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Symbolbild: Olaf Scholz
Photothek
30.09.2023 | Berlin

Bundeskanzler Olaf Scholz im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland

Herr Bundeskanzler, es ist Halbzeit der Legislaturperiode und Was-wäre-wenn-Fragen sind müßig. Dennoch: Wo stünden Sie mit Ihrer Ampelkoalition, wenn Russland keinen Angriffskrieg gegen die Ukraine führen würde?

Sie haben recht, solche Fragen sind eigentlich müßig. Sicher ist, dass wir weniger Baustellen hätten, um die wir uns kümmern müssten: geringere Inflation, keine höheren Energiepreise, keine Gasimporte aus aller Welt, um den Wegfall der russischen Lieferungen auszugleichen – und natürlich gäbe es weniger Sorgen bei den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft. Denn der Krieg hat sehr vieles infrage gestellt, was wir seit Jahrzehnten als fest vereinbart glaubten – zuvorderst, dass Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden dürfen. Das geht an niemandem spurlos vorüber.

Wie schauen Sie auf diese beiden Jahre Ihrer Kanzlerschaft: Welche Lehren ziehen Sie für die zweite Halbzeit?

Uns ist vieles gemeinsam gelungen. Deutschland hat entschlossen auf den russischen Angriffskrieg reagiert – nicht nur bei der Unterstützung der Ukraine. In Rekordzeit haben wir Flüssiggas-Terminals an den norddeutschen Küsten errichtet, Gaslieferungen sichergestellt und verhindert, dass Wohnungen im Winter kalt bleiben oder Unternehmen ihre Produktion einstellen mussten. Gleichzeitig haben wir unsere eigentlichen Vorhaben nicht aus dem Blick verloren – allen voran den Umbau unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität. Die Bilanz fällt also positiv aus. Mich nervt aber, dass der Meinungsaustausch in der Regierung mitunter lauthals und vor aller Augen ausgetragen wird. Das ist überflüssig und schädlich und muss natürlich aufhören.

Apropos Ampel-Streit: Ihre Erwartung, dass das endlich ein Ende hat, äußerten Sie schon vor der Sommerpause, aber danach ging es mit der Kindergrundsicherung gleich weiter. Nun haben Sie im Asylstreit die Grünen-Kritik missbilligt. Ist jetzt wirklich Ruhe?

Die Bundesregierung ist sich völlig einig darin, die irreguläre Migration in die Europäische Union zu stoppen. Das geht nur gemeinsam und solidarisch. Deutschland wird dort nach Kräften mithelfen. Nach jahrelangem Stillstand ist es diesen Sommer gelungen, sich grundsätzlich auf ein neues Asylsystem in Europa zu verständigen. Nach dem geplanten Mechanismus werden Länder an der europäischen Außengrenze wieder die Flüchtlinge registrieren, die bei ihnen ankommen. Und dann werden sie auf die EU-Mitgliedsländer solidarisch verteilt und durchlaufen dort ihr Verfahren. Es kann ja nicht bleiben wie bisher: Mehr als 70 Prozent aller Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, sind vorher nicht registriert worden, obwohl sie nahezu alle in einem anderen EU-Land gewesen sind.

Bis die EU das neue Asylsystem beschließen wird, werden noch viele Monate vergehen. Kann die Bundesregierung schon jetzt etwas tun, um davon unabhängig für einen Rückgang des Zuzugs von Flüchtlingen zu sorgen, damit nicht wieder Turnhallen als Auffanglager dienen müssen?

Ein klares Wort vorweg: Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland streben, ist im Moment zu hoch. Deshalb unterstützen wir seit langem den Schutz der europäischen Außengrenzen. Und wir setzen die zusätzlichen Grenzsicherungsmaßnahmen zu Österreich fort, mit der Schweiz und Tschechien haben wir gemeinsame Kontrollen auf deren Seite vereinbart. Moldau und Georgien, die in die EU streben, werden zu sicheren Herkunftsländern erklärt, was die Verfahren auch erleichtert. Und wenn ein Asylgesuch abgelehnt worden ist, müssen die Betroffenen unser Land auch wieder verlassen. Dafür müssen wir sorgen. Mit Blick auf Polen gilt: Die Regierung in Warschau muss sicherstellen, dass nicht weiter Visa verkauft und Flüchtlinge nach Deutschland durchgewunken werden. Deshalb haben wir die Kontrollen an der Grenze zu Polen verschärft.

Dann müsste sich das bis November schon bemerkbar machen. Bisher liegen wir fast 80 Prozent über den Zahlen von 2022. Dieser Trend müsste damit gebrochen werden, oder?

Wir hoffen, dass sich das schnell bemerkbar macht.

Müssen diese ganzen Maßnahmen auch deshalb ergriffen werden, weil die Zahl der Flüchtlinge entscheidend für den Zusammenhalt der Gesellschaft ist?

Die Bürgerinnen und Bürger sind klug und unterscheiden zwischen der irregulären Migration auf der einen Seite und der Zuwanderung von Arbeitskräften auf der anderen Seite. Deutschland sucht händeringend Fachkräfte, jeder merkt das gerade. In den nächsten Jahren brauchen wir pro Jahr mehrere hunderttausend zusätzliche Fachkräfte, um unseren Wohlstand zu erhalten. Deshalb haben wir das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz beschlossen. Und es geht gleichzeitig darum, für Ordnung zu sorgen und die bestehenden Regeln durchzusetzen mit Blick auf die Fluchtmigration. Wer Schutz vor Verfolgung benötigt, erhält ihn. Wer keinen berechtigten Fluchtgrund vorweisen kann, muss wieder in seine Heimat zurückgehen.

Wie sollen die Flüchtlingskosten künftig finanziert werden? Der Bund hat den Ländern und Kommunen im Mai zusätzlich zu den 3,75 Milliarden Euro für 2023 zu deren Enttäuschung nur eine weitere Milliarde zugesagt – aber mit der Maßgabe, das im November noch einmal zu überprüfen. Nun ist ein Vorbereitungstreffen ergebnislos verlaufen. Wird es mehr Geld geben?

Der Bund unterstützt Länder und Kommunen pro Jahr mit mehr als 15 Milliarden Euro bei der Bewältigung der Folgen von Fluchtmigration. Die Kosten für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die sich vor dem Krieg zu uns gerettet haben, trägt der Bund durch das Bürgergeld nahezu vollständig, gleiches gilt für anerkannte Asylbewerber. Dies ist eine gesamtstaatliche Aufgabe und alle staatlichen Ebenen müssen ihren Teil beitragen. Im November werde ich mich mit den Regierungschefinnen und -chefs zusammensetzen und festlegen, wie wir ein dauerhaftes System für die Kommunen entwickeln.

Was ist der Kernpunkt?

Noch als Bundesfinanzminister hatte ich den Ländern eine Lösung vorgeschlagen, die sich an den tatsächlichen Zugangszahlen orientiert – eine Art atmenden Deckel. Damals haben Sie das abgelehnt, aber das Prinzip finde ich weiterhin sinnvoll.

Das Gerechtigkeitsempfinden von Menschen mit niedrigen Einkommen könnte steigen, wenn für das Bürgergeld eine Gegenleistung der Empfänger verlangt werden würde.

Ich bin dafür, dass Bürgergeldempfänger schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden. Und ich bin entschieden für höhere Löhne. Arbeit muss sich lohnen. Für meinen Geschmack gibt es zu viele Bürgerinnen und Bürger, die hart arbeiten und viel zu wenig dafür bekommen. Deshalb habe ich mich im letzten Wahlkampf ja so dafür eingesetzt, dass der Mindestlohn auf 12 Euro steigt. Denn gute Tariflöhne sorgen dafür, dass wer arbeitet, ein höheres Einkommen hat als ein Leistungsempfänger.

Der Mindestlohn soll weiter steigen? Muss die Mindestlohnkommission, die den Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf nur 12,41 Euro und ein Jahr später auf nur 12,82 Euro erhöht - nachsitzen? Die Gewerkschaftsvertreter hatten dagegen gestimmt.

Ich gebe zu, dass ich enttäuscht bin über dieses magere Ergebnis. Es ist ein Rückschritt, dass die Kommission nicht zu einer einvernehmlichen Entscheidung der beteiligten Sozialpartner gekommen ist, sondern die Arbeitgeber sich einseitig durchgesetzt haben.

Aber politisch wollen Sie nicht noch mal eingreifen?

Alle haben verstanden, dass es so nicht gehen sollte.

Viele Bürgerinnen und Bürger sagen, dass sie keine Nachrichten mehr hören wollen – überall nur Krise, Unheil und Probleme. Ist da ein Draht zwischen Politik und Gesellschaft abgerissen?

Ich habe Verständnis für diese Reaktion, denn all die Nachrichten über Krisen und Katastrophen können einem schon die Laune verderben. Es wäre schön, wenn neben all den Hiobsbotschaften zwischendurch auch mal Positives zu lesen wäre. Zum Beispiel, dass Deutschland der wichtigste Halbleiterstandort in Europa wird...

... darüber haben wir berichtet...

Mag sein, aber die öffentliche Wahrnehmung konzentriert sich mehr auf schlechte Nachrichten. Damit möchten viele aber nicht ständig konfrontiert werden und kümmern sich lieber um ihre Arbeit, Freunde und Familie oder den Sportverein. Das kann ich gut verstehen. Für jemanden, der Verantwortung für dieses Land trägt, sind diese Krisen aber tägliche Realität – und wir müssen sie bewältigen. Wie schon erwähnt, ist uns da auch einiges gelungen: Anders als befürchtet, sind wir gut durch den letzten Winter gekommen, haben unsere Energieversorgung von Russland unabhängig gemacht und eine große Wirtschaftskrise verhindert.

Sie nennen die AfD eine Schlechte-Laune-Partei. Das klingt mehr nach Miesepeter als nach Verfassungsfeind, was der Verfassungsschutz etwa über den Faschisten Björn Höcke in Thüringen sagt. Verharmlosen Sie die AfD nicht?

In der AfD gibt es extremistische, verfassungsfeindliche Positionen und Nazi-Parolen und es sind dort Leute unterwegs, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Niemand sollte das verharmlosen. Mindestens so schlimm ist aber, dass die AfD keinerlei Vorschläge macht für eine bessere Zukunft. Wie alle rechtspopulistischen Parteien verspricht sie eine Rückkehr in eine angeblich gute alte Zeit – die es so aber nie gegeben hat. Statt Untergangsstimmung und schlechte Laune braucht unser Land aber Zukunft und Zuversicht.

Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt hat sich nach einer mit AfD und FDP gegen die rot-grün-rote Minderheitsregierung durchgesetzten Steuersenkung auf Sie berufen und diese Interview-Aussage von ihnen zitiert: „Niemand sollte sich davon abhängig machen, wie die AfD abstimmt.“ Hat er Sie richtig verstanden?

Nein, niemand muss sich abhängig machen von der AfD. Man kann seine eigenen Anträge schreiben und stellen. Die CDU Thüringen muss sich vorhalten lassen, dass sie für ihr Anliegen, die Grunderwerbssteuer zu senken, nicht das Gespräch mit der Minderheitsregierung gesucht hat, sondern sehr bewusst die Unterstützung der AfD, darin liegt der Skandal: Mit denjenigen, die unsere Demokratie verächtlich machen, macht man keine gemeinsame Sache. Punkt.

War denn die Haltung der Landesregierung in Ordnung oder hätte sie auch auf die CDU zugehen sollen?

Soweit kann ich das von hier aus beurteilen kann, bemühte sich sich um eine gemeinsame Haltung mit der Union.

Es gibt vor allem eine konfrontative Auseinandersetzung zwischen AfD und Grünen und zunehmend Attacken, auch physische, gegen Grünen-Politiker. Ist aus Ihrer Sicht da etwas ins Rutschen geraten?

Jede Form von Gewalt ist verwerflich, da müssen wir ganz klar sein. Solche Vorfälle müssen nicht nur strafrechtlich verfolgt werden, sondern von uns allen gemeinsam zurückgewiesen werden. Mein Appell: Lasst uns zusammenhalten als Demokratinnen und Demokraten.

Zur Ukraine: Können Sie den Menschen genau sagen, warum die Entscheidung über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an Kiew so kompliziert ist?

Zunächst: Deutschland ist nach den USA der größte Waffenlieferant an die Ukraine: Wir liefern Kampfpanzer, schwere Artillerie, modernste Luftverteidigungssysteme, viel Munition und Ersatzteile. Wir stellen sicher, dass wir das so lange, wie es nötig sein wird, tun können. Und wir prüfen jeden neuen Wunsch nach einer Waffenlieferung sehr gewissenhaft. Dabei untersuchen wir, welche Wirkung die Waffen haben können und stellen uns die Frage, ob damit die Gefahr einer Eskalation des Krieges hin zu einem Konflikt zwischen Russland und der NATO gegeben ist. Alle können sich sicher sein, dass ich mir keine Entscheidung einfach mache.

Sie sagen, Deutschland unterstützt die Ukraine solange es nötig ist – verstehen wir Sie richtig: Sie gehen davon aus, dass dieser Krieg noch lange dauern wird?

Wir sollten uns darauf vorbereiten, dass dieser Krieg noch länger dauern wird.

Bereiten Sie sich darauf vor, dass Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen in den USA im nächsten Jahr Präsident Joe Biden wieder ablösen und die Hilfen für die Ukraine kürzen könnte?

Ich schätze US-Präsident Biden außerordentlich und bin zuversichtlich, dass er abermals ein Mandat von den Bürgerinnen und Bürgern der USA erhält. Mit seiner Politik setzt er nicht auf Spaltung, sondern darauf, die amerikanische Gesellschaft zusammenzuführen.

Russlands Krieg gegen die Ukraine hat das Tempo aus dem Klimaschutz genommen. Sie müssen etwa Kohle länger nutzen. Wir haben Ende September und immer noch bis zu 28 Grad. Abgesehen von den Methoden der sogenannten Letzten Generation. Können Sie deren Warnung vor dem Kipppunkt verstehen?

Ich halte die Aktionen der Letzten Generation für kontraproduktiv, weil sie die Öffentlichkeit gegen den Klimaschutz aufbringen – aber dass man sich Sorgen um das Klima machen muss, das ist wahr. Deshalb hat die Bundesregierung wie keine Regierung vor ihr gehandelt und den Klimaschutz so ambitioniert vorangebracht: mit dem Ausbau von Windkraft und Solarenergie; dem Ausbau der Stromnetze, den Aufbau eines Wasserstoffnetzes und dem klimaneutralen Umbau der Industrie. Bis 2045 wollen wir komplett klimaneutral werden und 80 Prozent unseres Stroms schon 2030 aus Erneuerbaren Quellen beziehen.

Warum macht die Koalition dann nicht so etwas Einfaches wie ein Tempolimit auf Autobahnen? Weil die FDP dagegen ist?

Dafür gibt es keine Mehrheit im Bundestag. Und für das Klima ist der Umstieg auf die E-Mobilität, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und die Schaffung des Deutschlandtickets sehr segensreich.

Bleibt es bei 49 Euro pro Monat für das Deutschlandticket?

Das Projekt ist auf viele Jahre angelegt, da sind Preisveränderungen irgendwann zu erwarten.

Zum Industriestrompreis: In der SPD ist man zuversichtlich, dass Sie ihre Skepsis aufgeben werden. Zu Recht?

Uns eint das Ziel, auf Dauer niedrigere Strompreise zu erhalten.

Bis dahin ist die Industrie aber leider weg aus Deutschland.

Damit genau das nicht passiert, suchen wir ja nach guten Lösungen.

Ist das jetzt eine Öffnung zum Industriestrompreis oder nicht?

Da muss ich Sie noch um etwas Geduld bitten.

Welche Entbürokratisierungsmaßnahmen werden denn die Menschen in den nächsten zwei Jahren konkret spüren, wenn der Deutschlandpakt zieht?

Ich habe den Deutschlandpakt vorgeschlagen, weil wir über Jahrzehnte parteiübergreifend mit viel Liebe zum Detail ein Dickicht an Vorschriften geschaffen haben – da waren alle Ebenen von Bund, Ländern und Gemeinden involviert. Vergangene Woche habe ich in New York das Empire State Building besucht – das wurde damals schneller gebaut als wir es heute genehmigen würden. Das kann so nicht bleiben, dieses Dickicht wollen wir lichten. Die Länder haben schnell reagiert und ich freue mich über ihre sehr positive Rückmeldung auf unsere Vorschläge zur Planungsbeschleunigung. Ein erstes großes Paket an ganz konkreten Beschleunigungsmaßnahmen werden wir sehr bald vorlegen.

Sollten die Landesbauordnungen in einer Bundesbauordnung aufgehen? Die Regeln für Brandschutz und Abstandsflächen sind doch überall gleich.

Ich bin für mehr Vereinheitlichung, darüber sprechen wir mit den Ländern. Wir müssen das serielle Bauen voranbringen. Noch ist es beim Bauen so, als ob ein Autohersteller jedes seiner Fahrzeuge in jedem deutschen Landkreis gesondert genehmigen lassen müsste – absurd. Ich bin dafür, bestimmte Grundtypen von Häusern einmal genehmigen zu lassen und dann mit kleinen Anpassungen individualisiert überall errichten zu können. Das würde den Bau beschleunigen und, auch wichtig, verbilligen.

Und jenseits des Entschlackens der Regeln braucht es auch einen Mentalitätswechsel in den Behörden. Also ein Coaching: Pragmatismus statt Paragrafenreiterei?

Lassen Sie mich erstmal eine Lanze brechen für die vielen fleißigen Beamtinnen und Beamten, die ihrer Arbeit mit viel Herzblut nachgehen. Sie haben aber recht, dass mehr Tempo nicht allein durch weniger Regeln zu erreichen ist. Es braucht auch einen Ruck in den Behörden, dass alle sagen, sie wollen schneller genehmigen. Ich hoffe, dass mein Deutschlandpakt dazu ermutigt, schnell und pragmatisch zu handeln.

Muss das nicht von oben vorgelebt werden. Was ist mit den Behördenleitern, den Landräten? Oder sollte es Prämien dafür gebe, dass Baugenehmigung erteilt statt erst einmal abgelehnt werden?

Ich bin überzeugt, dass die Behördenleiterinnen und Amtschefs ihren Leuten den Rücken stärken werden.

Und so schaffen Sie dann doch noch den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr?

Sie kennen die Fabel vom Fuchs und den Trauben? Der hätte eigentlich gerne Trauben, aber weil sie zu hoch hängen, sagt er: Ich will die Trauben nicht, sie sind so bitter. So sollten wir beim Kampf für bezahlbaren Wohnraum nicht vorgehen. Ja, die Trauben hängen ziemlich hoch. Aber wir werden alles dafür tun, sie zu erreichen.

Sie haben von Mehltau im Land gesprochen, vom Bürokratismus und Risikoscheu. Mehltau-Sporen können bis zu 13 Jahre überleben. Wie schnell wird es in der Politik gehen, den Mehltau abzuschütteln?

Es geht nur schnell – oder gar nicht. Das ist meine feste Überzeugung.

Dafür muss man die Pflanzen kappen.

Ich bin entschlossen voranzugehen. Wir brauchen Tempo in Deutschland.