arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

09.12.2011

Senatsempfang zum 75. Geburtstag von Uwe Seeler

Sehr geehrter Ehrenbürger Uwe Seeler,

sehr geehrte Frau Seeler,

weitere Anreden,

meine Damen und Herren,

 

ein ganz helles Licht wurde zur trübsten Jahreszeit im Rathaus angezündet. Den Satz las ich dieser Tage in einem neuen Buch zur Geschichte des Hamburger Sport-Vereins. Gemeint war der 26. November 2003.


Warum war das eine trübe Jahreszeit? Über das Wetter jammern Hamburger nicht, also muss es der HSV selber gewesen sein, der Anlass zum Missvergnügen gab. Und in der Tat: Gerade war der Trainer entlassen worden, das Punktekonto war mäßig und der HSV stand auf Platz 11. Allerdings schien sich ein Aufwärtstrend anzudeuten.


Wie sieht es jetzt aus, ziemlich genau acht Jahre später? Es hat vor kurzem einen Trainerwechsel gegeben, das Punktekonto ist mäßig, der HSV steht auf Platz 11. Allerdings scheint sich ein Aufwärtstrend anzudeuten.


Was lernen wir daraus? Dass sich auf die Dauer alles wiederholt und im Kreis dreht? Nein, das wäre zu wenig und zu  pessimistisch.


Aber die Tugenden der Geduld und der Hartnäckigkeit, die lehrt uns der Sport und der Fußball ganz besonders. Dass man weiterbohrt an den dicken und dünnen Brettern, dass man in längeren Zeiträumen denkt und bereit ist, erstens: hart zu arbeiten; zweitens: den Kurs zu korrigieren, wenn man merkt, er stimmt nicht und man will doch irgendwann ankommen.


Das wissen Hamburger ja schon aus der Seefahrt und sie wissen es auch aus der Geschichte dieses Vereins, dem Sie, Uwe Seeler, seit mehr als sechzig Jahren dienen: vom hoffnungsvollen Nachwuchsspieler über den Kapitän der Bundesligamannschaft und den Vereinspräsidenten bis zum wenn ich das so sagen darf Altersweisen, dessen Rat immer gehört, wenn auch nicht immer befolgt wird.

 

Und was war nun das helle Licht am 26. November 2003? Dazu komme ich gleich. Lassen Sie mich vorher auf ein paar andere Daten eingehen.

 

Zum Fußball, das habe ich längst gelernt, gehört die Statistik. Mindestens wie der Senf zur Wurst. Und auch dazu gibt es im Rathaus schlaue Bücher. Zum Beispiel könnte ja die Frage interessieren: Was hat der Fußballer Uwe Seeler heute, am 9. Dezember, vor vierzig oder fünfzig oder sechzig Jahren zu Stande gebracht, und in welchem Stadion? Denn entscheidend ist, wie wir alle wissen, auf´m Platz.

 

Vor vierzig Jahren: das ist schnell beantwortet, nämlich: nichts. Das war ein Donnerstag und spielfrei.

 

Vor fünfzig Jahren: Treffer! Jedenfalls beinahe. Der 9. Dezember 1961 war ein Sonnabend, gespielt wurde erst am nächsten Tag in Bremen. Nicht gegen Werder, sondern gegen die Blauen, den Bremer SV, 3:2. Tore: Harry Bähre, Peter Wulf leider schon verstorben und Uwe Seeler. Der Schiedsrichter hieß Sturm und so soll auch das Wetter gewesen sein.


Heute vor sechzig Jahren spielte der HSV am Rothenbaum gegen den VfL Osnabrück, Ergebnis 5:2, vor 20.000 Zuschauern. Trainer war der strenge Schorsch Knöpfle. Ob der 15-jährige Uwe Seeler unter den 20.000 war, ist nicht überliefert. Wahrscheinlich ja, oder hatten Sie Hausarrest? Am Spieltag ja wohl nicht, das wird Ihr Vater Erwin, selbst ein großer Fußballer und HSVer, Ihnen und sich selbst nicht angetan haben.

 

Sollten Sie sich an das Spiel noch erinnern können, dann bestimmt an die drei Tore von Wojtkowiak und die beiden von Harden. Und Sie werden gedacht haben: Das kann ich auch.


Wie sich bald zeigen sollte, konnten Sie es auch. Allein in dem Stadion haben Sie es auf eine dreistellige Zahl von Toren gebracht. Eines davon übrigens ein einziges für Trainer Knöpfle, als er viele Jahre später zum HSV zurückgekehrt war und ein Bundesligaspiel gegen Eintracht Frankfurt am Rothenbaum stattfand, nicht wie sonst im Volkspark.


Ich weiß, es ist nicht ganz unheikel, als Vertreter der Stadt Hamburg den Rothenbaumplatz zu erwähnen, von dem es ja nur noch Fotos und Erinnerungen gibt. Umso lieber wende ich mich dem heutigen Stadion zu, der Imtech-Arena, wie sie zur Zeit heißt. Dass der HSV jetzt dort in einem vielfach gepriesenen und ausgezeichneten Elitestadion zu Hause ist, das ist ja nicht zuletzt den hartnäckigen Bemühungen des damaligen Präsidenten Uwe Seeler zu verdanken.


Auch an historischer Stätte, übrigens, denn es war der damalige Altonaer Oberbürgermeister Max Brauer, nach dem Krieg und der Rückkehr aus dem Exil Bürgermeister von Hamburg, zu dessen Zeit erstmals ein großes Sportstadion im Altonaer Volkspark gebaut wurde. 

1928 wurde der HSV dort Deutscher Meister und heute ist der größte Fuß der Welt, in Bronze gegossen, Mittelpunkt des HSV Walk of Fame. Womit wir zurück in der Gegenwart sind.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

34 Ehrenbürger hat die Stadt Hamburg. Es sind Generäle darunter, Komponisten, Politiker, Mäzene... Sie alle hatten Anhänger und Gegner, manche gelten aus heutiger Sicht als umstritten. Dieses Wort kommt gern zum Einsatz, wenn man sich vor einer klaren Meinung drücken will.


Als Sie, Uwe Seeler, am 26. November 2003 Ehrenbürger der Stadt Hamburg wurden, gab es eine derartige Zustimmung von allen Seiten, wie sie das Rathaus kaum je erlebt hatte. Gegenstimmen und Enthaltungen blieben aus, jedoch waren aus allen Fraktionen Uwe, Uwe-Rufe zu hören.


Wie schafft man so etwas? Wie schafft das einer, der ja durchaus seine Ecken und Kanten hat? Denn ein Ja-Sager, der es sich bequem machen und jedermanns Freund sein will, sind Sie ja nie gewesen.


Auch nicht gegenüber eigenen Mitspielern, wenn deren Erzählungen stimmen: Sie selber waren bereit, dahin zu gehen, wo es weh tut, aber die anderen mussten gefälligst auch mitziehen. Wenn sie es taten, blieben die Erfolge nicht aus:


Deutscher Meister 1960; Pokalsieger 1963; Vizeweltmeister 1966; Einzug ins Europapokal-Finale 1968; WM-Dritter 1970... um nur ein paar herausragende zu nennen. Sie selbst waren dreimal Deutschlands Fußballer des Jahres, kamen in der FIFA-Weltauswahl zum Einsatz und ihre 443 Meisterschaftstore für den HSV plus zwei für Cork Celtic dürften auch dieses Jahrhundert als Rekord überdauern.


Und doch: Nicht allein für sportliche Leistungen gibt es das Bundesverdienstkreuz, das Sie seit 1970 tragen, und die Hamburger Ehrenbürgerschaft. Die gibt es dafür, dass man eine Persönlichkeit ist; und in Ihrem Fall obendrein dafür, dass die Hamburgerinnen und Hamburger Sie lieben. Das hört sich einfach an, aber wer kann es schon von sich sagen?

 

Sie haben damals bei Ihrer Ehrung einen Satz gesagt, auf den ganz Hamburg stolz sein kann. Sie zitierten Ihren Vater Erwin Seeler mit dem Satz, den er den Kindern mitgab: Denkt dran, ihr seid Hamburger. Hamburger sind ehrlich, zuverlässig und fair. Und Sie haben hinzugefügt: Ich danke meinen Eltern, dass sie mich diese Tugenden gelehrt haben.


Das hat sich im Stadtteil Eppendorf abgespielt. Und wie man es neulich in einer Fernsehsendung sehen konnte, sind Sie ja eigentlich immer noch ein Eppendorfer. Dort sind Sie aufgewachsen und zur Schule gegangen, nicht weit vom Victoria-Platz, auf dem Erwin Seeler zur Zeit Ihrer Geburt noch für die Zitronen spielte.  

 

Inzwischen, und schon sehr lange, wohnen die Seelers im schönen Harksheide, inzwischen Norderstedt. Daran gibt es aus hamburgischer Sicht rein gar nichts auszusetzen, denn erstens war es der HSV, der schon Ende der 1920er Jahre seine vorbildliche Ochsenzoll-Sportanlage dort errichtet hat. Insofern ist das Gelände, auf dem Sie Ihr Haus gebaut haben, eigentlich ur-hamburgisches Gebiet.


Zweitens wissen wir alle, dass es ja auch anders hätte kommen können, was den Wohnsitz betrifft. Anfang der 1960er wäre beinahe das Wasser aus dem Hafen gelaufen. Ihr Ruhm war bis nach Mailand, Genua und sonstwo gedrungen und dortige Mannschaften hätten einen Uwe Seeler gut gebrauchen können. Dafür hätten einige auch große Geldbündel aus der Aktentasche gezogen. Aber wir wissen, wie es ausgegangen ist: Uwe Seeler blieb Hamburger und spielte noch mehr als zehn weitere Jahre beim HSV. Das Wasser blieb im Hafen.

 

Sehr interessant fand ich allerdings einen Aspekt in der schon erwähnten Fernsehsendung. Nämlich als Sie, Frau Seeler, sagten: Vielleicht hätten die mal mich fragen sollen. Oder so ähnlich, den genauen Wortlaut habe ich nicht mitgeschrieben. Es folgte aber der Hinweis, dass es in anderen Ländern, zum Beispiel Italien, ja auch schön und interessant sei... und überhaupt.


Es ist von Ihnen beiden ja bekannt, dass Sie wichtige Entscheidungen gemeinsam treffen. Sie werden sich auch gemeinsam für Hamburg, oder meinetwegen Harksheide, entschieden haben. Und davon hatten alle etwas.     

 

 

Meine Damen und Herren,

 

jedes Jahr finden in Hamburg rund 50 nationale und internationale Sportevents statt, vom Triathlon bis zu den Cyclassics, vom Deutschen Spring- und Dressurderby bis zum Tennis am, wohlgemerkt, Rothenbaum. Sogar eine Beachvolleyball-Europameisterschaft hat bei uns stattgefunden. Spiele der Fußball-WM und -EM natürlich auch.


Olympische Spiele das hat bisher nicht sollen sein. Wie gesagt, man muss halt in längeren Zeiträumen denken. Aber als sportbegeisterte Stadt ist und bleibt Hamburg auf der Landkarte. Unter der Regie von Sportsenator Neumann ist binnen kurzer Zeit eine Dekadenstrategie entwickelt worden, die unsere Sport-Ziele im Auge behält. Wir werden auch die notwendige Sanierung der sportlichen Infrastruktur unserer Stadt voranbringen.

 

Hamburg ist eine weltläufige, aufgeschlossene Stadt, offen für Ideen, Handel und Wandel, für Besucher und für Neu-Hamburger aus aller Welt. Gleichzeitig ist es eine Stadt, die sich ihrer guten Traditionen bewusst ist. Und die haben ja auch etwas mit harter Arbeit zu tun. Damit, dass man sich nicht scheut, dahin zu gehen, wo es weh tut. Und andere zu guter Arbeit anzuhalten.


Außerdem damit, dass man ehrlich ist, zuverlässig und fair. Und dass man denen etwas abgibt, die es nicht so gut getroffen haben. Auch dafür steht der Name Uwe Seeler auf vielerlei Weise.


Sie sehen, Frau Seeler, Herr Seeler, die Stadt tut gut daran, sich immer wieder auf die seelerschen Familientraditionen zu besinnen.


Ihren 75. Geburtstag neulich habe ich noch nicht erwähnt. Das tue ich jetzt zum Schluss und ich habe gehört, dass es einen 15-jährigen Enkel gibt, der beim HSV spielt und, wenn er seinen Opa sieht, denkt: Das kann ich auch. Wir werden es sehen!

Die Stadt Hamburg wünscht der Familie Seeler für die Zukunft alles Gute.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.