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25.11.2010

Rede zur inneren Sicherheit in der Haushaltsdebatte

 

 

Rede zum Etat des Bundesinneministeriums

 

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren über ein schwieriges Thema, das gerade in der letzten Zeit viele Bürgerinnen und Bürger und all diejenigen, die für die Sicherheit in diesem Lande verantwortlich sind, bewegt. Ja, wir sind beim Thema "innere Sicherheit" mit neuen Herausforderungen konfrontiert, Herausforderungen, die damit zu tun haben, dass sich der internationale Terrorismus mehr als in der Vergangenheit für Anschlagsziele in der Bundesrepublik Deutschland interessiert. Das ist ein großes Problem. Deshalb ist es wichtig, dass wir versuchen, in der Frage der Bekämpfung dieser Bedrohung zusammenzustehen.

Ich glaube, hier darf nicht das einfache Spiel zwischen Regierung und Opposition stattfinden. Es ist notwendig, dass Regierung und Opposition gemeinsam versuchen, die richtige Politik zu machen, damit im Hinblick auf die Sicherheitslage Vertrauen gewährleistet ist.

Die Bundesregierung bzw. die Bundesminister, die für diesen Bereich zuständig sind, können sich darauf verlassen, dass sich die Sozialdemokratische Partei auch im Deutschen Bundestag in diesem Sinne verhalten wird.

Natürlich müssen wir uns Gedanken darüber machen, ob unsere Sicherheitsorgane ordentlich aufgestellt sind. Es reicht nicht, immer nur darüber zu reden. Das hat nämlich auch ganz konkrete und praktische Folgen. Es muss sichergestellt werden, dass in den verschiedenen Sicherheitsbehörden genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind.

Von daher sind wir fest entschlossen, dabei zu helfen, dass es nicht zu Stellenkürzungen kommt. Die Maßnahmen, die dazu bisher auf den Weg gebracht worden sind, reichen aus unserer Sicht nicht aus. Wir müssen dafür sorgen, dass die Sicherheitsbehörden unseres Landes gut ausgestattet sind. An dieser Stelle darf trotz schwieriger Haushaltslage nicht gespart werden. Sie, die Regierung, sollten diesem Antrag folgen.

Dass bei Ihnen schon manches in Bewegung ist, haben wir zur Kenntnis genommen. So sind zumindest die Vollzugskräfte von linearen Stellenkürzungen nicht komplett betroffen.

Im Bereich der inneren Sicherheit gibt es aber nicht nur Vollzugskräfte; auch das muss festgestellt werden. Die übrigen Mitarbeiter sind für die Erledigung der Aufgaben in unserem Land ebenfalls wichtig. Darüber hinaus kommt es aufgrund der Kompensation der Arbeitszeitverlängerung zu weiteren Stelleneinsparungen. All das muss man als Gesamtheit betrachten. Wir glauben, dass man die Entscheidungen, die bisher getroffen wurden, zurücknehmen muss, wenn man eine ordentliche Sicherheitslage in unserem Land gewährleisten will.

Wenn wir über die schwierige neue Situation sprechen, dann geht es immer auch um den Ton. Ich will ausdrücklich sagen, dass mir der bisherige Ton der öffentlichen Diskussion über die Sicherheitssituation in Deutschland sehr gut gefällt. Wir befürworten es, wenn nicht drum herumgeredet, sondern ernst gesprochen wird, allerdings ohne zu übertreiben. Genau so empfinden wir es im Wesentlichen.

Man darf nicht drum herumreden, also durch einen verzerrten Optimismus den Eindruck erwecken, als sei nichts los. Es ist etwas los, und das kann man sehr konkret beschreiben. Man darf aber die Hoffnung vermitteln, dass, wenn wir uns gemeinsam anstrengen, all die Gefahren, die entstehen könnten, sich nicht realisieren. Es ist wichtig, deutlich zu machen: Wir dürfen weder übertreiben noch untertreiben. Im Übrigen ist das die beste Voraussetzung dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes unseren öffentlichen Aussagen im Hinblick auf die innere Sicherheit glauben. Wenn wir dabei erwischt würden, dass wir etwas verharmlost haben, würden sie uns nichts mehr glauben. Wenn wir dabei erwischt würden, dass wir völlig übertrieben haben, würden sie uns auch nichts mehr glauben. Es geht also darum, sich sehr konkret und sachlich zu äußern und falsche Tonlagen zu vermeiden.

Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir uns in den letzten Wochen nicht ganz sicher waren, ob jede Information und jede Aktivität ganz präzise zum richtigen Zeitpunkt und im richtigen Umfang erfolgt ist. Das wollen wir allerdings gerne auf das Konto verbuchen, dass sich die Lage für alle Beteiligten überraschend verändert hat. Wir hoffen, dass dies in Zukunft anders sein wird; denn sowohl für die Verantwortlichen als auch für die Bürger ist wichtig, dass sie immer nach diesen Prinzipien informiert und beteiligt werden.

Derzeit hört man viele Vorschläge, was zu tun ist, sogar ganz verrückte. Manch einer kommt zum Beispiel auf die Idee, in bestimmten Fällen Flugzeuge abschießen zu lassen. Ich finde, dieser Vorschlag muss endlich vom Tisch. Er wird nicht besser dadurch, dass er immer wieder einmal wiederholt wird.

Ich habe den Eindruck, dass die Leute, die so etwas vorschlagen, das gar nicht ernst meinen. Manchmal hinterlässt man in der Frage der inneren Sicherheit gern einen martialischen Eindruck. Dies ist ein guter Weg, das zu tun. Aber Gott sei Dank gibt es Gesetzgebungsmehrheiten, die dafür sorgen werden, dass das niemals so kommt.

Das gilt auch für den Vorschlag eines Abgeordneten, man müsse in diesem Zusammenhang über die Pressefreiheit diskutieren.

Auch dieser Vorschlag ist nicht gut, und zwar deshalb nicht, weil das Vertrauen, über das ich eben gesprochen habe, nicht besser wird, wenn man das Gefühl hat, dass nach Wegen gesucht wird, wie man verhindern kann, dass über alles ordentlich berichtet wird.

Es gibt ein paar Dinge der letzten Jahre, die wir gerne als Niveau an erreichter innerer Sicherheit aufrechtzuerhalten bereit sind. Wir als Oppositionspartei sind gerne bereit, der Regierung den Stand, der zum Beispiel in den elf Jahren sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung in der inneren Sicherheit errungen worden ist, auch weiterhin zu ermöglichen.

Es gibt ein paar Gesetzgebungsvorhaben, bei denen nichts vorangeht und bei denen man sich fragt, warum die Regierung da nichts tut, etwa wenn es um die Frage geht, was mit den Mindestspeicherungsfristen bei Verbindungsdaten werden soll. Es hat einen guten Sinn für die Gesetze gegeben, die der Bundestag beschlossen hat. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar gesagt, dass das so nicht geht, aber es hat auch gesagt, wie es geht. Insofern erwarten wir jetzt von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Speicherung von Verbindungsdaten, der die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts beachtet.

Der Hinweis auf Quick Freeze reicht nicht aus; das will ich ausdrücklich dazu sagen. Wir erwarten auch, dass Vorschläge dazu kommen, wie wir nun mit der Quellen-TKÜ umgehen wollen, die auch zu unserer gesetzlichen Sicherheitsarchitektur gehört.

Ich jedenfalls versichere Ihnen gerne, dass die Sozialdemokratische Partei, wenn Sie das aufrechterhalten wollen, was schon einmal da war, oder in einer gesetzlich neuen Fassung wiederherstellen wollen, Ihnen Unterstützung leistet. Das gilt für all die Sicherheitsgesetze, die in den letzten Jahren zustande gekommen sind. Seien Sie sicher: Auf uns können Sie sich verlassen. Ob Sie etwas vorlegen werden, weiß ich nicht; das wäre aber gut.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Bei der inneren Sicherheit geht es um einen klaren, kühlen Kopf. Es geht nicht um aufgeregte laute Reden, und niemand sollte aufgeregte laute Reden halten. Aber wenn wir einen klaren, kühlen Kopf haben, dann glauben uns die Bürger, dass wir die Sache im Griff haben, dass wir das Erforderliche tun. Dann werden wir den einen oder anderen, der böse Absichten im Schilde führt, daran hindern können, sie umzusetzen.

Schönen Dank.