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23.04.2017

Rede zum Stage Dinner in der Elbphilharmonie

Rede zum Stage Dinner in der Elbphilharmonie

 

Sehr geehrte Ehrenbürger, liebes Ehepaar Otto,
sehr geehrter Herr Lieben-Seutter,
sehr geehrte Gäste,

viele von Ihnen habe ich in den letzten Wochen in der Elbphilharmonie in Konzerten gesehen, einige von Ihnen schon in den ersten Tagen der Eröffnung.

 

Und Herr Lieben-Seutter hat uns eben das spannende und interessante Programm der kommenden, ersten regulären Saison in der Elbphilharmonie vorgestellt.

 

Man könnte also auf den Gedanken kommen, es kehrt Routine ein in diesem Haus so vertraut ist uns allen die Elbphilharmonie schon.

 

Dass die Elbphilharmonie vorgestern 100 Tage alt geworden ist, dass es erst seit 100 Tagen Konzerte in diesem Haus auf dieser Bühne gibt, kann man dabei fast aus dem Auge verlieren so dominierend war und ist die Elbphilharmonie derzeit im Alltag unserer Stadt. Die 100-Tage-Grenze ist daher ein willkommener Anlass einmal kurz innezuhalten und einen Rück- und auch einen Ausblick zu wagen.

 

Historisch handelt es sich bei der 100-Tage-Frist übrigens um eine Art Stillhalteabkommen, um das der neue Präsident Franklin D. Roosevelt die Presse in der Weltwirtschaftskrise ersucht hatte, bis die ersten Maßnahmen nach seinem Amtsantritt Wirkung zeigen konnten.

 

Vor einer ähnlich tristen Ausgangslage standen wir trotz langer Bauzeiten und vieler Querelen bei der Eröffnung der Elbphilharmonie sicher nicht. Aber dennoch hätte wohl keiner hier im Saal antizipiert, dass die Elbphilharmonie die Fähigkeit zu haben scheint, die Herzen der Hamburgerinnen und Hamburger und ihrer Gäste im Sturm zu erobern und zugleich die Medien weltweit in ihren Bann zu ziehen. Kurz gesagt: Der Zuspruch ist enorm und weit größer als wir es in unseren optimistischsten Planungen erwartet hatten:

  • Mehr als 250.000 Musikbegeisterte haben ein Konzert in der Elbphilharmonie besucht!
  • Über 1,7 Mio. Besucher sind auf der Plaza gewesen dies entspricht fast der aktuellen Einwohnerzahl Hamburgs!
  • Und der beginnende Kartenverkauf für die kommende Saison verspricht wieder alle Rekorde zu brechen.

Über die Gründe dieser Entwicklung kann man viel diskutieren. Und nationale wie internationale Medien tun dies auch. Dabei wird neben der einzigartigen Architektur oft eine inhaltliche, eine gesellschaftliche Diskussion an Hand dieses Gebäudes geführt. Die Überschrift des Kommentars der Süddeutschen Zeitung am 11.01.2017 mag mit der Formulierung Die Freiheitsstatue Deutschlands sehr pathetisch ausgefallen sein. Bemerkenswert ist aber, wie sehr die nationale und vor allem auch die internationale Presse den Mut dieser Stadt und ihrer Stadtbevölkerung hervorhebt, einen Kulturbau zu eröffnen, der sich einer rationalen Kosten-Nutzen-Relation zu entziehen scheint. Übrigens: Dafür, dass Sie trotz dieser wahrhaft nicht leichten Entstehungsgeschichte der Elbphilharmonie die Treue gehalten haben, möchte ich Ihnen danken.
 
Kent Nagano, dem es als US-Amerikaner und Dirigent in Montreal sicher immer etwas leichter fällt, diese Stadt auch in ihrer Außenwahrnehmung zu lesen, hat nach seinem Eröffnungskonzert am 13. Januar eindrücklich beschrieben, wie er im letzten Jahr viel Zeit in den Vereinigten Staaten verbrachte und einen damals noch Präsidentschaftskandidaten wahrnahm, der einen ganzen Wahlkampf ohne die Worte Arts oder Fine Arts bestritten habe. Er Nagano würde die Elbphilharmonie daher als ein Sinnbild dafür empfinden, wie in Europa Kunst und Kultur unsere Gesellschaften prägen.

Dass zur Eröffnung dieses Hauses mit dem Bundespräsidenten, dem Präsidenten des Bundestages, der Bundeskanzlerin und dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts die vier höchsten Verfassungsorgane dieses Staates anwesend waren, gibt ein beredetes Zeugnis über den Stellenwert, den Kultur in Deutschland hat. Darauf können wir durchaus stolz sein.

 

Dass alle Verfassungsorgane an der Eröffnung eines Hauses der Musik teilnehmen, zeigt vielleicht, wie sehr Werte unser Zusammenleben bestimmen. Auch wenn der berühmte Soziologe Niklas Luhmann mit seiner These, Werte versprächen viel, hielten aber nichts, deren Relevanz bestreitet. Da gilt wohl eher, das eine starke Zivilgesellschaft fordernde Diktum des ehemaligen Verfassungsrichters Prof. Böckenförde, der freiheitliche, säkularisierte Staat lebe von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren könne.

Was die Grundlagen einer Gesellschaft sind, was eine Gesellschaft  von innen her zusammenhält das sind Fragen, die in unserer pluralen Gesellschaft schwer zu beantworten sind und sicher den heutigen Abend sprengen würden. Aber manchmal hilft bei der erforderlichen Selbstvergewisserung eben auch der besagte Blick von außen.

Ob Deutschland, wie eine andere große deutsche Tageszeitung anlässlich der Eröffnung der Elbphilharmonie schrieb, das eigentliche Zentrum der freien, liberalen […] Welt ist, mögen andere beantworten. Die Flüchtlingsbewegungen zeigen uns aber zumindest, dass wir gerade wegen unserer Freiheiten und Lebensweisen ein beliebtes Land sind. Aber wenn es in dem Artikel dann weiter heißt, dass Hamburg als das andere Ende der Atlantikroute  ein Tor zur Welt (ist), das sich gerade umkehrt dann ist das zumindest eine schlicht zutreffende Zustandsbeschreibung.
 
Und nicht von ungefähr hat die New York Times erst letzte Woche in einem Artikel über das Elbphilharmonie-Festival Transatlantik behauptet, dass die Migrationsentwicklungen in Deutschland ein den gesellschaftlichen Diskurs bestimmendes Thema seien, das die Elbphilharmonie als Ort und mit ihrer musikalischen Bespielung trefflich aufgegriffen habe.

Das alles zeigt, dass dieses Haus neben aller architektonischen Brillanz vor allem vom musikalischen Inhalt lebt. Es stellt die Musik im wahrsten Sinne des Wortes in den Mittelpunkt. Wir sitzen heute an diesem Mittelpunkt, auf der Bühne. In dieser Herzkammer des Hauses kann man fast körperlich spüren, wie die Musik dieses Haus trägt.

Daraus zieht das Bauwerk seine Attraktivität, seine Glaubwürdigkeit. Neues Wahrzeichen Hamburgs wird es nicht schon wegen der Architektur, sondern von der Musik, die hier gespielt wird. Es war daher auch von Beginn an das Credo des Senates, dass wir eine Kulturstätte schaffen, in der es zuvorderst um Musik geht. Diese Laufrichtung haben Christoph Lieben-Seutter und Thomas Hengelbrock bereits mit der Eröffnung eingeschlagen. Denn neben den Geschichten und Bildern, die über dieses Gebäude in den nationalen und internationalen Medien veröffentlicht wurden  - das steinerne Schiff, die Vergleiche mit dem Sydney Opera House - war es von Anfang an die Musik, beginnend mit dem mutigen Eröffnungsprogramm, die dem Haus und der Stadt Hamburg Aufmerksamkeit und Hochachtung verschafft hat.

Oft ist der entscheidende Schritt für die gesellschaftliche Relevanz von Kultur der Schritt raus aus den bekannten Ansätzen, das Verlassen der eingetreten Pfade Schritte, die der staatlichen Kulturförderung nicht immer leicht fallen.

Diese Schritte haben viele von Ihnen in den letzten Jahren mit ihrer finanziellen Förderung möglich gemacht. Dafür möchte ich mich auch bedanken.

Wir müssen nun die langfristigen Perspektiven für dieses Haus entwickeln. Dabei brauchen wir auch zukünftig insbesondere Ihre Unterstützung. Damit die Elbphilharmonie musikalisch glänzen kann, benötigen wir Stadtbürger wie Sie, die die Bedeutung der Kultur zu schätzen wissen und bereit sind, das auch zukünftig mit Ihrem Engagement zu ermöglichen. Zu den Zahlen und den Zwängen, die in der derzeitigen Zinslandschaft auch für die Stiftung Elbphilharmonie bestehen, wird Herr Olearius mehr und Fachkundigeres sagen. Ich jedenfalls möchte mich auch im Namen des Senates der Stadt Hamburg für Ihre bisherige Hilfe bedanken und dafür werben, dass Sie auch zukünftig tatkräftige Unterstützer dieses Hauses bleiben.

Vielen Dank!

 

Es gilt das gesprochene Wort.