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01.10.2000

Allianz der Gesellschaft gegen rechte Gewalt

 

Artikel von Olaf Scholz, im Magazin Einigkeit Nr. 5/2000, der NGG

 

Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte während seiner Reise durch die neuen Bundesländer einen "Aufstand der Zivilcourage" gegen rechtsextremistische Gewalttäter.

 

Tatsächlich wurde in den vergangenen Wochen die Bereitschaft der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, dem rechten Spuk etwas entgegenzusetzen, immer deutlicher spürbar.

 

Jetzt ist es an der Zeit, eine Gegenoffensive gegen die immer noch verbreitete Gleichgültigkeit, aber auch Hilflosigkeit gegenüber der rechten Gewalt zu starten.

 

Bündnis für Demokratie und Toleranz

 

Bereits am 23. Mai, dem Tag der Verfassung, hatte die Bundesregierung das "Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt" ins Leben gerufen.

 

Erstmals wurde hier eine Allianz gegründet von Regierung und Repräsentanten aus Wirtschaft, Kirchen, Kultur, Medien und Sport, die deutlich macht, dass sie nicht bereit ist, Hass und Aggression gegen Ausländer, Obdachlose, Behinderte und Homosexuelle hinzunehmen.

 

Konkretes Maßnahmenpaket

 

Damit es sich bei diesem Zusammenschluss nicht bloß um symbolische Politik handelt, haben die Bundesminister am 16. August 2000 u.a. folgende konkrete Maßnahmen, zusätzlich zu den bereits bestehenden Integrationsmaßnahmen, beschlossen:

 

Es wird das Programm "Initiative, Arbeit und Qualifizierung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" in einer Zusammenarbeit von Familien- und Arbeitsministerium entwickelt.

 

Damit sollen vor allem privates Engagement gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit und vorbeugende politische Jugendprojekte unterstützt werden. Für dieses Programm werden in den nächsten drei Jahren jährlich 25 Millionen DM aus dem Europäischen Sozialfonds bereitgestellt.

 

Vom Bundesinnenministerium wird ein Fonds in Höhe von ca. 10 Millionen DM aufgelegt, mit dessen Geldern den Menschen geholfen werden soll, die durch rechtsextreme Gewalt zu Schaden gekommen sind. Dabei wird es keine Rolle spielen, ob der Schaden beim unmittelbaren Opfer oder beim Hilfeleistenden entstanden ist.

 

Der Bundesgrenzschutz soll die Überwachung. von Zügen, Bahnhöfen und deren Vorplätzen übernehmen.

 

Bundesweit ist eine Hotline geschaltet (Rufnummer: 01805/234566), über die Beobachtungen über rechtsextremistische Aktivitäten, Bedrohungen und Gewalttaten gemeldet werden können.

 

Über die Hotline erreichen die Anrufer die nächstgelegene Dienststelle des Bun­desgrenzschutzes, die sofort die notwendigen Maßnahmen einleitet.

 

Im Rahmen einer internationalen Konferenz vom 24. bis 26.10.2000 soll die Verbesserung der grenzüberschreitenden Strafverfolgung rechtsradikal motivierter Straftaten im Internet erörtert werden.

 

Es ist aber auch notwendig, dass Einzelne bürgerschaftliches Engagement zeigen. Die Bundesregierung unterstützt daher die private Initiative des Regierungssprechers Uwe-Carsten Heye "Gesicht zeigen".

 

Die Aktion "Gesicht zeigen" soll den Bürgerinnen und Bürgern Mut machen, "Gesicht zu zeigen" und nicht wegzuschauen.

 

Wer sein "Gesicht zeigt", sagt der gewaltbereiten Minderheit: Ihr habt nicht die geringste Chance, jemals die Mehrheit zu werden. Ihr habt keine Macht in Deutschland. Wir übernehmen die Verantwortung, wenn ein Mitbürger von rechtsradikaler und rassistischer Gewalt bedroht ist.

 

Ein Investitionshemmnis

 

Ich muss nicht sagen, dass Rechtsradikalismus als Investitionshemmnis wirkt und schon jetzt Universitäten Schwierigkeiten haben, ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für einen Lehrstuhl zu gewinnen. Unverständlich und angesichts der letzten brutalen Ereignisse in Dessau (Tod des Mosambikaners Adriano) und Düsseldorf (Sprengstoffanschlag auf russische Zuwanderer jüdischen Glaubens) abgeschmackt sind daher abwiegelnde Bemerkungen nach dem Motto: "Nun verfallt mal nicht in Hysterie", wie sie aus dem Munde des hessischen Ministerpräsidenten zu hören waren.

 

Gelassenheit darf erst wieder Platz finden, wenn sich die potenziellen Opfer rechter Gewalt angstfrei in der Öffentlichkeit bewegen können. Dies zu ermöglichen, sollte unser aller Aufgabe sein.