Sehr geehrte Frau Last,
sehr geehrte Angehörige,
verehrte Trauergemeinde,
wir nehmen Abschied von einem hanseatischen Weltbürger, einem international berühmten Künstler, von einem Mann der sanften und lebhaften, der anfangs gern schrägen, später gern entspannten Tonfolgen, der Musik, die am besten mit dem englischen Wort beschrieben worden ist: jaunty. Wir nehmen Abschied von
Hans Last, seit fünfzig Jahren James Last.
Abschied zu nehmen ist ein bewegender Anlass für Angehörige und Freunde, ein Anlass zu dankbarer Erinnerung für enge Weggefährten und Mitstreiter. Mit einem Künstler aber, einem Menschen, der bei Millionen Zuhörern den für sie passenden Ton getroffen, den für sie richtigen Swing ausgelöst hat mit ihm geht ja für sie alle auch ein Stück des eigenen Lebens. Und zwar eines, das ihren Tag schöner gemacht hat; vielleicht nicht jeden einzelnen Tag, aber unverzichtbar viele.
Oder geht es gar nicht? James Last, dieser selbst gewählte, eigentlich nur halb englische, aber ganz englisch klingende Name oder amerikanisch, ich bin sicher, dass er in New York und Kalifornien James Lääst hieß dieser Name war ja eine Aufforderung, damit zu spielen, von ihm selbst gern und oft genutzt: Make the Party Last. Lasst sie weitergehen, die Feier, bis in die frühen Morgenstunden, oder zumindest: Last the Whole Night Long.
Platz 2 und Platz 3 belegten diese beiden Alben in England, in den Siebziger Jahren, als es manchen so schien Ölkrise hin, Schmach von Cordoba her als sei die ganze Welt jaunty,wenigstes aber die Musik.
Was heißt jaunty? Viele Übersetzungen gibt es, eigentlich passt keine in eine Trauerfeier, aber alle treffen auf James Last und seine Musik zu: fesch, flott, lebhaft, munter, übermütig, unbeschwert allerdings hätte er selbst an dieser Stelle wohl gern seinen altes Instrument gestimmt als ehemals bester Jazz-Bassist Deutschlands und Anhängern wie Kritikern, die es auch gab, in nicht geringer Zahl, er hätte ihnen gezeigt, welche Töne in so einem Teil auch stecken, und in seiner eigenen musikalischen Kompetenz. Im Becker-Last-Ensemble, mit seinen Brüdern Robert und Werner, konnte er die ausleben und übrigens: Bass habe ich unter Einfluss von Bach gespielt, so hat er sich erinnert, weil seine Basslinie immer gegen die Melodie ging. Unser Organist hier im Michel weiß was gemeint ist. James Last, Zitat: Das habe ich oft selbst so gemacht.
Wir verdanken diese Erinnerung an den frühen James Last dem Journalisten Spencer Leigh, der seinen Nachruf mit einer ungewöhnlich langen Überschrift versehen hat: Der Bandleader, der mehr als fünfzig Jahre lang hoch über nörgelnden Kritikern in der Thermik Kreise zog und Fans mit seinen jaunty-gen Arrangements begeisterte. Und er vergaß dabei neben dem Bandleader nicht den Songwriter James Last, dessen Stücke Petula Clark, Elvis Presley und in späteren Dekaden viele Jüngere gesungen haben.
Eines der späten Alben von James Last, erschienen Anfang 2010, hieß Eighty Not Out. Ein Titel, mindestens so clever-doppeldeutig und mit Lust am Spielerischen formuliert wie Rubber Soul oder ich glaube, gerade hier im Michel darf man das heute zitieren The Mamas and the Papas Deliver.
Eighty Not Out war besonders in den britischen und australischen Charts hoch platziert, denn es spielt auf das dortige Kulturerbe des Cricket an und bezeichnet einen Schlagmann, der mit achtzig noch nicht zu stoppen ist, außer durch die Teepause oder hereinbrechende Dunkelheit, dann aber weitermacht.
James Last hat noch lange weitergemacht, mit Alben und wahrscheinlich mit noch größerem Vergnügen live. Er hat seine Fans weiter begeistert und das waren mittlerweile zwei bis drei Generationen. Die Länder kann man gar nicht aufzählen. Dabei hat ihn nach eigener Aussage die Liebe zu Hamburg nie losgelassen, ob in den frühen Jahren in Langenhorn oder später beim Pendeln zwischen Elbe und Golf von Mexiko. Auch wenn er nicht in Hamburg geboren war, so doch in Bremen und als Hanseat wusste er überall zuzuhören, mitzuspielen und das Neue für sich zu verwenden. Auch dafür stehen am besten Albumtitel, etwa: James Last in Russia, oder: The Rose of Tralee and other Irish Favourites. Unmöglich zu vergessen, natürlich: Viva España.
Das Neue, oder auch das Alte: die Neuaufnahme der Dreigroschenoper aus dem Jahr 1968 steht für eine andere Seite von James Last. Erlebt haben ihn die meisten: nach außen lässig, fingerschnippend. Im inneren Kreis immer zusammen mit herausragenden Musikern, denen er loyal verbunden war.
Und dann war es kein Spiel mehr, das Ausprobieren von sprachlichem double entendre mit dem eigenen Namen. The Last Tour sollte 2013 vielleicht ernsthaft und wirklich die letzte sein. Sie war es nicht; erst in diesem Jahr hat James Last seine wirklich letzte Abschiedstournee Non Stop Music in Köln beendet.
98,7 Prozent aller Deutschen, heißt es, kennen James Last und bei 90 Millionen verkauften Tonträgern besitzt jeder Deutsche durchschnittlich mindestens ein James-Last-Album. 90-mal hat er die ehrwürdige Royal Albert Hall ausverkauft und vorübergehend sogar Eric Clapton auf Platz zwei verwiesen die andere Slowhand. 17 Platin und über 200 Goldene das alles geht ja nicht, es bleibt. Und wird, glaube ich, auch dann noch da sein, wenn sich die heutige Tonträger-Generation selbst wieder gelöscht hat und wir auf die gute alte Schallplatte zurückgreifen. Wenn es denn so kommt. Was auf jeden Fall bleibt, ist die Erinnerung an Klänge, die ever green sind.
Das Fingerschnippen von James Last ist verstummt, die Freie und Hansestadt Hamburg verneigt sich in Dankbarkeit vor dem Künstler James Last und seinem Lebenswerk. Seine Musik und sein jaunty Sound klingen weiter.
Es gilt das gesprochene Wort.