arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

23.08.2011

Begrüßung zum Jahresempfang der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein

Begrüßung zum Jahresempfang der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein

Sehr geehrter Herr Fuchs,

sehr geehrte Frau Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,

sehr geehrter Herr Dr. Wulff,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
meine Damen und Herren,

 

ich freue mich, Sie heute Abend hier alle in Hamburg begrüßen zu dürfen. Gemeinsam wollen wir die Arbeit der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein würdigen und dann auch ein bisschen feiern.

 

Beginnen möchte ich mit einer Anekdote, die bereits 58 Jahre alt ist. Sie zeigt immer noch sehr schön, warum es gut ist, dass wir in Deutschland Medienanstalten haben, die sich nicht nur um die Rundfunkregulierung kümmern, sondern sich als auch Kompetenzzentren für ein qualitativ gutes Programm verstehen.

 

Im Februar 1953 berichtete der Spiegel von einem denkwürdigen Posteingang beim damaligen Intendanten des NWDR. Der fand Ende Januar des Jahres ein Telegramm des Bundestagspräsidenten Dr. Hermann Ehlers auf seinem Schreibtisch. Mit dem Wortlaut: Sah eben Fernsehprogramm. Bedaure, daß Technik uns kein Mittel gibt, darauf zu schießen.

 

Ehlers regte sich damals über ein Boogie-Woogie-Turnier und Karnevalsberichterstattung auf. Er müsste heute in Zeiten des Privatfernsehens sicherlich viele Telegramme oder E-Mails schreiben.

 

Ich finde es beruhigend, dass die Qualitätssicherung der Medienberichterstattung heute nicht in den Händen schießwütiger Politiker liegt. Es ist gut, dass es Anwälte gesellschaftlicher Interessen gibt, die die Qualitätsdebatte prägen. Einerseits in den Rundfunk- und Fernsehräten der öffentlich-rechtlichen Anstalten und andererseits in den Gremien der Medienanstalten, die sich um den privaten Rundfunk in Deutschland kümmern.

 

Das schützt vor gewissen Übersprunghandlungen, zu denen man als Politiker vor dem Fernseher manches Mal neigen könnte…

 

 

Meine Damen und Herren,

 

Anwälte brauchen aber auch ein Mandat, auf dessen Basis sie handeln können. Um die Erneuerung dieses Mandats müssen sich Gesellschaft und Politik konstant kümmern.

 

Wir müssen uns um unsere Medien kümmern. Das ist wichtig und schwierig zugleich.

 

Wichtig, weil wir ohne mediale Vermittlung jenes gesellschaftliche Gespräch nicht zustande bekommen, in dem wir uns als Gesellschaft erkennen.

 

Und schwierig, weil der Zustand mancher Medienprogramme ihre eigene Thematisierung schon kaum mehr möglich macht.

 

Ein wenig entspannt-fürsorgliche Belagerung tut hier bisweilen Not.

 

Ich bin kein Freund von Verfalls-Szenarien. Und es treibt mir auch keine Schweißperlen auf die Stirn, wenn die Nachmittagsprogramme voll sind mit Alltags-Talks und Gerichtssendungen. Medienwissenschaftler haben ja mittlerweile herausgefunden zu, dass das, was da zu sehen ist, sogar Toleranz und gegenseitiges Verständnis fördert, weil mancher erst über solche Formate lernt, dass ein Gespräch auch eine Lösung sein kann.

 

Ich lasse das mal so stehen, will aber auch nicht alles rosig malen. Manchmal sucht man gedanklich schon auch nach dem Gewehr, besinnt sich dann aber der Fernbedienung, die es 1953 ja noch nicht gab.

 

Medien sind der Spiegel einer Gesellschaft. Sie senden, was gesehen wird. Allerdings kann auch nur gesehen werden, was über den Sender geht. So können Qualitätsspiralen in Gang kommen nach oben und nach unten.

 

Darum müssen wir uns kümmern: Eine Gesellschaft wie die unsere braucht den Spiegel, den ihr kluge und kritische Medien vorhalten. Das gilt für Nachrichten genauso wie für Talksendungen wie für die fiktionalen Programme.

 

Das Fernsehen ist das kulturelle Forum unserer Zeit. Es umfasst die Mythen und Geschichten, die Deutungen und Informationen, aus denen sich viele ihr Bild von der Gegenwart basteln.

 

Ein Vierteljahrhundert nach der Einführung des privaten, gebührenfreien und werbefinanzierten Rundfunks in Deutschland ist dieses Forum bunter und lebendiger, manchmal aber auch anstrengender und irritierender geworden.

 

Damit kann man lässig umgehen. Aber es wäre fahrlässig, wenn wir dieses Forum sich selbst überließen.

 

Es geht nicht um Reinheitsgebote, wie sie immer gerne formuliert werden. Vor allem nicht um solche, die zuviel Wasser in den Wein gießen wollen.

 

Das Gegenteil von Information ist schließlich Desinformation. Und das Gegenteil von Unterhaltung ist Langeweile.

 

Warum sollte man nicht Informationen unterhaltsam verpacken? Warum sollte man nicht eine Geschichte erzählen, um einen komplexen Sachverhalt zu verdeutlichen? Warum sollte man Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse nicht mit einem Lachen verkaufen können?

 

Es geht um kluges Abwägen. Der Versuch, Informationen möglichst seriös, möglichst sachlich und möglichst nüchtern zu vermitteln, kann letzten Endes sogar undemokratisch sein, weil er viele ausschließt, die weder die Geduld noch die Kompetenz besitzen, sich mit komplexer Berichterstattung auseinanderzusetzen.

 

Andererseits sollte man auch nicht zu wenig Geduld und Kompetenz voraussetzen und beim Hörer oder Zuschauer die Illusion schüren, alle wesentlichen Informationen könnten ihm anstrengungsfrei zufliegen.

 

Niemand soll sich bei der Medienrezeption zu Tode amüsieren. Aber es will sich auch niemand zu Tode langweilen.

 


Meine Damen und Herren,

 

die Medienanstalten sind ein prägender Teilnehmer an der medienpolitischen Debatte.

 

Die Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein ist dabei eine Besonderheit, weil sie auf der engen Zusammenarbeit zweier Bundesländer beruht. Wir haben dieser Kooperation in 2011 mit dem nunmehr vierten Medienänderungsstaatsvertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein eine neue feste Grundlage gegeben. Damit setzen die beiden Länder ihre erfolgreiche Zusammenarbeit im Medienbereich fort.

 

Mit ganz praktischen Ergebnissen: Durch den Staatsvertrag sind neue UKW-Frequenzen zur Verfügung gestellt worden. Ich finde es sehr erfreulich, dass die Medienanstalt diese so zügig an drei Veranstalter aus beiden Ländern vergeben hat.

 

Neben diesen praktisch regulatorischen Fragen beackert die Medienanstalt auch ganz Grundsätzliches: Wie sieht ein zeitgemäßer Jugendschutz aus? Welche Medienangebote erfüllen die individuellen Bedürfnisse unserer Zeit? Und welche die gesellschaftlichen Erfordernisse?

 

Die Antworten auf diese großen Fragen sind stets vorläufig und müssen ihre Gültigkeit immer wieder neu beweisen. Das ist der Kern einer offenen, einer modernen Gesellschaft.

 

Hier, in der Medienmetropole Hamburg, können Sie sich sicher sein, dass Sie diese herausfordernden Fragen nicht allein beantworten müssen. Alle großen Medienzweige sind in Hamburg stark vertreten. Spätestens seit Gründung der Bundesrepublik ist Hamburg Herz und Hirn der deutschen Medienlandschaft. Daran hat sich auch in den letzten Jahren nichts Grundlegendes geändert.

 

Im Gegenteil: Nirgendwo sonst in Deutschland kann man die Chancen und die Herausforderungen des Zusammenwachsens der verschiedenen Mediengattungen und -sparten so gut erleben wie in Hamburg. Wir werden auch hier wieder den nächsten Schritt vorausdenken. Gemeinsam mit einer starken Medienanstalt und ganz ohne Schuss- und andere Waffen!

 

Ich wünsche uns heute gute Gespräche!

 

Es gilt das gesprochene Wort.