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30.10.2008

Arbeitslosenzahl sinkt unter 3 Millionen - jetzt Beschäftigung stabilisieren

Die Arbeitslosigkeit lag im Oktober zum ersten Mal seit 16 Jahren wieder unter der Drei-Millionen-Marke. Dafür haben viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren hart gearbeitet. Dafür haben viele Unternehmen klug gewirtschaftet. Und: Dafür hat die Politik mit den Arbeitsvermittlungsreformen den richtigen Rahmen gesetzt. Darauf können wir auch stolz sein, weil es zeigt, dass politisches Handeln etwas verändern kann.

 

Für die Zukunft geht es darum, diesen Erfolg zu verteidigen. Angesichts der Finanzkrise werden wir auch auf dem Arbeitsmarkt so manchen Sturm aushalten müssen! Aber wir können das schaffen, weil wir unseren Arbeitsmarkt wetterfester gemacht haben.

 

Wir handeln, um Arbeitsplätze zu sichern und neue Beschäftigung aufzubauen. Die Betriebe müssen jetzt zu ihren Belegschaften stehen. Wir helfen mit der Verlängerung des Kurzarbeitergelds und mehr Förderung von Qualifizierung. Außerdem brauchen wir Impulse für mehr Beschäftigung und eine weitere Verbesserung der Arbeitsvermittlung. Wir wissen um den Ernst der Lage.

 

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Oktober auf unter drei Millionen zurückgegangen. Dieser Rückgang ist natürlich in erster Linie ein Ergebnis der Konjunktur und damit der Anstrengungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Betriebe. Aber es ist auch ein Erfolg unserer Arbeitsmarktreformen. Wir haben keinen Grund, das kleinzureden. Das ist ein Wert, den wir seit 16 Jahren nicht mehr erreicht haben (Nov. 1992: 2,971 Mio.). Darauf können wir stolz sein.

 

Expertenurteile sind einhellig - und das ist schon etwas angesichts der Vielstimmigkeit, die wir sonst erleben:

Durch die Reformen erreichen wir schon bei weniger als zwei Prozent Wachstum einen Abbau der Arbeitslosigkeit. Das haben wir in der guten konjunkturellen Phase erlebt. Aber dieser Erfolg wird jetzt einem echten Stresstest ausgesetzt: Was passiert, wenn das Wachstum nahe Null ist? Niemand kann derzeit vorhersagen, wie sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten entwickeln wird. Klar ist nur: Erste Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft sind sichtbar. Und wenn wir nichts tun, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass wir negative Konsequenzen erleben werden, deutlich. Jetzt müssen sich unsere Reformen auch in rauem Klima beweisen. Das wird eine echte Herausforderung. Kern der Reformen war, dass wir uns geweigert haben, auf die billigen Forderungen der Extremen einzugehen: Die einen haben gesagt: Ihr müsst die Flexibilität und Mobilität auf dem Arbeitsmarkt über alles stellen. Die sozialstaatliche Absicherung ist nicht so wichtig. Und die anderen wollten Status quo auch da zementieren, wo althergebrachte Instrumente sozialer Sicherung nicht mehr in die Zeit passten und jede Entwicklung erstickten.

 

Mit diesem Scheinkonflikt haben wir uns nicht abgefunden. Wir haben gesagt: Wenn man es klug anstellt, dann sind Flexibilität und Sicherheit keine Gegensätze.

 

Wir wollen einen hochmobilen Arbeitsmarkt schaffen, der durch einen sozialstaatlichen Rahmen gesichert ist. Einen Arbeitsmarkt, der entsprechend der konjunkturellen Entwicklung atmen kann, ohne dass dabei jedes Mal gleich Hunderttausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausgespuckt und entlassen werden. Ein zentraler Punkt für diesen Arbeitsmarkt ist eine leistungsfähige Vermittlung. Wenn man es schafft, die Dauer von Arbeitslosigkeit zu verkürzen oder aber Arbeitslosigkeit durch gute Vermittlung ganz zu verhindern, dann ist viel erreicht. Deswegen haben wir den Ausbau der Arbeitsagentur und der Arbeitsgemeinschaften zur Vermittlung Langzeitarbeitsloser mit Nachdruck vorangetrieben. Vor den Reformen war nur rund jeder zehnte Beschäftige der BA mit Vermittlung beschäftigt. Ideal wäre es, wenn sich jeder zweite darum kümmern würde, Arbeitslose wieder in Arbeit zu vermitteln. Die BA verfolgt entsprechende Ziele im Bereich der Arbeitslosenversicherung. Heute arbeiten bereits rund ein Drittel aller Beschäftigten in der Vermittlung. Wir erhöhen die Anstrengungen im Bereich der Langzeitarbeitslosen. Hier fehlen noch fast 7000 Vermittler. Wir schaffen 1900 Stellen in 2009 und schichten aus der Leistungssachbearbeitung um. Wir geben ein klares Signal: Wer arbeitslos ist, der soll wissen, dass sich eine der leistungsfähigsten Institutionen unseres Landes um sein Schicksal kümmert.

 

Bessere Vermittlung kann die Dauer von Arbeitslosigkeit verkürzen, aber sie kann keine Arbeitsplätze schaffen. Deswegen müssen wir für die Zukunft noch mehr tun.

 

Erstens: Wir müssen die Auswirkungen der Finanzkrise im Griff behalten und brauchen deshalb auch zusätzliche Impulse für die Konjunktur und zwar unmittelbar beschäftigungswirksame. Es war gut und richtig, dass Peer Steinbrück entschlossen die Gesetze zur Stabilisierung der Finanzmärkte auf den Weg gebracht hat. Und die Debatte über eine bessere internationale Ordnung ist dringend nötig. Diese finanzpolitischen Aktivitäten müssen begleitet werden durch deutliche Signale in den Arbeitsmarkt hinein. Wir müssen verhindern, dass die wirtschaftliche Entwicklung ins Stocken gerät.

 

Deswegen begrüße ich es, wenn jetzt über weitere Impulse für Beschäftigung nachgedacht wird:

  • Sonderabschreibungen für Investitionen
  • Energetische Gebäudesanierung
  • Kredite für KMU /Förderung kommunaler Infrastruktur
  • Verkehrsinvestitionen
  • Klarheit bei der Umstellung der KfZ-Steuer auf Schadstoffausstoß und CO2-Emissionen - um Kaufentscheidungen zu fördern.

 

Zweitens: Wir müssen dafür sorgen, dass der Arbeitsmarkt atmen kann, ohne dass dadurch Arbeitnehmer arbeitslos werden. Wir verbessern deshalb die Möglichkeiten für Unternehmen, auch in schwierigen Zeiten an ihren Mitarbeitern festzuhalten. Dazu verlängern wir das Kurzarbeitergeld auf 18 Monate. Das ist ein starkes Signal. Man kann diskutieren, dass 24 Monate ein stärkeres Signal wären. Aber wir gehen derzeit nicht davon aus, dass die Krise zwei volle Jahre andauern wird. Deshalb wäre dieses jetzt das falsche Signal. Sollte sich die Situation ändern, können wir schnell nachsteuern.

 

Wir unterstützen alle Betriebe, die ihre Mitarbeiter qualifizieren, statt sie zu entlassen. Während der Kurzarbeit sollen BA-geförderte Qualifizierungsmaßnahmen möglich sein.

 

Und wir werden das Programm WegeBau flächendeckend in ganz Deutschland zum Einsatz bringen und bewerben. Damit können Unternehmen bis 250 Beschäftigte, ihre schlecht oder gering qualifizierten Angestellten weiterbilden lassen. Davon profitieren beide Seiten. Die Arbeitnehmer werden nicht entlassen. Und die Unternehmen haben in der Zukunft besser qualifiziertes Personal, das sich merken wird, wie sich der Arbeitgeber in der Krise verhalten hat. Wir wollen es mit diesen Akzenten den Betrieben leichter machen, an dem Personal festzuhalten, das in den vergangenen Jahren zum Teil mit Überstunden und Sonderschichten auch die guten Gewinne eingefahren hat.

 

Wir werden außerdem für alle Fälle, in denen es trotzdem zu Kündigungen kommt, ein Sonderprogramm bei der BA auflegen und 1000 zusätzliche Stellen im Bereich der so genannten Job-to-Job-Vermittlung schaffen. Unser Ziel ist es, möglichst noch in der Kündigungsphase weiterzuvermitteln, so dass Arbeitslosigkeit gar nicht erst entsteht.

 

Daneben kann man mit Blick auf die Langzeitarbeitslosen oder auf Regionen, die es wirtschaftlich besonders schwer haben, auch über weitere Initiativen diskutieren. Möglich wäre beispielsweise auch, die Angebote des Kommunal-Kombi, mit denen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im kommunalen Bereich geschaffen werden kann, über die bisherigen Regionen hinaus auszuweiten.

 

Drittens: Wir müssen - insbesondere im Dienstleistungsbereich - das Beschäftigungswachstum aktiv vorantreiben. Ein Beispiel ist das zeitlich passgenau von der Koalition vereinbarte Programm, mit dem Haushalte als Arbeitgeber und Auftraggeber besser steuerlich gefördert werden. Das schafft schnell und unmittelbar neue Beschäftigung und verringert Schwarzarbeit.

 

Außerdem kann man darüber nachdenken, den Handwerker-Bonus zeitlich befristet auszubauen, um auch ins Handwerk einen klaren Impuls zu geben und dort Beschäftigung zu halten.

 

Und wir müssen uns um die Arbeitsmärkte kümmern, in denen wir Beschäftigungspotenziale bislang brachliegen lassen. Bestes Beispiel ist für mich die Pflege, wo wir Bedarf haben, den wir derzeit nicht decken, weil qualifiziertes Personal fehlt. Ich werde deshalb vorschlagen, dass der Bund für zwei Jahre befristet die Kosten für das 3. Jahr der Pflegeumschulung bezahlt. Eigentlich müssten die Länder diese Kosten tragen. Sie tun es allerdings in den allermeisten Fällen nicht. Im Gegenzug erwarte ich von den in den Ländern und im Bund zuständigen, dass der Markt auch für engagierte und fähige Hauptschulabsolventen geöffnet wird.

 

Wir müssen uns klar vor Augen führen, vor welcher Entscheidung wir aktuell stehen: Entweder wir haben 2015 einen Arbeitsmarkt, auf dem uns Fachkräfte fehlen, während gleichzeitig Millionen gering qualifizierter Arbeitnehmer arbeitslos sind. Oder aber wir haben ausreichend Fachkräfte und eine nur sehr geringe Arbeitslosigkeit.

 

Die Weichen stellen wir heute. Deswegen will ich im Rückblick auf den Bildungsgipfel auch noch einmal deutlich machen, dass es dort - abgesehen vom Streit ums Geld schon ein paar wichtige Festlegungen gegeben hat. Vor allem aus der Sicht des Arbeitsministers sind wesentliche Entscheidungen für die langfristige Entwicklung des Arbeitsmarktes getroffen worden:

  • Sprachstandsfeststellungsprüfung
  • Halbierung der Schulabbrecherzahlen
  • Rechtsanspruch auf Hauptschulabschluss
  • Durchlässigkeit zu den Hochschulen (z.B. für Meister, Techniker)

schon ganz wesentliche Weiterentwicklungen.

 

Wir brauchen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere soziale und wirtschaftliche Ordnung. Was für die Finanzmärkte gilt, muss auch für den Arbeitsmarkt gelten!

 

Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales können Sie sich diesen Text auch anhören.