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01.07.2013

Energiewende in Norddeutschland

 

 

Sehr geehrter Herr Präses Melsheimer, Herr Bundesminister, sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin gebeten worden, ein paar Worte zu den Hamburger Beiträgen zur Energiewende zu sagen. Ich will mich auch daran halten, obwohl ja schon aus dem Beitrag des Bundesministers klar geworden sein dürft, dass die Energiewende nicht isoliert in einem Land gelingen kann.  Denn wir sind alle miteinander zusammen gefordert und müssen es hinbekommen, dass die Energiewende in Deutschland gemeinschaftlich vorangebracht wird.

Wir reden, wenn wir über Energiewende sprechen im Wesentlichen über Strom. Dabei will ich es auch belassen, obwohl die Energiewende und die Umweltpolitik viel umfassender sind und wir viele Aufgaben zu lösen haben, die aufzuzählen aber den heutigen Rahmen sprengen würde.  
Deutschland ist ein wirtschaftlich sehr erfolgreiches Land, wir haben einen hohen Wohlstand und diesen Wohlstand verdanken wir zu einem erheblichen Teil dem Erfolg unserer Wirtschaft und unserer Industrie. Dass das so ist, kann man daran sehen, dass wir mehr Strom verbrauchen als andere. Wenn wir uns die Zahlen anschauen, dann sehen wir, dass ungefähr 70% des Stroms für Wirtschaft und Industrie verwendet werden. In Deutschland ist das ungefähr doppelt so viel wie in Großbritannien, ungefähr doppelt so viel wie in Frankreich oder ungefähr doppelt so viel wie in Italien. Alles mehr oder weniger erfolgreiche Industrieländer. Wenn die Energiewende und eine ordentliche Stromversorgung in Deutschland nicht gelingen, dann riskieren wir die Grundlage unseres Wohlstands  - und das sollten wir nicht tun. Deshalb haben wir gar keine andere Chance, als das gemeinschaftlich vernünftig zu bewältigen. Aber diese Zahl - 70% des Storms wird etwa für Wirtschaft und Industrie verwandt - macht deutlich, von welch eminent großer Bedeutung das Thema ist, das uns heute zusammengeführt hat.
Dass wir die Energiewende hinbekommen müssen und gleichzeitig den Ausstieg aus der Atomenergie, ist schon beschrieben worden. Man kann sich das gut vorstellen, wenn man weiß, wie viele Atomkraftwerke um Hamburg herum noch stehen. In Betrieb sind ja nicht mehr so viele, aber sie waren alle mal da und haben ein Problem gelöst, das für Norddeutschland sehr groß war. Nämlich, dass wir keine natürlichen Erzeugungskapazitäten für Strom in ausreichender Menge hatten. Andere besonders hochindustrialisierte Bundesländer, wenn sie nicht wie Nordrhein-Westfahlen Kohlevorkommen haben, also beispielsweiseBaden-Württemberg, Bayern und  Hessen, haben deshalb noch viel mehr auf Atomenergie gesetzt. Auch wenn, bezogen auf ganz Deutschland, der Anteil der Atomenergie relativ überschaubar war. Gerade diese Länder, die durch ihre viele Industrie  sehr stark auf Energie angewiesen sind, haben teilweise einen Anteil von 50% in ihrer regionalen Stromversorgung gehabt. Da wird die Herausforderung deutlich.
Wenn wir also über Energiewende und einen Hamburger Beitrag und den Beitrag des Nordens dazu diskutieren, wird deutlich, dass eine Herausforderung von zentraler Bedeutung ist: Wie bauen wir ein funktionierendes Übertragungsnetz in ganz Deutschland so schnell wie möglich auf, damit es gelingen kann, den jeweils an unterschiedlichen Stellen zu unterschiedlichen Zeiten produzierten Strom aus erneuerbaren Energiequellen dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird? Das hat auch etwas zu tun mit der erwähnten Thüringer Strombrücke - obwohl es dort nicht so viel um Wind-  und Solarenergie und ganz viel um Braunkohle geht, die damit für Hessen und Bayern verfügbar wird. Aber es ist unbedingt notwendig, dass die Stromtrasse jetzt tatsächlich realisiert werden kann. Das gilt für die Stromleitungen vom Norden in den Süden, die geplant sind, aber auch realisiert werden müssen! Wenn diese Stromtrassen nicht entstehen, dann wird es in keiner Weise gelingen, die Stromversorgung der eben genannten Länder im Süden auch in Zukunft noch zu gewährleisten. Es muss aber gelingen, da sie für den volkswirtschaftlichen Erfolg Deutschlands insgesamt von größter Bedeutung sind. Völlig widersinnig wäre es, wenn wir uns hier im Norden Deutschlands sagen würden: wir haben ja genug Strom, eher zu viel Strom. Umgekehrt ist es richtig. Auch unser wirtschaftlicher Erfolg beruht darauf, dass es dort gut läuft. Und Hamburg als Hafen von Baden Württemberg, als Hafen von Hessen  und von Bayern ist natürlich unmittelbar darauf angewiesen, dass es dort wirtschaftlich brummt. Also: Erste Priorität hat der Netzausbau.

Ich habe in der letzten Zeit einige gehört die sagen, so viel wäre gar nicht nötig, sie hätten nachgerechnet, man käme mit der Hälfte aus. Ich warne alle Unvorsichtigen. Das sind Wetten, die man nicht eingehen sollte. Wenn das nicht stimmt, dass es nicht notwendig ist und am Ende stehen die Stromleitungen nicht, aber der Strom wird trotzdem gebraucht, dann hat man eine ganze Volkswirtschaft abgewürgt. Deshalb glaube ich, darf es keine Abstriche von den jetzigen Netzausbauplänen geben, was das Übertragungsnetz betrifft.  Und wir müssen sie mit der Geschwindigkeit realisieren, die notwendig ist, damit wir die sich abschaltenden Atomkraftwerke ersetzen können und einen Teil des Stroms, der in den genannten Ländern benötigt wird, auch tatsächlich anderswo produzieren und dort zur Verfügung stellen können.
Vielleicht einen Blick in die Ferne: Ich bin überzeugt, dass die erneuerbaren Energien auf ein sehr gutes Übertragungsnetz angewiesen sind. Wir haben die Vereinbarung mit Norwegen in den letzten Jahren begleitet. Sie ist nun zustande gekommen. Dieses Stromkabel wird dazu beitragen, dass sowohl Norwegen als auch Deutschland davon profitieren. Wenn nämlich dort nicht genügend Wasserkraft zur Verfügung steht, dann kann die Windenergie aus dem Norden Deutschlands benutzt werden. Und umgekehrt, wenn wir Flauten haben, können wir die Wasserkraft aus Norwegen nutzen. Es geht darum, dass ein Ausgleich stattfindet.
Etwas Ähnliches wird man sicherlich mit den Wasserkraftmöglichkeiten zum Beispiel Österreichs zustande bringen müssen. Ich glaube, dass die Antwort auf die Herausforderung die wir haben ein europäisches Netz ist, statt dass sich jeder nur auf sich selbst bezieht. Netzausbau ist also das eine.

Wenn es um Norddeutschlands Beitrag zur Stromerzeugung geht, geht es natürlich um die Frage der Windenergie und zwar Onshore und Offshore. Der Onshore-Aufbau ist schon sehr weit fortgeschritten in Norddeutschland und erzeugt schon relativ viel Strom. In vielen Fällen sogar fast wirtschaftlich auch ohne EEG Zuschlag. Aber, der Herr Bundesminister hat es eben auch nochmal gesagt, ohne die grundlastfähige Offshore-Windenergie wird das mit der Energiewende in Deutschland nicht richtig funktionieren können. Nur die Offshore-Windenergie kann wirklich garantieren, dass wir dauerhaft Strom produzieren, der ähnlich wie bei klassischen Kraftwerken als Grundlast zur Verfügung steht und genutzt werden kann für die Stromversorgung des ganzen Landes. Darum ist es gut, dass bei der Offshore-Windenergie jetzt notwendige Schritte gemacht sind. Durch eine Veränderung des Ausbauplans kann nicht mehr jeder einfach kommen und sagen, ich baue einen Windpark und kann den in einer ganz kurzen Zeit angeschlossen bekommen. Wir haben einen Ausbauplan miteinander vereinbart, der dazu führt, dass jeder weiß, wann er angeschlossen werden kann. Das macht es möglich, dass die Investitionen in die Netze und den Anschluss der Offshore-Windparks jetzt getätigt werden können, das macht möglich, dass die Investitionen in die Offshore-Windparks stattfinden. Was wir in der Tat brauchen, das ist Sicherheit für die Investoren, so dass sie kalkulieren können. Wenn man Milliarden investieren will, ist es schwerwiegend, sich zu verrechnen. Da kann ein Rechenfehler dazu beitragen, dass hunderte Millionen Verluste entstehen. Da sind wir als Politik und als Staat in Deutschland verpflichtet, verlässliche Investitionsrahmenbedingungen sicherzustellen, damit die privatwirtschaftlichen Investitionen in diesem Netzausbau, dem Anschluss der Offshore-Windparks und den Bau dieser Parks auch tatsächlich gelingen können. Ich wünsche mir, dass die gegenwärtige Verunsicherung schnell ein Ende hat, denn die hat in der Tat dazu geführt, dass manche Finanzierungen für den Ausbau dieser Erzeugungskapazitäten infrage gestellt werden. Aus meiner Sicht heißt das ganz klar, dass es keine Verschlechterung der Rahmenbedingungen geben darf. Denn wir haben sie gerade neu organisiert, um diese langfristigen Investitionen zustande zu bringen.
Mein Wunsch an die Politik insgesamt ist, dass die Verantwortlichen hier nicht nur als Politiker agieren. Das ist für einen Politiker schwer zu sagen, aber ich will es ausdrücklich tun. Bei manchen Gesprächen der letzten Jahre und Wochen und Monate habe ich den Eindruck gewonnen, dass einige zwar Kompromisse machen, die auf dem Felde der Politik funktionieren. Da müssen die Grünen was kriegen, da muss die CDU was kriegen, da muss die FDP noch bedient werden und die SPD und wenn alle zusammen glücklich sind, ist das ein Kompromiss. Aber hier haben wir es mit wirtschaftlichen Gegebenheiten und Fragestellungen zu tun, die man mit einem Rechenschieber lösen muss. Es muss am Ende auch noch aufgehen. Es reicht nicht, dass wir uns einig sind; es muss in der Wirklichkeit funktionieren. Und diese Bedeutung der Wirklichkeit für das Investitionsgeschehen, die muss künftig eine größere Rolle spielen als ich das in der Vergangenheit wahrgenommen habe. Sonst wird das alles im Detail nichts werden, weil es sich schlichtweg nicht rechnet und deshalb nicht funktionieren kann. Aus meiner Sicht ist das das große Thema, insbesondere bei der Offshore-Windenergie.
Dass wir uns miteinander verständigen müssen, wo ein Ausbau stattfinden soll, dafür stehe ich auch. Ich bin ganz froh, dass die 16 Länder es immerhin geschafft haben, ein gemeinsames Papier mit einer solchen Konzeption zu verabschieden. Da steht übrigens drin, dass auch Bayern,  Baden-Württemberg,  Hessen und auch  Sachsen dem Ausbau der Offshore-Windenergie für die Energiewende in Deutschland insgesamt größte Bedeutung beimessen. Darauf kann man aufbauen.
Der norddeutsche Beitrag zur Energiewende ist also die Windenergie. Dabei müssen wir natürlich akzeptieren, dass es auch Ausbaukapazitäten in anderen Ländern Deutschlands gibt. Wenn also in Bayern der Ministerpräsident gerne ein paar Gaskraftwerke bauen möchte zum Ersatz für die vielen Atomkraftwerke - er wird vielleicht nicht so viele kriegen können, dass er alle Atomkraftwerke damit ersetzen kann - sollte eine überschaubare Menge zum Ersatz von Produktionskapazitäten dort möglich sein. Das Gleiche gilt für Baden-Württemberg und für Hessen. Und es wäre ein völlig verfehlter Standpunkt, wenn zum Beispiel ein Hamburger Bürgermeister oder eine Nordrhein-Westfälische Ministerpräsidentin oder ein Brandenburgischer Ministerpräsident angesichts ihrer Möglichkeiten, im ersten Fall mit Windenergie und in den anderen Fällen mit Kohle, darauf setzen würden, dass gar keine Erzeugungskapazitäten in diesen Ländern benötigt würden. Tatsächlich wird ein Teil auch selber dort entstehen müssen, sonst wird es einen Konsens in ganz Deutschland nicht geben.
Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass man tatsächlich zu einer 100%-Abdeckung in diesen Ländern kommt. Das sollte auch nicht gewollt werden. Ein Konsens ist aber möglich wenn man nicht nur egoistisch agiert.
    
Für die Energiewende in Deutschland ist es notwendig, auch auf fossile Kapazitäten zu bauen. Ich habe es eben für den Süden beschrieben. Wir tun das auch. Nur damit es nicht vergessen wird, wenn wir so viel über Windkraft oder Solarenergie reden. Wir werden Ende dieses Jahres, Anfang nächsten Jahres in Hamburg ein großes, hoch modernes, hoch leistungsfähiges Kohlekraftwerk eröffnen, das vermutlich angesichts der beschriebenen weltweiten Rahmenbedingungen auch wirtschaftlich sein wird. Es wird dazu beitragen, dass die industrielle Struktur Hamburgs eine sichere Stromversorgung bekommt. Rechnerisch ist dieses Kraftwerk in der Lage, ungefähr 80 bis 90% des Strombedarfs der Stadt Hamburg abzudecken.
Kein Grund, sich zurückzulehnen. Aus meiner Sicht ist es schwierig, dass nicht sicher ist wie die wenigen zusätzlichen fossilen Kraftwerke, die in Deutschland neu errichtet werden müssen, finanziert werden können. Wir haben das in Hamburg zustande gebracht. Das darf uns den Blick aber nicht dafür verstellen, dass anderswo gegenwärtig nicht investiert wird. Wir werden darüber nachdenken müssen, wie das funktionieren kann, ohne dass wir eine neue Subventionswelle auslösen. Ich will also meine Skepsis im Hinblick auf den öffentlich diskutierten Kapazitätsmarkt nicht verhehlen. Schon deshalb, weil ich das Gefühl habe, unter dieser Überschrift verbirgt sich nur das Recht, zu jeder Zeit, an jedem Ort neue fossile Kraftwerke zu errichten. Wahrscheinlich ist es besser so vorzugehen wie es bei dem einen oder anderen Vorhaben in der Vergangenheit wohl auch richtig gewesen wäre, nämlich Kapazitäten zu definieren und sie auszuschreiben. Anstatt, dass man sich hinterher über die Folgen eines ungesteuerten Prozesses wundert. Wir sollten keine Kapazitäten aufbauen, die wir nicht brauchen.
Hamburg wird ein Gaskraftwerk bauen, obwohl sie sich in Deutschland nicht rechnen. Das ist aber nicht so verwunderlich, weil wir es für die Fernwärme nutzen. Damit hat es eine wirtschaftliche Grundlage und es kann nebenbei noch Strom produzieren als GUD-Kraftwerk. Das geschieht in Wedel und ersetzt ein altes Kohlekraftwerk, insofern verbessert es die CO2-Bilanz unserer Stadt unmittelbar und ist auch auf diese Weise sehr wirtschaftlich.
Ein Hamburger Beitrag zur Energiewende ist auch, dass dieses neue GUD-Kraftwerk in Wedel als auch ein vorhandenes Kraftwerk in Tiefstack jetzt mit der Möglichkeit versehen werden, überschüssige Windenergie - um die es in Norddeutschland ja vor allem geht - in Wärme umzuwandeln: Power to heat. Das ist technisch schon jetzt möglich und es ist jetzt schon wirtschaftlich, so dass beide Investitionen sich sehr schnell rechnen und dazu beitragen werden, dass Hamburg über die größten Speicherkapazitäten einer europäischen Großstadt verfügt. Das ist für die Energiewende natürlich von größter Bedeutung. Ich glaube, dass auch andere diese Möglichkeiten nutzen sollten, denn es kann ja nicht sein, dass wir über die Notwendigkeit von Speichern wissen, dann aber keine Speicher bauen. Diese Möglichkeit existiert, da braucht man keine Berge, da muss man nicht irgendwelche Täler mit Wasser abfüllen. Sondern, man muss und kann etwas machen, was unmittelbar in unserer Stadt selber stattfinden kann.
Die nächste Investition, die wir in dieser Hinsicht auf den Weg gebracht haben, findet statt am Reitbrook. Ich habe vor wenigen Tagen den Grundstein gelegt für eine Anlage, in der Windenergie zu Wasserstoff umgewandelt wird: Power to gas. Eine wirklich beeindruckende Technologie. Manchmal muss man sich die Dinge anschauen. Und diese Anlage, die dort errichtet worden ist, die durchaus eine bemerkenswerte Kapazität hat, ist - was das eigentliche technische Kernelement betrifft - nicht viel größer als ein großer Kühlschrank. Sie hat aber doch große Kapazitäten. Noch kostet es viel zu viel, mit Forschungsmitteln des Bundesverkehrsministeriums 13 Mio. Aber wenn sich power to gas als sinnvoll erweist, weiß man jetzt schon, wie man eine solche Investition skalieren und industrialisieren kann. Das ist das, was gelingen muss, damit es in großer Menge als Teil des Energieszenarios in Deutschland umgesetzt werden kann. Meine Überzeugung ist, dass wir solche Speicherkapazitäten brauchen und dass wir diese Speicherkapazitäten nicht irgendwo brauchen, sondern dort, wo der Verbrauch stattfindet und dass wir sie möglichst schnell realisieren sollten. Grundkonsens sollte aber sein, dass es keine Produktionskapazitäten geben darf, um die Speicher zu füllen. Wir werden nicht Windkraftanlagen bauen um power to gas zu verwirklichen. Wir brauchen angesichts der produktionsbedingt immer mal wieder überschüssigen Windenergie power to gas Anlagen oder Wärmespeicher, die in der Lage sind, diese überschüssige erneuerbare Energie aufzunehmen, um sie dann zu anderen Zeiten zu nutzen. Dieser Weg ist aus meiner Sicht richtig und hätte entsprechende Vorteile für die Gesamtstabilität des Netzes.
Ich will an dieser Stelle noch etwas sagen zum EEG. Wenn wir nach der Bundestagswahl das EEG modernisieren, worüber ein Konsens zu existieren scheint und auch existieren sollte, sollten wir uns über ein paar Dinge klar sein. Ersten: Das neue EEG darf keine Investitionen abwürgen, die wir brauchen. Wenn man Investitionsanreize kaputt macht, obwohl man Investitionen haben will, darf man sich über die Folgen nicht wundern. Zweitens: Angesichts der Strompreise die in Deutschland für die Industrie auch unreguliert zu zahlen sind, wird es Unternehmen geben, die - soweit es nur geht - von diesen Regelungen befreit bleiben müssen. Und das ist hier in Hamburg sehr sinnfällig. Ich habe mir noch mal angeschaut, wer alles von den verschiedenen Regelungen profitiert und ich kann jedenfalls für meine Stadt sagen, so viele unsinnige Einzelfälle habe ich jetzt nicht gefunden. Es gibt welche, die in der bundesweiten Debatte eine Rolle spielen. Aber in Hamburg handelt es sich vorwiegend um Unternehmen, die sehr hohe Energieverbräuche haben und im internationalen Wettbewerb stehen. Und wenn wir wollen, dass so etwas in Hamburg und in Norddeutschland und in Deutschland stattfindet, dann muss es auch so sein, dass es dafür Regelungen gibt, die nicht zu Zusatzlasten der Unternehmen führen. Ich glaube, dass es immer noch so ist, dass die Zahl der Unternehmen, die von den verschiedenen Ausnahmen profitieren, überschaubar ist. Man kann sie sich fast in einem kleinen Ordner angucken und dann Unternehmen für Unternehmen prüfen, ob es wirklich sein muss oder nicht. Diese Mühe muss sich die Politik schon machen, bevor sie ein abstraktes Regelungssystem erfindet, das dann hinterher nicht funktioniert. Vielleicht sind in den letzten Jahren die Ausnahmen zu sehr ausgeweitet worden.  Aber unsere Kriterien müssen sehr scharf sein: es muss ein hoher Stromverbrauch gegeben sein und es muss für den internationalen Wettbewerb von Bedeutung sein. Dann kann man manche Ausnahmen zurückfahren, aber ganz wesentliche wahrscheinlich gar nicht. Auch das wird aus meiner Sicht für die Energiewende in Zukunft von größter Bedeutung sein. Kein Populismus, keine schnellen Sprüche in der Öffentlichkeit, sondern die Bereitschaft hart am Thema zu arbeiten und den Konsens miteinander zu suchen.
Nochmal zum Thema Ausnahmen für die Industrie: Wenn man die unsinnigen streicht, gewinnt man etwas, aber das wird das Preisproblem alleine nicht lösen. Das ist ein kleiner Fortschritt, den wir erreichen können. Den kleinen Fortschritt nicht mitzunehmen wäre dumm. Aber einen großen zu versprechen und die Illusion zu erwecken, dass mit dem Streichen von Ausnahmen bei der Industrie die Kosten etwa der EEG-Umlage so reduziert werden könnten, dass sie niemand mehr belasten, ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. Meine These ist also: machen! Aber nicht mehr, als sinnvoll ist und dann akzeptieren, dass das nicht alleine die Probleme löst, sondern dass wir auch noch andere Instrumente benötigen.
Ich glaube, dass wir das hinbekommen mit der Energiewende in Deutschland. Das wird dazu beitragen, dass unser Land seine führende technologische Rolle in der Welt erhalten kann. Wir können auf Feldern etwas zustande bringen, die für die ganze Welt von Bedeutung sind. Das gilt in Hinblick auf den Klimawandel weltweit: Wir werden nicht erfolgreich sein, indem wir den Chinesen vorschreiben, was sie alles nicht dürfen. Wir werden nur erfolgreich sein, wenn wir industrielle und technologische Konzepte entwickeln, die so attraktiv sind, dass alle anderen das auch machen wollen, weil es sich für sie rechnet und auch bei ihnen dazu beiträgt, dass sie mit weniger Energie und weniger Klimaverbrauch ihren wirtschaftlichen Wohlstand steigern können. Das wollen die, das steht ihnen zu und wir müssen auch wollen, dass das möglich ist. Insofern hängt es schon an unserer Intelligenz und unserer technologischen Kompetenz, ob das mit der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels gelingen wird oder nicht. Wir haben die besten Aussichten. Dass hier die Windenergie wichtig ist und die Offshore-Windenergie, gerade in dieser Stadt, will ich zum Schluss noch mal sagen: Wir werden selbst nicht so viele Windkraftanlagen auf Hamburger Gebiet errichten. Ein paar sind drin, aber die Zahl ist überschaubar. Aber wir sind das Land, in dem sich die meisten die als Ingenieure und Konzernstrategen an diesem Thema arbeiten, versammelt haben. Und das nimmt jeden Tag weiter zu. Das ist eine gute Chance nicht nur für Hamburg oder Norddeutschland, sondern für ganz Deutschland. Weil es etwas ist, was auf der Welt so viele nicht können und wenn wir da vorangehen, dann wird es uns nutzen.

Schönen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.