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28.06.2017

Rede zur Aktuelle Stunde vor der Hamburgischen Bürgerschaft

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

 

Der G20-Gipfel wird in Hamburg stattfinden. Dass wir Ausrichterstadt sind, ist sehr plausibel: Wir sind Ausrichterstadt, weil wir seit Jahrhunderten mit der Welt verbunden sind, weil wir einen großen Hafen haben, der das immer wieder und bis heute symbolisiert, und weil uns nicht zufällig und auch aus dieser Tradition heraus unsere Verfassung in Hamburg gebietet, ein guter Austragungsort für einen solchen Gipfel zu sein. Ich will deshalb an dieser Stelle einmal die Präambel zitieren, die unserer Verfassung voransteht:

 

"Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene, besondere Aufgabe gegenüber dem deutschen Volke zu erfüllen.

Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein."

 

Das steht in unserer Verfassung, und es ist ein guter Text und ein guter Auftrag für das, was sich demnächst in Hamburg ereignen wird.

 

Als der Hamburger Helmut Schmidt das kleine G6-/G7-Gesprächsformat auf den Weg brachte und in einem beschaulichen Schloss in Rambouillet ein erstes Treffen stattfand, war seine Idee, dass man überhaupt einmal miteinander ins Gespräch kommt. An dieses Ereignis zu erinnern ist wichtig an dieser Stelle. Es ist die Folge großer wirtschaftlicher Verwerfungen gewesen, des Zusammenbruchs des Weltwährungssystems von Bretton Woods und der Ölkrise. Diese Verwerfungen haben ihn dazu bewegt, zu sagen: Wir müssen gemeinsam darüber reden, wie wir die Probleme, die wir miteinander auf diesem Planeten haben, lösen können. Das ist eine richtige Erkenntnis, eine Erkenntnis, die bis heute trägt. Denn wir haben auch das muss an dieser Stelle gesagt werden keine Weltregierung, obwohl wir weltweite gemeinsame Aufgaben zu lösen haben, und wir werden auch so schnell keine bekommen und sollten das als demokratischer Staat in einer Welt, in der Diktaturen noch sehr maßgeblich das Geschehen mitbestimmen, so schnell auch nicht wollen. Das ändert aber nichts daran, dass etwas zu besprechen und zu regeln ist.

 

Die Gruppe der 20 ist auch zunächst aufgrund wirtschaftlicher Verwerfungen in Asien entstanden, als Treffen der Finanzminister. Sie ist dann nach der großen Weltwirtschaftskrise aufgrund des Zusammenbruchs der Bank Lehman Brothers in den USA als ein Treffen der Staats- und Regierungschefs fortgeführt worden, mit den Finanzministern. Sie bespricht die Fragen, die in der Welt zu verhandeln sind. Ich bin froh, dass es diese Möglichkeit des Gesprächs miteinander gibt, und wir sollten als Hamburgerinnen und Hamburger stolz sein, dass wir ein Ort für diese Gespräche sein können.

 

Natürlich wünschten wir uns, dass alle in eine Richtung und an einem Strang ziehen. Wenn wir uns die Welt anschauen, dann sieht es danach nicht aus. Es gibt unterschiedliche Stränge und alle ziehen auch noch in unterschiedliche Richtungen. Ich bin nach den bisherigen Gesprächen, zum Beispiel dem letzten G7-Gipfel, nicht so optimistisch, dass wir große Durchbrüche erleben werden. Aber gerade die Tatsache, dass die Dinge so verfahren sind und so unterschiedliche Ansichten über das existieren, was in der Welt zu tun ist, ist ein Grund, zusammenzukommen und miteinander zu sprechen. Und das geht nur real. Alle Digitalisierung wird das reale Gespräch zwischen den Verantwortlichen der Völker nicht ersetzen können.

 

Der Hafen muss uns auch daran gemahnen, dass der freie Handel auf der Welt ein wichtiges Thema ist. Der Protektionismus, der droht und der in immer mehr Ländern diskutiert wird, ist eine reale Gefahr, nicht nur für unseren Wohlstand in Deutschland und in Hamburg, sondern für den Wohlstand der gesamten Welt. Die Protektionisten, das wissen wir, schaden immer auch ihren eigenen Volkswirtschaften und ihren eigenen Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb brauchen wir ein Format, in dem darüber gesprochen werden kann, wie dieser Rückfall in den Protektionismus verhindert werden kann, wie wir aber gleichzeitig einen fairen Handel in der Welt organisieren können, der sicherstellt, dass auch die Länder, die wirtschaftlich nicht stark sind, eine gute Chance haben. Ich wünsche mir, dass das auf dem Gipfel zu weiteren Fortschritten führt.

 

Auch was die Finanzarchitektur der Welt betrifft, gibt es in diesem Zusammenhang etwas zu besprechen; Lehman Brothers ist schon genannt worden, und die Probleme, die seither weltweit diskutiert worden sind, sind noch nicht alle gelöst. Aus unserer Perspektive als Staaten, die mit fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und vielen fleißigen Unternehmerinnen und Unternehmern gesegnet sind, müssen wir darauf bestehen, dass die Besteuerungsgrundlagen unserer Demokratie nicht infrage gestellt werden, weil irgendwelche Steueroasen und Steuerinseln dazu beitragen, dass das Geld anderswo hingebracht wird, und nicht dorthin, wo es erwirtschaftet wurde.

 

Das Gleiche gilt für das Thema Klima. Wir wissen, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt. Das ehrgeizige Ziel ist, durch all das, was wir miteinander tun, zu erreichen, dass es nur eine Zwei-Grad-Erwärmung gibt, gerechnet vom Ausgangspunkt. Niemand erwartet, dass wir darunter landen können; wenn wir alles richtig machen, haben wir vielleicht eine Chance, gerade das zu schaffen. Und schon zwei Prozent Klimawandel bedeuten eine dramatische Veränderung der ökologischen und ökonomischen Handlungsbedingungen auf der gesamten Welt, die wir auch in dieser Stadt merken werden. Deshalb, sage ich, muss es gelingen, dass eine gemeinsame Strategie gegen den menschengemachten Klimawandel verabredet und der Rückschritt durch die Aufkündigung des Pariser Abkommens wieder rückgängig gemacht wird, indem wir auch die USA früher oder später wieder auf diesen Kurs verpflichten können.

 

Angesichts von Flucht und Migration, angesichts von Menschen, die vor Dürre, Not und Hunger fliehen, ist es eine gemeinsame Verpflichtung der Weltgemeinschaft, denjenigen zu helfen, die in solcher Not sind. Es ist ein großer Skandal, dass während wir hier miteinander reden in Afrika Regionen existieren, in denen Millionen Menschen auf der Flucht sind und ihr Leben unmittelbar bedroht ist, aber die Gemeinschaft der Völker es nicht hinbekommt, die wenigen Milliarden Euro, die zu ihrer Lebensrettung notwendig wären, auf den Weg zu bringen. Auch das muss auf dem Gipfel besprochen werden. Auch da muss sich etwas ändern.

 

Als Europäer sollten wir darüber hinaus darauf bestehen, dass das Thema Afrika, das auf diesem Gipfel angesetzt ist, tatsächlich weiter verhandelt wird und es eine gemeinsame Verantwortung gibt. Afrika ist Europas nächstgelegener Kontinent, und wir müssen uns mit verantwortlich dafür fühlen, dass die Menschen, die dort leben, eine eigene Entwicklungsperspektive haben, dass sie in ihren Ländern eine gute Zukunft finden können. Das wird nicht von allein gehen. Das müssen wir miteinander verabreden, und zwar als Gemeinschaft der Völker.

 

Es gibt also viel zu bereden, und es ist gut, dass diese Gespräche hier stattfinden. Und es ist gut, dass es viele Gespräche vorab gegeben hat. Zu einer gemeinsam handelnden Gemeinschaft von Staaten und Völkern gehört immer auch eine Weltöffentlichkeit. Deshalb ist das nicht nur ein Ort, wo in den Messehallen diskutiert wird, sondern vorher und während des Gipfels auf Versammlungen zum Beispiel adressiert wird, welche Forderungen an die dort Handelnden gerichtet werden, mit dem Ziel einer besseren Zukunft für unseren Planeten. Ich glaube, das gehört gerade in einem demokratischen Land dazu. Genauso klar ist, dass es sich um friedliche Kundgebungen und Versammlungen handeln muss, denn sie sollen ein Gespräch einleiten und nicht das Gespräch zerstören.

 

Es werden fast 5.000 Journalistinnen und Journalisten in unserer Stadt sein, und ich hoffe, dass sie uns so erleben, wie wir uns selbst verstehen: als weltoffene und gelassene, solche Ereignisse managende Metropole, als einen Ort, an den man gern wiederkommt, auch wenn gerade nicht G20 ist, oder zum Beispiel, um sich mit wirtschaftlichen Kontakten in dieser Stadt festzusetzen. Das alles kann auch ein Ergebnis dieses Gipfels sein. Das Wichtigste ist aber, dass er so verläuft, dass das der Eindruck ist, der überwiegt.

 

Deshalb zum Schluss an dieser Stelle mein Dank: an die Sicherheitskräfte, an die Polizei, an all die anderen, die für die Sicherheit der Gipfelteilnehmer, für die Sicherheit friedlicher Versammlungen, für die Sicherheit unserer hamburgischen Bevölkerung sorgen, die dazu beitragen, dass dies alles gelingen kann. Es ist eine große Leistung, die die Hamburger Polizei und die Polizei der anderen Länder und des Bundes hier vollbringen werden. Ich sage ausdrücklich: Ich vertraue der Polizei. Das sind gute Leute, die werden das im Griff behalten.

 

Schönen Dank dafür.

 

Es gilt das gesprochene Wort.