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29.06.2013

Jubiläumsfeier: 40 Jahre Universität der Bundeswehr 10 Jahre Helmut-Schmidt-Universität

Jubiläumsfeier: 40 Jahre Universität der Bundeswehr 10 Jahre Helmut-Schmidt-Universität

 

Sehr geehrter Herr Professor Seidel,

meine sehr geehrten Damen und Herren, 

 

Helmut Schmidt und seine Ehefrau Loki, die in der Nähe der Horner Rennbahn aufwuchs, waren über viele Jahre hinweg Stammgäste beim Galoppderby. Als Anfang der Siebzigerjahre, in Helmut Schmidts Zeit als Verteidigungsminister, andere Städte wie Baden-Baden und Köln sich als Austragungsorte für das Rennen andienten, soll Schmidt ausgerufen haben: Wenn einer Hamburg das Derby wegnehmen will, lasse ich meine Panzer vor dem Rathaus auffahren! Der Einsatz der Streitkräfte innerhalb Deutschlands war dann zum Glück doch nicht nötig. 

 

Ganz im Ernst: Über die Aufgaben und die grundsätzliche Ausrichtung der Bundeswehr wurde seit ihrem Bestehen immer wieder und oft leidenschaftlich diskutiert. Aber heute wissen nur noch wenige, dass vor gut 40 Jahren auch die Einrichtung zweier Universitäten der Bundeswehr in München und bei uns in Hamburg umstritten war. 

 

Bundeswehr-Universitäten einerseits nach dem Vorbild der USA, wo eine akademische Laufbahn für höhere Dienstgrade vorgeschrieben ist, andererseits aufgebaut wie angloamerikanische Campus-Universitäten und eben nicht angelehnt an Militärakademien wie im englischen Sandhurst oder dem amerikanischen West Point diese Vorstellung von Helmut Schmidt teilten nicht alle. 

 

Im Gegenteil: Die Einen befürchteten eine totale Verwissenschaftlichung des Offizierkorps; die Anderen zweifelten daran, dass die Militärs überhaupt einen qualifizierten Lehrkörper für wissenschaftlich leistungsfähige Hochschulen auf die Beine stellen können. 

 

Jetzt, mit dem Abstand von vier Jahrzehnten, können wir feststellen: Die Universitäten der Bundeswehr und natürlich die jetzige Helmut-Schmidt-Universität haben die anfänglichen Skeptiker überzeugt. 

 

Die HSU ist ein integraler Bestandteil der Hamburger Hochschullandschaft geworden, mit Lehrinhalten und Forschungsgebieten im straffen Trimester-Rhythmus, die es so nirgendwo sonst gibt von der Beteiligung am Spitzencluster Luftfahrt Hamburg und am Energieforschungs-verbund zum Thema nachhaltiger Energie-versorgung bis zum Forschungsschwerpunkt Wissensformen, Konfliktdynamiken und sozialer Wandel um nur einige wenige zu nennen. 

 

Der interdisziplinäre Ansatz bereitet die Studierenden sowohl auf künftige militärische als auch auf zivile Aufgaben vor. Die Helmut-Schmidt-Universität bereichert damit nicht nur den Hochschulstandort Hamburg. Sie ist auch für die Gesellschaft insgesamt transparenter und durchlässiger geworden. 

 

Übrigens nicht zuletzt durch ihre Bibliothek, die auch für externe Nutzer zugänglich ist. Einer meiner Mitarbeiter, dessen private Leidenschaft die Sportgeschichte ist, schwärmt jedenfalls gern davon, dass die HSU-Bibliothek die seinerzeit in der DDR erschienene Neue Fußballwoche zurück bis ins Jahr 1949 vorrätig hält  

 

Meine Damen und Herren, 

die Bundeswehr-Strukturreform und die Abschaffung der Wehrpflicht haben das Gesicht der deutschen Streitkräfte verändert. 

 

Deutschland ist von Freunden umgeben das ist das Ergebnis jahrzehntelanger, oft mühsamer Friedens- und Versöhnungspolitik. Unsere fest in die freiheitlich-demokratische Grundordnung eingebetteten Streitkräfte sind unverzichtbare Garanten dieser Friedensarchitektur. 

 

Es ist gut, dass wir diese Bundeswehr haben und wir brauchen sie auch in Zukunft. Nicht nur im Katastrophenschutz, wie die teils dramatischen, lebensrettenden Einsätze in der Fluthilfe erst jüngst wieder verdeutlicht haben. Aber ebenso zur Friedenssicherung weltweit. Auch wenn, als die Bundeswehr-Universitäten entstanden, niemand an Auslandseinsätze wie im früheren Jugoslawien, in Afghanistan oder am Horn von Afrika gegen Piraten dachte. 

 

Vor einigen Wochen berichtete die Zeitung Die Welt über die Soldatenausbildung der Bundeswehr in Mali und die mannigfaltigen Probleme, die mit dem Auftrag einhergehen, dem krisengeschüttelten Land dabei zu helfen, selbstständig für seine Sicherheit zu sorgen. Die Armee ist gespalten, viele unterstützen die Islamisten. 

 

Einer der Ausbilder ist Oberstleutnant Nouhoum Thamandou Traoré. Er ist ein Kommandeur made in Germany. In der Offiziersschule, die er leitet, findet ein Großteil der EU-Ausbildermission statt. Nach Stationen als Zugführer und Kompaniechef hat er sein Pädagogikstudium hier an der Helmut-Schmidt-Universität absolviert und dann die Führungsakademie der Bundeswehr besucht. 

 

Heute versuchen er und seine Kollegen mit wachsendem Erfolg unter schwierigsten Bedingungen stabilisierende Strukturen in dem Land aufzubauen. Vor der Kaserne in Koulikoro steht der Wagen von Oberstleutnant Traoré mit Hamburger Kennzeichen. 

 

Nicht alle Bundeswehr-Auslandseinsätze verlaufen so relativ friedlich. Ich selbst habe im Bundestag stets nach reiflicher Überlegung vielen Einsätzen zugestimmt. Das fällt nicht leicht, wo es doch um Leben und Tod geht. Und niemand sollte sich diese Entscheidungen leicht machen. 

 

Im zu Recht engen Rahmen unserer Verfassung muss das Für und Wider solcher Einsätze im demokratischen Staat sorgfältig abgewogen werden eingebunden in die Vereinten Nationen, die Nato und die Europäische Union. Es kann richtig sein, ja zu sagen wie nach den Terroranschlägen des 11. September 2001; und es kann richtig sein, nein zu sagen, wie beim letzten Irak-Krieg. Immer nein oder immer ja zu sagen, das ist aus meiner Sicht keine verantwortliche Haltung. 

 

Meine Damen und Herren, 

an die Stelle des einstigen Staats im Staate ist das oft zitierte Leitbild vom Bürger in Uniform getreten. Darauf können wir alle ein wenig stolz sein. Die Bundeswehr steht in der Mitte der Gesellschaft und entwickelt sich mit ihr weiter. 

 

Helmut Schmidt selbst hat im Zusammenhang mit der Abschaffung der Wehrpflicht vor einer Weile die Sorge angesprochen, die Bundeswehr könne sich als Berufsarmee von der Zivilgesellschaft lösen und verselbstständigen. Dass das nicht passiert, dazu trägt das Studium an den Bundeswehr-Universitäten gewiss bei. 

 

Und obwohl beide Universitäten als Bildungseinrichtungen für Offiziere zur Bundeswehr und ihren Streitkräften gehören, sind die Präsidenten der Bundeswehr-Universitäten Zivilisten. Allein das garantiert schon die wünschenswerte Verzahnung der beiden Welten. 

 

Das große Verdienst der Helmut-Schmidt-Universität ist ein doppeltes: vier Jahrzehnte erfolgreicher Lehr- und Forschungstätigkeit; und ihr wichtiger Beitrag zur Öffnung der Bundeswehr. Berührungsängste zwischen Zivilsten und Militärs gehören hier der Vergangenheit an. Das ist gut für uns alle. 

 

Für die Zukunft wünsche ich dieser inzwischen schon traditionsreichen Hochschule eine noch intensivere Kooperation mit der Universität Hamburg und der TU Harburg und einen höheren Anteil weiblicher Studierender. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass dieses Potenzial schon ausgeschöpft ist  

 

Im Namen des Senats gratuliere ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Helmut-Schmidt-Universität sehr herzlich zum Doppeljubiläum und wünsche Ihnen weiter viel Erfolg bei Ihrer wichtigen Arbeit. 

 

 
Es gilt das gesprochene Wort.