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02.11.2012

Einweihung des Wälderhauses

Sehr geehrter Herr Weihbischof,

sehr geehrte Frau Pröpstin,

sehr geehrter Herr Pages,

sehr geehrter Herr Kruse,

sehr geehrter Herr Heller,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

Wilhelmsburg das weiß inzwischen jeder ist nicht nur eine Stadt in Hamburg, sondern auch Europas größte Flussinsel mit einem großen Entwicklungspotenzial.

 

Und mit einer Internationalen Bauausstellung (IBA), die die großen Möglichkeiten Wilhelmsburgs auf sehr vielfältige, einfallsreiche Art der Öffentlichkeit nahe bringt, künftig in Verbindung mit der internationalen Gartenschau (igs).

Wofür Wilhelmsburg bisher noch nicht so berühmt ist, sind große Waldgebiete. Die gibt es ringsum, und an vielen Orten in Hamburg, immerhin sind acht Prozent unserer Landesfläche Wald. Einige Hamburger Forstgebiete sind weithin gerühmt, der Klövensteen hat es ja sogar in einen Tatort geschafft.

 

Wilhelmsburg wird eher mit dem Kontrast aus urbaner Verdichtung, grünen Wiesen und Wasser in Verbindung gebracht der ja auch ein sehr spannender ist. Dann wiederum ist der weltweit einmalige Süßwassertide-Auwald im Heuckenlock schon ein herausragend schöner Ort der Insel.

 

Und übrigens, als im Rahmen des seinerzeitigen Groß-Hamburg-Gesetzes die Doppelstadt Harburg-Wilhelmsburg mit Hamburg vereinigt wurde, musste immerhin das Forstamt der Hansestadt deshalb verlegt werden: von Volksdorf, das jetzt in eine Randlage geraten war, zum Gänsemarkt. Auch kein sehr waldreiches Quartier, aber näher an den Gehölzen des neuen Hamburger Südens.

 

Es freut mich sehr, dass Wilhelmsburg neben seinen anderen Qualitäten auch auf dem Gebiet des Wald- und Forstwesens ein Begriff und eine Marke sein wird, wenn das neue Haus, das wir heute einweihen, wie erhofft angenommen wird. Es beherbergt eine große interaktive Ausstellung rund um alles, was mit dem Wald als Ökosystem, als Erholungsraum, als Wirtschaftsfaktor zu tun hat. 

 

Und wenn die sich ihres Themas so zupackend annimmt wie das Gebäude selbst architektonisch aufregend gestaltet ist, dann ist mir nicht bange. Wer hier zu Gast ist als Hotelgast oder ganze Schulklasse wird mit mehr Wissen über Hamburgs, und überhaupt den Wald hinausgehen. 

 

Meine Damen und Herren, 

 

bald werden es einunddreißig Jahre sein, seit der Spiegel mit seiner Titelgeschichte Der Wald stirbt die ganze Nation aufrüttelte.

 

Vielleicht hat uns kein anderes Thema so sehr ja, aufgerüttelt, ich wüsste kein besseres Wort für das, was das kollektive Bewusstsein in puncto Umwelt damals brauchte. Den blauen Himmel über der Ruhr hatte Willy Brandt schon ein Jahrzehnt vorher verkündet, als Vision und konkretes Ziel. Aber ein Deutschland, in dem es nur noch Strauchvegetation geben würde, wie es Förster und Wissenschaftler durchaus ernsthaft an die Wand malten oder sollte ich sagen: in den Sand malten? das durfte nicht sein, da musste die Öffentlichkeit aufstehen, die Politik handeln, mussten Wirtschaft, Verkehr und private Haushalte entschwefeln statt schwafeln.  

So war es damals als Parole ausgegeben, und auch ein anderes  großes Wort war nicht zu groß: der ökologische Umbau der Industrie, den wir nicht nur andenken, sondern auch konkret anpacken sollten.

 

Haben wir das erfolgreich getan? Auch wenn es ein weites Feld ist, und nächstes Jahr vermutlich noch oft über das Thema zu reden sein wird dreißig Jahre nach dem Spiegel-Titel so lässt sich immerhin sagen: Die Politik und die Industrie haben gehandelt. 

 

Sicher auch unter dem Druck eines enormen Alarmismus, der ja immer eine zweischneidige Sache ist. Aber wenn der Wald heute noch lebt, sich an vielen Standorten sogar merklich erholt hat, wir jedenfalls keine Strauchvegetation in Deutschland mehr befürchten müssen, dann liegt  das auch daran, dass der Beweis erbracht wurde: Emissionsverminderung, und im weiteren Sinne: ingenieursgetriebener Umweltschutz sind keine Bedrohungen des Wachstums und der Industriegesellschaft, sondern können und müssen das Beste in ihr aktivieren. Von der damaligen Großfeuerungsanlagen-Verordnung bis zu den Stickoxid-Minderungen aus dem Straßenverkehr Stichworte Katalysator und bleifreies Benzin sind, zum Teil gegen heftige Bedenken und Widerstände, ausgesprochene Erfolgsgeschichten geschrieben worden.

 

Daran müssen wir auch jetzt anknüpfen, wenn es um die Energiewende geht oder andere vitale Interessen der Stadt, ihrer Wirtschaft und ihrer intakten Umwelt. Da gibt es noch manche Zielkonflikte zu lösen wohlgemerkt zu lösen, nicht übers Knie zu brechen oder durch Konfrontation unlösbar zu  machen.  

 

Soviel, meine Damen und Herren, zum Thema Wald in Wilhelmsburg, und anderswo. Der Wald, auch das ist klar, braucht zum Überleben und Gedeihen eine sach- und zeitgemäße Forstwirtschaft; die gibt es in Hamburg seit Langem. Und es gibt die Hamburgerinnen und Hamburger, alte und junge und alle dazwischen, die ihren Wald lieben und die ihre Kenntnisse über den Wald und den Umgang mit ihm vertiefen wollen.  

 

Das neue Wälderhaus wird dazu beitragen, dass wir uns den Wald noch intensiver zurückgewinnen. Im frühen Mittelalter konnten noch die Vorfahren der heutigen Eichhörnchen von der Elbe bis an die Eckernförder Bucht ohne Bodenberührung von Ast zu Ast springen. Das ist lange her, und als Karl der Große die Hammaburg errichten ließ - eine an einen Wald gebaute Burg, so die mutmaßliche Bedeutung des Wortes -, da mußten bereits 6.000 bis 8.000 Bäume dafür gefällt werden.

 

In den folgenden Jahrhunderten hat der Wald zuerst dem Ackerbau Platz machen müssen. Dann lieferte er das Holz, auf dem Hamburgs wachsender Wohlstand basierte - im wahrsten Sinne, denn wegen der Beschaffenheit des Untergrundes mussten viele Gebäude auf eingerammte Pfähle gestellt werden. Auch das heutige Rathaus ruht auf solch gewachsenem Fundament. 

 

Wie und in welchen Schritten es gelingen konnte, allmählich zu einer planvollen Forstwirtschaft zu gelangen und dem Wald auch im industrialisierten Hamburg Flächen und Überlebenschancen zu sichern, das ist ein ganz wichtiger Teil der Stadtgeschichte und der Gegenwart. Heute ist Hamburg für Einheimische und Besucher weder ohne seinen Hafen, seine Wirtschaftskraft und -aktivität noch ohne seinen Wald denkbar. Hamburg wird ihm seinen wichtigen Platz an der Sonne oder eher im Schatten, je nach Baumart erhalten und dafür sorgen, dass auch künftig jeder weiß, wo er hingehen kann, wenn er mal nur Eichhörnchen sehen will und sonst keinen. 

 

Meine Damen und Herren,

wir werden gleich multimedial über das Werden und die Aufgaben, die Architektur und die Zukunft des Wälderhauses informiert. Ich freue mich darauf, danke der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dem Architektenbüro Heller und den vielen weiteren Beteiligten, und wünsche dem Haus viele Besucherinnen und Besucher. 

 

Es gilt das gesprochene Wort.