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12.04.2013

Betriebsversammlung bei Vattenfall

 

Sehr geehrter Herr Wystub,

sehr geehrter Herr Dr. May,

meine sehr geehrten Damen und Herren, 

 

die Einladung zu Ihrer Betriebsversammlung hat mich sehr gefreut, und ich habe keine Sekunde gezögert zuzusagen. 

 

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat Unternehmensgründungen einmal so beschrieben: Die jungen Unternehmen sind zunächst nicht viel mehr als Gesellschaften mit beschränkter Hoffnung. 

 

Ihr Unternehmen gibt es erst neun Monate, seit es bei der Abspaltung am 1. Juli 2012 aus dem gemeinsamen Fernwärmegeschäft mit Berlin entstanden ist. 

 

Dennoch ist es in der Freien und Hansestadt tief verwurzelt: 1894 beauftragte der Hamburger Senat die neu gegründeten Hamburgischen Electricitäts-Werke mit der Energieversorgung der Stadt. Noch im selben Jahr erhielt das neu erbaute Hamburger Rathaus als erstes öffentliches Gebäude einen Anschluss an das Heizdampfnetz, die Keimzelle des modernen Fernwärmenetzes in Hamburg. Inzwischen gehört es mit dem in Berlin zu den größten bundesweit. Seit fast 120 Jahren sind damit HEW und Vattenfall zuverlässige Energiepartner der Hamburgerinnen und Hamburger. 

 

Die Vattenfall Wärme GmbH sorgt für umweltfreundliche Wärme, denn sie nutzt die Abwärme z. B. bei der Stromproduktion. Damit deckt sie 18 % des Wärmebedarfs in Hamburg und beliefert mehr als 450.000 Kunden. Jede mit Fernwärme ausgestattete Wohneinheit spart gegenüber einer herkömmlichen Öl- oder Gasheizung etwa eine Tonne CO2 pro Jahr. Mit rund 550 Mitarbeitern und Auszubildenden stellt die Vattenfall Wärme GmbH hochwertige Arbeits- und Ausbildungsplätze in Hamburg bereit. 

 

Aus diesen Gründen, meine Damen und Herren, sehe ich bei Ihrem Unternehmen nicht nur keine beschränkte Hoffnung, sondern das genaue Gegenteil. Sie, Ihre zuverlässige und kompetente Arbeit und Ihr Unternehmen stehen in einer Kontinuität seit 1894, und Ihre Arbeit wird vor dem Hintergrund der Energiewende immer wichtiger. Sie als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH sind an einer der wichtigsten Versorgungsschnittstellen für das Funktionieren unserer Gesellschaft tätig. 

 

Und wir haben noch viel vor mit Ihrem Unternehmen. Dies wird beispielsweise in den ehrgeizigen Ausbauzielen deutlich, die wir im Energiekonzept vereinbart haben: Die Verringerung der CO2-Emissionen um 40 Prozent bis 2020 und um mindestens 80 Prozent bis 2050. 

 

Meine Damen und Herren, 

energiepolitisch ehrgeizig war Hamburg schon immer. 1882 beschloss Hamburg als erste Stadt in Deutschland, ihre Straßenbeleuchtung von funzeligen Gaslaternen auf das hell strahlende Licht elektrischer Lampen umzustellen. Der Siegeszug der elektrischen Beleuchtung begann mit 14 Bogenlampen auf dem Rathausmarkt. Die ersten Kraftwerke, die sie mit Strom versorgten waren Gasmotoren. Der Senat der Stadt übernahm die Kraftwerke übrigens zwei Jahre später, nachdem sie ihre Tauglichkeit bewiesen hatten. 

 

Damit hatte die Stadt Hamburg ihr erstes kommunales Elektrizitätswerk, dem sich mit der Zeit viele weitere anschlossen und aus denen 1984 die Hamburgische Electricitäts-Werke AG (HEW) entstanden, die mit dem Slogan warben: Stell deinen Leuchter in die Ecke wir liefern Strom für alle Zwecke. 

 

Heute befindet sich die Energieversorgung erneut im Wandel, und die Energiewende stellt uns vor noch viel größere Herausforderungen als die Einführung der Elektrizität. Manche bezeichnen sie gar als die vierte Industrielle Revolution. Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden, eine Industriestadt mit 1,8 Millionen Einwohnern zuverlässig und sicher aber anders mit Energie zu versorgen. 

 

Städte sind die Verursacher eines großen Teils der Emissionen und große Verbrauchsschwerpunkte von Energie. Städte sind aber auch die Orte, an denen die technologischen Neuerungen entwickelt und eingesetzt werden können, die den Klimawandel begrenzen können. 

 

Als großes Handels-, Industrie- und Dienstleistungszentrum eröffnen sich Hamburg dabei zugleich glänzende Möglichkeiten: Hamburg nutzt den Innovationsschub eines neuen Energie-Zeitalters und wird zu einem großen Gewinner der Energiewende werden. In Deutschland wie auch international. 

 

Hamburg wird sich daher bei den Gesprächen zur Energiewende in Berlin weiter einbringen und wenn es notwendig ist seine Stimme erheben. Es war gut, dass die Bundesregierung den energieintensiven Unternehmen Planungssicherheit wieder gegeben hat, in dem die ursprünglichen Vorschläge der sog. Strompreisbremse bei den Vergütungen für Bestandsanlagen zurückgenommen wurden. 

 

Für den Hamburger Senat ist die Energiepolitik eines der zentralen Handlungsfelder, und ich bin überzeugt: Hamburg wird ebenso wie Ihr oder besser gesagt unser Unternehmen, ein Gewinner der Energiewende sein. 

 

Meine Damen und Herren, 

einige von Ihnen haben vielleicht den Namen Michiu Kaku schon einmal gehört. Der US-Amerikaner ist mittlerweile so etwas wie ein internationaler Physikstar. Er hat kürzlich untersucht, welche Vorhersagen in der Vergangenheit gemacht wurden und welche inzwischen eingetroffen sind. Dabei hat er festgestellt, dass vor allem diejenigen richtig lagen, die bereits bestehende Techniken in die Zukunft verlängert und weitergedacht haben. 

 

Genau das tun wir mit unserer Energiewende made in Hamburg:

 

  • Wir setzen auf den Ausbau Erneuerbarer Energien aus Wind, Sonne, aus Biomasse und Erdwärme. Und wir setzen auf die Kreativität unserer Architekten und Wissenschaftler. Die kann man in diesen Tagen auf der Internationalen Bauausstellung in Wilhelmsburg besichtigen. Dazu gehört zum Beispiel das Algenhaus, das sich als erstes Gebäude weltweit über seine Algen-Bioreaktorfassade selbst mit Energie versorgt.
  • Wir setzen außerdem auf verbesserte Energieeffizienz, und das nicht nur beim Verbrauch. In Wedel wollen wir zusammen mit Vattenfall ein Innovationskraftwerk bauen. Das moderne und hocheffiziente Gas- und Dampfheizkraftwerks wird Hamburgs Fernwärmeversorgung langfristig sichern und das alte, aus den 60er-Jahren stammende, Steinkohlekraftwerk sowie die umstrittene Fernwärmetrasse von Moorburg nach Altona überflüssig machen.
  • Wir sind in Hamburg zudem auf dem besten Weg, das Bundesland mit den größten Speicherkapazitäten für Erneuerbare Energien zu werden. Das Kraftwerk in Wedel erhält ein innovatives Speichersystem, das Windstrom flexibel in Wärme umwandeln und speichern kann, sodass es mehrere hundert Megawatt regenerativen Stroms für zehn Stunden puffern kann, zum Beispiel bei einer Windflaute.
  • Wenn es überschüssigen Windstrom gibt, wollen wir ihn in Wasserstoff oder sogar Erdgas umwandeln. Das erleichtert seine Speicherung und seine Nutzung, weil wir ihn ins Gasnetz einspeichern können. 
  • Und wir setzten auf intelligente Netze. Das Hamburger Stromnetz wird sukzessive modernisiert und zu einem intelligenten Netz umgebaut, einem sogenannten Smart Grid. So ein intelligentes Netz kann verschiedene dezentrale Erzeuger, zum Beispiel Blockheizkraftwerke, bedarfsgerecht mit dezentralen Verbrauchern verbinden. In solch einem Netz laufen bestimmte Kühl- oder Heizaggregate vor allem dann, wenn der Strom verfügbar und günstig ist. Auch dies macht unser Energiesystem sparsamer, effizienter und klimaschonender. Ein prominentes Beispiel für den Ausbau zum intelligenten Netz ist das Umspannwerk HafenCity. Auch der vermehrte Einsatz intelligenter Stromzähler sogenannter Smart Meter ist auf den Weg gebracht worden. 

 

Die Energieversorger haben sich verpflichtet, rund 1,5 Milliarden Euro in hocheffiziente Kraftwerke, Speicher für Erneuerbare Energien, intelligente Stromnetze und andere entscheidende Innovationen und zahlreiche Projekte zu investieren. Unser Ziel ist es, unsere Energieversorgung zukunftsfähig, klimafreundlich und am Gemeinwohl orientiert zu gestalten und zugleich die Versorgungssicherheit, Anlagensicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. 

 

Zur zukunftsfähigen Energieversorgung gehören zukunftsfähige Netze. Über die stadteigene Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungs-management hat Hamburg insgesamt 25,1 Prozent der Anteile an dem Stromnetz sowie am Fernwärmegeschäft von Vattenfall also Ihrem Unternehmen erworben. 

 

Der Erwerb von 25,1 % ist kein Selbstzweck. Nach einer Zeit des Stillstands, ungelöster Konflikte und mangelnden Dialogs früherer Jahre sowie der Gefahr endloser Rechtsstreitigkeiten hat sich der Hamburger Senat dazu entschlossen, die etablierten Energieversorger in den Prozess der Energiewende einzubinden. 

 

Die Partnerschaft garantiert der Hansestadt Mitentscheidungsrechte, die deutlich über die Einflussmöglichkeiten hinausgehen, die bei einer Minderheitsbeteiligung üblich sind. So werden die Aufsichtsräte der Gesellschaften von der Stadt und von Vattenfall paritätisch besetzt und die Investitionspläne der Gesellschaften bedürfen unserer Zustimmung. Die Gesellschafter entscheiden gemeinsam, mit welchem Brennstoff künftige Kraftwerke betrieben werden. Dieses Mitspracherecht wollen wir klug einsetzen, damit unsere Wünsche nach modernen und klimafreundlichen Anlagen zur Energieversorgung und zur Beschäftigungssicherung erfüllt werden. Mehr ist nicht notwendig, damit die Stadt verantwortungsvoll mit entscheiden kann. 

 

Mit dieser Partnerschaft setzen Hamburg und Vattenfall mehr als nur ein Signal für die Weiterentwicklung der Energiewirtschaft in Zeiten der Energiewende. Wir werden die Hamburger Wärmeversorgung jetzt mit Beteiligung der Hansestadt weiter ausbauen und mit innovativen Lösungen und mit der Integration von Erneuerbaren Energien für die Zukunft optimal aufstellen. 

  

Meine Damen und Herren, 

eine strategische Beteiligung an den Energienetzen ist zwar wichtig gute Energiepolitik macht man jedoch nicht alleine mit Energienetzen, wie manche in dieser Stadt zu glauben meinen. Letztlich handelt es sich bei den Energienetzen profan ausgedrückt um Kabel- und Rohrleitungen, die Strom, Gas und Wärme transportieren. 

 

Entscheidend für eine erfolgreiche Energiewende ist vielmehr ein energiepolitisches Gesamtkonzept. Dazu gehört zum einen der strategische Einfluss auf die Verteilung der Energie, den wir mit der 25,1 %-Beteiligung an den Energienetzen gewonnen haben. Dazu gehört zum anderen aber auch der Einfluss auf die Energieerzeugung, insbesondere die für das Erreichen der Klimaziele so wichtige Fernwärmeversorgung. 

 

Unser Ziel ist es, die Anzahl der fernwärme-versorgten Wohneinheiten um 20 % auf mittelfristig über 500.000 zu steigern. Im abgelaufenen Jahr haben wir schon 450.000 Einheiten erreicht. Ein weiterer Meilenstein für eine bessere Fernwärmeversorgung in unserer Stadt ist der Anschluss des Biomassekraftwerkes in der Borsigstraße an das Fernwärmenetz, das Heizung und warmes Wasser für weitere 15.000 Hamburger Wohneinheiten liefert. Circa 26.000 Tonnen CO2 werden auf diese Weise jährlich eingespart. 

 

Durch den Innovationsschub in der Wärmeversorgung leistet die gemeinsame Wärmegesellschaft einen signifikanten Beitrag zum Erreichen der Klimaziele, garantiert die Versorgungssicherheit der Freien und Hansestadt Hamburg und stärkt den Energiestandort. Das sichert Arbeitsplätze, auch bei zuliefernden Betrieben und fördert die regionale Wertschöpfung. 

 

Im Rahmen des Beteiligungserwerbs an Ihrem Unternehmen verfolgt die Freie und Hansestadt Hamburg neben diesen energie- und klimapolitischen Zielen natürlich auch wichtige wirtschafts- und standortpolitische Ziele. 

 

Schon heute ist Vattenfall mit seinen mehr als zwei Dutzend Tochter- und Schwestergesellschaften sowie Beteiligungen mit steuerlichem Sitz in der Freien und Hansestadt Hamburg ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber am Standort Hamburg. In den vergangenen zehn Jahren hat Vattenfall mehr als zehn Gesellschaften entweder neu in Hamburg gegründet oder den Geschäftssitz in die Hansestadt verlegt. Bis 2016 wird Vattenfall zusätzlich zu den Unternehmenssitzen der gemeinsamen Netz- und Wärmegesellschaften eine Anzahl von mindestens 20 Unternehmen der Vattenfall Europe-Gruppe am Standort Hamburg sichern. 

 

Als Arbeitgeber hatte sich Vattenfall bereits in der Vereinbarung mit der Freien und Hansestadt Hamburg vom 14. Juli 2002 zu seiner Verantwortung am Standort Hamburg bekannt. Diese Zusicherung hat die im Zuge der Energiepartnerschaft abgeschlossene Kooperationsvereinbarung Energiekonzept für Hamburg gefestigt und mit Leben erfüllt. Darin haben wir gemeinsam vereinbart: Hamburg wird ein Kernstandort für die Vattenfall-Gruppe bleiben. 

 

Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kooperations¬vereinbarung beschäftigte Vattenfall bereits mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Hamburg und der Metropolregion als sich aus der 2005 abgelaufenen vertraglichen Verpflichtung ergeben hatte. Zurzeit sind es in der Metropolregion rund 4.500 Mitarbeiter, davon mehr als 3.800 in Hamburg.

 

Darüber hinaus tragen die für die nächsten fünf Jahre im Rahmen des Anteilserwerbs vereinbarten Investitionen der beiden Beteiligungsunternehmen beziehungsweise am Standort Hamburg durch Vattenfall-Unternehmen im Umfang von 1,5 Milliarden maßgeblich zu einer Sicherung von Beschäftigung, Unternehmenssitzen und Wertschöpfung am Standort Hamburg und in der Metropolregion bei. 

 

Der Senat geht davon aus, dass darüber hinaus angesichts der Bedeutung des Standorts Hamburg für den Vattenfall-Konzern das Unternehmen dem Standort Hamburg unverändert einen hohen Stellenwert für seine weitere Entwicklung in allen Geschäftsfeldern beimessen wird und die standortpolitischen Zusagen eingehalten werden. 

 

Meine Damen und Herren, 

die fossilen Brennstoffe gehen irgendwann zu Ende. Wir werden also auch neue Energiequellen auftun müssen. Schließlich werden die aktuell 7,1 Milliarden Erdbewohner in Zukunft nicht weniger Energie verbrauchen, sondern mehr. 

 

Diese Vision muss uns nicht schrecken. Der einzige Weg, die Grenzen des Möglichen zu finden ist, ein klein wenig über diese hinaus in das Unmögliche vorzustoßen, schrieb der britische Schriftsteller und Wissenschaftsautor Arthur C. Clarke schon vor Langem. 

 

Die Politik muss sich am Möglichen orientieren die Aufgabe von Wissenschaftlern und Forschern ist es, das unmöglich Erscheinende möglich werden zu lassen. Darum sollte uns vor der für 2022 angestrebten Energiewende nicht bange sein. 

 

Sie als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Vattenfall arbeiten an der Gestaltung dieser Energiewende mit. Das darf und sollte Sie und auch uns Hamburger mit Stolz erfüllen. 

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.