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25.04.2013

Senatsempfang: 50 Jahre Industrieverband Hamburg

 

Sehr geehrter Herr Westhagemann,

sehr geehrte Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft,

meine Damen und Herren,

 

im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg gratuliere ich dem Industrieverband Hamburg e. V. herzlich zu seinem 50-jährigen Bestehen. Damals wie heute arbeitet der IVH als politische Interessenvertretung der Hamburger Industrie. In dieser Zeit hat er sich als überaus fairer und loyaler Partner und als sachorientierter Berater der Politik profiliert. Dafür möchte ich dem IVH seinen Vertretern und seinen Mitgliedern danken und meine Anerkennung aussprechen.

 

Der Begriff Industrie leitet sich ab vom lateinischen industria, was übersetzt Fleiß und Betriebsamkeit bedeutet. In diesem Sinne engagiert sich der Industrieverband Hamburg unermüdlich für eine gute Sache, denn eine starke Industrie ist für die Wirtschaft am Standort Hamburg unverzichtbar. 

 

Das wird manchmal nicht genug betont, wenn wir vom Handel, vom Hafen und von den Dienstleistungen in Hamburg reden. 

Vielen ist nicht klar, dass bei uns etwa jede achte erwerbstätige Person in einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes arbeitet. 

Das Produzierende Gewerbe wiederum trägt mehr als ein Siebtel zur Bruttowertschöpfung in Hamburg bei. 

 

Die Hamburger Industrie ist außerordentlich wettbewerbsfähig. Die Bruttowertschöpfung pro Erwerbstätigem ist höher als in allen anderen Bundesländern auch deshalb, weil die wissensintensiven Industrien in Hamburg stark vertreten sind. Fast 95 Prozent der FuE-Aufwendungen der Wirtschaft entfallen in Hamburg auf die Industrie. Auf Bundesebene liegt dieser Anteil unter 90 %. Hamburgs Industrie braucht sich also hinter anderen Regionen nicht zu verstecken. Im Gegenteil: Hamburg ist ein Hightech-Standort. 

 

Das zeigt sich auch an den Wachstumsraten. Obwohl die Konjunktur in Deutschland gedämpfter verläuft als in den Boomjahren 2010 und 2011, lag Hamburg im vergangenen Jahr mit einem Wachstum von 1,2 Prozent über dem Bundesdurchschnitt (0,7 %) trotz der Strukturkrise in der Schifffahrt.

Zahlenangaben zur Industrie hängen zwar auch davon ab, wie man Industrie definiert. Dies ändert aber nichts an der grundlegenden Bedeutung der Industrie für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und soziale Stabilität in der Freien und Hansestadt Hamburg. Hamburg braucht die Industrie als Arbeitgeber, als Ausbilder, als Ausgangspunkt für darauf aufbauende Dienstleistungen, als weitere Säule neben dem Handel und natürlich als Steuerzahler.

 

Nicht von ungefähr haben wir auch in, zum Beispiel, Brasilien Eindruck gemacht. In São Paulo, der drittgrößten Stadt der Welt, wo wir vorige Woche über den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen gesprochen haben. Bekanntlich haben von rund 1300 deutschen Unternehmen in Brasilien 900 ihren Sitz in São Paulo. Und knapp 700 Hamburger Unternehmen haben Wirtschaftsbeziehungen mit Brasilien. Zu ihnen gehören die Jungheinrich AG, die Helm AG, Aurubis und Phoenix.

 

Hamburg braucht den IVH als Stimme der Hamburger Industrie. Ich möchte nur ein Beispiel nennen: Der Masterplan Industrie, den der Hamburger Senat, die Handelskammer und der Industrieverband Hamburg 2007 beschlossen haben, geht auf eine Initiative des IVH zurück. 

 

Die Unterzeichnung des Masterplans Industrie war die letzte Amtshandlung des damaligen IVH-Vorstandsvorsitzenden, Herrn Karl Gernandt. Sein Nachfolger, Herr Frank Horch, ist heute unser Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Herr Hans-Theodor Kutsch folgte ihm seinerzeit beim IVH nach. Ihm sind wir für sein Engagement bei der Umsetzung des Masterplans Industrie zu großem Dank verpflichtet. Auch die konstruktive Zusammenarbeit mit Ihnen, Herr Westhagemann, dem amtierenden Vorstandsvorsitzenden, wissen wir und weiß auch ich ganz persönlich sehr zu schätzen.

 

Dieser Masterplan ist ein umfassendes Handlungs¬konzept, das die Zukunftsfähigkeit der Industrie am Standort Hamburg sichern soll. Er stellt auch eine bewährte Form der Zusammen-arbeit, der gemeinsamen Entwicklung und der Abstimmung von Strategien zwischen Industrie, Kammern und Verwaltung dar. 

 

Deshalb hat der Hamburger Senat in seinem Arbeitsprogramm vorgeschlagen, den Masterplan Industrie fortzuschreiben. Im Dezember 2012 hat die Koordinierungsrunde Masterplan Industrie  einen ersten Entwurf vorgelegt. Derzeit geht es noch darum, die letzten offenen Punkte zwischen den Partnern abzustimmen. 

 

Der Masterplan Industrie umfasst alle wirtschafts-politischen Handlungsfelder, die für die Industrie von zentraler Bedeutung sind. Dazu zählt auch die Innovationspolitik. Denn Hamburgs Wettbewerbs¬vorteile liegen nicht in natürlichen Rohstoffen oder konkurrenzlos niedrigen Arbeitskosten. 

 

Hamburgs Stärke ist die Fähigkeit, Innovationen hervorzubringen und erfolgreich umzusetzen. Wissenschaft, Forschung und Technologie-entwicklung werden deshalb vom Senat besonders unterstützt. 

 

Seit Ende 2008 liegt die Federführung für den Bereich Innovationspolitik bei der Innovations-Allianz Hamburg.  Die Allianz hat sich das Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft nachhaltig zu verbessern. Alle relevanten  Personen und Institutionen in Wirtschaft und Wissenschaft sind dabei gefragt. Hierzu zählt auch und vor allem der IVH, der die Interessen, Ideen, Angebote und Bedarfe der Hamburger Industrie besonders gut kennt. 

 

Was wir brauchen, ist ein klares, zielorientiertes Fördersystem, das die Finanzierung von aussichtsreichen Forschungs- und Entwicklungs-projekten mit hoher Beratungskompetenz verbindet. Darüber hinaus benötigen wir ein leistungsfähiges Netz innovationsfördernder Infrastruktur. Deshalb hat der Senat im Dezember die Weiterentwicklung der Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt zur Hamburgischen Investitions- und Förderbank, kurz IFB, beschlossen. Damit wird die öffentliche Förderung auch von Innovationen erheblich verbessert und das gesamte Förderspektrum in einer Hand zusammengefasst. 

 

Die heutige Tätigkeit der Innovationsstiftung wird durch die Innovationsagentur in der IFB fortgeführt. Ihr Handlungsspielraum wird durch weitere zur Verfügung gestellte Mittel sogar gestärkt. Das Grundkapital der Innovationsstiftung bleibt als Sonderkapital zur Innovationsförderung erhalten. Zusätzlich wird ein Innovationsfonds in Höhe von rund 30 Millionen Euro neu eingerichtet. 

 

Meine Damen und Herren,

wie wettbewerbsfähig und dynamisch ein Wirtschaftsstandort ist, hängt maßgeblich von seiner Innovationsfähigkeit ab. Und die wiederum gibt es nicht ohne exzellent ausgebildete Fachkräfte. Im Wettbewerb um Fachkräfte hält Hamburg gut mit: Aktuellen Studien zufolge ist Hamburg neben anderen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg hochattraktiv für Hochqualifizierte. Von manchen negativen Folgen des demografischen Wandels sind andere Bundesländer deshalb stärker betroffen als wir. 

 

Doch auch wenn Hamburg in den vergangenen Jahren von arbeitsplatzbezogenen Zuzügen überdurchschnittlich profitiert hat, gibt es keinen Grund,  die Hände in den Schoß zu legen. Der Bedarf an Hochqualifizierten wird steigen, der Bedarf an Personen ohne Berufsausbildung eher zurückgehen. Hamburg reagiert darauf mit einer umfassenden Fachkräftestrategie. Diese wird in diesem Frühjahr vom Senat in die Bürgerschaft eingebracht und im Sommer 2013 einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.

 

Die Wettbewerbsfähigkeit der hier ansässigen Industrieunternehmen und insbesondere der energieintensiven Industrie wird erheblich durch die Energiekosten mitbestimmt. Diese Kosten sind bekanntlich mit der verstärkten Förderung erneuerbarer Energien stark angestiegen.  

 

Bestehende Regelungen, welche die Belastung für die energieintensive, im harten internationalen Wettbewerb stehende Industrie begrenzen, sollten daher auch künftig nicht aufgegeben werden. Denn eine erhöhte EEG-Umlagebeteiligung für energieintensive Unternehmen könnte die Produktionskosten für manche Unternehmen um mehrstellige Millionenbeträge erhöhen und damit erhebliche Wettbewerbsnachteile erzeugen. 

Es ist gut, dass die von Bundesregierung vorgelegten Pläne zur so genannten Strompreisbremse vom Tisch sind. Die darin vorgeschlagenen Maßnahmen wären schädlich für die energieintensive Industrie und damit auch für den Standort Hamburg gewesen.

 

Meine Damen und Herren, 

Sie können sicher sein: Der Senat wird alles daran setzen, dass der Industriestandort Hamburg durch die Energiewende nicht geschwächt wird. 

 

In der ganzen Diskussion sollten wir etwas Wichtiges nicht aus den Augen verlieren:  Die außergewöhnlichen Chancen, die sich durch die Energiewende ergeben und die darauf warten, genutzt zu werden. 

 

Wir müssen genau das tun, um durch Innovation Wachstum auf der einen Seite zu ermöglichen und die natürlichen Lebensgrundlagen auf der anderen Seite zu erhalten. Wir wollen nicht die Umwelt schützen, indem wir Wachstum verhindern. Wir wollen Wachstum, indem wir die Umwelt schützen!

 

Meine Damen und Herren,

Die Energiewende lässt für Wirtschaft und Industrie neue Märkte entstehen, und dafür ist Innovationsfähigkeit gefragt: angefangen bei leistungsfähigen Offshore-Windparks auf hoher See und größeren Windrädern über effizientere Photovoltaik und leistungsstärkere Batterien für die Elektromobilität bis hin zu den dringend benötigten größeren Speichern, um das schwankende Aufkommen der erneuerbaren Energien auszugleichen. 

 

Eine besonders leistungsstarke Form der Energie¬erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen ist die Windenergie. Die Windhauptstadt Hamburg zählt zu den führenden europäischen Standorten im Bereich der Windenergieindustrie und ist in Deutschland Schlüsselstandort für die Umsetzung der Energiewende. 

 

Große international operierende Hersteller wie Areva Wind, General Electric, Siemens und Vestas sind mit ihren Unternehmenszentralen oder wichtigen Kompetenzzentren hier angesiedelt. Und nur mit einer leistungsfähigen Industrie kann es gelingen, die mit der Energiewende verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Ich bin mir sicher, dass der Industrieverband Hamburg mit Herrn Westhagemann an der Spitze dazu einen wesentlichen Beitrag leisten wird. 

 

Meine Damen und Herren, 

eine wichtige Voraussetzung für Wertschöpfung ist Wertschätzung. Eine erfolgreiche Industriepolitik braucht ein industriefreundliches Klima in der Öffentlichkeit nicht nur in Politik und Verwaltung. Mein Eindruck ist, dass die Wertschätzung der Hamburger Industrie in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. Durch seine engagierte Arbeit hat der Industrieverband Hamburg hierzu erheblich beigetragen. 

 

Lieber Herr Westhagemann, 

ich freue mich darauf, unsere konstruktive, vertrauensvolle Zusammenarbeit fortzusetzen und wünsche dem IVH weiterhin alles Gute. 

 

Es gilt das gesprochene Wort.