Sehr geehrter Herr Wachholtz,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident (Carstensen),
sehr geehrter Herr Fröhlich,
sehr geehrte Mitglieder des Konsularischen Korps
sehr geehrte Abgeordnete (Bürgerschaft, Landtag, Bundestag)
meine sehr geehrten Damen und Herren
Mit dem Motto des heutigen Tages Hamburg und Schleswig-Holstein Gemeinsam mehr erreichen! befindet sich der Unternehmerverband Nord voll im Trend. Gemeinsam mehr erreichen das Ziel haben sich fusionierende Unternehmen auf ihre Fahnen geschrieben, die Bertelsmann Stiftung, Gewerkschaften und auch eine der weltweit erfolgreichsten Unternehmensberatungen.
Sie befinden sich mit diesem Slogan also in sehr guter Gesellschaft. Ich will gerne diesen Ball aufnehmen und versuchen, anhand von einigen Anlehnungen aus der Unternehmensführung darstellen, wie wir, und damit meine ich Hamburg und Schleswig-Holstein, aber auch Wirtschaft und Politik in Norddeutschland gemeinsam mehr erreichen und wir diesem hohen Anspruch genügen können
Erfolgreiche Zusammenarbeit braucht den Willen zur Kooperation.
Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenarbeiten ein Erfolg, hat der Unternehmer Henry Ford mal gesagt. Schleswig-Holstein und Hamburg leben diesen Erfolg, auf der Ebene des täglichen Lebens, auf wirtschaftlicher und politischer Ebene.
Enge Kooperation ist selbstverständlicher Alltag und aufgrund der vielfältigen Verflechtungen eine Notwendigkeit. Darin waren Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und ich uns immer einig. Ich möchte ihm an dieser Stelle ausdrücklich für die kollegiale Zusammenarbeit danken.
Mit dem Nachbarland verbindet Hamburg nicht nur die räumliche Nähe sondern auch eine lange Tradition der Zusammenarbeit.
Es besteht ein stabiles Grundverständnis des Miteinanders, unabhängig von auch mal Diskussionen, die eine enge Zusammenarbeit auch einmal mit sich bringen kann, ja bringen muss, soll sie lebendig sein und sich gut entwickeln.
Ich weiß, dass es dieses Fundament des Miteinander nicht immer gab. Es gab eine Zeit, da wurde aus Hamburg sehr skeptisch auf den sogenannten Speckgürtel geblickt. Das war die Zeit als Hamburgs Einwohnerzahl schrumpfte, als die Gutverdienenden ins Umland zogen und mit ihnen begehrte Steuereinnahmen.
In diesem Jahr steigt die Einwohnerzahl Hamburgs wieder über 1,8 Millionen. Das Leben in der Stadt ist wieder attraktiv geworden, Stadt und Umland entwickeln sich gut. Wissenschaftler sagen für das Jahr 2030 für Hamburg 1,9 Millionen Einwohner oder mehr voraus. Nicht nur deshalb ist die Zeit er Eifersucht vorbei und Skepsis längst überwundenes Denken.
Sie ist auch deshalb vorbei, weil Schleswig-Holstein und Hamburg einen Wirtschaftsraum und einen Arbeitsmarkt bilden. Vor dem Hintergrund der engen Verflechtung bietet die länderübergreifende Zusammenarbeit die Möglichkeit zur effektiven und ressourceneffizienten Bearbeitung gemeinsamer Herausforderungen und Aufgaben. Die bilateralen Kabinettssitzungen, zu denen wir uns seit vielen Jahren regelmäßig treffen, die letzte war am 28. Februar 2012, tragen dazu maßgeblich bei.
Vieles haben wir schon erreicht, wichtige Einrichtungen sogar schon ganz zusammengelegt. Wir werden auf diesem Weg weiter gehen. Schleswig-Holstein wird für Hamburg ein besonders wichtiger Partner in der Norddeutschen Zusammenarbeit bleiben.
Wir wollen diese gute Zusammenarbeit auch mit der neuen Landesregierung fortsetzen und vertiefen. Ich kann die Aussage des designierten Ministerpräsidenten Torsten Albig nur unterstützen, wenn er sagt: Von Kooperation und guter Nachbarschaft profitieren beide. Schleswig-Holstein braucht ein starkes Hamburg und ohne ein starkes Schleswig-Holstein hat Hamburg keine Zukunft. Wir sehen das in Hamburg genauso. Wenn wir unsere Kräfte bündeln, wenn wir Seite an Seite stehen, können wir die Potenziale unserer Länder am besten nutzen und entwickeln.
Gutes Regieren, das haben wir uns in Hamburg auf die Fahnen geschrieben und das ist auch das Ziel der neuen Regierung in Schleswig-Holstein. Und gutes Regieren heißt für mich ebenfalls gute Nachbarschaft im Norden.
Erfolgreiche Zusammenarbeit braucht Wachstum.
Ich will mit einem Zitat aus dem Buch Auf Wachstumskurs von zwei Unternehmensberatern fortfahren. Sie nennen Wachstum die Basis für zukünftigen Erfolg. Wenn wir das auf die Metropolregion Hamburg übertragen, haben wir kürzlich einen wichtigen Grundstein für zukünftigen Erfolg gelegt.
Im April haben wir mit einem Festakt die Erweiterung der Metropolregion gefeiert. Seit dem 1. Mai 2012 sind das Land Mecklenburg-Vorpommern, die Landkreise Ludwigslust-Parchim und Nordwestmecklenburg, die kreisfreien Städte Hansestadt Lübeck und Neumünster sowie der Kreis Ostholstein als Mitglieder aufgenommen.
Damit umfasst die Metropolregion Hamburg jetzt vier Bundesländer: Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Sie umfasst damit auch als erste deutsche Metropolregion Träger aus den alten und den neuen Bundesländern. Sie umfasst jetzt 17 Kreise und Landkreise.
In Zahlen heißt dies, dass die Fläche der Metropolregion Hamburg von 19.800 um gut 6.000 auf über 26.000 Quadratkilometer wächst. Sie ist damit größer als Hessen.
Die Bevölkerungszahl steigt von derzeit etwa 4,3 Millionen um circa 730.000 auf gut 5 Millionen Bewohnerinnen und Bewohner. So viele Einwohner hat Norwegen.
Hinter all dem stehen 2,5 Millionen Erwerbstätige, so dass wir auf Augenhöhe mit zum Beispiel Frankfurt/Rhein-Main für Wertschöpfung sorgen, weit vor der Öresundregion Kopenhagen / Malmö.
Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 162 Milliarden Euro hängen wir die Metropolräume Rom und Barcelona ab, nähern uns Madrid und langsam auch Mailand.
Die Förderfonds, mit denen in der Region Projekte angeschoben werden, sind jetzt mit 300.000 Euro zusätzlich ausgestattet und umfassen 2,7 Millionen Euro jährlich. Das ist, ein ganz ordentlicher Topf.
Und noch ein letzter Vergleich: In der Europäischen Union leben 500 Millionen Einwohner. Wenn in der Metropolregion Hamburg jetzt mehr als fünf Millionen leben, dann sind das immerhin gut ein Prozent aller EU-Bürger. Wir alle werden von diesem Zuwachs an Fläche, Einwohnern und Kaufkraft in einem großen Ganzen profitieren. Wir sollten begeistert sein über den Wachstums-Sprung, den unsere Region damit macht.
Erfolgreiche Zusammenarbeit braucht eine stabile Basis.
Wer von Hamburg spricht, meint immer häufiger die Metropolregion und wie jede Metropole hat auch Hamburg ein Zentrum. In Hamburg konzentriert sich, wie in jeder anderen Metropole auch, die wirtschaftliche Kraft. Das ist in Paris so und auch in London, in Kopenhagen und Barcelona.
Wobei man hinzufügen muss: Viele Entfernungen in der Metropolregion gelten in anderen Metropolen dieser Welt als städtisch. In 40 Minuten sind sie vom Hamburger Hauptbahnhof in Lübeck. In London sind Sie dann noch nicht einmal beim Flughafen Heathrow angekommen.
Was mir aber viel wichtiger ist: Der Wirtschaftsstandort Hamburg ist das wirtschaftliche Herz Norddeutschlands:
- Hier liegt der Hafen, der unsere Region zu einem Knotenpunkt der globalen Warenströme macht.
- Hier sitzen Airbus und die Lufthansa-Technik, die unsere Region zu einem der drei großen Standorte der zivilen Luftfahrtindustrie auf der Welt machen.
- Und hier im Norden entwickelt sich einer der führenden Standorte der Windkraftindustrie. Die heutige Meldung werden Sie gehört oder gelesen haben: dass Wirtschaftssenator Frank Horch die Samsung Heavy Industries sozusagen nach Hamburg mitbringt, denn die werden ihre europäische Forschungs- und Entwicklungszentrale für die Windindustrie in Hamburg eröffnen. Geradezu eine Meldung mit Seoul (Soul), will ich mal sagen.
Hamburg ist eine der größten Industriestandorte in Europa und Wirtschaftsmotor für den gesamten Norden mit Strahlkraft für ganz Nordeuropa. Handel, Dienstleistungen und Hafen haben in der Industrie einen Stabilitätsanker realer Wertschöpfung.
Ihre Kraft gewinnt jede Metropole dabei erst durch ihre Verflechtungen, durch Unternehmen, die sich in ihrer Nähe ansiedeln, durch Pendler, die zu ihrem Wohlstand beitragen. Große Städte sind nämlich für sich alleine genommen noch längst nicht groß. Eine Metropole entsteht erst innerhalb einer Metropolregion und aus ihr heraus. Das Herz schlägt für den gesamten Organismus. Das Herz braucht aber auch den gesamten Organismus.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein paar Worte zum Masterplan Industrie sagen, den wir in Hamburg gemeinsam mit der Handelskammer entwickelt haben. Es ist ich habe das schon an anderer Stelle, nämlich beim Industrieverband, gesagt unser ureigenes Interesse, daran intensiv weiterzuarbeiten. Dabei geht es um die mögliche Aufnahme neuer Themen, wie die Belange energieintensiver Industriezweige. Es geht auch um die Überarbeitung bestehender Vereinbarungen und Formulierungen, die sich vor dem Hintergrund der Erfahrungen der letzten Jahre als verbesserungsbedürftig herausgestellt haben.
Die Fortschreibung mit der Nennung von Einzelmaßnahmen ist für 2012 vorgesehen.
Vor allem aber braucht erfolgreiche Zusammenarbeit gute Verkehrsverbindungen.
Die Süddeutsche Zeitung hatte im Sommer vergangenen Jahres eine schöne Titelzeile: Nation der Sitzenbleiber. Sie meinte damit alle die, die zu Beginn der Sommerferien im Stau stehen. Das Problem dabei: Wir müssen dafür gar nicht auf den Ferienbeginn warten. Montagmorgen reicht auch schon.
Deshalb müssen wir klar sagen, wo die Metropolregion 2020 stehen soll, und das mit konkreten Projekten hinterlegen. Dazu gehört zu allererst eine leistungsfähige Verkehrs-Infrastruktur. Sie nützt der Wirtschaft und sie verbessert die Lebensqualität der Menschen in den Wohnquartieren, indem sie möglichst viel Durchgangsverkehr dort herausholt und heraushält.
200.000 Menschen wechseln täglich zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein mit dem Auto oder mit der Bahn zur Arbeit. Wir brauchen deshalb bessere Verkehrsverbindungen. Priorität hat dabei aus Hamburger Sicht der Ausbau der S4 bis nach Ahrensburg und Bad Oldesloe, um den Kreis Stormarn besser an Hamburg anzubinden. Das entlastet die Straßen und schont Umwelt und Ressourcen. Für die im Eigentum von Schleswig-Holstein und Hamburg befindliche AKN Eisenbahn AG wollen wir ein für beide Länder tragfähiges Zukunftsmodell zu entwickeln.
Weitere Priorität hat der sechsspurige Ausbau der A 7. Sie ist die aufkommensstärkste Nord-Süd-Verbindung zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein und jeder, der diese Strecke häufiger fährt, weiß wie staugefährdet sie ist und wie unberechenbar dadurch die Fahrtzeiten werden.
Deshalb muss sie dem steigenden Verkehrsaufkommen angepasst werden. Das hat auch der Bund erkannt. Der Ausbau des rund 65 Kilometer langen Autobahnabschnitts zwischen dem Autobahndreieck Bordesholm und südlich des Autobahndreieckes Hamburg-Nordwest gehört deshalb zu den Projekten des vordringlichen Bedarfs.
Zur Finanzierung strebt der Bund ein privatwirtschaftliches Betreibermodell in Form einer Öffentlich Privaten Partnerschaft an, in diesem Falle das Verfügbarkeitsmodell. Das bedeutet: Der Vertrag wird über einen 30-jährigen Zeitraum geschlossen, so dass der Private nicht nur den Neu-/Ausbau durchführt, sondern auch Betriebs- und Erhaltungsleistungen erbringt. Vom Bund erhält der Private dafür eine Anschubfinanzierung sowie ein Verfügbarkeitsentgelt.
Bei Einschränkungen der Verfügbarkeit der Strecke und bei sonstigen Abweichungen vom Leistungssoll wird das Entgelt gekürzt. Das Projekt ist schon recht weit vorangeschritten. Das Vergabeverfahren läuft seit dem 14. Dezember 2011. Der Abschluss des Teilnahmewettbewerbs ist für Juli 2012 vorgesehen. Mit der Zuschlagserteilung ist Ende 2013 zu rechnen.
Der sechsspurige Ausbau der A 7 ist kann aber nur ein Teil der Lösung sein. Denn die Verkehrsströme steigen weiter und sie müssen spätestens mit Inbetriebnahme der festen Fehmarnbeltquerung neu verteilt werden.
Schlüsselprojekte sind deshalb aus Hamburger Sicht auch die Autobahn 20 das gilt unverändert ebenso wie der sukzessive Ausbau der B 404 zur A 21 von Kiel nach Lüneburg. Unverändert, das mag Sie überraschen, nach den Schlagzeilen von gestern und heute, aber ich rate zur Gelassenheit.
Die A 20, meine Damen und Herren, ist schon länger geplant als einige von uns den Schulranzen abgelegt haben. Halten Sie es also nicht für eine Binsenwahrheit, sondern für empirisch belegt, was ich der Presse gesagt habe: Alle wichtigen Verkehrsprojekte kommen in dem Tempo voran, in dem das jeweils möglich ist. Und lassen Sie sich von meinem Optimismus anstecken!
Das gilt übrigens auch für die Fehmarnbeltquerung. Da macht ein Staatsvertrag den Optimismus leicht.
Die A 20 und die A 21 werden Hamburg und den Engpass Elbtunnel und entlasten, denn mit den beiden Autobahnen entstehen leistungsstarke Nord-Süd-Verbindungen.
Noch ein Wort zum Hamburger Hafen. Er ist mit Abstand der größte in Deutschland. Die in Hamburg angelandeten bzw. ausgehenden Güter müssen ohne Verzögerungen weiter transportiert werden können. Hierfür bedarf es leistungsfähiger Hinterlandanbindungen.
Deshalb halten wir den Bau einer Hafenquerspange nach wie vor für erforderlich.
Die Planfeststellungsverfahren könnten ab 2014 eingeleitet werden. Ein Baubeginn für den ersten Abschnitt wäre bei Sicherstellung der Finanzierung durch den Bund ab 2016 möglich.
Sie wissen, dass auch über einen Ersatz der Köhlbrandbrücke nachgedacht wird. Sie kann zwar nach gegenwärtigem Kenntnisstand noch rund 20 Jahre wirtschaftlich betrieben werden. Gleichwohl denken wir angesichts ihres baulichen Zustands schon jetzt über einen Ersatzbau nach. Der muss neben vielen Randbedingungen auch die Entwicklung der Schiffshöhen berücksichtigen.
Eine Machbarkeitsstudie zur Festlegung der Trasse und der Anschlusspunkte einer neuen Köhlbrandbrücke liegen bereits vor, damit wir langfristig die benötigten Flächen sichern können. Aufgrund der langen Planungsvorlaufzeiten werden wir demnächst die Planung und die Finanzierung des Ersatzneubaus anstoßen.
Priorität unter ökologischen sowie ökonomischen Gesichtspunkten hat jedoch der Ausbau der Schienenhinterlandanbindungen. Unser strategischer Fokus liegt deshalb vor allem auf Verbesserungen des Betriebs auf der Schiene sowie dem Aus- und Neubau der Schieneninfrastruktur, ohne dabei die ebenso dringlichen Bedarfe im Straßenbereich zu vernachlässigen.
Die Anpassung der Fahrrinne der Elbe an die heutigen Schiffsgrößen ist für den Hamburger Hafen von existenzieller Bedeutung. Die Fahrrinnenanpassung und der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals stehen dabei in einem verkehrswirtschaftlich engen Zusammenhang, da ein Großteil der in Hamburg angelandeten Container über Feederschiffe in den Ostseeraum weiter befördert wird. Die vom Deutschen Bundestag getroffene Entscheidung für den Neubau einer Schleuse in Brunsbüttel begrüßen wir deshalb.
Gleichwohl dürfen die weiteren Ausbaumaßnahmen, insbesondere der Ausbau des Engpasses zwischen Königsförde und Kiel-Holtenau für die heutigen Schiffsgrößen sowie die Vertiefung des Kanals auf gesamter Länge nicht weiter aufgeschoben werden.
Ich freue mich, dass auch BM Ramsauer unserer Argumentation in der norddeutschen Verkehrspolitik folgt: bei unserem gemeinsamen Gespräch vor 10 Tagen hat er die Zusage gegeben, die Hinterlandverkehre an Nord-und Ostsee in besondere Weise in dem Bundesverkehrswegeplan zu berücksichtigen.
Ein weiterer Erfolg unseres gemeinsamen norddeutschen Auftritts.
Erfolgreiche Zusammenarbeit braucht das gemeinsame Bohren dicker Bretter.
Und damit bin ich bei unserem wichtigsten gemeinsamen Projekt: Norddeutschland als eine weltweit führende Windenergieregion zu etablieren. Der Ausbau der Windenergie on- und offshore ist unser vielleicht wichtigstes gemeinsames Thema.
Denn der Norden Deutschlands kann der Ort werden, der Energie schafft für eine Industrienation. Ich will sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen: Eine erfolgreiche Energiewende braucht den Windstrom aus Norddeutschland.
Hier geht es um Industrie-, um Energie- und Klimapolitik. Hier geht es um Hightech. Es geht um die Kompetenz, moderne Technik in Deutschland zu entwickeln und anzuwenden. Die meisten Potenziale liegen dabei im Offshore-Bereich.
Optimistisch stimmt mich die Investitionsbereitschaft der Industrie, die eine ausreichende Zahl von Offshore-Windenergieparks projektiert. Weil der Wind über dem Meer stärker und stetiger weht als über Land, sind für eine stabile und sichere Energieversorgung Windkraftanlagen in der Nord- und Ostsee unverzichtbar.
Umso dringender ist Politik gefordert, und damit meine ich die Bundespolitik, durch klare und verlässliche Rahmenbedingungen auch den Netzanschluss sicherzustellen. Wir brauchen ein verbessertes Netz dringend. Ministerpräsident Carstensen und ich haben deshalb kürzlich gemeinsam die Bundesregierung und die Netzbetreiber zu einer Beschleunigung des Netzausbaus aufgefordert. Ich hoffe, dass nach dem Wechsel im Bundesumweltministerium nun auch von dort mehr Rückenwind kommt.
Wir wissen, dass nicht nur der Bau von Windanlagen sondern auch ihr Anschluss an das deutsche Stromnetz eine enorme technologische und wirtschaftliche Kraftanstrengung ist. Drei Dinge gilt es aus meiner Sicht sofort zu regeln:
Erstens: Kalkulierbar wird der Netzanschluss erst durch klare Haftungsregeln. Am besten wird die Haftung für einen Ausfall den nicht der Netzbetreiber zu verantworten hat zwischen Windparkbetreiber, Netzbetreiber und der Allgemeinheit aufgeteilt. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf bis zum Sommer angekündigt. Wir werden darauf achten.
Zweitens: Der durch die Energiewende erforderliche Netzausbau droht die finanzielle Kraft der Betreiber zu übersteigen. Daran darf der Netzanschluss der bereits projektierten Offshore-Windparks nicht scheitern. Da muss die KfW-Bank dann wohl eine unternehmerische Beteiligung eingehen.
Drittens: Das deutsche Stromnetz gleicht am ehesten einem Landstraßennetz. Autobahnen, die große Strommengen von Nord nach Süd und von Süd nach Nord transportieren, fehlen. Darüber genauer gesagt: das schnell zu ändern muss es eine Verständigung von Bund, Ländern, Energiewirtschaft und Netzbetreibern geben. Und auch unsere Kooperation muss sich hier bewähren, denn unsere Region ist die Schnittstelle im Netz der Projektplaner, Technikhersteller, Netzbetreiber und Genehmigungsbehörden.
Der Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom von Bundesnetzagentur und Netzbetreibern liegt auf den Tischen. Bis zur Sommerpause muss der beschlossen sein! Wir werden auch darauf achten.
Übrigens heißt das auch von hier aus: Wir müssen in Hamburg und Schleswig-Holstein gemeinsam dafür sorgen, dass die dort skizzierten Trassen für das Übertragungsnetz und die Gleichstromleitungen die neuen Autobahnen des Stromnetzes bestimmt alle gebaut werden. Das gilt auch für den Anschluss der Offshore-Windparks. Ich bin sicher, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung sich für die zügige Genehmigung jeder dieser Trassen persönlich verantwortlich fühlt.
Erfolgreiche Zusammenarbeit braucht Zukunftsprojekte.
Die Nachfrage nach Strom richtet sich nicht danach ob gerade Wind weht oder nicht. Deshalb müssen wir Speicher bauen. Hamburg wird auf dem Gebiet voran gehen und an den Kraftwerkstandorten innovative Speichertechnik Wind zu Wärme und Power to Gas installieren und testen.
Hamburg engagiert sich seit Jahren bei der Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen und seiner Nutzung als klimaschonender Energieträger unter anderem im Verkehr. Auch hiesige Unternehmen zeigen Interesse an grünem Wasserstoff für ihre Produkte und Prozesse. Das Vorhaben trägt in idealer Weise dazu bei, Wasserstoff künftig zu wirtschaftlichen Preisen bereitzustellen und die Nutzung von Windenergie auszubauen.
Aber wir wollen dabei nicht stehen bleiben. Wasserstoff hat das Potential in ausreichendem Umfang erneuerbare Energie aus Wind zu speichern. Die Unterelbeanrainer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen deshalb dieses Potential gemeinsam erkunden. Denn die Region Unterelbe eignet sich wegen ihrer geographischen Lage aus unserer Sicht hervorragend für die Umsetzung einer wettbewerbsfähigen Wasserstofferzeugung und -lagerung.
Wir wollen dieses Potenzial gemeinsam nutzen und uns für die Zukunft aufstellen. Dazu haben die Partner in der Region aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft kürzlich einen Letter of Intent unterzeichnet.
Wir wollen die Energieversorgung sicherstellen u.a. durch Nutzung der Chancen, die sich für die Region aus der Energiewende ergeben. Dabei sollen die erneuerbaren Energien und ihre Speicherung mit Hilfe der Wasserstofftechnologie besonders berücksichtigt werden
Wir wollen mithelfen, den Chemie- und Energiestandort Unterelbe zu erweitern, insbesondere durch Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien sowie dessen Lagerung, Transport und industrielle Verwendung.
Wir wollen die bestehende Zusammenarbeit der Seehäfen der Unterelbe fördern. Da in Hamburg die Flächen beispielsweise für den Bau und die Verschiffung von Offshore-Windanlagen nicht vorhanden sind, bieten sich die Häfen der Unterelbe Brunsbüttel und Cuxhaven als optimale Basishäfen dafür an.
Wir wollen den Standort national und international vermarkten mit dem Ziel der Akquise von Unternehmen und qualifizierten Arbeitskräften sowie Industrie und Gewerbe auf den bereits vorhandenen und planerisch ausgewiesenen Flächen ansiedeln.
Und wir wollen eine länderübergreifende Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftsraum Unterelbe, den zuständigen Fachbehörden der drei beteiligten Bundesländer und weiteren notwendigen Akteuren etablieren.
Gute Zusammenarbeit braucht qualifizierte Mitarbeiter.
Die jedoch könnten in Zukunft knapp werden. Es gab eine Zeit, sie noch gar nicht so lange her, da konnten Arbeitgeber ob Unternehmen oder Behörden unter eine Vielzahl von Bewerbern auswählen. Und wer als Arbeitgeber besonders attraktiv war konnte sogar zwischen den Besten der Besten wählen.
Die Kehrseite der Medaille war: Für diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer, nicht zu den Besten gehörten, waren die Chancen schwierig bis aussichtslos. Das war schon damals ungerecht und das ist es geblieben.
In unserem Regierungsprogramm haben wir deshalb ein ehrgeiziges Zeil formuliert, nämlich dass alle jungen Erwachsenen in Hamburg entweder das Abitur machen sollen oder einen Schulabschluss und eine Berufsausbildung. Dieses Versprechen ist mir eine Herzensangelegenheit. Wir wollen niemanden zurücklassen. Das habe ich immer wieder betont.
Die Chancen, dass uns das gelingt, waren vermutlich noch nie so gut wie heute. Der Nachwuchs ist knapp. Er wird gebraucht. Deshalb steigen die Chancen, dass wir unser Versprechen erfüllen können.
Aber es gibt immer noch viel zu viele junge Menschen, die nach ihrer Schulzeit einfach vom Radar verschwinden. Von den 6500 Schulabgängern ohne Abitur wissen wir bei 1185 Jungen und Mädchen nicht, wo sie hingegangen sind. Das ist wie eine Black Box.
Wir haben beschlossen, Licht ins Dunkel zu bringen. Im September werden in Hamburg-Mitte und in Hamburg-Harburg die ersten beiden Standorte der Jugendberufsagentur eröffnen. Weitere Standorte in allen sieben Hamburger Bezirken sollen bis Ende 2014 folgen. Dort werden wir zukünftig junge Menschen unter 25 unter einem Dach beraten.
Wir wollen, dass junge Menschen schnell und nachhaltig auf dem Ausbildungsmarkt Fuß fassen. Wir wollen, dass sie einen Berufsabschluss erwerben und damit die Chance auf ein erfülltes Arbeitsleben und auf sozialen Aufstieg. Und wir wollen denjenigen, die es schwerer haben, koordinierte und übergreifende Hilfe anbieten, damit sie nicht, weil sie eine Lehre geschmissen oder nie gefunden haben, ohne Ausbildung und Qualifikation niedrige Löhne und unsichere Beschäftigung erwartet.
Dazu sind wir auf die Mitarbeit der Unternehmen angewiesen. Ich freue mich, dass Wirtschaft und Gewerkschaften die Jugendberufsagentur aktiv mittragen, denn allein könnten wir diese Aufgabe nicht bewältigen. Zu den Partnern gehören die Handelskammer Hamburg und die Handwerkskammer Hamburg, der Unternehmensverband Nord sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), denen ich an dieser Stelle für ihr Engagement ausdrücklich danken möchte. Wir haben hier gemeinsam etwas erreicht, das wegweisend ist.
Gute Zusammenarbeit braucht Gemeinschaftsgefühl
Wir alle sind Bewohner zweier schöner Bundesländer und zumeist gleichzeitig einer lebendigen Metropolregion. Wir leben in einem ganz wunderbaren Stück Norddeutschland. Wir sind die Region mit und an den zwei Meeren!
Wer heute von Bergedorf nach Reinbek fährt, oder von Rissen nach Wedel, der wird abgesehen von der Beschilderung nicht merken, dass er das Bundesland wechselt, und der denkt erst recht nicht, dass er aus der Stadt hinausgefahren ist. Wer in unserer Region viel unterwegs ist, für den ist das Alltag. Die erweiterte Metropolregion ist in diesem Zusammenhang ein richtiger Schritt dorthin, wo auch die Ahrensburger und die Zevener, die Allermöher und die Zarrentiner gedanklich und gefühlsmäßig längst sind.
Deshalb wird es uns nicht schwerfallen, in Norddeutschland und der Metropolregion ein echtes Wir-Gefühl entstehen zu lassen, denn die Alltagserfahrungen vieler Bürgerinnen und Bürger werden uns politisch und wirtschaftlich dabei helfen. Wir sind eins und wollen auch so handeln.
Meine Damen und Herren
Gemeinsam mehr erreichen, das gilt auch für Wirtschaft und Politik.
Deshalb lassen Sie mich zum Schluss etwas zum Verhältnis von Wirtschaft und Politik sagen.
Beide Politik und Wirtschaft haben es mit Menschen zu tun, mit ihren Stärken, Schwächen, Unwägbarkeiten, aber auch ihrem Ideenreichtum, ihrer Innovationskraft und der Vielfalt ihrer Fähigkeiten. Wir alle hier zusammen müssen sie nutzen um als Wirtschaftsstandort und als Metropolregion auch in Zukunft erfolgreich zu sein.
Unternehmen befinden sich im Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Die Metropolregion mit anderen Regionen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Wenn wir an einem Strang ziehen schaffen wir es, das die Metropolregion Hamburg und die dort angesiedelten Unternehmen ihre Stärken bewahren und weiter ausbauen.
Und noch etwas verbindet uns, auch wen sie das auf den erste Blick verwundern mag: Auch Politiker müssen unternehmerisch denken. Dass man auf die Dauer nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt, gilt auch für Staaten und Städte. Deshalb haben wir uns die Haushaltskonsolidierung zum Ziel gesetzt. Wir wollen sogar die Schuldenbremse zum Verfassungsrang erheben.
Zum Schluss noch etwas Persönliches. Sie alle zusammen hier haben die Verantwortung für ca. 1,4 Millionen Mitarbeiter. Der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg steht einer Stadt mit 1,8 Millionen Einwohnern vor und einem Unternehmen mit 70 000 Beschäftigten, das über einen Jahresumsatz von gut 11 Milliarden Euro verfügt. Man könnte also den Ersten Bürgermeister mit dem CEO eines Großunternehmens vergleichen.
Die Verantwortung jedenfalls ist vergleichbar vielleicht umfassender. Verantwortung, dass wissen Sie, kann man nicht teilen. Aber man kann Aufgaben partnerschaftlich bewältigen. Das wünsche ich mir auch für die Zukunft der Metropolregion und der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein und das wünsche ich mir für die weitere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft aus unseren Bundesländern. Denn gemeinsam können wir mehr erreichen.
Ich danke Ihnen.
Es gilt das gesprochene Wort.