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19.12.2010

Wir müssen Hamburg wieder zu einer attraktiven Metropole der Kultur entwickeln

spd.de: Lieben Sie Brahms, Olaf Scholz?

Olaf Scholz: Ja, ich höre das gern.

Ging der Freitagabend noch lang, nachdem Du mit großer Mehrheit zum SPD-Spitzenkandidaten gewählt wurdest?

Olaf Scholz: Wir haben uns natürlich noch einen Moment zusammengesetzt und darüber gefreut, dass die SPD hier so geschlossen agiert und auch mit großem Ernst bei der Sache ist. Denn es ist ja keine Nebensache, eine Stadt regieren zu wollen.

Was machen die prächtigen Umfragewerte für die SPD mit Dir? Angst, Unruhe, Mut?

Olaf Scholz: Die guten Umfragewerte für die SPD sind sehr ermutigend. Wir dürfen hoffen, ein Ergebnis über 40 Prozent zu erzielen. Das ist ja in diesen Zeiten nicht selbstverständlich. Und jetzt geht es darum, in dem großen Gespräch zwischen der SPD und den Bürgern zu überzeugen. Wir müssen dafür sorgen, dass diejenigen, die überlegen SPD zu wählen, es auch tatsächlich tun.

Gefühlt ist der Kontrast zwischen Arm und Reich in Hamburg so groß wie in keiner anderen deutschen Stadt. Was willst Du als ehemaliger Bundesarbeitsminister und möglicher neuer Bürgermeister Hamburgs für die Armutsbekämpfung tun?


Olaf Scholz: Wir müssen sicherstellen, dass jeder eine gute Chance hat, auf eigenen Füßen zu stehen und ein eigenverantwortliches Leben führen zu können. Die Voraussetzung dafür ist, dass wir gerade die jungen Leute dazu befähigen, damit nicht so viele ohne Schulabschluss die Schule verlassen. Und damit nicht so viele zwar einen Schulabschluss bekommen, aber so wenig Bildung haben, dass sie keine Aussicht auf eine Lehrstelle haben. Und dass nicht am Ende der ganzen Bildungskette ein Fünftel jeder Generation ohne Berufsabschluss bleibt. Wenn wir das tun, wird es auch für die meisten gut möglich sein, selbstständig ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das ist dann auch die Grundlage für ein solidarisches Miteinander in Hamburg. Im Übrigen vermissen viele Menschen ganz stark ein Lebensgefühl, das in Hamburg früher existiert hat: Es hat hier nämlich schon immer sehr Wohlhabende gegeben und auch immer viele, die nicht so viel Geld haben. Aber die Gesellschaft war hier nie so gespalten, wie das mancherorts zu sehen ist. Und es ist eine große Verpflichtung, dieses von den sozialdemokratischen Regierungen in vielen Jahrzehnten aufgebaute Gefühl von Zusammengehörigkeit und Miteinander wiederherzustellen.

Und wie kann man dabei auch das Hamburger Großbürgertum zur Armutsbekämpfung einbinden?

Olaf Scholz: Die haben immer gut mit der SPD als Regierungspartei gelebt. Weil wir uns darum gekümmert haben, dass die Wirtschaft läuft und die Infrastruktur vernünftig entwickelt wird. Deshalb bin ich auch sicher, dass ganz viele, die sich bei anderen Wahlen für CDU oder FDP entscheiden, bei der nächsten Bürgerschaftswahl SPD wählen werden. Manche vielleicht das erste Mal in ihrem Leben. Das ist auch eine Besonderheit. Und es ist die Grundlage für ein bestimmtes politisches Milieu in der Stadt, wo dafür Sorge getragen wird, dass hier jeder einen guten Platz in unserer Gesellschaft findet.

Ich habe von vielen Hamburgern, die schon seit ihrer Kindheit in Hamburg leben, in letzter Zeit immer wieder gehört, dass Hamburg unglaublich langweilig geworden sei. Was willst Du dagegen tun? Insbesondere im Hinblick auf die Kulturpolitik, die seit einiger Zeit eine starke Rolle in der Stadt spielt. Hast Du einen Schlachtplan?

Olaf Scholz: Wir müssen gemeinsam mit den Künstlerinnen, Künstlern und Kulturschaffenden Hamburg wieder zu einer attraktiven Metropole der Kultur entwickeln. Und da gehören die Hochkultur und die Off-Szene unmittelbar zusammen. Das sind keine Gegensätze, sondern sie sind Teil eines Gesamtmilieus, in dem kritische Standpunkte formuliert, Probleme aufgezeigt, Alternativen benannt werden, Neues gedacht wird. Und ich glaube, das ist auch der Geist, aus dem heraus man Kulturpolitik in einer großen Weltstadt betreiben muss. Dass sie zu Demokratie und Freiheit dazugehört und nicht nur eine Kostenstelle ist.

In welche kulturellen Einrichtungen in Hamburg gehst Du denn mit Deiner Frau am Liebsten?

Olaf Scholz: Wir besuchen die Theater. Wir gehen aber auch ins Kino oder hören uns Konzerte an, die wir in der Stadt interessant finden. Natürlich sind wir nicht mit so viel Zeit gesegnet wie der eine oder andere Bürger dieser Stadt. Aber wir nutzen das kulturelle Angebot und zwar sehr gerne.

Ein weiteres Thema, das aufgrund diverser Medienberichte sogar über Hamburgs Grenzen hinaus bekannt wurde, ist der Mietwucher in der Stadt. Die Menschen finden keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Was willst Du dagegen tun?

Olaf Scholz: Das, was wir tun müssen, ist schnell zu beschreiben: Wohnungen bauen! Und zwar 6000 pro Jahr. Das war so, bevor die CDU an die Regierung kam. Doch mit dem Regierungswechsel vor zehn Jahren ist der Wohnungsbau eingebrochen politisch gewollt. Also müssen wir den Wohnungsbau auch politisch gewollt wieder nach vorne bringen.

Spätestens mit Deiner nun offiziellen Wahl zu Hamburgs Spitzenkandidat der SPD nimmt der Wahlkampf volle Fahrt auf. Wie besinnlich wird Dein Weihnachtsfest?

Olaf Scholz: Kurz. Nun, die Feiertage sind Feiertage. Und ich rate auch allen, die politisch tätig sind, davon ab, Wahlkampf zu machen, während die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sich über ihr Leben Gedanken machen.

Und zum Schluss: HSV oder St. Pauli?


Olaf Scholz: Ich habe immer beide Vereine gerne unterstützt. Und das geht ja auch meistens ohne Wettbewerb.

Hier finden Sie das Interview auf spd.de.