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04.05.2012

Auftaktveranstaltung zur Stadtwerkstatt

Auftaktveranstaltung zur Stadtwerkstatt

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

ein Teil des Innenhofes kann als Dschungel dienen.

 

Das soll kein Vorschlag sein, das Kampnagel-Gelände umzugestalten. Es ist ein Zitat und mindestens eine Person hier im Raum kennt es. Ich komme später darauf zurück... und benutze es jetzt nicht als billigen Einstieg in das Thema Behörden und Öffentlichkeit.

 

Dabei wäre das ein denkbarer Einstieg, denn die Stadtwerkstatt, so verstehe ich die Intention, will städtische Planungskultur transparent machen. Sie will den angeblichen Dschungel lichten helfen, und sie will mehr Partizipation ermöglichen.

 

Dagegen kann niemand etwas haben. Und wenn doch, wird er es inzwischen nicht mehr öffentlich äußern. Es ist ein hoch interessantes, wichtiges, auch sehr ambivalentes Thema, das diese Begriffe umschreiben: Planungskultur, Transparenz, Partizipation, Demokratie. Die Debatte darum ist nicht neu, sie bringt immer wieder Blüten hervor, und manchmal auch Früchte.

 

Sie wissen, dass ich ein sehr eindeutiger Befürworter der parlamentarischen Demokratie bin als derjenigen Politikform, deren Entscheidungen am ehesten rückholbar sind. Also nicht wie die Fässer im Schacht Sowieso. Demokratie, mit all ihren Ritualen und Umständlichkeiten, auch Kehrtwenden, ist die Organisationsform gesellschaftlichen Zusammenlebens, von der die wenigsten Gefahren ausgehen. Besonders für diejenigen, die sich in unmittelbarer Nähe befinden. Das unterscheidet die Demokratie vom Einparteiensystem und der Atomkraft.

 

Ich gehe noch weiter und sage: Der demokratische Rechtsstaat funktioniert, unter anderem, auf der Basis eines grundsätzlichen Vertrauens in solche Instrumente wie öffentliche Auslegung, Planfeststellung, Anhörung der Träger öffentlicher Belange, Bürgerbeteiligung. Abgesehen von der immer gleichen Endung auf -ung haftet ihnen nichts Langweiliges an. Das sind Prozesse, die unterdessen seit erdenklichen Zeiten durchaus erfolgreich zwischen gesamtstädtischen und Partikularinteressen vermitteln. Aber: Die Zeiten ändern sich.

 

Plebiszitäre Elemente stärker in die Politik, und in die Hamburger Verfassung zu integrieren war richtig. Auch wenn die Erfahrungen damit vor allem bei Bürgerentscheiden, an denen sich nur wenige beteiligen ambivalent sind.

 

Dem Volksentscheid Unser Hamburg, unser Netz das sei an dieser Stelle bekräftigt sieht der Senat mit großer Zuversicht entgegen. Es werden sich viele beteiligen. Und wir glauben, dass unsere Planungen die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger überzeugen.

 

So sehr ich also ein Befürworter von Volksentscheiden und Bürgerentscheiden bin, sage ich aber auch, dass sie kein Vorwand für die politisch Verantwortlichen sein dürfen, sich vor von ihnen zu treffenden Entscheidungen zu drücken, die für die vitalen Funktionen der Stadt wichtig sind. Und diese Entscheidungen können auch nicht delegiert oder abgegeben werden. Schon deshalb nicht, weil zur Entscheidung auch Verantwortung gehört.

 

Eigene Interessen zu haben und zu vertreten, ist natürlich völlig legitim. Wem eine Autobahn durchs Dorf gebaut werden soll, der müsste ja ein Stoffel sein, würde er nicht seiner Besorgnis Ausdruck verleihen. Und die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, seine Meinung in den Entscheidungsprozess... jetzt bleibt nur das schreckliche Wort einzubringen. Aber Sie wissen, was ich meine.     

 

Andererseits ist das Ganze, wenn es etwas taugt, mehr als die Summe seiner Teile. Und Politik, wenn sie etwas taugt, muss mehr sein als  das Jonglieren mit divergierenden Partikularinteressen, bis irgendwann ein Kompromiss herauskommt, der nur ein kleinster gemeinsamer Nenner ist.

 

Gerade unser ehrgeiziges, bedeutendes Wohnungsbauprogramm, das die große Stadt  Hamburg dringend benötigt, um ihre Aufgabe als wachsende Metropole und Ankunftsstadt erfüllen zu können gerade dieses Programm und das Ziel 6.000 Wohnungen pro Jahr wird am Ende nicht daran gemessen, welche schönen Zahlen auf dem Papier gestanden haben. Sondern entscheidend ist ich sage es mit dem bekannten Fußballer-Zitat, etwas abgewandelt: Entscheidend ist beim Richtfest.

 

Deshalb haben wir von Beginn an darauf geachtet, die Zahlen auf dem Papier mit der Wohnungswirtschaft und auch mit den Bezirken zu bereden und Verantwortlichkeiten klar zu definieren und zuzuweisen. Das ergibt eine verbesserte Entscheidungskultur und die bedeutet: Es wird sich nicht weggeduckt, es wird keine Entscheidung und keine Verantwortung hin- und hergeschoben. Das würde nämlich weder dem Wohnungsbau noch der Transparenz helfen.  

 

Meine Damen und Herren,

Soweit könnte alles noch einfach sein. Andererseits, wenn wir den Blick über die konkrete Planung und Verwaltung hinaus wandern lassen, lässt sich nicht leugnen, dass die vertraute Parteiendemokratie schwächelt.

 

Wahlbeteiligungen haben inzwischen ein dauerhaft niedrigeres Niveau als früher.

 

Wenn Wahlbeteiligungen, beziehungsweise gültige Stimmen auf Dauer unter 50 Prozent sinken, wie legitimiert ist die Parteiendemokratie dann noch? Andererseits: Nichts könnte sie ersetzen.

 

Das ist ein weites Feld und heute nicht das eigentliche Thema, aber ich komme nicht zufällig darauf. Wenn jetzt scheinbar aus dem Nichts eine Partei in die Parlamente drängt, an der vielleicht nur eines interessant ist, und dieses eine ist, dass dort nach neuen Formen innerparteilicher Meinungs- und Konsensfindung gesucht wird,  

dann machen wir einen ganz schweren Fehler, wenn wir darüber die Nase rümpfen. Wir sollten uns an dieselbe fassen und erkennen, dass sich genau an dem Punkt entscheiden wird, wie wandlungs- und zukunftsfähig wir selber sind.  

 

Zurück zum Alltag der Stadtentwicklung der, so ist die Idee der Stadtwerkstatt, ab jetzt etwas weniger alltäglich sein soll. Indem Neues probiert wird: Wie überbrückt man die Lücke zwischen hoher Beteiligungsbereitschaft auf der einen Seite, Unzufriedenheit mit etablierten politischen Entscheidungsverfahren auf der anderen Seite? Und zwar im Laufe konkreter Planung?

 

Knapp 1,8 Millionen Einwohner hat Hamburg. Bis 2030 werden es 1,9 Millionen sein, vielleicht  mehr. Fünf Millionen hat jetzt die Metropolregion. Die Zeichen für Hamburg stehen günstig. Wir wollen eine wachsende Metropole sein und es gibt eine Menge zu planen. Nicht alle Planungen stoßen überall auf Begeisterung. Damit muss die große Stadt im Zuge ihres Wachstums umgehen.  

 

Urban Governance ist der Begriff und entwickeln sollen sich neue Formen zur Steuerung und Gestaltung der städtischen Lebenswelt. Dabei verändert sich die Rolle des Staates von der ehemaligen Obrigkeit zum allerdings offensichtlich parteilichen Moderator und Teilnehmer an Aushandlungsprozessen unterschiedlicher Interessen. Der Sinn ist der, dass so weit es der rechtliche Rahmen erlaubt diejenigen zu Mitgestaltern, sozusagen zu Koproduzenten des Allgemeinwohls werden, die sich bisher hauptsächlich als noch ein schreckliches Wort Betroffene verstanden haben. Ein Rollenwechsel also.

 

Wenn es keine Betroffenen auf der einen Seite mehr gibt, über deren Köpfe hinweg die andere Seite zu entscheiden scheint, deren demokratische Legitimation man anzweifelt dann werden diskursive und konsensorientierte Prozesse möglich, an deren Ende brauchbare und akzeptierte Ergebnisse stehen.

 

Das ist die Idee, verbunden mit der Hoffnung auf Synergien, die sich aus direkter Mitwirkung am Verwaltungshandeln bilden. Eine solche kommunikative Planungskultur setzt ein verlässliches Klima der Dialogbereitschaft voraus und kann sich nur entwickeln, wenn ein entsprechender konzeptioneller Rahmen vorhanden ist. Auch den will die Stadtwerkstatt herstellen.

 

Wird das die Bürgerbeteiligung 2.0? Man muss sicher aufpassen, dass man sich nicht zu sehr in neue Worthülsen verliebt. Doch die Intention ist vernünftig und ich werde mit Interesse verfolgen, welche Verbesserungen und neuen Möglichkeiten sich ergeben, damit sich die Stadt zügig und weitgehend im Konsens entwickeln kann.

 

Bürgerbeteiligung bei der Stadtentwicklung ist seit Jahrzehnten selbstverständlich. Der Senat, die Fachbehörden und die Bezirke informieren regelmäßig und intensiv über städtebauliche Vorhaben besonders dort, wo es um herausgehobene Vorhaben wie die HafenCity, die Internationale Bauausstellung und die Internationale Gartenschau oder die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße geht.

 

Aktuell finden intensive Beteiligungsverfahren zu den großen Vorhaben in der Neuen Mitte Altona, zur Universitätserweiterung, zum Innenstadtkonzept und zur Planung des Deckels über die Autobahn A7 statt. Auch die Bezirke beteiligen Bürgerinnen und Bürger an Planungen, genannt seien hier nur das Hebebrandquartier in Hamburg Nord und der mittlere Landweg in Bergedorf.

 

Mit der Einrichtung der Stadtwerkstatt gehen wir einen Schritt weiter. Wir wollen Bürgerbeteiligung zu einem normalen Baustein der Stadtentwicklung und deren Planung machen. Die Stadtwerkstatt soll Information und Partizipation intensivieren und letztlich zur Entwicklung einer besseren Planungskultur in Hamburg beitragen. 

 

Wichtig ist, dass gerade im Wohnungsbau Lösungen gefunden werden, die das gesamtstädtische Interesse an mehr guten und bezahlbaren Wohnungen übrigens ein Interesse, das ja in erster Linie die wohnungssuchenden Hamburgerinnen und Hamburger haben die dieses Interesse zu einen fairen Ausgleich mit dem bringt, was den Anliegern am Herzen liegt.

 

Die informellen Beteiligungsverfahren sollten also als Unterstützung von Politik und Verwaltung verstanden werden. Sie stehen nicht in Konkurrenz zu demokratisch verfassten Institutionen und gewählten Gremien, sondern ergänzen diese.

 

Meine Damen und Herren,

über viele Aspekte und Details wird zu diskutieren sein und es wird ja auch im heutigen Rahmen schon geschehen. Der Name Stadtwerkstatt darauf lege ich Wert ist nicht doppeldeutig. Stadt wird in diesem Fall nicht mit Doppel-t geschrieben und in einer Werkstatt wird über dem Diskurs nicht das Werkstück vergessen.

 

Das Werkstück ist die große Stadt.

 

Die Dynamik der wachsenden Städte entsteht aus den Hoffnungen der eingesessenen und der neuen Bürgerinnen und Bürger; ihren Hoffnungen auf ein gutes oder besseres Leben, die sie nur in der Stadt realisieren können.

 

Auch Hamburg ist eine Hoffnungsstadt. Wenn wir die Hoffnungen nicht enttäuschen und die Dynamik nicht verlieren wollen, dürfen wir vor der großen Stadt keine Angst haben. Wir müssen Hoffnungen und Dynamik optimale Bedingungen bieten:

 

Zum Beispiel, indem wir Liberalität und Sicherheit gewährleisten.

 

Zum Beispiel, indem wir als Ankunftsstadt den neuen Bürgerinnen und Bürgern die Perspektive der Integration eröffnen. 400.000 der 1,8 Millionen Bewohner unserer Stadt sind Zuwanderer oder deren Kinder. Mehr als 200.000 haben bisher keinen deutschen Pass. 137.000 leben aber schon so lange in Deutschland, dass sie eigentlich die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben könnten. Darum schreibe ich die jetzt nach und nach an und werbe als Bürgermeister für die Staatsbürgerschaft.

 

Zum Beispiel, indem wir exzellente Bildung ermöglichen. Damit unabhängig vom Elternhaus alle Kinder eine ausreichende Bildung erwerben. Darum brauchen wir Krippen, Kitas, Grundschulen mit kleinen Klassen und Ganztagsbetreuung, Gymnasien und Stadteilschulen, die beide zum Abitur führen können. Wir schaffen in Hamburg eine Schullandschaft, wie sie in vielen Bundesländern vielleicht erst in 10 Jahren aufgebaut wird. Wir kümmern uns um Berufsausbildungsangebote und Universitäten.

 

Und wir wissen es doch längst: Erstklassige Krippen und Kitas und Schulen sind für viele Stadtteile und ihre Perspektive wichtiger als manches Konzept der Vergangenheit. Und als bedeutende Orte des öffentlichen Raumes sind sie zugleich besondere Herausforderungen für die Baukultur und das öffentliche Bauen.

 

Zum Beispiel, indem die Stadt die Probleme berufstätiger Eltern löst und ein flächendeckendes Angebot von Krippen, Kitas und Schulen mit Ganztagsbetrieb gewährleistet.

 

Ohnehin müssen wir die Entwicklung der Stadt aus der Perspektive berufstätiger Eltern betrachten. Sind vor einiger Zeit Eltern wegen der Kinder aus der Stadt ins Grüne gezogen, dreht sich der Trend jetzt erkennbar um. Wegen der Krippen, der Kitas, der Ganztagsangebote in Krippen und Schulen. Aber auch wegen des breiten Arbeitsmarktes, der Männern und Frauen berufliche Perspektiven bei vielen Arbeitgebern ermöglicht, anders als in kleinen Orten.

 

Zum Beispiel, indem wir die Energiewende vorantreiben. Städte sind die Verursacher eines großen Teils der Emissionen. Das ist nicht verwunderlich, denn dort werden die meisten wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet und auch Produkte hergestellt, die dem Konsum außerhalb der Städte zur Verfügung stehen. Städte sind aber auch die Orte, an denen die technologischen Entwicklungen entwickelt und eingesetzt werden können, die den Klimawandel begrenzen können. 

 

In Hamburg wird dem Einsatz der Windkraft große Bedeutung zukommen. Es ist der Ort vieler Unternehmenszentralen der Windbranche und von Forschungsinstitutionen, denen es um die Windenergie geht. Vor allem aber sind wir ein zentraler Nutzer der Windenergie. Und deshalb müssen wir Speicher bauen und die Umwandlung des Windstroms in Wasserstoff oder Gas voranbringen.

 

Moderne Windmühlen, Solaranlagen, Speicher sind auch eine Aufgabe für diejenigen, die sich über das Stadtbild der Zukunft Gedanken machen. Denn es ändert sich auch durch diese.

 

Ich fahre fort mit den Beispielen für optimale Bedingungen:

Zum Beispiel, indem wir die Infrastruktur entwickeln. Das gilt für die bekannten überregionalen Verkehrsprojekte. Aber mindestens genauso für den innerstädtischen Verkehr mit S-Bahnen, U- Bahnen, Bussen, Fahrrädern, Carsharing und Elektromobilität. Wir werden das vorhandene Bussystem zu einem hochmodernen System entwickeln. Wir werden Kapazitäten erhöhen, weitere Busspuren und Vorrangschaltungen an Ampeln einrichten, zusätzliche Busse anschaffen.

 

Ein Schritt ist das Busbeschleunigungsprogramm, mit denen wir die hoch belasteten MetroBus-Linien stärker und verlässlicher machen. Die U 4 wird über die HafenCity hinaus bis zu den Elbbrücken verlängert, die S 4 als S-Bahn geplant. Ab 2020 schaffen wir nur noch emissionsfreie Busse an.

 

Und mit denen ergeben sich neue Perspektiven. Emissionsfreie Busse, zum Beispiel mit Wasserstoff angetriebene Brennstoffzellenbusse, wie sie die Hochbahn in Hamburg schon einsetzt, sind nicht nur leiser und bequemer, sie können auch an anderen Orten fahren als die bisherigen. Durch Gebäude zum Beispiel. Sie können Unterführungen nutzen ohne aufwendige Abgasentsorgungsprobleme. Eine Herausforderung für die Planungskultur.

 

Zentral für den Verkehr wird auch die Intermodalität. Dass der Übergang von Bahn zu Bus, zu Stadtrad oder eigenem Rad, zum Carsharing-Angebot auch sicher flächendeckend funktioniert.

 

Optimale Bedingungen zum Beispiel, indem wir Flächen für Büros und Gewerbe ausweisen und die Wirtschaft fördern nicht nur, aber auch mit dem Ausbau des Hafens und der Elbe.

 

Übrigens sollte die Stadtplanung mit dieser Frage nicht so verschämt umgehen. Mentalität und Erfolg der Stadt gründen auf ihre Attraktivität als Wohnstätte mit viel Grün. Aber eben auch darauf, dass die Stadt ihren Wirtschaftsverkehr bewältigt und ganz klassischer Industrie- und Gewerbestandort ist.

 

Da ergeben sich auch neue Herausforderungen, zum Beispiel stellt sich die Frage, wie wir für das Handwerk auch in der Stadt und nicht nur an ihrem Rand Gewerbeflächen entwickeln können; etwa mit neuen Gewerbehöfen. Es stellt sich die Frage, ob Gewerbegebäude gelegentlich angesichts vieler technologischer Veränderungen des modernen Maschinenparks mit geringerem Gewicht und reduzierten Emissionen nicht auch wieder mehrstöckig errichtet werden können, wie es Anfang des vorigen Jahrhunderts oft der Fall war.

 

Auf das Stichwort mehr Geschosse - haben Sie schon gewartet und in der Tat ist meine Meinung, auch bezogen auf den Wohnungsbau: Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, hier und da wieder höher zu bauen. Denn unsere Flächen sind begrenzt. Und Hamburg verträgt das Höherbauen. Berlins Fläche ist um knapp ein Fünftel größer als die Hamburgs. Berlins Einwohnerzahl liegt aber um mehr als 90 Prozent über unserer.

 

Wenn wir weitere Eingriffe in empfindliche Naturräume vermeiden wollen, müssen wir eben höher bauen und dichter bauen und das Wachstum weitgehend in der bestehenden Siedlungskulisse umsetzen. Das heißt nicht einfach nur: Hochhäuser bauen, sondern an vielen Stellen stadtverträglich statt zwei: viergeschossig oder statt vier: sechsgeschossig zu bauen.

 

Große Städte sind nicht statisch, sagt Edward Glaeser, Ökonomieprofessor aus Harvard in seinem Buch Triumph of the City. Er fährt fort: Städte können nicht mit neuen Gebäuden den Wandel forcieren, aber wenn es Wandel gibt, kann die richtige Art zu bauen diesem Prozess helfen.

 

Und tatsächlich, die Stadtplaner sind aufgerufen, nicht nur gewachsene Quartiere zu bewundern, wo sich Wohnen und Gewerbe mischen, sondern solche Quartiere neu zu entwickeln. Oder auch ein Haus, das das gewährleistet. Die Hybrid Houses der IBA sind gelungene und wirtschaftlich erfolgreiche Beispiele. Allerdings ging es da um Büros. Vielleicht stellt sich jemand der Aufgabe, unten Gewerbe und oben Wohnungen im Rahmen unseres Planrechts zu realisieren.

 

Weiteres Beispiel: indem wir den Lärm, den Kinder machen, oder den Lärm, der beim Sport entsteht, nicht als störend verstehen.

 

Kinderlärm klingt schön. Er sollte nicht plötzlich verboten sein, wenn er nicht zufällig auf der Straße zu hören ist, sondern aus der Kita kommt.

 

Und, dass es Sportanlagen gibt, die zeitweilig ungenutzt sind und auch für den Freizeitsport nicht genutzt werden können, weil das Lärmkontingent überschritten ist, will mir nicht in den Kopf.

 

Übrigens mit dem ParkSport, der zum Konzept der IGS gehört, gehen wir einen Weg weiter, den Freizeitsport in der Moderne und der Großstadt weiterzuentwickeln. Kletterhallen, Joggingstrecken: Alles das gehört in die Stadt.

 

Optimale Bedingungen: zum Beispiel, indem wir das Ziel einer barrierefreien Stadt beständig im Blick haben. Es geht um die Bürgerinnen und Bürger mit körperlicher Behinderung, die wir nicht vom Stadtleben ausschließen wollen. Aber natürlich auch um die Alten. Schon ein Viertel der Stadtbewohner ist heute über 60 430.0000, eine mittlere Großstadt. Bald werden es über 30 Prozent sein. Und natürlich geht es auch um die jungen Männer, wenn sie mit dem Kinderwagen die U-Bahn nutzen wollen.

Deshalb müssen wir nicht nur Bürgersteige absenken und öffentliche Gebäude zugänglich halten. Wir werden die U-Bahn-Stationen bis zum Ende des Jahrzehnts fast alle barrierefrei umbauen. Ein millionenschweres Investitionsprogramm! Und wir müssen beim Wohnungsbau und der Sanierung auf einem Anteil barrierefreier Wohnungen bestehen; pflegerische Nahversorgung mit einkalkulieren und neue Wohnformen, wie das Servicewohnen bedenken.

 

Zum Beispiel, indem wir Konzepte für die große Zahl der Einpersonenhaushalte entwickeln. Wir brauchen Wohnungen als Plus für Familien. Aber die Zahl der Einpersonenhaushalte steigt auch. Wie sehen Wohnungen für Singles aus? Nicht einfach nur mit weniger Wohnraum, sondern anders? Und warum atmen Wohnungen für Studenten immer den Charme der Jugendherbergen? Das muss doch anders gehen! 

 

Und um den Kreis zu schließen: indem wir genügend Wohnraum bauen. Das Wohnungsbauprogramm des Senats ist vielleicht das größte in Deutschland. 2011 waren die ersten 6.800 Wohnungen genehmigt und ich bin zuversichtlich, dass wir die Dynamik in den nächsten Jahren aufrechterhalten können. Und wir dürfen anders als im vergangenen Jahrzehnt nie wieder damit aufhören.

 

Den Vertrag für Hamburg mit den Bezirken, mit verbindlichen Zielzahlen, habe ich erwähnt. Wir haben ein Bündnis mit der Immobilienwirtschaft geschlossen; eine vergleichbare Vereinbarung gab es bisher nicht. Wir haben uns auf gemeinsame Ziele verständigt: zum Sozialwohnungsbau, zum Klimaschutz, zur Integration von Wohnungsnotfällen und zur Erhaltung der Backsteinstadt Hamburg.

 

Wir haben uns verabschiedet von der Grundstücksvergabe allein unter Erlöskategorien, die Konzeptqualität wird zukünftig auch ein wichtiges Kriterium sein.

 

Meine Damen und Herren, 

eine solche Wohnungsbauoffensive ist aber nicht nur eine Frage von mehr Quantität, sondern auch von mehr Qualität.

Es geht um Städtebau, um Stadtplanung, dabei natürlich auch um Flächenkonkurrenz und darum, dass Hamburg bei all dem eine grüne Stadt bleiben muss.

 

Jedes Richtfest, das wir heute in den Stadtteilen feiern, muss ein gutes Beispiel sein: für familiengerechtes, ökologisch verträgliches, modernes, einfallsreiches Bauen für Städter, die inmitten guter Infrastruktur wohnen wollen. Und in einer Umgebung, in der sie gern ihre Kinder aufwachsen sehen.

 

Das ist das A und O. Wenn Urban Governance und die zahlreichen guten Ideen, die damit verbunden sind und die die Stadtwerkstadt in die Tat umsetzen, oder erst mal in die Planung einbringen will, wenn die uns helfen, dieses Ziel zu erreichen, haben alle gewonnen.

 

Es gibt viel zu bauen in dieser Stadt und die Frage ist: ob ihr ein organisiertes und organisches Wachstum vergönnt sein wird. Wir wollen auch in und mit der Stadtwerkstatt zufriedenstellende Antworten finden und so verwirklichen, dass sich auch die übernächste Generation in einer vielfältigen Stadtlandschaft wohlfühlen kann. Darauf kommt es umso mehr an, als sich Chancen zum Um- und sogar Neubau ganzer Viertel jetzt ergeben.

 

Meine Damen und Herren,

ein Teil des Innenhofes kann als Dschungel dienen. Diese Überschrift wählte vor vielen Jahren die Hamburger Rundschau für einen Bericht über alternative, ökologisch orientierte Wohnprojekte, beziehungsweise deren Planung, als dergleichen noch nicht Gegenstand so breit gefächerter Diskussionen war wie heute. Es freut mich, dass Frau Neitmann, auf deren Entwurf sich die Überschrift bezog, gleich mit uns auf dem Podium über die Stadtwerkstatt diskutieren wird.

 

Eine kleine Sottise habe ich bis zum Schluss aufgespart. In einem ausführlichen Papier der BSU zur Stadtwerkstatt lese ich diese schöne Formulierung, Zitat: Zu den kniffligsten Punkten bei der Bürgerbeteiligung gehört, dass die Ergebnisse von Beteiligungsprozessen zu ihrer Umsetzung in der Regel der Befassung und Übernahme durch politische Gremien oder die zuständigen Verwaltungseinheiten bedürfen. Zitatende.

 

Das kann man laut sagen. Wenn nämlich die Beteiligung zu keiner Umsetzung führt, ist die Schaffung einer revolutionären Situation schon so gut wie zur Durchführung gebracht. Hoffen wir also, dass die Stadtwerkstatt bei genau dem Schritt vom Konsens zum 1. Spatenstich möglichst oft Hilfestellung leistet. 

 

Dass die Auftaktveranstaltung zu dieser neuen Art des Dialogs mit dem Bürger an die eher traditionelle Form einer 20-minütigen Politikerrede andockt, ehrt natürlich den Redner. Ein richtig gelungener Abend ich sag mal, eine Win-win-Situation wird es, wenn diese jetzt in eine spannende Diskussion mündet. Vielen Dank!  

 
Es gilt das gesprochene Wort.