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08.11.2012

Senatsempfang zur Tagung des Wissenschaftsrates

Senatsempfang zur Tagung des Wissenschaftsrates

Sehr geehrter Herr Professor Marquardt,

sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,

meine sehr verehrten Damen und Herren, 

 

im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg heiße ich Sie herzlich willkommen! Ich freue mich, dass Sie Ihre vierteljährliche Tagung dieses Mal bei uns in Hamburg veranstalten.

 

Bei der letzten Tagung des Wissenschaftsrates in Hamburg vor genau acht Jahren hat dessen damaliger Vorsitzender, Herr Prof. Einhäupl, hier im Rathaus eindringlich vor der damals geplanten Föderalismusreform gewarnt. Inzwischen ist deutlich geworden, dass er mit seiner Warnung nicht so falsch lag auch wenn sich wohl niemand nach der Bürokratie des alten Hochschulbau-Förderungsgesetzes zurücksehnt.

 

Diskutierenswerte Themen gibt es nach wie vor genug, wie überhaupt der Elfenbeinturm als Metapher für das vermeintliche Entrücktsein unserer Dichter und Denker schon längst ausgedient hat. Moderne Wissenschaft hat mehr denn je mit der konkreten Lebenswirklichkeit in unserer Gesellschaft zu tun von tagesaktuellen Aufgeregtheiten um vermeintliche oder tatsächliche Plagiate in Doktorarbeiten prominenter Akademiker ganz abgesehen.

 

Bildung ist für mich das zentrale gesellschaftspolitische Gestaltungsfeld der Politik unserer Tage. Von der Ganztagsbetreuung der Kleinsten über die aktive Begleitung der Schulabgänger beim Übergang in die Berufsausbildung bis zur Abschaffung der Studiengebühren und einer zukunftsfähigen Hochschulpolitik.

 

Viele von Ihnen wissen es: Hamburgs Universität ist die fünftgrößte Präsenzhochschule Deutschlands. Unsere Stadt hat insgesamt 20 Hochschulen mit gut 85.000 Studierenden sowie zahlreiche außeruniversitäre Institute.

 

Dieser wichtige Standortvorteil trägt wesentlich zur Chancengleichheit und Innovationsfähigkeit unserer Stadt bei. Mit Erfolg: In wenigen anderen Städten ist die Auswahl an qualifizierten Arbeitskräften so groß wie in Hamburg.

 

Doch das Ausruhen auf dem Erreichten wäre ein Rückschritt. Darum werden unsere Ausgaben für Wissenschaft und Forschung stärker ansteigen als der Gesamthaushalt bis ins Jahr 2020 von 870 Millionen auf etwa eine Milliarde Euro.

Damit fördern wir zum Beispiel zukunftsweisende Verbundprojekte von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen und stärken mit investiven Maßnahmen die bauliche Erneuerung der Hochschulen.

 

Auf dem Universitätscampus im Stadtteil Bahrenfeld soll außerdem bis zum Jahr 2018 ein weiteres Max-Planck-Institut zur Erforschung von Struktur und Dynamik von Materie entstehen, wo die bereits bestehenden Kooperationen im Bereich der physikalischen Strukturforschung gebündelt und erweitert werden. Für die Finanzierung des Neubaus stellt Hamburg rund 37 Millionen Euro zur Verfügung.

 

In puncto Forschung werden wir dafür sorgen, dass sich um die Spitzenforschungseinrichtungen in Hamburg jeweils ein Innovationscampus entwickelt. Hier sollen aus guten Ideen gute Produkte und Arbeitsplätze entstehen. Schon heute sind wir etwa in der Klimaforschung oder in der physikalischen Grundlagenforschung exzellent.

 

Durch jährlich ansteigende Globalbudgets werden die Hochschulen in die Lage versetzt, sich auf die fachliche Profilbildung zu konzentrieren. Mit dieser soliden Grundfinanzierung der Hamburger Hochschulen sorgt der Senat für mittelfristige Finanzierungs- und Planungssicherheit.

 

Diese Planungssicherheit ist mit einem hohen Maß an Hochschulautonomie verbunden, denn niemand weiß besser, wie vor Ort die Gelder der Steuerzahler am besten investiert sind, als die Hochschulen selbst. Dazu gehört auch, dass die Einrichtungen in Personalangelegenheiten erheblich ausgeweitete Kompetenzen erhalten.

 

All das orientiert sich an dem Ziel, Hamburg insgesamt zu einem attraktiven Wohn-, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort auszubauen.

 

Dafür liefern der Wissenschaftsrat als wichtigstes wissenschaftspolitisches Beratungsgremium und insbesondere die Wissenschaftliche Kommission wichtige Anstöße. Ihre Beratungen zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus, die auf der Ernsthaftigkeit und dem bemerkenswerten Engagement seiner Mitglieder basiert. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates erreichen dadurch ein Niveau, das manch ein rein politisch besetztes Gremium bei vergleichbaren Themen vermutlich nur schwer erreichen würde.

Eine bedeutende Rolle spielen auch die privaten Hochschulen. Die Wissenschaftsrats-Empfehlungen zu deren Akkreditierung sind für Hamburg wie für alle Bundesländer eine große Hilfe in Sachen Qualitätssicherung.

 

Eine besonders wichtige Dienstleistung des Wissenschaftsrates für Bund und Länder ist außerdem die Beratung zur Verwendung der Mittel für Forschungsbauten an Hochschulen.

 

Der zuständige Ausschuss leistet einen entscheidenden Beitrag zur Bewertung und soweit die Mittel nicht ausreichen Priorisierung der Anträge. Der Wissenschaftsrat unterstützt mit seinen darauf aufbauenden Empfehlungen ganz maßgeblich die Beschlüsse der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz zur Verteilung der Fördermittel.

 

Seit der Gründung des Wissenschaftsrates im Jahre 1957 ist Hamburg als einziges Land in der Verwaltungskommission durch den Finanzsenator vertreten. Hieraus ergibt sich für uns eine besondere Scharnierfunktion zwischen Wissenschaftsrat einerseits und Länderfinanzministerien andererseits, die unter anderem durch regelmäßige Berichterstattungen in der Finanzministerkonferenz ausgefüllt wird.

 

Hamburg ist bestrebt, durch seine Mittlerrolle zwischen Wissenschaftsrat und Finanzpolitik dazu beizutragen, die Reichweite der Empfehlungen des Wissenschaftsrates zu erhöhen. Die erwähnten Empfehlungen zur Förderung von Forschungsbauten an Hochschulen profitieren davon, dass sie nicht nur inhaltlich gut begründet sind. Sie berücksichtigen in aller Regel auch den gegebenen Finanzrahmen und liefern Hinweise, wie auch mit den knappen Ressourcen umzugehen ist.

 

Dafür bin ich Ihnen dankbar. Denn nur eine Empfehlungspraxis, die sich an den finanziellen Realitäten der Länderhaushalte in Zeiten der Schuldenbremse orientiert, kann die beabsichtigte politische Wirkung erzielen.

 

Dabei ist bekanntlich das Wünschenswerte das Eine, das Machbare oft ein Anderes. Was die Verbindung aus beidem angeht, brauchen wir uns meiner Ansicht nach dennoch nicht zu verstecken.

 

In den vergangenen Jahren wurden die bedeutenden außeruniversitären Forschungseinrichtungen aufgrund der Beschlüsse zum Pakt für Forschung und Innovation mit verlässlichen Zuwächsen von mindestens 5 % pro Jahr versehen. Dies hat ihre Leistungsfähigkeit deutlich gesteigert. Zugleich haben sich jedoch die Gewichte im Verhältnis zu den Hochschulen verschoben: Deren Finanzierung wurde zwar ebenfalls ausgebaut, ohne dass dabei jedoch ein jährlicher Zuwachs von 5 % ermöglicht werden konnte.

 

Mit dem Auslaufen des Paktes für Forschung und Innovation werden die Karten neu gemischt, und wir sind sehr gespannt auf die Vorstellungen des Wissenschaftsrates zur Frage der weiteren Entwicklung der deutschen Forschungslandschaft.

 

Gegenwärtig laufen Verhandlungen über eine Änderung des Grundgesetzes, die es dem Bund erlaubt, auch Einrichtungen an Hochschulen zu fördern. Auch von Hamburger Seite wird gefordert, dem Bund eine darüber hinaus gehende Förderung  zum Beispiel des Schulwesens zu erlauben.

 

Wir müssen dabei jedoch auch darauf achten, dass mit einer Co‑Finanzierung durch den Bund nicht zugleich die Kompetenzen und Zuständigkeiten verschoben werden, die wir benötigen, um unsere verfassungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen.

 

Auch darf es nicht dazu kommen, dass die Landeshaushalte über Mitfinanzierungspflichten ihrer verbleibenden Flexibilität beraubt werden. Sonst wird die Einhaltung nationaler und europäischer Anforderungen an die Stabilität unserer Haushalte zu sehr erschwert.

 

Die Ministerpräsidenten der Länder fordern daher eine Übertragung zusätzlicher Umsatzsteuerpunkte, damit die Länder für ihre Aufgaben im Rahmen der Qualifizierungsinitiative für Deutschland die nötige Finanzausstattung erhalten. Sollte alternativ oder ergänzend eine Grundgesetzänderung nötig sein, so böte sich die Einführung neuer Finanzhilfen an Hamburg hat bereits einen entsprechenden Antrag in den Bundesrat eingebracht.

 

Wir haben auch einen Vorstoß in Richtung einer Lockerung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich unternommen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen im Hochschulbereich was etwa die prognostizierten Studienanfängerzahlen angeht, aber auch den Schulbereich reichen die aktuellen Kooperationswege zwischen Bund und Ländern jedenfalls nicht mehr aus. Wie gesagt: An diskutierenswerten Themen herrscht kein Mangel.

 

Meine Damen und Herren,

 

 

heute Nachmittag hatte die Wissenschaftliche Kommission die Gelegenheit, DESY zu besuchen, wo zurzeit mit Unterstützung der Freien und Hansestadt Hamburg und des Bundes eine einzigartige Röntgenlaser-Großanlage entsteht, die ab 2015 Forscher aus der ganzen Welt nutzen werden.

 

Ich denke, bei dieser Gelegenheit war etwas von der Dynamik des Wissenschaftsstandorts Hamburg zu spüren, den dieser Senat nach Kräften stärkt und weiterentwickelt.

 

Vielleicht ist diese Dynamik für Ihre wichtigen Beratungen ja inspirierend? Ich danke jedenfalls insbesondere den Mitgliedern der Wissenschaftlichen Kommission für ihr ehrenamtliches Engagement im Dienst der Wissenschaft.

 

Ihnen allen wünsche ich weiter einen guten Verlauf Ihrer Tagung und einen angenehmen Aufenthalt in Hamburg, und ich bin schon sehr gespannt auf Ihre Ergebnisse.

 

Vielen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.