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06.03.2013

Einweihung der Muharrem Acar-Brücke

 

Sehr geehrter Herr Generalkonsul,

sehr geehrte Frau Acar,

sehr geehrte Familienangehörige,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

heute weihen wir eine Brücke ein, und nicht irgendeine. Ich freue mich sehr, mit Ihnen gemeinsam ein Bauwerk an die Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger zu übergeben, das eine hohe praktische Bedeutung für den Stadtteil, den Bahnhof, die Quartiere und Projekte ringsum hat. Aber auch eine symbolische.  

 

Denn Muharrem Acar war ja selber ein Brückenbauer. Nicht von Beruf, aber durch sein Leben und Arbeiten im Stadtteil; dadurch, dass er so unermüdlich für Demokratie, für Arbeitnehmerrechte und für ein vernünftiges Miteinander der Wilhelmsburger woher sie auch stammten eingetreten ist.

 

Deshalb soll genau diese Fußgängerbrücke jetzt den Namen von Muharrem Acar tragen. Sie überspannt die Gleise und verbindet den Bahnhof oder, wenn man etwas weiter denkt, den neu gestalteten Berta-Kröger-Platz mit genau dem Teil der zweitgrößten bewohnten Flussinsel der Welt, in dem Wilhelmsburg allen zeigen will, was in diesem Stadtteil steckt.

 

Rechtzeitig noch vor der Eröffnung der Internationalen Gartenschau 2013, und zur Fertigstellung des ZOB, ist dieser Brücken-Boulevard fertig geworden. Da auch das Bahnhofsgebäude komplett erneuert und im Servicebereich umgestaltet wird, gibt es hier in der Mitte Wilhelmsburgs bald einen barrierefreien Ankunfts- und Abfahrort, der so modern ist wie Wilhelmsburg selbst.

 

Wir enthüllen außerdem, gleich anschließend und wenige Schritte entfernt, das neue Straßenschild Gertrud-von-Thaden-Platz. Auch da geht es um eine Persönlichkeit, die sich nachhaltig um das kulturelle und öffentliche Leben in Wilhelmsburg verdienst gemacht hat. Gertrud von Thaden hat nach dem Tod ihres Ehemanns Willi Thaden die Verlagsgeschäfte der Wilhelmsburger Zeitung bis 1981 fortgeführt. Und ich freue mich sehr, dass Sie, Frau Steinfatt, und Sie, Herr Diekmann, als Nichte, beziehungsweise Cousin Frau von Thadens an unserer kleinen Benennungsfeier teilnehmen können.

 

Noch weitere Verkehrsflächen, wie sie so nüchtern genannt werden, erhalten heute neue Namen und ich möchte auch die hervorheben, bevor nachher im Anschluss der Benennungs-Rundgang beginnt: Kurt Emmerich, legendärer Sportreporter im NDR-Hörfunk, dann Pressesprecher des HSV;

 

Ursula Falke, die viele von Ihnen noch kennen, eine intensiv engagierte Wilhelmsburgerin als Kirchenvorstand, Heimatkundlerin, Stadtteilführerin und Mitinitiatorin der Wilhelmsburger Tafel. Angehörige dieser beiden verdienten Personen Herrn Emmerich, den Sohn, sowie Herrn Falke, den Ehemann , begrüße ich hier ebenfalls.

 

Elsa Bromeis, eine Sportlerin früherer Zeiten, hat unter anderem vor fast 80 Jahren in Kopenhagen eine Vize-Europameisterschaft im 500-m-Einer-Kajak nach Hamburg geholt.

 

Sie alle werden heute Namensgeber eines Platzes, eines Kanals das ist natürlich Frau Bromeis , eines Terrassen-Ensembles. Nicht zu vergessen den Bürgerhaus-See, der im Volksmund schon lange so heißt und jetzt auch offiziell den Namen eines zentralen Wilhelmsburger Begegnungs- und Veranstaltungsortes erhält.   

 

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich aber noch auf Muharrem Acar zurückkommen. Viele hier werden sich an ihn erinnern. Ich finde, dass sein Lebenslauf geradezu stellvertretend für eine ganze Generation türkischer Einwanderer stehen kann, die sich in Deutschland eingelebt, eingemischt und engagiert, also im denkbar besten Sinne integriert hat. 

 

Das gilt ganz besonders für Muharrem Acars Eintreten für die Demokratie, indem er selbst als Beispiel vorangegangen ist und gezeigt hat, was dieses Wort im Arbeitsalltag und überhaupt im Alltag - bedeutet. 

 

Muharrem Acar wurde am 1957 in Izmir geboren und ist kurz vor dem Jahresende 2009 in Hamburg gestorben. Er kam 1971 im Alter von 14 Jahren nach Wilhelmsburg, als sein Vater, der bei der Bundesbahn arbeitete, die Familie nach Deutschland holte.  

 

Hier lernte er zunächst ein Jahr lang Deutsch und arbeitete anschließend in der Gastronomie und in einer Lackfabrik in Wilhelmsburg, bevor er 1979 sein Arbeitsverhältnis bei der Norddeutschen Affinerie, heute Aurubis, begann. Bei der Affi hat er sich gewerkschaftlich engagiert, er wurde Betriebsrat und später auch dafür freigestellt.  

Das war genug Arbeit, trotzdem wurde Muharrem Acar außerdem ehrenamtlicher Arbeitsrichter. Er gründete eine Familie und er nahm die deutsche Staatsbürgerschaft an. 

 

1998 hat er dann die Affi verlassen und den Schritt in die Selbständigkeit als Einzelhändler und Marktbeschicker gewagt.

 

Dieser echte Wilhelmsburger hat mit seiner Frau und zwei Töchtern immer hier gewohnt, jedenfalls fast immer, mit einem vierjährigen Abstecher nach nebenan auf die Veddel, und er hat sich darüber hinaus immer als Hamburger gefühlt.

 

Muharrem Acar hätte mir, glaube ich, zugestimmt, wenn ich sage: Diese Brücke trägt mit seinem Namen auch stellvertretend die Wertschätzung, die Hamburg und Wilhelmsburg für die Einwanderer seiner Generation ausdrücken will. Für alle diejenigen, die viel für den Zusammenhalt der Gesellschaft in diesem vielfältigen, spannenden, manchmal schwierigen, wichtigen Teil unserer Stadt und natürlich vieler anderer Städte in ganz Deutschland getan haben.

 

Wir alle, meine Damen und Herren, müssen da weiter machen. Der Senat tut das zum Beispiel mit seiner schon sehr erfolgreichen Einbürgerungskampagne. Die setzen wir fort: Alle 137.000 Hamburgerinnen und Hamburger, die noch keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, obwohl sie die Voraussetzungen erfüllen, werde ich nach und nach persönlich anschreiben. Bis Ende 2012 haben wir schon Zehntausende Adressaten kontaktiert, und die Zahl der Einbürgerungsanträge stieg in der Folge um mehr als ein Drittel.

 

Einen Glücksfall für unsere Stadt hat das Hamburger Abendblatt die 5.736 kürzlich neu Eingebürgerten genannt und damit hat es Recht. 

 

Der Senat sorgt für möglichst optimale Voraussetzungen, damit neue wie alte Bewohner ihr Leben nach ihren Wünschen und Bedürfnissen gestalten können. Wir bauen die Kita- und Krippenangebote für die Jüngsten aus und halten die Gebühren niedrig. Stadtteilschulen und Gymnasien führen zum Abitur, und die neue Jugendberufsagentur kümmert sich um junge Leute mit Schwierigkeiten beim Übergang zwischen Schule und Beruf viele von ihnen mit dem viel zitierten Migrationshintergrund.

 

Der nächste Schritt folgt jetzt. Ein neues Konzept der Sozialbehörde hat das erklärte Ziel, Willkommenskultur, Vielfalt und Zusammenhalt weiter zu stärken. Der Integrationsbeirat hat daran wesentlich mitgearbeitet und überhaupt beruht das Konzept auf einem umfassenden Partizipationsprozess.

Integration, sagt der Senator Detlef Scheele dazu, kann nur gemeinsam gelingen. Wir wollen Angebote so ausgestalten, dass sie tatsächlich alle erreichen, indem wir zum Beispiel die Eltern im Bildungsbereich stärker einbeziehen.

 

Und Interkulturelle Öffnung heißt auch, dass die hamburgische Verwaltung die Bevölkerung realistisch in ihrer Vielfalt widerspiegelt. Also wollen wir den Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund auf allen Ebenen erhöhen.

 

Meine Damen und Herren,

wir haben die Studiengebühren abgeschafft und bringen den Wohnungsbau massiv voran, damit die Mieten nicht weiter unproportional steigen.

 

Und, wie schon angedeutet: Gerade Wilhelmsburg wird mit der Internationalen Gartenschau und mit der Internationalen Bauausstellung auch mit dem Umzug der Stadtentwicklungs- und Umweltbehörde hierher ab diesem Frühjahr eine neue Rolle spielen, sich neu präsentieren können, auch attraktiv für neue Bewohner werden, ohne dass die jetzigen verdrängt werden.

 

Hamburgs Einwohnerzahl wächst, und das ist gut für Hamburg. Die Metropolen von heute sind Ankunftsstädte ein Ziel für diejenigen, die Ihr Leben in die Hand nehmen und es verbessern wollen.

 

Wilhelmsburg im weiten Umkreis um diese neue, verbindende Brücke ist dafür ein hervorragendes Beispiel. Und ich habe mir gerade ein sehr anschauliches großformatiges Bild angesehen bisher ist es noch eine Montage auf der man das künftige Wilhelmsburg nach der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße schon erkennt. 

Da eröffnen sich in den nächsten Jahren für diesen tollen Stadtteil noch ganz neue Möglichkeiten.

 

Auf den Elbinseln entstehen zurzeit nicht nur die modernsten Häuser Hamburgs, auch als Antwort auf die anstehende Energiewende.

 

Sondern wir werden in diesem Jahr die Trennung der Stadt an den Elbbrücken endgültig überwinden. Der Wegfall des Zollzauns hat im wahrsten Sinne des Wortes schon neue Perspektiven eröffnet.

 

Ich wünsche allen, die über die Muharrem-Acar-Brücke und den Gertrud-von-Thaden-Platz flanieren, dass ab jetzt auch die anderen Wege in ein zusammenwachsendes Wilhelmsburg noch besser zu finden sind. 

 

Vielen Dank.

   

Es gilt das gesprochene Wort.