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19.06.2013

Rede vor der Hamburgischen Bürgerschaft zum Thema Elbphilharmonie

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine Damen und Herren!


Wir reden heute nicht über irgendein Gebäude, wir reden über ein Haus, das Hamburgs Stadtbild verändert, nicht nur wegen seines prominenten Standorts. Wir reden über einen Konzertsaal, der ein architektonisches und städtebauliches Signal setzt, über einen Ort der Kultur, der Hamburg viel mehr als steigende Besucherzahlen bescheren wird, so wichtig die auch sind. Wir reden über einen Ort, der den oft zitierten Genius Loci eben nicht bloß zitiert, sondern sprechen lässt. Das wird so sein, da brauche ich kein Vielleicht und auch keinen Konditional. Hier haben Architekten, deren Renommee durchaus unbestritten ist, eine beeindruckende Architektur umgesetzt.

 

Ich gebe Herrn de Meuron recht, wenn er sagt, die Elbphilharmonie wird städtebaulich von großer Bedeutung sein. Die Elbphilharmonie verbindet unsere Hafenstadt mit der Bürgerstadt. An einem der maritimsten Orte, die Hamburg überhaupt zu bieten hat, an der westlichen Spitze der HafenCity, greift sie die Backsteinarchitektur des alten Kaispeichers A auf und toppt sie mit einer schon jetzt weltweit bekannten und bewunderten Glasfassade und der geschwungenen Dachkonstruktion.

 

Sie bezieht sich auf die umgebende alte und neue Architektur, aber marginalisiert sie nicht. Wenn die Stiftung Elbphilharmonie Hamburg sagt, Alt und Neu werden zu einer aufregenden Synthese, dann muss das nicht jeder glauben. Ich antworte im Ausland aber auf interessierte Nachfragen: Wer sich das genau ansehen will, soll vorbeikommen und hinschauen, übrigens am besten schon jetzt, wo man in den Innenräumen die noch nicht verkleideten Teile sehen kann. Man sieht, dass das schon jetzt viele Menschen aus der ganzen Welt tun.


Sie sehen ein Gebäude, das einmal 26 Geschosse haben wird, das 110 Meter hoch sein wird, eine Bruttogeschossfläche von immerhin 120 000 Quadratmetern haben wird und drei Konzertsäle, von denen der größte 2150 Plätze hat. Es gibt das Hotel, die öffentliche Plaza auf 37 Metern Höhe. Sie alle kennen diese Zahlen.


Aber es wird auch etwas anderes deutlich werden, wenn jedes Jahr mehr als 400 000 Besucher bei 400 Konzerten Kunst in grandioser Atmosphäre erleben. Und weil es so oft auch andersherum diskutiert wird, will ich ausdrücklich sagen: Es wird auch ein demokratisches Gebäude, ein Gebäude für alle Hamburgerinnen und Hamburger und ihre Besucher. Was heißt das? Das heißt, dass es von vielen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt und von vielen ihrer Besucherinnen und Besucher besucht und genutzt wird. Das ist kein elitäres Projekt, dafür wäre es viel zu groß. Ein so großes, elitäres Publikum gibt es weder in Hamburg noch weit darüber hinaus.

In Argentinien hat kürzlich die Hamburger Delegation das Teatro Colón in Buenos Aires besucht. Das wurde von 1889 bis 1908 erbaut und am 25. Mai desselben Jahres mit der Oper Aida von Verdi eröffnet. Es gehört zu den berühmtesten Opernhäusern der Welt, nicht nur, weil großartige Künstler wie die Callas oder Bernstein hier regelmäßig zu Gast waren. Das Teatro Colón war zur Zeit seiner Entstehung ein Haus des Bürgerstolzes. Dort wurden Säle für Begegnungen geschaffen; ein Saal war beispielsweise Versailles nachempfunden.


Das war zu der Zeit ein Gebäude für die Oberschicht.
Ganz anders ist es hier. Auch die Elbphilharmonie hat eine öffentliche Plaza, einen Platz für Begegnungen, aber groß und offen für alle Hamburgerinnen und Hamburger. Hier treffen sich die Bürger einer demokratischen Stadt und nicht nur einige wenige. In der Architektur spiegelt sich das auch wider.

Meine Damen und Herren!

Ich will zu der Entscheidung kommen, die wir heute zu treffen haben. Ich sage ausdrücklich, dass das eine schwierige Entscheidung ist. Es ist völlig in Ordnung, dass sich jeder Einzelne und jede Einzelne, die ganze Bürgerschaft, diese Entscheidung sehr schwer macht und sorgfältig überlegt, was nun richtig und was falsch ist.

Aber es gibt doch etwas ganz Besonderes. Die Bürgerschaft hat sich gemeinsam eine große Zahl von Sachverständigen ausgesucht, die die Verträge und das, was hier geschehen ist, bewertet haben. Und es ist etwas geschehen, was in meiner nun auch schon nicht kurzen Erfahrung mit Parlamenten im Deutschen Bundestag und in der Hamburgischen Bürgerschaft eigentlich noch nie aufgetreten ist, nämlich dass die unter Mitwirkung aller Parteien ausgesuchten Sachverständigen das gleiche Urteil fällen: Diese Verträge sind gut ausgehandelt, und wir raten dringend, diesen Verträgen zuzustimmen. Wo haben Sie das erlebt, dass es ein einhelliges Urteil aller Sachverständigen in diesen Ausschüssen gibt? Keine Rede in unserer Bürgerschaft kann über diesen Fakt hinwegtäuschen.

Politische Führung, übrigens auch von Oppositionsparteien, bedeutet, dass man sich mit neuen Gegebenheiten schnell auseinandersetzt.

In diesem Fall wäre es eine gute Gelegenheit gewesen, sich zu überlegen, ob man wirklich glaubt, gegenüber einer mit diesem Thema so vertrauten und so sorgfältig verfolgenden Öffentlichkeit mit irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten kommen zu können. Denn so viele, die nicht Teil des parteipolitischen Streits sind, sagen, das sei eine richtige Lösung. Deshalb auch an dieser Stelle noch einmal mein Wunsch: Stimmen Sie zu, auch die Abgeordneten der Oppositionsparteien.

Professor Diederichs, der schon zitiert worden ist, hat gesagt, dass wir für dieses Projekt für den Rest der Bauzeit eine höchstmögliche Sicherheit erhielten. Das kann man noch durch viele, viele weitere Zitate ergänzen. Ich will das nicht, weil sie alle bekannt sind. Aber es ist etwas, mit dem man sich auseinandersetzen muss und über das man nicht
einfach hinweggehen kann.

Darum will ich ausdrücklich sagen, was aus meiner Sicht von uns gewonnen wurde. Wir haben in dieser Situation einen Globalfestpreis ausgehandelt.
Den kennen alle, er ist Ihnen erläutert worden in den Ausschüssen als etwas, das sich juristisch vollständig unterscheidet von den rhetorischen Worten der Vergangenheit. Und es ist keine gute Idee nachdem man nachgefragt hat und von mehreren Juristen erläutert bekommen hat, dass es sich hier um eine juristische Differenz handelt , trotzdem so zu tun, als hätte man das nie gehört.
Was soll die Öffentlichkeit zu einem solchen Prozess sagen?

Wir haben eine Neuordnung, die lange angestrebt und von vielen diskutiert wurde. Und wir haben diese Neuordnung zustande gebracht unter Bedingungen, die exakt dem entsprechen, was wir uns selbst wünschen. Nämlich, dass die Qualitätsansprüche gesichert werden durch Sachverständige, durch das HDM-Label, durch die Notwendigkeit, dass Yasuhisa Toyota die Akustik prüft und vieles Weitere, dass gleichzeitig aber niemals eine Entscheidung der Stadt notwendig ist, was nun getan werden muss oder nicht, weil das durch die Verträge, die langen Anlagen und diese Sachverständigen festgelegt ist. Das ist eine Qualität, die von den Sachverständigen gelobt wurde. Wenn jetzt in einer mäandernden Argumentation, nachdem erst das eine und später das andere gesagt wurde, behauptet wird, das sei ein Nachteil, dann hat man eigentlich nicht zugehört und etwas nicht verstanden.


Wenn wir verhindern wollen, dass es die Claims der Vergangenheit wieder gibt, wenn wir Nachträge verhindern wollen, die auf diesen Claims beruhen, dann muss es eine eindeutige Klarstellung geben, die hier das allererste Mal bei diesem Projekt erreicht wurde. Niemals kann jemand sagen, wenn die Stadt dieses oder jenes nicht mache oder sage, dann könne man nicht weiterbauen oder wolle mehr Geld. Das ist ausgeschlossen, und die Nachteile sind durch gute Vertragskonstruktionen abgesichert. Das ist die eigentliche Leistung, die muss man loben und nicht kritisieren.

Übrigens gehört auch dazu, dass wir eine Haftungs- und Garantieübernahme bekommen haben, wie wir sie sicherlich und auch kein anderer öffentlicher Bauherr in künftigen Verträgen jemals bekommen werden. Es ist nämlich an dieser Stelle zugesichert worden, dass unsere Vertragspartner die Haftung und Verantwortung übernehmen, auch für Fehler, die zum Beispiel der Generalplaner und die Architekten begangen haben, oder möglicherweise Fehler was wir uns gar nicht vorstellen können , die die Stadt und ihre Beauftragten gemacht haben. Auch diese sind gewissermaßen Teil der Garantie unseres Vertragspartners. Er hat und dagegen hat er sich bis zur letzten Sekunde gesträubt die Verantwortung für das Bauvorhaben von Anfang an übernommen auch für die Teile, die bisher von anderen verantwortet worden sind. Das gab es noch nie, das wird es auch kein zweites Mal geben. Das ist nur durch dieses schwierige Projekt und durch unsere Verhandlungsposition zu erklären.

Dann zum Punkt, "das hätte man alles sofort haben können". Das ist widerlegt durch die Akten, durch die Transparenz, durch alles, was Sie wissen. Selbstverständlich hätte man das nicht bekommen können. Was man sofort immer hätte haben können, ist, einen Blankoscheck auszustellen und alles zu zahlen, was gefordert wird, ohne ein einziges Problem der Vertragskonstruktion der Vergangenheit zu lösen.

Die Garantien, über die ich eben gesprochen habe und die der Kern des Lobs der Gutachter und Sachverständigen sind, gab es erst in den letzten zwei Wochen. Die hätte es nicht drei Monate vorher, nicht sechs Monate vorher und auch nicht zwölf Monate vorher geben können. Und deshalb sage ich auch: Hätte der Senat nicht hart und stark verhandelt, hätte es dieses Ergebnis und diese Garantien nicht gegeben.

Aber wahrscheinlich braucht man dazu etwas, das nicht jedermanns Sache ist, nämlich starke Nerven; starke Nerven, die das, was Sie diskutieren und möglicherweise als ein Selbstbeschreibungsproblem erläutern, nicht begleiten, nämlich zu denken, man müsse nächste Woche oder in drei Wochen fertig sein.

Wenn man es bis dahin nicht geschafft hat, dann gibt es ein Problem. Hätte die Stadt nicht mit aller Konsequenz auch die andere Variante der Kündigung und das Nachfolgende vorbereitet, dann hätte sie nicht diese Bedingungen bekommen, sondern wir wären bei einem viel teureren Bauvorhaben gelandet, das weit oberhalb der jetzt diskutierten Dimensionen gelegen hätte.

Trotz der hier diskutierten Schwierigkeiten, die mit einer Kündigung verbunden sind, trotz der Tatsache, dass niemand wirklich sicher sagen kann, wie es selbst trotz bester Vorbereitung 10 oder 15 Jahre später vor den Gerichten ausgehen könnte, hätten wir wenn nicht die letzten Angebote noch gekommen wären im Dezember des letzten Jahres gekündigt, weil das, was man als Vereinbarung, als Vergleich abschließen kann, gut genug sein muss, um auf diese Variante zu verzichten. Deshalb sage ich:
Nur wer starke Nerven hat, nur wer verhandelt, wer nicht mit der Logik des politischen Prozesses, sondern mit einer klaren Interessenvertretung der Stadt in dieser Sache agiert, kann ein so gutes Ergebnis erreichen.

Übrigens, wenn wir nicht diese letzten Vorschläge bekommen hätten und uns dafür entschieden hätten, zu kündigen und dies der Bürgerschaft im Dezember letzten Jahres vorzuschlagen, dann hätten wir gesagt, wir haben die Kündigung gut vorbereitet, und zwar auf unseren Wunsch hin. Aber wir hätten nicht sagen können, wie es dann in 10 oder 15 Jahren vor den Gerichten ausgehen könnte. Wir haben gerechnet, was es kostet, auf eigene Rechnung weiterzubauen. Übrigens sind wir da in etwa auf die Zahlen gekommen, die jetzt Gegenstand der Preiserhöhung sind.

Das steht überall in Ihren Unterlagen, und das wissen Sie auch. Sie reden es nur weg, aber es steht da wirklich. Schauen Sie noch einmal hinein.

Wir hätten gesagt, dass es das ist, was wir kalkulieren, aber es sein könne, dass es anders kommt und viel teurer wird. Da sind nämlich noch 50 Millionen Euro Planungskosten, die gewissermaßen anzeigen, dass in diesem Projekt noch Dinge auftreten können, die es viel teurer machen. Deshalb auch die Gegenleistung, dass unsere Vertragspartner das Risiko tragen und nicht die Stadt, wenn so etwas eintritt.

Wir hätten sagen können, wir haben geplant, wann es fertig wird, aber es kann auch später werden, denn auf dieser Strecke gibt es noch viele Risiken.
Deshalb ist die geschlossene Vereinbarung leicht zu verstehen. Unsere ReGe und wir haben ermittelt, was es kostet, weiterzubauen. Das ist Ihnen alles dargestellt worden. Wir wissen, was die Gegenseite für sich kalkuliert und was es sie kostet, weiterzubauen. Das steht in Ihren Unterlagen, die Sie gelesen haben.
Wir haben eine Lösung, in der steht, dass es auf diesem Niveau eine Verständigung geben wird.
Dabei haben wir Kosten, die bisher die Stadt immer nebenbei getragen hat, wie beispielsweise die Architektenkosten und sonstige Dinge, auf den Vertragspartner abgewälzt. Das wird immer unterschlagen, das war früher in den Summen nicht enthalten, war aber trotzdem zu bezahlen. Diese Regelung haben wir gewissermaßen für die Gegenleistung bekommen, dass wir nicht austesten, ob wir in 15 Jahren nicht etwas davon wiederbekommen. Dafür bekommen wir aber die Sicherheit, dass, wenn es teurer wird es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass das im Bauprozess noch einmal auftritt , nicht die Stadt diese Risiken zu tragen hat. Zu dieser Konstruktion haben alle Gutachter gesagt, sie sei super gemacht, so etwas hätten sie noch nicht gesehen, wir sollten alle zustimmen.
Und mit den Gutachtern sage ich: Bitte stimmen Sie alle zu.

Ich frage mich auch, was Sie machen, wenn diese Sache ganz ordentlich läuft. Streichen Sie dann Ihre Reden aus dem Protokoll der Bürgerschaft?
Oder welchen Plan haben Sie dann?

Das ist aus meiner Sicht die Situation, die man jetzt diskutieren muss. Dass dies eine schwierige Entscheidung ist, will ich ausdrücklich sagen.
Wenn man diesen Weg nicht gehen will, muss man kündigen, das betone ich auch ausdrücklich. Wir hätten auch gekündigt, wenn die Bedingungen nicht so gewesen wären, wie sie jetzt sind. Deshalb war es genau zu diesem Zeitpunkt möglich, die Vereinbarung zu schließen, das Geld der Steuerzahler so gut wie möglich zu schonen und gleichzeitig sicherzustellen, dass dieses Gebäude fertig wird.

 

Ich sage noch einmal ausdrücklich: Es liegt an den Fehlern des Anfangs, dass es so teuer geworden ist. Und dass viele in dieser Bürgerschaft diesem Projekt zugestimmt haben, ändert nichts an der exekutiven Verantwortung derjenigen, die damals im Amt waren. Sie haben nämlich nicht das gemacht, was man machen muss, wenn man auf ein solches Projekt zumarschiert: Nämlich erst einmal 50 Millionen Euro für eine ordentliche Planung auszugeben, bevor man die endgültige Entscheidung trifft. Und weil man das nicht gemacht hat, sind wir immer wieder in neue Verstrickungen geraten.

 

Jetzt haben wir die Sache gut zu Ende gedacht und gut zu Ende verhandelt. Ich bin sicher, dass dieses Projekt im Sinne der Hamburgerinnen und Hamburger ein großartiges werden wird, und wir werden es gemeinsam bei der Eröffnung feiern.

 

Es gilt das gesprochene Wort.