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29.08.2012

Senatsfrühstück zum 75. Geburtstag von Hans-Ulrich Klose

Senatsfrühstück zum 75. Geburtstag von Hans-Ulrich Klose

 

Sehr geehrter Herr Klose, lieber Hans-Ulrich, 

sehr geehrte Frau Steinbeck-Klose, 

meine sehr geehrten Damen und Herren, 

 

ich weiß noch sehr gut, wie ich im Wahlkampf 1978 Plakate für den damaligen Spitzenkandidaten geklebt habe mit dem griffigen Slogan: Wir lieben Hamburg und wählen Klose. Dem haben sich die Hamburgerinnen und Hamburger dann ja mehrheitlich angeschlossen mit 51,5 Prozent. 

 

Inzwischen ist aus dem anfangs jüngsten Regierungschef Deutschlands ein Elder Statesman geworden. 

 

In einem Aufsatz mit dem Titel Altern hat Zukunft hast du, Hans-Ulrich, vor einigen Jahren geschrieben: Meine Zielvorstellung ist eine erfahrene Gesellschaft, in der das Alter ihrer Mitglieder keine oder nur eine sekundäre Rolle spielt. 

 

Für dich gilt das längst. Du bist  

 

  • ein bundesweit renommierter Politiker, ein unabhängiger, bisweilen eigenwilliger Denker, der das Gesicht Hamburgs und der Bundesrepublik mit prägte, 
  • der seine Meinung vertritt, wenn er es für richtig hält, und auch Auseinandersetzungen nicht scheut, 
  • und der sich ebenso als nachdenklicher und sensibler Mann erweist, der Aquarelle malt, Klavier spielt und antike Kunst sammelt und obendrein im Alter von 60 Jahren erstmals Lyrik veröffentlichte: eigene Gedichte aus vier Lebensjahrzehnten, die in ihrer Feinfühligkeit berühren. 

 

Offene Worte waren schon immer dein Markenzeichen. Vor dem Job als Bürgermeister Muffensausen zu haben, das fanden wohl die meisten Hamburger sympathisch, weil authentisch. 

 

Meine Macht ist mein Mundwerk, hat dich der Stern einmal zitiert. Das trifft es ganz gut. Etatkürzungen bei der Staatsoper hast du mit dem Hinweis verteidigt: Ein Wildschwein weniger im ‚Freischütz‘ genügt auch. 

 

Und nach deinem ersten Regierungsjahr hast du der Zeitung Die Welt gesagt: Ich freue mich, dass Senatoren überhaupt nachdenken. Wer wollte da widersprechen?   

 

Mindestens genauso aufschlussreich ist allerdings, was andere über dich sagten oder schrieben. 

 

Einmal pro Woche schlägt Klose zu!, titelte die Mopo etwas später mit Ausrufezeichen. Der Bericht dreht sich allerdings nicht um Senats-Interna, sondern um dein Potenzial als Tennisspieler. 

 

Sehr lauffreudig seist du, hieß es. Klose nutzt das falsche Stellungsspiel des Gegners geschickt aus. Die Vorhand schlägt er flach, scharf und manchmal ein bisschen riskant. Phasenweise kann man von einem richtigen Powerplay sprechen. Das klingt fast wie ein Psychogramm. 

 

Dein Vor-Vorgänger Herbert Weichmann nannte dich einen Gentleman der Politik jung, aber nachdenklich; unter den SPD-Genossen kursierte das Etikett Hans im Glück. 

 

Große Projekte unter deiner Ägide waren Hamburgs Erwerb der Anteile an MBB 1976 als Grundlage für die indirekte Beteiligung an Airbus und wichtiger Entwicklungsschritt für den Luftfahrtstandort Hamburg. Und zwei Jahre später der Beschluss zur Gründung der TU Hamburg-Harburg, der in deiner Regierungszeit gefällt wurde. 

 

Für die Universität ist man dir in Harburg bis heute dankbar, und dein Einsatz für die Stadt und deinen Wahlkreis wurde fast ausnahmslos mit persönlichen Traum-Wahlergebnissen belohnt. 

 

Das Thema Atomkraft allerdings stellte die Gesellschaft vor eine Zerreißprobe, in der du dich eindeutig positioniert hast. 

 

Mit all dem hast du dir in deinen Hamburger Jahren bei allen Kontroversen den bleibenden Ruf eines engagierten Kämpfers für die Sache erworben. 

 

In deiner berühmt gewordenen Rede im Hamburger Übersee-Club 1975 hast du die Rolle und Stimme der Stadt kritisch hinterfragt und eindringlich für ein gesundes, vorwärtsgerichtetes Selbstbewusstsein Hamburgs geworben. Der Zustand der Städte ist entscheidend für den Zustand unseres Landes, hast du damals gesagt. 

 

Und weiter: Wenn es uns hier gelingt, das hohe Maß an Identifikation, das aus Lokalpatriotismus resultiert, demokratisch zu qualifizieren, leisten wir einen wesentlichen Beitrag, vielleicht sogar den entscheidenden Beitrag für die langfristige Stabilisierung der Demokratie. 

 

Das gilt heute wie damals. Denn in den Städten des 21. Jahrhunderts konzentrieren sich die Herausforderungen, aber auch die Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten der Gesellschaft wie in einem Brennglas. Rückblickend kann man sagen: Früher als andere hast du das erkannt und in Politik umgesetzt. Davon profitieren wir alle, bis heute. 

 

Mit dem Wechsel in den Bundestag 1983 hat sich dann die Themengewichtung verschoben aber dein Einfluss ist nicht geringer geworden. Erst als Fraktionsvorsitzender, dann als Bundestags-Vizepräsident, schließlich als Außen- und Sicherheitspolitiker und Spezialist für die transatlantische Kooperation. 

 

Im Frühjahr 2010 hat dich der Außenminister zum Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit ernannt auch das eine Anerkennung, die schon gar über Parteigrenzen hinweg keineswegs selbstverständlich ist. 

Ob in der Stadtpolitik oder globalen Kontext die Politik braucht Visionäre wie dich. In deiner Verbundenheit mit den USA seit Jugendzeiten wurzeln zweifellos deine Begeisterung für Freiheit und kulturellen Aufbruch und vielleicht noch wichtiger dein Optimismus, den die deutsche Politik leider so selten ausstrahlt, aber der dieser Gesellschaft so guttut. 

 

Für mich bist du einer der wirklich bedeutenden Politiker, die Deutschland hatte und hat. 

 

Und dann dies! Mitte Juli meldete dpa: Hans-Ulrich Klose hört auf. Der frühere SPD-Fraktionschef wird nicht mehr dem nächsten Bundestag angehören. 

 

Ist es jetzt Zeit für das, was du mit Anfang 40 als liebenswertes Betätigungsfeld für meine alten Tage in Erwägung gezogen hast, nämlich endlich Plattdeutsch sprechen zu lernen? 

 

Das politische Leben in Deutschland ohne die Stimme von Hans-Ulrich Klose ist schwer vorstellbar. Einmal mehr illustriert das am besten Klose, der Dichter, der vor 15 Jahren zum Jahreswechsel schrieb: 

 

Der Kopf, ergraut, denkt immer noch zur Sache, 

dagegen vorgewölbt und schlaff der Bauch, 

der hüpft und dehnt sich, wenn ich lache, 

man ahnt es, und du siehst es auch.

 

Noch immer, morgens, singe ich im Bade, 

doch ist es eine andre Melodie, 

es klingt nach Rückzug, nach Charade. 

Langweilig aber war und wird es nie. 

 

Lieber Hans-Ulrich, 

 

möge dir nie langweilig werden jetzt nicht und in den vielen kommenden Jahren, die wir alle dir wünschen. 

 

Dass es uns mit dir nie langweilig wurde, auch dafür danke ich dir und sage noch einmal: 

 

herzlichen Glückwunsch und alles Gute! 

 

Es gilt das gesprochene Wort.