Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrte Frau Bistritzky,
sehr geehrter Herr Bistritzky,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich freue mich, Sie im großen Festsaal des Hamburger Rathauses, dem schönsten und größten unserer Räume begrüßen zu dürfen. Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer Einbürgerungsfeier, die wir seit einigen Jahren hier regelmäßig ausrichten.
Einige von Ihnen sind aus aller Welt zu uns gekommen, andere schon hier geboren, Sie alle wollen bei uns bleiben. Das ist eine große Sache. Ich heiße Sie als neue Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in unserer Stadt herzlich willkommen.
Dieses Mal sind Herr und Frau Bistritzky unter Ihnen, auch sie empfangen heute die Einbürgerungsurkunde. Das ist für unsere Stadt eine besondere Ehre.
Shlomo Bistritzky ist Landesrabbiner in Hamburg. Dass er, der in Jerusalem geboren ist, sich bei uns niederlässt, seine Familie in unserer Stadt Wurzeln schlägt, ist nicht selbstverständlich.
Grade in diesen Wochen vor 70 Jahren, 1945, gingen der Zweite Weltkrieg und damit auch die Nazi-Diktatur zu Ende. Der Holocaust, die Judenverfolgung und -vernichtung im Nationalsozialismus haben das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte geschrieben.
Die Juden, die das millionenfache Morden überlebt hatten, kehrten Deutschland meist den Rücken und wollten nie mehr in unser Land zurückkommen.
Shlomo Bistritzky hat zu Hamburg eine besondere Beziehung: Sein Großvater war der Sohn eines Hanseatischen Kaufmanns, fest in Hamburg verwurzelt. Doch die Nazis zwangen die Bistritzkys zur Flucht. Zum Glück überlebten Shlomos Großvater Loeb und dessen Eltern damals den Holocaust.
Als Shlomo seinen Großvater 2003 fragte, was der davon hält, wenn sein erwachsener Enkel von Israel nach Hamburg gehe, erhielt er die Antwort: Wenn Du an den Ort zurückkehrst, von dem ich einst fliehen musste, und wenn Du zum Fortbestand des jüdischen Lebens beiträgst, ist das die beste Antwort auf den Holocaust.
Ein beeindruckender Satz. Ein Satz, der uns berührt.
Meine Damen und Herren,
Hamburg ist seit Jahrhunderten eine weltoffene Stadt und Ziel von Hoffnungen. Im 17. Jahrhundert kamen Glaubensflüchtlinge aus Spanien, Portugal und den Niederlanden. Hundert Jahre später strömten Händler, die vor den Folgen der französischen Revolution flohen, an die Elbe. Und zwischen 1960 und 1970 kamen viele Arbeiter von der Iberischen Halbinsel, aus Italien, vom westlichen Balkan und später auch aus der Türkei.
Und so ging und geht es immer weiter. Aus Europa, zu dessen größten Errungenschaften die Freizügigkeit gehört, kommen heute wieder viele nach Hamburg und bleiben.
In diesen Tagen ist Flucht das zentrale Motiv vieler Zuwanderer von außerhalb Europas. Und jeder, der die Bilder von den Kriegen in Syrien und dem Irak gesehen hat, weiß wieso. Und natürlich haben wir alle die schrecklichen Bilder von mit Männern, Frauen und Kindern überfüllten Booten im Mittelmeer im Kopf.
Meine Damen und Herren,
Für Sie wie für die meisten hier ist die Einbürgerung weit mehr als nur die Änderung Ihres aufenthaltsrechtlichen Status, Sie haben den deutschen Pass und damit unter anderem auch wenn Sie alt genug sind das volle Wahlrecht erhalten. Für die letzte Bürgerschaftswahl kommt das zu spät aber für Wahlen gilt ein Satz, der eigentlich aus dem Sport stammt: Nach der Wahl ist vor der nächsten Wahl.
Und meine Bitte an Sie als Bürgermeister der Stadt, deren Bürger Sie jetzt sind, ist: Gehen Sie immer wählen. Wahlen sind die Grundpfeiler unserer Demokratie und ich finde, eine Pflicht für jeden Wahlberechtigten. Je höher die Wahlbeteiligung, desto breiter ist die Basis des Vertrauens in die Politik. Grade diejenigen unter Ihnen, die Ihre Wurzeln in Ländern haben, in denen für das Recht zu wählen gekämpft und manchmal auch gestorben wird, wissen das genau.
Noch eines ist mit Ihrer Entscheidung zur Einbürgerung verknüpft, dann nämlich, wenn Sie nicht aus einem Staat der Europäischen Union stammen: Mit der Einbürgerung in Deutschland ist für Sie die schon angesprochene Freizügigkeit in unserem EU-Europa verbunden.
Europa ist für viele in der Welt ein guter Ort. Dabei geht es um weit mehr als nur die Währung, den Euro und die wirtschaftliche Stabilität. Viel mehr sind Demokratie, Meinungsfreiheit und religiöse Toleranz Werte, die Europa auszeichnen.
Sie haben zu Europa, zu Deutschland und zu dem Hamburg von heute Ja gesagt. Als Bürgermeister dieser Stadt finde ich: dies ist ein Anlass zu feiern.
Meine Damen und Herren,
In Deutschland haben 16,5 Millionen Einwohner Wurzeln in einem anderen Land. Das Statistische Bundesamt nennt das einen Migrationshintergrund. Die Herkunftsländer sind zahlreich und verschieden: 2014 kamen die meisten aus Afghanistan, der Türkei, Polen, Iran und Russland.
In unserer Stadt hat fast jedes zweite Kind eine Zuwanderungsgeschichte. Ich freue mich, dass diese Kinder unsere Stadt mit ihren vielfältigen Talenten bereichern. Und ich freue mich auch, dass die Kinder, die hier geboren sind, sich nicht mehr, wie bis vor kurzem, sobald sie erwachsen sind, für eine von zwei Staatsangehörigkeiten entscheiden müssen, die der Eltern oder die ihres Geburtslandes.
Seit 2009 hat sich die Zahl der jährlichen Einbürgerungen in Hamburg verdoppelt. Das passt gut zu Hamburg als Ankunftsstadt. Die meisten Einwanderer bringen das Grundgefühl der Zuversicht mit. Sie vertrauen darauf, dass sie in Hamburg ihren Platz finden werden.
Und zu diesem Anlass, der uns alle hier als Hamburgerinnen und Hamburger zusammenführt, passt auch, dass wir uns um die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 bewerben. Als internationale Stadt in jeder Hinsicht.
Ich gratuliere Ihnen herzlich zur Einbürgerung im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg.
Es gilt das gesprochene Wort.