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08.06.2013

910. Sitzung des Bundesrates: Wohnungsbau ankurbeln

 
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, 
 
dass es in Deutschland an Wohnungen fehlt, ist lange Vielen verborgen geblieben. Aber denjenigen, die Wohnungen gesucht haben, nicht! Denn sie haben Schlange gestanden und stehen auch heute Schlange, insbesondere in den großen Städten und manchen Universitätsstädten dieses Landes vor den wenigen Wohnungen, die neu angeboten werden. Deshalb ist es eine große gemeinsame Herausforderung, die wir bewältigen müssen, diese neue Nachfrage nach Wohnungen in den großen Städten auch zu erfüllen.
 
Das geht nur, indem wir neue Wohnungen bauen. Deshalb müssen wir das in den Mittelpunkt unserer gemeinsamen Anstrengungen stellen. Denn der Zuzug in diese Städte wird auch in Zukunft weiter stattfinden. Viele verbinden damit für sich und ihre Familien die Hoffnung, ein besseres Leben zu führen, manchmal auch ein attraktiveres. Deshalb ist der Mangel, den wir gegenwärtig feststellen, kein vorübergehender, sondern er wird auch noch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bestehen.
 
Wir haben gerade eine Untersuchung hereinbekommen, vorgelegt von der regionalen Hamburger Sparkasse zusammen mit dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut. Die haben festgestellt, dass in Hamburg mindestens 90.000 Wohnungen fehlen, die bis 2030 gebaut werden müssen, möglicherweise noch viel mehr. 
Wir müssen also den Wohnungsbau ankurbeln. Das hat etwas mit gutem Sichkümmern vor Ort zu tun: dass man das Planrecht schafft, dass man das Baurecht ermöglicht, dass wir Grundstücke erschließen und zugänglich machen, wo das bisher nicht der Fall war. Es hat auch etwas damit zu tun, dass wir sicherstellen, dass ausreichend bezahlbare Wohnungen darunter sind. Denn für die übergroße Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gilt, dass sie sich die Neubaumieten, die an der einen oder anderen Stelle verlangt werden, und dass sie sich Luxuswohnungen keineswegs leisten können. Wir brauchen also auch Wohnungen für Familien, für junge Männer und Frauen, die eine kleine Wohnung für sich suchen, die sie sich auch leisten können.
 
Aus meiner Sicht ist es deshalb unverzichtbar, dass die Bundesrepublik Deutschland klarstellt: Der soziale Wohnungsbau gehört in den nächsten Jahren und in den nächsten Jahrzehnten ausdrücklich dazu. Die erste und notwendigste Entscheidung, die wir dazu brauchen, ist, dass die Kompensationsmittel, die Entflechtungsmittel, deren nahe Zukunft wir miteinander bis 2020 regeln müssen, jetzt endlich durchgeschrieben werden und dass sichergestellt wird, dass auch in den nächsten Jahren die Mittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau fließen. Dass wir diese Klarstellung noch nicht haben, ist eine der schärfsten Bremsen für den Ausbau von Sozialwohnungen in Deutschland. Wir müssen die Bremse lösen.
 
Darüber hinaus müssen wir alles dafür tun, dass diejenigen, die jetzt Wohnungen vermieten, die gegenwärtige Lage nicht ausnutzen können. Dass sie die Tatsache, dass es nicht genügend Wohnungen gibt, dass der Wohnungsbau im letzten Jahrzehnt zum Erliegen gekommen ist, nicht für außerordentliche Preissteigerungen ausnutzen. 
Jeder weiß: Die Preise steigen. Es gibt generell so etwas wie Inflation, wenn sie auch seit dem vorigen Sommer tendenziell eher zurückgegangen ist. Selbstverständlich bedeutet das auch, dass die Mieten steigen werden. Aber sie dürfen nicht über das Maß hinaus steigen, das man sich normalerweise erklären kann. Es kann nicht sein, dass die Lage jetzt für dramatische Preissteigerungen ausgenutzt wird, die dann von vielen nicht mehr bewältigt werden können.
 
Deshalb ist es richtig, dass es die gesetzlichen Initiativen gibt, über die wir heute beraten. Sie sollen dazu beitragen, diesen Anstieg der Mietpreise zu begrenzen und sie sollen verhindern, dass die Zwangslage Vieler jetzt ausgenutzt wird.
 
Eines der Gesetze zielt auf die Änderung des Wirtschaftsstrafrechts, die wir hier vorschlagen und über die wir auch entscheiden können. Sie soll sicherstellen, dass die heute vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten auch praktisch ausgenutzt werden können. Wir wissen, dass das, was wir heute haben, ein zahnloser Tiger ist, der niemanden erschreckt. Es muss aber möglich sein, und es muss einfach sein etwas zu tun, wenn Mietpreise zum Beispiel mehr als 20 Prozent oberhalb des Mietspiegels liegen. Heute kann man faktisch nichts mehr dagegen tun. Wir wollen das mit dem heute anstehenden Beschluss ändern. 
 
Ähnliches gilt für die Frage, welche Kosten man eigentlich den Mietern aufbürden kann. Dass es sich eingebürgert hat, dort, wo es großen Wohnungsmangel gibt, die Maklerkosten auf die Mieter abzuwälzen, obwohl sie den Makler gar nicht beauftragt haben, ist eine Fehlentwicklung, die in Ordnung gebracht werden muss. Deshalb sprechen wir hier auch über ein Gesetz, das diese Dinge in Ordnung bringt.
 
Noch mehr ist notwendig. Wir müssen noch an vielen anderen Stellen unsere Möglichkeiten nutzen. Zum Beispiel mit einer besseren Regelung, als wir sie heute haben, für die Begrenzung des Mietpreisanstiegs bei Bestandswohnungen. Selbstverständlich brauchen wir auch eine Regel, die sicherstellt, dass bei der Wiedervermietung einer schon mal vermieteten Wohnung nicht außerordentliche Preissteigerungen durchgesetzt werden können. Denn das ist doch jetzt die Wirklichkeit! 
In manchen Orten ist die Situation für diejenigen, die eine Wohnung haben, ganz ordentlich. Zwar wirkt sich auch da die jetzige Lage mit großen Preissteigerungen aus. Aber mit manchem, was wir noch haben, mit dem Bestand an Sozialwohnungen, mit dem kommunalen, dem städtischen Wohnungsbestand, mit dem genossenschaftlichen Wohnungsbestand, können wir schon dazu beitragen, dass sich die Mietpreisanstiege einigermaßen begrenzen lassen, jedenfalls in den laufenden Mietverhältnissen. Vor allem wenn wir mit solchen gesetzlichen Maßnahmen helfen, wie ich sie eben genannt habe. 
Aber bei der Neuvermietung wird dann richtig sichtbar, welche Preise sich durchsetzen lassen. Dann ist es für viele Mieter sehr schwierig, noch mitzuhalten. Darum brauchen wir auch bei den Neuvermietungen, bei den Wiedervermietungen eine Begrenzung.
 
Nun haben wir gehört, dass die Kanzlerin das auch richtig findet. Das erinnert mich an eine alte Fabel, die von Äsop erzählt wurde. Ein angeblich großer Sportler prahlte: Auf Rhodos habe ich immer ganz weite Sprünge gemacht. Zu Hause haben ihn aber die anderen aufgefordert: Hier ist Rhodos, hier springe mal! - Ähnliches möchte ich gerne der Kanzlerin zurufen. Dass sie jetzt, wo die Gesetzgebungstätigkeit der Bundesregierung fast zu Ende gekommen ist, sagt, es wäre eine ganz tolle Idee, für die Wiedervermietung auch eine Regelung zu treffen, klingt ein bisschen nach demjenigen, der sagt: Woanders war ich ganz toll! Die Kanzlerin hat es in die Zukunft projiziert: Da, wo ich in den vergangenen vier Jahren etwas hätte tun können, habe ich es nicht getan. Aber wenn ich mal wieder die Gelegenheit bekomme, dann werde ich es tun. 
Das halte ich nicht für eine gute Vorgehensweise. Wir sollten sehr schnell etwas Praktisches machen - das ist auch noch möglich, so viel Zeit ist doch vorhanden - und im Bundestag und im Bundesrat ein Gesetz beschließen, das die eben erwähnte Regelung durchsetzt: dass es auch bei der Wiedervermietung eine Preisbegrenzung gibt.
 
Ich möchte gleichzeitig die Argumente aufgreifen, die von Teilen der Wohnungswirtschaft angeführt werden. Da gibt es Vorschläge, die nicht praktisch sind. Aber es gibt auch sehr kluge Vorschläge, zum Beispiel aus Hamburg und Nordrhein-Westfalen, wie man es so machen kann, dass es die Investitionstätigkeit für den Neubau von Wohnungen überhaupt nicht beeinträchtigt. Denn  dass jemand jetzt eine Wohnung neu baut und, weil alles ganz teuer ist, eine relativ hohe Miete nehmen muss, um auf sein Geld zu kommen, und es auch bei einer Wiedervermietung der Wohnung bei diesem Preis belässt darin besteht die  Problematik ja nicht Aber was wir nicht wollen und hinnehmen können, ist, dass eine Miete, die schon hoch ist, noch einmal dramatisch gesteigert wird. 
Wenn man sich deshalb auf eine Regelung konzentriert, die Mieterhöhungen begrenzt, eine Regelung, die bei der Wiedervermietung durchgesetzt werden kann und sicherstellt, dass es infolge dieser Mieterhöhung nicht zu einer Preissteigerung kommt, die 10 Prozent oberhalb des Mietspiegels liegt - dann hat man eine gute praktische Regelung, die keinen einzigen Neubauinvestor abhält, aber gleichzeitig dafür sorgt, dass den Mietern geholfen ist. Mehr als mit dem Rechtszustand, den wir heute haben. 
 
Mein Appell am Schluss lautet also: Nicht nur große Taten ankündigen, sondern große Taten tun! Eine gar nicht so riesengroße, aber gute und praktisch wirksame Tat sollten wir hier miteinander beschließen. 
 
Schönen Dank.
 
Es gilt das gesprochene Wort.