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03.02.2011

Wir wollen klug sparen - Interview mit der Frankfurter Rundschau

Wir wollen klug sparen - Interview mit der Frankfurter Rundschau

 

Olaf Scholz, Spitzenkandidat der Hamburger SPD, spricht im FR-Interview über Pragmatismus und Koalitionen

Frankfurter Rundschau: Herr Scholz, in ganz Deutschland krebst die SPD in Umfragen bei 25 Prozent, hier in Hamburg liegen Sie mit 46 Prozent bei Umfragen unangefochten an der Spitze. Was macht die SPD an der Elbe so viel besser?

Natürlich wünsche ich mir, dass sich die Umfragewerte auch im Wahlergebnis am 20. Februar niederschlagen, aber es gibt keinen Grund, jetzt übermütig zu werden. Ich glaube, wir erhalten hier Zustimmung weit über die klassische SPD-Anhängerschaft hinaus, weil die Hamburger die SPD als Partei verstehen, die sich sehr pragmatisch um die Probleme der Stadt kümmert.

FR: Fehlt es der Bundes-SPD manchmal an Pragmatismus?

Im Wettbewerb mit anderen politischen Gruppen auf dem linksliberalen Wählermarkt hilft es der SPD jedenfalls, sich mit pragmatischen Vorschlägen zu profilieren, die das Leben der Menschen konkret verbessern.

FR: Konkret versprechen Sie den Hamburgern kostenlose Kita-Plätze, die Studien-Gebühren wollen sie abschaffen. Mehr Versprechen macht die SPD nicht?

Jedenfalls keine, die finanziell bedeutsam wären. Mein wichtigstes Versprechen ist, dass Hamburg endlich wieder gut regiert werden wird. Dass Pläne auf den Tisch gelegt werden, die auch funktionieren. Und dass der Senat mit Klarheit, Vernunft und Verantwortung agiert.

FR: Das ist ein bescheidener Anspruch, braucht Politik denn gar keine Visionen?

Visionen sind gut. Vernünftige Visionen lassen sich auch umsetzen. So werden wir dafür kämpfen, dass sich unabhängig von der Herkunft jedes Kind in dieser Stadt gut entwickeln und mit einem Schul-, Berufs- oder Hochschulabschluss ein eigenständiges Leben führen kann. Niemand sollte wegen unzureichender Qualifikationen auf fremde Hilfe angewiesen sein.

FR: Nach Aufbruch klingt das nicht gerade

Wir müssen den Haushalt in Hamburg konsolidieren, der hat ein strukturelles Defizit von jährlich 500 Millionen Euro. Deshalb müssen wir jetzt sparen, was aber nicht heißen kann, dass keine kluge Politik möglich ist. Wir müssen Prioritäten setzen. Wenn wir keine Studiengebühren und eine bessere und vor allem kostenlose Kita-Betreuung wollen, müssen wir an anderer Stelle sparen. Ich habe dazu Vorschläge gemacht, im Wahlkampf, was nicht immer populär ist, aber zur Wahrheit dazugehört.

FR: Angesichts von 50 Millionen Euro Einsparungen pro Jahr haben sie von einer finanzpolitischen Revolution gesprochen?


Der Ausdruck bezog sich auf zwei Grundprinzipien. Wir werden das Ausgabenwachstum im Haushalt auf ein Prozent begrenzen, ungeachtet etwaiger Mehreinnahmen. Der schwarz-grüne Senat hat die Ausgaben jedes Jahr um fünf Prozent erhöht. Das Ergebnis sind nun dramatische Sparprogramme. Jeder, der mal eine Diät gemacht hat, kennt den Jo-Jo-Effekt. Erst nimmt man ab, und anschließend noch mehr zu. Wir müssen aber unseren Lebensstil ändern und lernen, mit den Einnahmen auszukommen, die wir haben. Das zweite Prinzip wird lauten, dass für neue Aufgaben an anderer Stelle im Haushalt gespart werden muss.

FR: Sie könnten 62 Millionen Euro sparen, wenn Hamburg der Klage der Südländer gegen den Länderfinanzausgleich beiträte.

Ich halte nichts von dieser Klage. Es gibt keinen aktuellen Änderungsbedarf am Länderfinanzausgleich. Es ärgert mich schon, dass jetzt Länder gegen den Finanzausgleich vorgehen wollen, die jahrzehntelang sehr davon profitiert haben.

FR: In Ihrem Wahlkampf stehen Wirtschaft und der Hafen im Vordergrund. Wollen Sie die bessere CDU-Politik machen?

Nein, die SPD hat in Hamburg immer etwas von Wirtschaft verstanden. Ein Beleg dafür ist, dass mit dem früheren Präses der Handelskammer, Frank Horch, ein Mann als Wirtschaftssenator bereitsteht, der das sein Leben lang praktiziert hat. Auch die Gewerkschaften haben seine Nominierung sehr gelobt.

FR: Mit Ihrem Wunsch-Koalitionspartner, den Grünen, gehen Sie eher ruppig um. Wollen Sie hier gleich zeigen, wer Koch ist und wer Kellner?


Ich empfehle meiner Partei generell einen entspannten Umgang mit den Grünen. Wir sind zwei Parteien, die zwar die größten Schnittmengen miteinander haben, aber eben doch unterschiedlich sind. Ich habe der GAL in Hamburg nie vorgeworfen, das sie mit der CDU koaliert hat. Nun muss sie sich aber auch für die ziemlich schlechten Ergebnisse dieser Koalition vor ihren Wählern verantworten.

FR: Eine FDP, die nur knapp den Sprung in die Bürgerschaft schafft, wäre für Sie als Partner noch viel bequemer. Was spricht gegen Rot-Gelb?

Zunächst spricht viel dagegen, dass die FDP überhaupt in die Bürgerschaft kommt. Die FDP hat sich bundesweit gerade sehr unmöglich gemacht, und die Hamburger FDP hat mit einer unendlichen Serie von Personalquerelen sorgfältig an einem schlechten Ruf gearbeitet. Die Hamburger SPD ist alleine in der Lage, die sozialliberale Tradition dieser Stadt zu repräsentieren.

FR: Sie hoffen insgeheim auf eine absolute Mehrheit für die SPD.

Ich bin Realist. Dass eine Partei alleine regieren kann, ist in Deutschland äußerst selten. Deswegen gehe ich davon aus, dass wir einen Koalitionspartner brauchen werden. Da habe ich mich klar positioniert. Aber Grundlage für eine gute Regierung in Hamburg ist, dass die SPD von den Bürgerinnen und Bürgern ein sehr starkes Votum bekommt. Dafür werbe ich.

Das Interview führten Karl Doemens und Steffen Hebestrei. 

 

Hier finden Sie das Interview auf der Internetseite der Frankfurter Rundschau.