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29.08.2013

Eröffnung des Hauses der Philanthropie / Plan International

 

 

 

Sehr geehrter Herr Dr. Bauch,
sehr geehrte Frau Röttger,
sehr geehrte Frau Løj,
sehr geehrter Herr Schleyer,

ich habe mich sehr über die Einladung zu diesem besonders schönen Anlass gefreut. Zugleich möchte ich Ihnen die Grüße und die Anerkennung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg anlässlich der Eröffnung des Hauses der Philanthropie als neues Stiftungshaus übermitteln.

Vielleicht erinnern sich einige von Ihnen noch an die Tragikomödie About Schmidt, die vor gut zehn Jahren ins Kino kam? Jack Nicholson spielt darin den 66-jährigen Warren Schmidt, der in Pension geht und plötzlich erkennen muss, dass er nicht mehr gebraucht wird. Er fühlt sich nutzlos, und sogar seine eigene Frau ist ihm fremd. Was man verstehen kann, denn ein Sympathieträger ist er insgesamt nicht gerade.

Trotzdem übernimmt er aufgrund eines Fernsehspots für das Kinderhilfswerk Plan International kein erfundener Name eine Patenschaft für einen Jungen aus Tansania. Ihm erzählt er von sich selbst in Briefen, die sich nach und nach zu einer nicht sehr schmeichelhaften Lebensbilanz summieren.

Viel später erreicht Schmidt eine Antwort aus Tansania. Eine Ordensschwester bedankt sich für die Unterstützung, und der sechsjährige Ndugu hat ein selbstgemaltes Bild beigelegt. Für Warren Schmidt, den Philanthropen wider Willen, dessen Büroakten sofort nach seiner Verabschiedung auf dem Müll gelandet sind, heißt das: Sein Leben ist doch nicht bedeutungslos. Und er hat etwas bewirkt.

Der Hollywoodfilm ist erfreulich un-kitschig und nah an der Wirklichkeit. Bei Plan International kennt man viele solcher Geschichten. Sie erzählen davon, wie gut es tut, Gutes zu tun. Und wie anders viele Unterstützer ihr eigenes Leben zu sehen beginnen, wenn sie sich mit den oft kaum erträglichen Lebensbedingungen in anderen Teilen der Welt auseinanderzusetzen beginnen.

Und doch mischen sich vereinzelt Bedenken in die Diskussion um Hilfe für andere:

Manche Kritiker stören sich an dem verbreiteten Schuldgefühl, weil es uns in diesem Teil der Welt so gut geht. Spenden von uns reichen Europäern hätten vor allem das Ziel, dass wir selbst uns besser fühlten.

Rupert Neudeck, der Gründer des Flüchtlings-Notärztekomitees Cap Anamur, hat vor einigen Jahren in einem Zeitungsinterview dem Hauptargument gegen Spenden für Hilfsprojekte, nämlich, dass es um eine Art Ablasshandel gehe nach dem Motto Ich kaufe mir ein gutes Gefühl, heftig widersprochen. Zunächst einmal nehme er das Bedürfnis von Menschen im reichen Europa ernst, den, wie Neudeck sich ausdrückte, Habenichtsen und Schmuddelkindern dieser Welt etwas Gutes zu tun. Erst recht bei Spendern, die selbst nicht wohlhabend seien.

Und wie war das eigentlich mit der Hilfe für die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg? Haben wir bis heute jemals einen Gedanken an womöglich eigennützige Motive der Absender der vielen Tausend Care-Pakete verschwendet?

Der französische Moralist François de La Rochefoucauld hat in seinen berühmten 1664 erstmals erschienenen Maximen und Reflexionen das sarkastische Fazit gezogen: Wir alle haben genug Kraft, die Leiden anderer zu ertragen. Dabei ging es ihm um die unterschiedliche Bewertung von Situationen je nachdem, ob man persönlich betroffen ist oder nicht.

Die Unterstützer von Plan International widerlegen ihn Tag für Tag. Über den eigenen Tellerrand zu sehen, sich eben nicht nur für die eigene Existenz zu interessieren, entspricht einer zutiefst humanen Haltung und dem ureigenen Bedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger, auch für andere da sein zu wollen.

Effektive Hilfe im globalen Maßstab aber braucht Organisation; braucht Organisationen wie Plan International.

Fast 25 Jahre Plan International Deutschland, das bedeutet gut zwei Jahrzehnte Einsatz für die Rechte und den Schutz von Kindern und ihren Familien in Afrika, Asien und Lateinamerika. Und es bedeutet insbesondere mehr als 20 Jahre großer Hilfsbereitschaft der Paten, Freunde und Förderer.

Plan Deutschland ist seit seinen Anfängen stetig gewachsen und die größte Patenschaftsorganisation Deutschlands mit heute mehr als 300.000 Patenschaften und unzähligen Projekten, die das Leben von Kindern und ihren Familien in 50 Partnerländern dauerhaft verbessern. Über politische und religiöse Grenzen hinweg, mit vergleichsweise geringem Verwaltungsaufwand, in vorbildlicher Transparenz und dem beständigen Anspruch, statt Almosen zu verteilen Hilfe zur eigenverantwortlichen Gestaltung des Lebens zu ermöglichen.

Dass Plan International Deutschland obendrein seinen Sitz bei uns in Hamburg hat, freut mich natürlich besonders. Zu verdanken haben wir diesen Umstand den Gründern, zu denen der erste Vorstandsvorsitzende Rudolf Stilcken, Sie, Herr Dr. Bauch, und der Hamburger Senator a. D. Horst Gobrecht gehören.

Der neue Sitz von Plan International Deutschland mit seinen inzwischen mehr als 100 Mitarbeitern in Hamburg wird das Haus der Philanthropie sein. Mit diesem Namen verbindet man nicht nur menschenfreundliches Denken und Verhalten, sondern in der heutigen Zeit auch Wohltätigkeit und gemeinnützige Aktivitäten.

Dazu werden im Haus der Philanthropie zahlreiche weitere Vereine und Stiftungen aus Norddeutschland eine Möglichkeit erhalten, Veranstaltungen zu initiieren und auch neue Stifter und Spender zu gewinnen. Erklärtes Ziel ist es, mit dem Haus der Philanthropie bürgerschaftliches Engagement zu fördern und weiterzuentwickeln.

Das Gemeinwohl lebt von der Kreativität, den Ideen und dem freiwilligen Einsatz der Bürgerinnen und Bürger in ihren Vereinen, Kirchen, Organisationen, Verbänden, Stiftungen und Initiativen. Bürgerschaftliches Engagement kann dabei weder staatliche Aufgaben ersetzen noch umgekehrt staatlich verordnet werden. Es ergänzt auf oft fantasievolle Weise staatliche Aufgabenfelder und ist ein wichtiger Faktor für den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Die Bereitschaft zum Engagement entsteht und wächst aus der Eigeninitiative. Die Förderung freiwilligen Engagements ist darum eine wichtige Gemeinschafts¬aufgabe.

Nicht zuletzt deshalb hat sich der Senat auf Anregung der Hamburger Bürgerschaft dazu entschlossen, eine umfangreiche Strategie zur Förderung des freiwilligen Engagements in Hamburg zu erstellen, die derzeit in einem umfassenden Beteiligungsprozess erarbeitet und im kommenden Frühjahr vorgelegt werden wird.

Gefragt ist der partnerschaftliche Dialog und ein hohes Maß an Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Aktiven und Interessengruppen.

Meine Damen und Herren,
Ihr haupt- wie ehrenamtliches, finanzielles und zeitaufwendiges Engagement kann meines Erachtens nicht genügend hervorgehoben und wertgeschätzt werden. Ihre Bereitschaft, Bedürftigen in den armen Regionen der Welt zu helfen, vermittelt Zuwendung, menschliche Wärme und gelebte Solidarität. Diese Werte zu leben, sie im praktischen Handeln umzusetzen, ist Kern einer am Gemeinnutz orientierten Gesellschaft, die es zu stärken gilt.

Ich wünsche Ihnen und allen Paten, Freunden und Förderern von Plan International Deutschland weiterhin viel Erfolg auf ihrem Weg und in diesem Haus.

 

Es gilt das gesprochene Wort.