Sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin!
Sehr geehrte Repräsentanten des Bundes und der Länder!
Exzellenzen!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Der Tag der Deutschen Einheit ist ein Festtag, ein Freudentag und ein nationaler Feiertag. Genau deshalb sind wir heute hier: um zu feiern. Wir feiern das große Glück, dass am 3. Oktober 1990 die Teilung Deutschlands endgültig überwunden wurde – die Teilung in zwei Staaten, die einander feindselig gegenüberstanden, eingebettet noch dazu in verfeindete Militärbündnisse.
Erst unter der Losung „Wir sind das Volk“, dann immer klarer unter der Losung „Wir sind ein Volk“ hatten im Herbst vor 35 Jahren mutige Bürgerinnen und Bürger der DDR mit ihrer friedlichen Revolution die kommunistische Diktatur der SED in die Knie gezwungen. Am 9. November 1989 brachten sie die Berliner Mauer zu Fall. Nur vier Monate später, am 18. März 1990, wählten die Bürgerinnen und Bürger der DDR – erstmals frei und geheim – ein neues Parlament. Dieses Parlament – die Volkskammer – entschied am 23. August 1990 mit überwältigender Mehrheit den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland – mit Wirkung zum 3. Oktober.
Und nun, an diesem 3. Oktober 1990, war der Tag der Vereinigung da. Heute vor 34 Jahren schlossen sich die auf dem Gebiet der DDR neu gegründeten Länder der Bundesrepublik Deutschland an: das endlich nicht mehr zweigeteilte Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das Zeitalter von Mauer, Schießbefehl und Teilung, das Zeitalter der Diktaturen und des Kalten Krieges, das alles war endlich Geschichte in ganz Deutschland. „(I)n freier Selbstbestimmung“ hatten die Deutschen an diesem Tag ihre „Einheit und Freiheit (…) vollendet“. So steht es in der Präambel unseres Grundgesetzes, wie sie 1990 im Einigungsvertrag zwischen Bundesrepublik und DDR neu formuliert wurde. Jedes Jahr am 3. Oktober feiern wir Deutschen seither das große Glück, dass es damals so gekommen ist.
Und es ist gut, dass wir uns – und andere – bei dieser Gelegenheit immer wieder daran erinnern: Alles hätte auch ganz anders ausgehen können in dieser dramatischen Zeit – weit weniger selbstbestimmt, weit weniger friedlich, weit weniger glücklich und am Ende ohne deutsche Einheit in Freiheit, so wie sie uns heute, mehr als drei Jahrzehnte später, ziemlich selbstverständlich vorkommt, manchmal allzu selbstverständlich, wie ich finde. Denn die Gefahr der gefährlichen Zuspitzung, die Gefahr der gewaltsamen Eskalation, die Gefahr des Scheiterns und Entgleisens der revolutionären Entwicklung war 1989 immer wieder gegeben: bereits im Spätsommer 1989 etwa, als Tausende von verzweifelten Bürgerinnen und Bürger aus der DDR in der Prager Botschaft der Bundesrepublik Zuflucht suchten; am 9. Oktober, als in Leipzig Zehntausende unerschrocken demonstrierten, obwohl stündlich mit der brutalen Niederschlagung ihres Protests gerechnet werden musste; oder in der dramatischen Freiheitsnacht an der Berliner Mauer vom 9. auf den 10. November.
Aber auch noch in den Monaten danach blieb die Lage ungewiss, weil sich erst noch erweisen musste, ob die Sowjetunion, ob Europa und die Welt ein wiedervereinigtes Deutschland überhaupt akzeptieren würden. Von vornherein klar war das mitnichten. Viele trugen damals Bedenken, zahllose Hürden mussten überwunden werden. Unvergessen der berühmte Satz von Margaret Thatcher aus jener Zeit: „Zweimal haben wir die Deutschen geschlagen, jetzt sind sie wieder da." – Selbstverständlich war also gar nichts in diesen atemlosen, aufgewühlten Monaten. Und genau deshalb ist es so wichtig, dass wir uns daran erinnern, wie sehr die Sache damals Spitz auf Knopf stand.
Immer mal wieder ist kritisiert worden, dass wir Deutschen den 3. Oktober zum neuen Nationalfeiertag gemacht haben – ein Datum, so heißt es dann gerne, das nur für einen trockenen Verwaltungsakt stehe. Wäre nicht doch der 9. Oktober geeigneter gewesen, jener Leipziger Tag der Tapferkeit, der sich in der nächsten Woche zum 35. Mal jährt? Oder hätte es eher der 9. November sein sollen, dieser Schicksalstag der deutschen Geschichte gleich in mehrfacher Hinsicht? Oder hätte es doch beim 17. Juni bleiben sollen – so wie bereits in der Bundesrepublik bis 1990 – in Erinnerung an den ersten großen Volksaufstand für Freiheit und deutsche Einheit 1953 in der DDR?
Argumente lassen sich für jeden dieser Tage finden, sogar gute Argumente. Aber ich will heute deutlich sagen: Ich bin sehr einverstanden damit, dass die Entscheidung seinerzeit auf den 3. Oktober fiel, denn der 3. Oktober 1990, das war der Tag, an dem die Deutschen in Ost und West sicher sein konnten: Diese Etappe haben wir geschafft! Die Vereinigung unserer beiden Staaten, die ist uns geglückt. Und insofern stimmt der Satz aus der Präambel unseres Grundgesetzes sehr präzise: An diesem 3. Oktober 1990 hatten wir Deutschen das Zusammenfügen unserer beiden früheren Teilstaaten tatsächlich in freier Selbstbestimmung vollendet. Wenn das kein Grund zum Feiern ist – zum Feiern am heutigen 3. Oktober und auch noch in vielen Jahren!
Aber „vollendet“, das hat ja nicht nur den einen Wortsinn, dass eine Etappe „geschafft“ oder ein Kapitel „fertiggestellt“ ist. Unter „Vollendung“ verstehen wir üblicherweise zugleich, dass etwas „perfekt“ ist: „unübertrefflich“, „makellos“, „nicht mehr weiter zu verbessern“. Ich verrate hier kein Geheimnis: Vollendet in diesem Sinne ist die Deutsche Einheit auch nach 34 Jahren natürlich nicht. Woran das liegt und was das bedeutet, auch darüber müssen wir gerade heute reden.
Einer der maßgeblichen „Architekten der deutschen Einheit“ war Wolfgang Schäuble. Als der Bundestag im Juni 1991 darüber stritt, wo im soeben wiedervereinigten Deutschland zukünftig der Sitz von Parlament und Regierung liegen solle, in Berlin oder in Bonn, da sagte Schäuble diese Sätze: „Wir haben die Einheit unseres Volkes im vergangenen Jahr wiedergefunden. Das hat viel Mühe gekostet. Nun müssen wir sie erst noch vollenden. Auch das kostet noch viel Mühe.“
Wir alle wissen: Das hat in all den Jahren seither viel Mühe gekostet. Es kostet immer noch viel Mühe – und ich werde darüber sprechen. Aber eines will ich doch zunächst sagen: Wenn wir uns die damalige Ausgangslage in Erinnerung rufen, dann sind wir gleichwohl weit vorangekommen. Es gibt kein einziges vergleichbares Land der Welt, das in den vergangenen Jahrzehnten vor einer ähnlichen Herausforderung stand wie Deutschland, vor der Herausforderung nämlich, zwei über vier Jahrzehnte hinweg geteilte, völlig verschieden organisierte Teilgesellschaften zusammenzubringen – wirtschaftlich, politisch, kulturell und mental.
„Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“ – Willy Brandt sagte das gleich nach dem Mauerfall. Und er hatte recht. Aber er ahnte: Dieses Zusammenwachsen wird nicht einfach werden. Was uns dabei seither gelungen ist? Und was uns dabei noch nicht gelungen ist? Fair und angemessen bewerten lässt sich das überhaupt nur, wenn wir uns klarmachen, wie riesengroß und wie einzigartig das Vorhaben war, mit dem wir es da auf einmal zu tun hatten.
Zeit vergeht. Und natürlich fällt es mit wachsendem zeitlichem Abstand zur Wirklichkeit der deutschen Teilung immer schwerer, das schiere Ausmaß der Aufgabe begreiflich zu machen, an die wir Deutschen aus Ost und West uns damals gemeinsam machen mussten und durften. Darin liegt durchaus ein Problem: Wie werden wir in Zukunft die Erinnerung wachhalten an diese beispiellosen Jahre des Umbruchs, als unsere zwei so unterschiedlichen Deutschlands aufeinandertrafen und zueinanderfanden? Und wie kriegen wir es hin, dass in Zukunft weder Verklärung noch Verbitterung das Bild bestimmen, weder bloßes Hörensagen noch achtloses Vergessen, sondern eine realistische Vorstellung von der Größe der Aufgabe, die in den Jahren seit 1990 zu bewältigen war? Und genau deshalb auch ein angemessener Stolz auf das, was wir seither gemeinsam in Deutschland geschafft haben, denn gemeinsam geschafft haben wir viel, unendlich viel sogar!
Ich selbst bin kein Ostdeutscher – wie jeder weiß –, aber ich lebe seit Jahren in Ostdeutschland. Und im Deutschen Bundestag vertrete ich einen ostdeutschen Wahlkreis. Ich erinnere mich noch sehr präzise daran, wie dramatisch sich die Lage im Osten kurz nach dem Ende der DDR entwickelte. Damals kam ich als junger Anwalt für Arbeitsrecht nach Leipzig, um bei dem großen Schwermaschinenbaubetrieb TAKRAF Betriebsräte zu unterstützen, die verzweifelt um den Erhalt von Arbeitsplätzen kämpften. Ich habe damals hautnah miterlebt und verstanden, was der radikale Umbruch aller, aber auch wirklich aller Lebensverhältnisse den Bürgerinnen und Bürgern im Osten abverlangte.
Für Millionen von Ostdeutschen bedeutete der Umbruch damals Befreiung und Neuanfang. Aber für Millionen war der Umbruch in den Jahren nach der Einheit vor allem ein Zusammenbruch – ein Zusammenbruch ihres gesamten bisherigen Lebens, so wie sie es gekannt und gelebt hatten, eine Entwertung ihres Wissens, ihrer Erfahrungen, ihrer Lebensleistung. Das gehört zur Geschichte unserer deutschen Jahrzehnte seit 1990. Das darf niemals vergessen oder unter den Teppich gekehrt werden. Und hier liegt wohl eine der Ursachen für die noch immer besondere Stimmung – die besondere Verstimmung – und für politische Besonderheiten, die Ostdeutschland heute kennzeichnen.
Aber nicht nur in Ostdeutschland erleben wir Landtagswahlen, bei denen sich manchmal bis zu einem Drittel der Wählerinnen und Wähler gerade für eine autoritäre und nationalradikale Politik entscheidet, für Populisten, die unsere freiheitliche Demokratie bekämpfen. Das ist verhängnisvoll. Das schadet Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Das schadet Hessen und Bayern. Das schadet unserem gesamten Land, unserer Wirtschaft und unserem Ansehen in der Welt.
Es wird noch viel harte Arbeit nötig sein, um diese Entwicklung zurückzudrehen. Aber an eines will ich heute deutlich erinnern: Die ganz große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger überall in Deutschland steht ganz fest auf dem Boden unserer freiheitlichen Ordnung. Das sind die Vernünftigen und Anständigen. Das sind die, die nicht nur motzen, sondern anpacken – für unser Land. Diese Mitte ist viel größer als die Radikalen an den Rändern. Auch das vereint uns heute an diesem Tag der Deutschen Einheit. Gerade deshalb ist es mir wichtig, eines ganz klar zu sagen: Wir sollten niemals vergessen und kleinreden, was im Osten seit 1990 geleistet, was hier aufgebaut wurde und wie weit wir gemeinsam vorangekommen sind – in Deutschland insgesamt.
Damals in den Besprechungszimmern bei TAKRAF in Leipzig hätte ich mir nicht ansatzweise vorstellen können, wie sich Ostdeutschland entwickeln würde. Heute können wir sagen: Gemessen an etlichen handfesten Kriterien ist die Deutsche Einheit eine Erfolgsgeschichte. Inzwischen sind die schweren Jahre der Massenarbeitslosigkeit in Ostdeutschland Geschichte. Wie überall sonst in Deutschland werden auch im Osten Arbeitskräfte händeringend gesucht. Inzwischen – schon seit zehn Jahren – ist ein Wirtschaftswachstum in Ostdeutschland zu verzeichnen, das höher ist als das in Westdeutschland. Und hier in Mecklenburg-Vorpommern war es im ersten Halbjahr 2024 mit 3,1 Prozent sogar am höchsten. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig wies bereits darauf hin.
Inzwischen spielt die Unterscheidungslinie Ost/West gerade für viele Jüngere in Deutschland kaum noch eine Rolle. Inzwischen hat sich die Lebenszufriedenheit der Deutschen in Ost und West weitgehend angeglichen. Inzwischen lassen sich viele globale Technologieunternehmen gerade auch in Ostdeutschland nieder. Sie kommen, weil Strom aus Wind und Sonne hier schon heute reichhaltig zur Verfügung steht. In Ostdeutschland leben 15 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands, aber 28 Prozent der erneuerbaren Energie werden hier für uns alle in Deutschland produziert. Auch das ist so eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte! Und übrigens: Diese Investoren profitieren bis heute oft von Grundlagen und Erfahrungen aus der Zeit vor 1989. Der Aufstieg von „Silicon Saxony“ zur international führenden Region der Mikroelektronik wäre niemals möglich gewesen, hätte es in Dresden nicht schon zu DDR-Zeiten mehrere große Betriebe der Mikroelektronik gegeben.
„Das Vergangene ist nicht tot. Es ist nicht einmal vergangen“, schrieb William Faulkner. Christa Wolf hat das in ihrem berühmten Roman „Kindheitsmuster“ zitiert. Recht hatten sie beide, denn jede Gegenwart trägt in sich ja immer die Prägungen der Vergangenheit – im Guten wie im Schlechten. Wir in Deutschland wissen das. Deshalb gilt: Kein „Silicon Saxony“ ohne das Know-how der Ingenieure und Mitarbeiter der früheren Mikroelektronikkombinate in Dresden, Erfurt oder Frankfurt (Oder) – und darüber dürfen wir uns alle freuen. Auch dass es im Osten bis heute besser klappt mit den Kitaplätzen – auch darauf hat Frau Ministerpräsidentin hingewiesen –, ist eine Spätfolge früherer Verhältnisse.
Aber andere historische Prägungen sind weit weniger günstig für das Gelingen der Deutschen Einheit: zum Beispiel, dass die ostdeutschen Länder im Durchschnitt sehr viel dünner besiedelt sind als die westdeutschen; zum Beispiel, dass in Ostdeutschland die Einkommen noch immer niedriger ausfallen als in Westdeutschland, obwohl hier mehr Arbeitsstunden geleistet werden; zum Beispiel, dass im Osten die Vermögen immer noch viel geringer sind und deshalb im Osten auch viel weniger vererbt und gestiftet wird; zum Beispiel, dass im Osten noch immer kaum eine Konzernzentrale steht, dass es hier noch immer weniger Forschungseinrichtungen gibt, dass Länder und Gemeinden hier noch immer weniger Steuereinnahmen zur Verfügung haben; zum Beispiel, dass Ostdeutsche immer noch deutlich unterrepräsentiert sind in den Führungspositionen von Medien, Wirtschaft, Verwaltung, Rechtsprechung oder Militär.
Manche dieser Defizite lassen sich beheben – mit geduldiger und beharrlicher Arbeit: Gegen niedrige Einkommen helfen Investitionen, höhere Mindestlöhne, engere Sozialpartnerschaft, mehr Tarifbindung und ordentliche Tarifverträge. Gegen die Benachteiligung ländlicher Regionen hilft aktive Regionalpolitik, wie wir sie in Deutschland – verglichen mit anderen Ländern – seit jeher intensiv betreiben. Und was den Anteil von Ostdeutschen in den Chefetagen unseres Landes angeht: Der lässt sich, guter Wille vorausgesetzt, überall systematisch steigern.
Die Bundesregierung jedenfalls hat dafür ein Konzept beschlossen und geht, die Bundesverwaltung betreffend, als hoffentlich gutes Beispiel voran. Auch andere Institutionen, Organisationen oder Branchen können und sollten hier ihre Verantwortung wahrnehmen – schon aus wohlverstandenem Eigeninteresse. Denn von den besonderen Erfahrungen und Kompetenzen der Ostdeutschen profitieren alle – überall in Deutschland.
Die Geschichte der Deutschen Einheit ist nicht zu Ende. Wir müssen ihr neue Kapitel hinzufügen. Dazu möchte ich an diesem 3. Oktober hier in Schwerin aufrufen: Wo immer Politik bessere Lebenschancen und gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen kann, da muss das geschehen. Und genau daran arbeiten wir gemeinsam, auf allen Ebenen!
Doch manche grundlegenden Prägungen der Vergangenheit sind zäh und dauerhaft. Die schon erwähnte, in vielen Teilen Ostdeutschlands geringe Besiedlungsdichte zum Beispiel bestand schon lange vor Gründung der DDR. Die Folgen aber, im Hinblick auf Wirtschaft oder Infrastruktur, wirken weiter in Gegenwart und Zukunft. Und es ist unwahrscheinlich, dass sich solche historischen Prägungen ohne Weiteres verändern lassen. „Ungleich vereint“ – so hat deshalb der Soziologe Steffen Mau sein neues Buch genannt. Untertitel: „Warum der Osten anders bleibt.“ Hört endlich auf, eine völlige Angleichung des Ostens an den Westen zu erwarten! Das empfiehlt uns Mau. Von Bayern oder vom Saarland erwarte schließlich auch niemand, dass sie sich an den Rest der Republik angleichen.
Und niemand fragt: Wann wird Dithmarschen endlich so wie Dortmund? Warum ist das Emsland noch immer anders als das Allgäu, der Hunsrück noch immer anders als Hannover? Ich gebe Steffen Mau recht: Die Vorstellung, die Deutsche Einheit wäre dann „vollendet“, wenn der Osten irgendwann einheitlich exakt so ist wie der Westen – wo es doch diesen einen einheitlichen Westen gar nicht gibt –, diese Vorstellung hilft uns im vereinten Deutschland tatsächlich nicht mehr weiter. Sie sorgt nur für Verbitterung und Frust, weil sie gar nicht erreichbar oder erstrebenswert ist. Sie wird der enormen Vielfalt innerhalb Ostdeutschlands und innerhalb Westdeutschlands überhaupt nicht gerecht. Unsere innere Vielfalt ist kein Defizit. Sie ist eine besondere Stärke unseres Landes.
Unsere Einheit in Freiheit, die wir heute vor 34 Jahren „wiederfanden“, sie bleibt unser gemeinsames Fundament. Wenn wir aber auf diesem Fundament ein lebenswertes Gebäude für eine gemeinsame gute Zukunft errichten wollen, dann brauchen wir dafür die gesamte Vielfalt unseres Landes. Lassen Sie uns heute beides feiern: unsere Einheit und unsere Vielfalt. Und morgen machen wir uns wieder an die Arbeit!
Schönen Dank!