Stärken optimal kombiniert, die Kapazitäten der Verkehrswege durch intelligente Logistik- und Telematik-Konzepte deutlich erhöht, dadurch umweltschädliche Emissionen minimiert werden.

 

 

Meine Damen und Herren,


eines betonen wir manchmal nicht genug, wenn wir vom Handel, vom Hafen und von den Dienstleistungen in Hamburg reden. Nämlich dass die Grundlage all dessen unsere starke Industrie ist. Sie ist für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt von grundsätzlicher Bedeutung und  Hamburg ist eine der größten Industriestädte in Europa.

 

Damit bin ich erneut bei der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, denn in dem Zusammenhang ist Bedeutung der Industrie wieder sehr deutlich geworden. Es ist eben nicht so und es war auch nie so, wie es vermeintliche Experten gepredigt haben, dass die Zukunft und das wirtschaftliche Heil ausschließlich im dritten und vierten Sektor lägen, dass wir die industriellen Kerne vernachlässigen sollten. Die moderne Wirtschaft, die New Economy werde für Wohlstand für alle sorgen. Gut, dass wir diesen Predigten nicht geglaubt haben.

 

Wir sind einen besseren Weg gegangen. Wir haben nicht zugelassen, dass immaterielle Bereiche, allen voran der Finanzsektor, für die Volkswirtschaft bestimmend wurden, sondern haben uns unsere Industrien bewahrt. Handel, Dienstleistungen und Hafen haben deshalb einen Stabilitätsanker realer Wertschöpfung, der uns vergleichsweise sicher durch die Krise gebracht hat. Dienstleistungen und Handel brauchen die Industrie. Aus ihrem Wechselspiel entsteht die wirtschaftliche Kraft. Gut durch die Krise gekommen sind wir natürlich auch mit klugen Konjunkturpaketen, und mit der Kurzarbeit, auf die viele in der Welt immer noch staunend schauen.

Das, was wir in Deutschland damals gemacht haben, war wirklich bemerkenswert und zeigt, was die Stärke unseres Standortes ausmacht: Starke industrielle Kerne, leistungsfähige soziale Systeme und eine belastbare Sozialpartnerschaft.

 

Der zwischen Wirtschaft und Behörden abgestimmte Masterplan Industrie kommt. Wir nehmen uns genug Zeit, um vernünftige gemeinsame Vorstellungen zu entwickeln.

 


Meine Damen und Herren,


in Hamburg sind ungefähr 125.000 Unternehmen und Gewerbetreibende wirtschaftlich aktiv. Von diesen erfüllen vier Fünftel die Mittelstandskriterien der Europäischen Union. In den KMU arbeiten 81 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

 

Die Stadt Hamburg hat allen Grund, sich auf die Kleinen und Mittleren Unternehmen zu stützen. Hier werden die Fach- und Führungskräfte geschult, die die Wirtschaft so dringend braucht, denn der demographische Wandel hat längst begonnen. Hier wird ausgebildet, hier werden Arbeitsplätze angeboten und neu geschaffen. 

 

Damit Hamburg noch besser wird, braucht es Initiativen und veränderte Akzente. Wir sind dabei, ein Bündnis für den Mittelstand mit Vertretern der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft abzustimmen. Zur gleichen Zeit entwerfen wir einen Masterplan für das Handwerk.

 

Das soll beides nicht nur vier Jahre gelten. Die strategischen Ziele sind legislaturübergreifend angelegt. Wir wollen den Mittelstand als Fundament der Wirtschaft und Stabilisator im Konjunkturverlauf stärken.

 

Wir wollen zu Existenzgründungen anregen: Hamburg braucht Menschen, die den Sprung in die Selbständigkeit wagen. Unternehmensgründungen sind eine wichtige Triebfeder für wirtschaftliches Wachstum, für mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze.

 

Wir wollen ausreichende Finanzierungsmittel verfügbar machen: Fördermaßnahmen sind darauf ausgerichtet, ein ausreichendes Angebot an Kredit- und Beteiligungskapital für die mittelständische Wirtschaft zu ermöglichen.

Es wird eine neue Förderbank geben, die solche Fördermaßnahmen in Zukunft zielgenauer und unbürokratischer abwickeln soll.

Zum Handel gehört ein funktionsfähiger Finanzplatz Hamburg. Der Senat betrachtet es als seine Aufgabe, diesen auch für die Zukunft sicherzustellen. Die Hilfe der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg für die HSH Nordbank war nicht die einfachste Aufgabe und keine leichte Entscheidung, aber sie war notwendig. Ohne die Bereitstellung von frischem Kapital in Höhe von 3 Milliarden Euro sowie von Garantien über 10 Milliarden hätte die Abwicklung der HSH und damit eine hohe Belastung der Länderhaushalte sowie der Hamburger und norddeutschen Wirtschaft gedroht. Jetzt haben wir in intensiven Verhandlungen mit der EU die Weichen für die Zukunft gestellt.

Schon um eine weitere Krise dieser Dimension zu verhindern, oder sie zumindest in ihrer Wirkung einzudämmen, müssen sich Politik und Finanzbranche an Analyse ihrer Ursachen machen und Mechanismen entwickeln, die eine Wiederholung weniger wahrscheinlich machen.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

Wir wollen das wahr machen, was schon im Arbeitsprogramm des Senats stand: Hamburg braucht einen Vorrat an gut erschlossenen Gewerbe- und Industrieflächen. Die Gewerbeflächenentwicklung werden wir aktiv steuern und uns dabei in Quantität und Qualität an der Nachfrage orientieren.


Auch das ist wieder nicht einfach. Hamburg hat ein mehr oder weniger naturgegeben knappes  Flächenangebot und deswegen gibt es manche Flächenkonkurrenz.

 

Sie wissen um das ehrgeizige, gleichwohl notwendige Wohnungsbauprogramm des Senats. Auch dafür wird so mancher Hektar gebraucht.

 

Es gibt das Interesse der Stadtbewohner an Grün, an Freiflächen, an Naherholung, die Umwelt zu schützen. Alles ist berechtigt. Wir werden Zielkonflikte haben und wir werden es uns nicht leicht machen.  

 

Was werden wir machen? Stichworte sind: Flächenrecycling, Nutzungsintensivierung, Aktivieren von Brachflächen, Qualifizierung bestehender Gewerbe- und Industrieflächen.

Wo es Hemmnisse für eine hochwertige Nutzung der vorhandenen Flächen gibt, müssen wir diese identifizieren und passende Handlungsansätze entwickeln.

 

All diese Aktivitäten sind eingebettet in ein behördenübergreifendes, ein gesamtstädtisches strategisches Flächenmanagement. Damit wollen wir Nutzungskonflikte schnell und fair, gleichwohl entschlossen lösen, unter angemessener Berücksichtigung der örtlichen Belange und der Interessen der gesamten Stadt.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

langfristiges Wachstum braucht Innovationen. Das heißt: Innovationsbereitschaft stärken, Forschung und Entwicklung fördern, Technologietransfer unterstützen. Wir wollen Hamburg zur Innovationshauptstadt Europas entwickeln.


Das Stichwort Clusterpolitik ist schon gefallen. Sie ist ein erfolgreiches wirtschaftspolitisches Instrument zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft einer Metropole wie Hamburg. Sie sichert und schafft  nachhaltig  Arbeitsplätze sowie entsprechende Wertschöpfung.

 

Herausragende Beispiele sind in Hamburg die Cluster Logistik schon genannt - sowie Luftfahrt und Erneuerbare Energien, Life Sciences, Maritime Wirtschaft, Kreativwirtschaft und Gesundheitswirtschaft. Genau genommen sind es alles herausragende Beispiele.

 

Nicht zu vergessen das Cluster und überhaupt den Bereich Medien- und IT-Wirtschaft. Dies ist eine der zentral bedeutenden Branchen Hamburgs. In der Stadt beschäftigt sie ungefähr 110.000 Menschen in über 21.000 Unternehmen. Darüber hinaus tragen die Medien der Stadt erheblich zum Image und zur Bekanntheit Hamburgs bei.

Wie kaum ein anderer Standort in Deutschland verfügt Hamburg in sämtlichen relevanten Medienzweigen über leistungsfähige Unternehmen und Dienstleister, von den Verlagen und den klassischen Medien Buch, Zeitung, Zeitschrift, Radio, Musik, kreative Werbung über Film und Fernsehen hin zu den Neuen Medien, dem Internet, den Sozialen Medien, der Digitalen Wirtschaft. Wir haben Fortbildungseinrichtungen und Stichwort Cluster es gibt hamburg@work, die Hamburger Initiative für Medien, IT- und Telekommunikation.

Auch hier gibt es keinen Grund zum Zurücklehnen, denn es gibt Wettbewerb, es gibt Konkurrenz. Die Medienpolitik will die Standortvorteile Hamburgs akzentuieren, gemeinsam mit der Branche weiterentwickeln und politisch verstärken. Wie wollen Hamburg als die Medienstadt Deutschlands festigen, indem wir die wirtschaftliche Stellung der Medien sowie das Wachstum des MITT-Clusters fördern, die Nachwuchsentwicklung sichern und einen vernünftigen Regulierungsrahmen garantieren. Mit Blick auf diese Ziele hat der Senat entschieden, die Medienpolitik in einem neuen Amt Medien in der Senatskanzlei zu bündeln und er hat dies getan.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

auf die Bürokratie schimpft jeder, sogar Bürokraten tun das. Ganz ohne sie geht es nicht, aber der Wunsch nach einfachen, transparenten und, soweit möglich, schnellen Genehmigungsverfahren ist völlig berechtigt und wir werden uns da weiter hineinknien.

Es wird einen Normen-TÜV geben, für den die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation verantwortlich ist.

 

E-Government und ein strikteres IT-Verfahrensmanagement können und müssen noch wirkungsvoller eingesetzt werden. Es gibt die EU-Dienstleistungsrichtlinie, auf die sich die Hamburger Verwaltung umstellen muss und wird und dazu gehört der Einheitliche Ansprechpartner.

 

One Face to the Customer heißt das Zauberwort. Also nicht kalte Schulter, sondern Gesicht.

Wir werden sehen, welche Hamburger Initiativen auf Bundesebene helfen können, die eine oder andere Überholspur frei zu  machen. Und wir werden auch an die Behörden selbst herangehen, ihnen helfen, Hindernisse im eigenen Bereich abzubauen.

 

Oft bestehen die in veralteten Strukturen, zu tiefen Hierarchien, manchmal arbeiten einfach zu viele Instanzen an derselben Sache trotz knapper Personalressourcen, die gibt es nämlich auch.

 

Effizienz- und Qualitätssteigerung durch Prüfung von Synergien, zentrale Aufgabenwahrnehmung oder Federführungsprinzipien da sind harte Bretter zu bohren und das haben wir vor.  

 


Meine Damen und Herren,

 

die Energiepolitik der Bundesregierung war in den vergangenen Monaten einigen Wendemanövern unterworfen.

Ich will darüber nicht spotten, denn wenn man nur weit genug zurückblickt, gilt das auf diesem Gebiet für Viele. Ärgerlich war es, denn es ist kostbare Zeit vertan worden. Jetzt immerhin kehrt Deutschland zum Ausstieg aus der Atomenergie zurück, den Bundeskanzler Schröder schon einmal auf den Weg gebracht hatte. Das ist vernünftig und das hätten wir schon längst haben können.

 

Das Ja zum Atomausstieg ist gerade auch in Hamburg verbunden mit der Hoffnung auf einen erheblichen Innovationsschub, namentlich bei den Erneuerbaren.

 

Ein wesentliches Problem bei der Nutzung von zum Beispiel Windenergie besteht bekanntlich darin, dass sie dann zur Verfügung  stehen muss, wenn sie gebraucht wird, und dort, wo sie gebraucht wird. Speicherung überschüssiger Windenergie ist also das Gebot und gleichzeitig eine große technische Möglichkeit auch für Hamburg.

Das ist auch wirtschaftlich von Nutzen. Der Aufbau des Clusters Erneuerbare Energien Hamburg ist ein zentraler Bestandteil des Arbeitsprogramms des Senats, mit dem Ziel, Hamburg gemeinsam mit den norddeutschen Ländern zu einem der führenden Standorte auszubauen.

 

Hamburg hat alles Potenzial, die Energiewende zu seinem Nutzen zu gestalten. Wir sind bereits die Hauptstadt der Windkraft in Deutschland. Was die Standorte betrifft, wird sich der Schwerpunkt Richtung Offshore verlagern, was wiederum der Küstenregion einen Aufschwung bringt.

 

Wichtig ist der Ausbau der Übertragungsnetze und schnelle Genehmigungsverfahren sind deshalb unverzichtbar.

 

Ich stimme also dem Präses der Handelskammer, Herrn Melsheimer, voll und ganz zu, wenn er sagt, Zitat: Wir brauchen vor allem Innovationen. Eines der zentralen Probleme ist die Energiespeicherung. Aber wer sollte diese Innovationen vorantreiben, wenn nicht dieses Land?

In der Tat übernimmt dieses Land mit seinen ehrgeizigen Klimazielen bei gleichzeitigem Atomausstieg eine hohe Verantwortung, nicht nur für die eigene Bevölkerung und Wirtschaft, sondern auch als Rollenmodell für andere. Die vielzitierten Lichter werden in Deutschland nicht ausgehen, die Gefahr hat nie bestanden. Wir müssen uns aber darüber klar sein, dass der Umstieg auf eine andere Energiebasis nicht darin bestehen darf, dass wir verstärkt Atom- oder fossil erzeugten Strom aus den Nachbarländern importieren.

 

Energiewende muss etwas anderes heißen. Lassen Sie uns gemeinsam an ihr arbeiten.

Die Energiewendegesetze der Bundesregierung halte ich weiterhin für nicht ausreichend. Für die energetische Gebäudesanierung muss mindestens ein Betrag von rund zwei Milliarden Euro pro Jahr bereitgestellt werden, wie es in der Zeit der Großen Koalition bereits einmal der Fall gewesen ist. Beim Erneuerbaren-Energien-Gesetz wollen wir Nachbesserungen bei der Förderung der On- und Offshore-Windenergie durchsetzen.

 

Der Ausstieg aus der Atomenergie muss auch das Herunterfahren unnötigen Energieverbrauchs nach sich ziehen.

Dabei wissen wir und berücksichtigen wir, dass in Hamburg etliche energieintensive Unternehmen tätig sind und deren Möglichkeiten, Energie einzusparen, auch bei gutem Willen begrenzt sind. Gerade sie haben für die Stadt, für die Wertschöpfung und Beschäftigung hohe Bedeutung. Ich habe im Bundesrat bei der Debatte zu den Energiegesetzen darauf gedrungen, dass die besonderen Belange der energieintensiven Unternehmen berücksichtigt werden. Die Mehrheit der Länderkammer hat sich dem angeschlossen.

Im Bundesratsbeschluss vom 17. Juni heißt es: Eine Benachteiligung von energieintensiven Unternehmen muss verhindert werden, Wettbewerbsverzerrungen dürfen nicht zu Standortverlagerungen führen. Das kommende Erneuerbare-Energien-Gesetz darf die Situation beim Eigenverbrauch nicht verschlechtern und Möglichkeiten der energieintensiven Unternehmen zur Stabilisierung der Stromnetze sollen zukünftig genutzt werden können. Auch hierfür sollen Gesetze den Weg ebnen.

 

Die Länder haben damit ein wichtiges energiepolitisches Signal für den Industriestandort Deutschland gegeben. Für Hamburg sind diese Entscheidungen wichtig.

Noch zwei konkret hamburgische Anmerkungen zum Energiethema:

  

Erstens: Hamburg braucht das Kraftwerk Moorburg. Es wird 90 Prozent des Hamburger Strombedarfs decken und auch Fernwärme liefern. Damit kann es seine Effizienzvorgaben besonders gut einhalten. Mit Moorburg wird eine moderne Anlage das abgängige Kraftwerk Wedel ersetzen. Ich bin zuversichtlich, dass es ohne weitere unnötige Verzögerungen bald ans Netz geht.

 

Zweitens: Wir brauchen eine strategische Position des Senats in der Bewirtschaftung der Energienetze der Stadt. Wir haben deshalb angekündigt, dass der Senat einen strategischen Anteil von 25,1 Prozent an den Netzen kaufen wird. Das ist nach wie vor unsere Absicht.

Damit wollen wir Handlungsspielräume in der Energiepolitik zurück gewinnen. Wir wollen die nötigen strukturellen Änderungen im Energiesektor künftig wieder verstärkt mit gestalten und lenken können.

 

Seit dem Verkauf der ehemals städtischen Unternehmen HEW und Hein Gas sind uns Einflussmöglichkeiten abhanden gekommen. Wir sind uns jedoch einig, dass ein städtischer Einfluss auf die regionale Energiewirtschaft in Zukunft stärker erforderlich ist. Denn die zukünftige Energiewirtschaft ist die regenerative Energie. Dies setzt einen umfassenden Um- und Ausbau der Netz-Infrastruktur-Ebenen voraus. Diese Zukunftsinvestitionen sollte Hamburg maßgeblich mit gestalten. Auch damit wollen wir einen Beitrag zur Energiewende in Deutschland leisten.

 

Wenn jetzt manche in der Stadt eine größere Beteiligung wollen, so ist das ihr gutes Recht. Politik hat sich der Bewertung durch die Bürgerinnen und Bürger zu stellen. Wir werden die Debatte führen, wenn sie kommt. Wir sind uns unserer Argumente sicher und sind so überzeugt, dass wir auch sehr überzeugend sein können.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

das Ganze kostet Geld und die Verbraucher werden uns aufs Dach steigen, wenn die Kosten bei ihnen auflaufen. Ich bin sicher, dass die Hamburgerinnen und Hamburger genauso skeptisch wie der Senat sind, wenn es darum geht, nicht nur einen strategischen Anteil, sondern 100 Prozent von den Gesellschaften zu erwerben. Schließlich könnte das leicht eine bis zwei Milliarden zusätzliche Schulden bedeuten. Womit ich fast wieder am Anfang meiner Rede bin.

 

Auf keinen Fall darf es eine Verschlechterung der Netzqualität geben, im Gegenteil: Es werden hohe Investitionen erforderlich sein, zum Beispiel ich beschränke mich auf  das Stromnetz für die neuen Möglichkeiten, Verteilung und Verbrauch intelligent zu steuern, etwa über Smart Grids. Und bei all dem soll am Ende mehr regenerativ erzeugter Strom aus der Steckdose kommen, nicht zuletzt um den Ausbau der Elektromobilität zu ermöglichen da sind wir Modellregion  beziehungsweise ihm überhaupt Sinn zu geben. 

 

 

Meine Damen und Herren,

 

das A und O aller Wirtschaftspolitik ist Ausbildung.  Wettbewerbsfähigkeit und Dynamik eines modernen Wirtschaftsraumes hängen maßgeblich von seiner Innovationsfähigkeit ab, die ihrerseits exzellent ausgebildete Nachwuchs- und Fachkräfte erfordert.

 

Junge Menschen müssen in Hamburg alle Chancen auf einen Schulabschluss bekommen. Der Hauptschulabschluss muss das kulturelle Minimum sein und auch tatsächlich zur Berufsausbildung qualifizieren.

 

Und alle Schülerinnen und Schüler benötigen nach dem Schulabschluss eine berufliche Ausbildung, wenn sie ein selbständiges Leben führen wollen und nicht ein Leben lang auf öffentliche Unterstützung angewiesen bleiben sollen.

 

Unsere Lösung lautet: Mehr Berufsausbildung für junge Menschen und die nachträgliche Qualifizierung all derjenigen, die arbeitslos sind und nicht die Qualitäten mitbringen, die auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden.

 

Unser ausdrückliches Ziel ist es, dass alle jungen Erwachsenen nach der Schule entweder eine Berufsausbildung beginnen oder ein Studium aufnehmen. Niemand darf verloren gehen!

Dafür haben wir in der Kürze der Zeit bereits wichtige Reformschritte eingeleitet. Im jetzt beginnenden Schuljahr startet die neue Berufs- und Studienorientierung in den Stadtteilschulen. Gleichzeitig werden die Kooperationen zwischen Stadtteilschulen und berufsbildenden Schulen ausgebaut und vertieft.

 

Niemand darf verloren gehen: Der nächste wichtige Schritt dorthin wird die Einrichtung der Jugendberufsagentur sein. Sie fasst bisher verstreute Beratungs- und Vermittlungsangebote unter einem Dach zusammen. Kurze Wege, verbindliche Absprachen und individuelle Begleitung werden die Jugendlichen dabei unterstützen, ihren Einstieg in die berufliche Ausbildung zu finden. Die zuständigen Fachbehörden, die Agentur für Arbeit, Job Center team.arbeit.hamburg, Kammern, Gewerkschaften und die Bezirke arbeiten hier eng zusammen. Und wir suchen auch nach rechtlichen Wegen, wie wir solange hinter jedem Jugendlichen her sein können, bis das mit der Ausbildung geklappt hat. Ich bin versucht zu sagen: ob sie wollen oder nicht.

 

Und in den Hamburger Wirtschaftsclustern wird das erfolgreiche Instrument der Qualifizierungsinitiativen eingesetzt.

 

Durch eine enge Verzahnung von Wirtschaft, Verwaltung und Bildungseinrichtungen wird sichergestellt, dass die Maßnahmen und Aktionen auf die betriebliche Praxis ausgerichtet und direkt auf die Unternehmen zugeschnitten sind.

 

Die langfristige Nachwuchsgewinnung und Berufsorientierung gehören ebenso dazu, wie fachspezifische (Weiter-)Qualifikationen sowie Investitionen in die Bildungsinfrastruktur.

Der Hamburger Senat setzt früh an mit der Fachkräftesicherung, initiiert und unterstützt vielfältige Projekte.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

der Staat hat eine dienstleistende Funktion. Er muss diejenigen fördern, die leistungsfähig und innovativ sind, und er muss die anderen mitnehmen, die es nicht im gleichen Maße sind. Er muss für die Wirtschaft ebenso wie für die Bürgerinnen und Bürger Dienste leisten, aber auch die losen Enden da zusammenknüpfen, wo es sonst niemand tut. Das kann er nur mit soliden Finanzen. Die wiederum hat er auf die Dauer nur, wenn er den Schuldenabbau hinbekommt. Den wiederum bekommt er umso eher hin, wenn Steuereinnahmen nachhaltig und verlässlich wachsen, wenn es also der Wirtschaft gut geht. Wir sind aufeinander angewiesen. Ich wünsche uns Erfolg.

 

Es gilt das gesprochene Wort.