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22.03.2013

Forum IBA meets IBA

 

Sehr geehrter Herr Hellweg,

sehr geehrter Herr Professor Sennet,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

Hamburg ist im Laufe seiner Geschichte mehrfach sozusagen bei laufendem Betrieb um- und neu gebaut worden, ohne dass darüber Jahrzehnte vergehen durften. Nicht nur nach dem großen Brand oder nach dem Zweiten Weltkrieg.

 

Hamburg ist seit altersher eine Stadt, die offen war und ist für städtebaulichen Wandel, für architektonische Entwicklung, den Versuch und das Experiment mit Neuem. All dies immer mit dem Ziel im Blick, eine lebenswerte, grüne, internationale Stadt mit vielen verschiedenen Gesichtern für seine Bürgerinnen und Bürger, für Neuankömmlinge und Gäste zu sein, zu bleiben.

 

Die New York Times hat vor einer Weile Hamburg genau diese Attribute verliehen. Unter der Überschrift: Pursuing a vision: Green and liveable hat sie über unsere Schritte auf diesem Weg, unsere Ziele berichtet. Und sie hätte hinzufügen können, dass zur Lebensqualität die Lage am Fluss und am Wasser, der amphibische Charakter der Stadt gehört. Ein Zitat aus der New York Times fasst kurz und treffend zusammen, was wir wollen:

 

The goal is to improve the quality of life and attract new residents, hoping to inspire others.  

Dass Hamburg hierbei eine Reihe von ganz besonderen Partnerstädten hat, die prädestiniert sind für ein gegenseitiges Voneinanderlernen, ist hierbei fast zwangsläufig. Shanghai ist darunter, Marseille (wo ich vor einer Woche war und wo es eine beeindruckende Stadtentwicklung zu besichtigen gibt), auch Chicago, die Heimatstadt unseres heutigen Gastes. Ihre Heimatstadt, eine ungeheuer inspirierende, eine schöne lebenswerte internationale Stadt am Wasser, Herr Professor Sennet.

 

Die internationae Bauaustellung IBA 2013 ist also am richtigen Ort. In Hamburg, genauer noch in Wilhelmsburg, der größten bewohnten Flussinsel Europas, manche sagen: der zweitgrößten der Welt nach Manhattan. Einem spannenden, zentralen Ort in Hamburg.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

dass die IBA hier stattfindet, ist Ausdruck unserer Entschlossenheit, Probleme anzugehen, bevor sie aufkommen. Wir wollen sowohl die Vision verfolgen, grün und drin lebenswert zu sein so übersetze ich liveable als auch, attraktiv für neue Bewohner zu sein ebenso wie für die Eingesessenen. Für das weitere Wachsen unserer Bevölkerung, das wir begrüßen und fördern, müssen wir Vorsorge treffen, durch Wohnungsbau und moderne Stadtplanung. Und zwar deutlich mehr, als das früher geschehen ist.

Die Internationale Bauausstellung IBA soll zeigen, dass pursuing a vision im Städtebau kein Sandkastenspiel ist und keine folgenlose Endlosschleife von Computer­animationen. Sondern dass das Verfolgen einer solchen Vision sich in überschaubaren Zeiträumen sehr konkret, anfassbar und begehbar im Stadtbild ausdrücken kann und muss.

Das Motto, Entwürfe für die Zukunft der Metropole, unter dem die IBA Hamburg seit 2007 steht, bezeichnet den Anspruch der Internationalen Bauausstellung als ein Stadtentwicklungsprojekt, das Architektur, Freiraumplanung und Städtebau vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels zusammenführt.

 

Dieser Anspruch ist denkbar hoch, denn einerseits hat die Zukunft der Metropole längst begonnen, andererseits weiß niemand, was die fernere Zukunft bringt. Was wir aber wissen: Wir können die Zukunft gestalten. Und die Entwicklung unserer Gesellschaft fokussiert sich seit jeher zuerst und beispielhaft in den modernen Metropolen.

 

Wie die Bedürfnisse einer großen Stadt im 21. Jahrhundert in ökonomischer, ökologischer und sozialer Balance erfüllt werden können, dafür liefert die IBA Hamburg Anregungen und Anstöße mit mehr als 60 baulichen, sozialen und kulturellen Projekten und Programmen.

 

 

Meine Damen und Herren,


für Hamburg ist das dringend nötig. Soziologen und Stadtplaner erwarten einen Zuwachs der Hamburger Bevölkerung von derzeit 1,8 Millionen auf 1,9 Millionen innerhalb des nächsten Jahrzehnts; selbst zwei Millionen sind nicht unrealistisch.

 

Hamburg hat das Glück ja: es ist ein Glück und keine Bedrohung dass Menschen zu uns kommen. Es ist ein Glück, eine wachsende Stadt zu sein, deren Dynamik aus den Hoffnungen der bisherigen und der neuen Bürgerinnen und Bürger entsteht. Denn diese neuen Bürgerinnen und Bürger sind sicher, ihre Hoffnungen auf ein gutes oder besseres Leben nur in der Stadt realisieren zu können. Der Mut dieser Männer und Frauen, ihre Hoffnungen, ihre Entschlossenheit, ihr Optimismus tragen entscheidend zur Dynamik der Städte bei.

 

Wenn wir diese Hoffnungen nicht enttäuschen und die Dynamik nicht verlieren wollen, dürfen wir vor der großen Stadt keine Angst haben. Wir müssen Hoffnungen und Dynamik optimale Bedingungen bieten.

 

  • Wir müssen Liberalität und Sicherheit gewährleisten;

 

  • wir müssen als Ankunftsstadt den neuen Bürgerinnen und Bürgern die Perspektive der Integration eröffnen. Immerhin mehr als 400.000 der 1,8 Millionen Bewohner unserer Stadt sind Zuwanderer oder deren Kinder;

 

  • und wir müssen es ermöglichen, dass unabhängig vom Elternhaus alle Kinder eine ausreichende Bildung erwerben. Darum brauchen wir Krippen, Kitas, Grundschulen mit kleinen Klassen und Ganztagsbetreuung, Gymnasien und Stadteilschulen, die beide zum Abitur führen können. Deswegen schaffen wir in Hamburg eine erstklassige Schullandschaft, kümmern wir uns um Berufsausbildungs-angebote und Universitäten. Als bedeutende Orte des öffentlichen Raumes sind solche Gebäude zugleich besondere Herausforderungen für die Baukultur und das öffentliche Bauen.

 

So oder so muss die Stadt die Probleme berufs-tätiger Eltern lösen und ein flächendeckendes Angebot von Krippen, Kitas und Schulen mit Ganztagsbetrieb gewährleisten. Als notwendige Ergänzung zu dem breiten Arbeitsmarkt, der Männern und Frauen in der großen Stadt mehr berufliche Perspektiven bei vielen Arbeitgebern ermöglicht.

 

Optimale Bedingungen dazu gehört auch, dass wir die Energiewende vorantreiben.

Und dass wir die Infrastruktur entwickeln. Das gilt für den innerstädtischen Verkehr mit S-Bahnen, U- Bahnen, Bussen, Fahrrädern, Carsharing und Elektromobilität.

 

Deshalb werden wir das vorhandene Bussystem zu einem hochmodernen System entwickeln. Wir werden Kapazitäten erhöhen, weitere Busspuren und Vorrang-schaltungen an Ampeln einrichten, zusätzliche Busse anschaffen, wir verlängern die U 4 von der HafenCity bis zu den Elbbrücken und planen eine neue Schnellbahn, die S 4. Ab 2020 schaffen wir nur noch emissionsfreie Busse an.

 

Zunehmend wichtig ist die Intermodalität. Dass der Übergang von Bahn zu Bus, zu Stadtrad oder eigenem Rad, zum Carsharing-Angebot sicher flächendeckend funktioniert.

 

Optimale Bedingungen schaffen, das heißt auch, dass wir Flächen für Büros und Gewerbe ausweisen und die Wirtschaft fördern. Mentalität und Erfolg der Stadt gründen auf ihre Attraktivität als Wohnstätte mit viel Grün. Aber eben auch darauf, dass die Stadt ihren Wirtschaftsverkehr bewältigt und ihre Qualität als klassischer Industrie- und Gewerbestandort pflegt.

 

Daraus ergeben sich neue Herausforderungen. Zum Beispiel stellt sich die Frage, wie wir für das Handwerk auch zentral in der Stadt und nicht nur an ihrem Rand Gewerbeflächen entwickeln können; etwa mit neuen Gewerbehöfen. Es stellt sich die Frage, ob Gewerbegebäude gelegentlich angesichts vieler technologischer Veränderungen des modernen Maschinenparks mit geringerem Gewicht und reduzierten Emissionen nicht auch wieder mehrstöckig errichtet werden können, wie es Anfang des vorigen Jahrhunderts oft der Fall war.

 

Bezogen auf den Wohnungsbau ist meine Meinung die, dass wir uns an den Gedanken gewöhnen sollten, hier und da wieder höher zu bauen. Denn unsere Flächen sind begrenzt. Wenn wir weitere Eingriffe in empfindliche Naturräume vermeiden wollen, müssen wir das Wachstum weitgehend in der bestehenden Siedlungskulisse umsetzen.

 

Wohnraum zu bauen, ist ein zentrales Ziel dieses Senats. Hamburgs Wohnungsbau­programm ist das vielleicht größte in Deutschland derzeit. Ende 2012 war der Bau von mehr als 8.700 neuen Wohnungen genehmigt, noch einmal deutlich mehr als im Vorjahr.

 

Anders als im vergangenen Jahrzehnt dürfen wir mit dieser Anstrengung nie wieder nachlassen.

 

Das bedeutet: Die Stadtplaner sind aufgerufen, nicht nur gewachsene Quartiere zu betrachten, wo reichlich Wohnraum vorhanden ist und sich Wohnen und Gewerbe bereits mischen, sondern solche Quartiere neu zu entwickeln. Oder auch ein Haus, das das gewährleistet. Die Hybrid Houses der IBA zum Beispiel sind gelungene und wirtschaftlich erfolgreiche Beispiele dafür.

 

Auch Sport- und Freizeitangebote müssen zu den sich ändernden Bedürfnissen passen. Und das Ziel einer barrierefreien Stadt müssen wir mehr als nur im Blick haben. Schon ein Viertel der Stadtbewohner ist heute über 60 Jahre alt 430.0000 Hamburgerinnen und Hamburger, eine mittlere Großstadt. Bald werden es mehr als 30 Prozent sein.

 

Deshalb müssen wir nicht nur Bürgersteige absenken und öffentliche Gebäude zugänglich halten, U-Bahn-Stationen bis zum Ende des Jahrzehnts barrierefrei umbauen, sondern außerdem beim Wohnungsbau und der Sanierung auf einem vernünftigen Anteil barrierefreier Wohnungen bestehen. Bedürftige müssen Pflege bekommen, und es muss Raum für neue Wohnformen wie das Servicewohnen geben.

 

Die Städte verändern sich wie ihre Bewohner. Wir müssen ebenso berücksichtigen, dass die Zahl der Ein-Personen-Haushalte steigt. Daraus ergeben sich Fragen: Wie sehen Wohnungen für Singles aus? Welche Bedürfnisse haben sie, von der Wohnfläche abgesehen?

 

Wenn es um die Entwicklung der Stadt geht, haben Wissenschaftler wie Edward Glaeser, Ökonomieprofessor aus Harvard, sehr recht. In seinem Buch Triumph of the City stellt er fest:

 

Große Städte sind nicht statisch. Städte können nicht mit neuen Gebäuden den Wandel forcieren, aber wenn es Wandel gibt, kann die richtige Art zu bauen diesem Prozess helfen.

 

 

Meine Damen und Herren,


dass die Internationale Bauausstellung 2013 in Wilhelmsburg und nicht woanders stattfindet, ist kein Zufall. Die Herausforderungen an das Zusammenleben im städtischen Raum zeigen sich hier beispielhaft, oft zugespitzt. Wo wäre aktive Stadtgestaltung besser angesiedelt, wo sind konkrete, ortsbezogene Lösungen gefragter als hier?

 

Hamburgs Süden ist seit jeher ein Transitraum. Kaum sonst wo bei uns gibt es so viel Grün und Wasser, Stadt und Landschaft nebeneinander. Und kaum ein Stadtteil vereint so viele Nationalitäten und Ursprungsländer wie Wilhelmsburg.

 

Diese Vielfalt ist eine wertvolle Quelle für Kreativität, Innovation, internationale Handlungs­fähigkeit und damit auch Zukunftsfähigkeit.

 

Die IBA passt also nicht nur zu Hamburg, sondern ganz besonders zu Wilhelmsburg. Und wir spüren: Die Elbinseln sind im Umbruch, im Aufbruch trotz aller Herausforderungen, die sich nach wie vor stellen.

 

Das Kerngebiet der IBA beginnt nördlich von hier mit der HafenCity. Sie widmet sich der Übergangs­zone zwischen Stadt und Hafen. Mit ihr wird Hamburgs Innenstadt um 40 Prozent erweitert und auf 2,5 km Länge wieder an die Elbe herangeführt. Es geht dabei um die Umwidmung von Orten traditionellen Güterumschlags, die im Zuge des Siegeszugs des Containers nicht mehr adäquat für Hafenzwecke genutzt werden können, für Hamburgs Stadtentwicklung jedoch einen unermesslichen Schatz darstellen.

 

Nur einen Katzensprung von der HafenCity entfernt, auf der Veddel und hier in Wilhelmsburg, sind die Herausforderungen anders gelagert. Hier suchen wir nach modellhaften Entwürfen für eine internationale Stadtgesellschaft, für die Gestaltung der inneren Stadtränder und für eine nachhaltige Metropole im Klimawandel.

 

Mit ihren gut fünf Dutzend innovativen Projekten zur Stadtentwicklung von morgen zeigt die IBA Wege für eine Entwicklung Wilhelmsburgs hin zu einem Raum, in dem man gern lebt und arbeitet und seine Freizeit verbringt. Hier wird die Zukunft gemacht, und mancherorts ist sie unter den vier Stichworten: growing city, open city, civic city und smart city auch schon zu sehen.

 

Von der growing city habe ich bereits gesprochen. Partizipation beim Planen ist das Anliegen der civic city.

 

Hamburg ist eine weltoffene und tolerante Stadt, und wir sind stolz darauf. Nicht nur die Bewohner, auch die Stadtteile und Quartiere müssen offen sein. Bezirke, in denen niemand wohnen will und Bezirke, in die kaum jemand mehr ziehen kann, weil die Mieten unerschwinglich sind, sind nicht offen. Die open city Thema auch für Prof. Sennett heute steht in meinen Augen für Aufwertung ohne Verdrängung.

 

Eine intelligente Stadtplanung übernimmt außerdem Verantwortung für den Klimaschutz. Infrastruktur und Verkehrskonzepte werden optimiert, modernste Technologien und Ingenieurskunst verknüpft. Von einer smart city können wir sprechen, wenn es gelingt, die Stadt zugleich funktional, ästhetisch, ökologisch und sozial zu gestalten.

 

So wie die großen Metropolen die Entwicklung der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Ökologie und der Sozialsysteme buchstäblich vorleben, so beispielhaft fokussieren sich die wichtigen Themen der Stadtentwicklung in den einzelnen Quartieren. Zwar stellen sich auf den ersten Blick in Rahlstedt andere Fragen als in Blankenese, hat man in Hammerbrook oder in Sasel andere Wünsche zur Verbesserung der Lebensqualität als in Jenfeld oder in Harvestehude.

 

Die grundlegende Herausforderung an Politik und Stadtentwicklung ist aber überall die gleiche: nämlich die Balance zu wahren zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen. Platz für Arbeit zu schaffen, für Industrie, Handel und Dienstleistung und gleichzeitig den Wohnraum lebenswert zu erhalten.

 

Die Planer sehen sich also vor der Aufgabe, all das unter Berücksichtigung des rechtlich Möglichen unter einen Hut zu bringen und obendrein diejenigen beim Planungsprozess zu beteiligen, die es direkt angeht, sie mitzunehmen. Das sind all die Alteingesessenen oder auch die Neuankömmlinge im Stadtteil vor Ort.

 

Auf den Elbinseln hier in Wilhelmsburg und auf der Veddel geschieht genau das, und die Veränderungen haben wahrhaft historische Ausmaße, wenn wir uns die Geschichte in Erinnerung rufen.

 

Vor 150 Jahren wurde von hier aus Hamburgs Bevölkerung mit Milch, Fleisch und Gemüse versorgt, die Wilhelmsburger Schiffszimmerer fanden Arbeit und Auskommen.

 

Mit dem Zollanschluss Hamburgs 1888 wuchs das preußische Wilhelmsburg zu einem Industriestandort heran. Neben der Hafenwirtschaft entstanden Öl- und Chemie­betriebe, die Arbeiter wohnten in Mietskasernen. Wegen seiner wichtigen Industrieanlagen wurde Wilhelmsburg im Zweiten Weltkrieg massiv bombardiert, und bei der großen Sturmflut im Schicksalsjahr 1962 starben mehr als 300 Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger.

 

Rückblickend hat man manchmal den Eindruck, dass nach all den Veränderungen, Bombennächten und Katastrophen, in den Sechzigerjahren und danach der Wunsch nach Ruhe auf den Elbinseln vorherrschte. Auf beiden Seiten des Flusses.

 

Aus dieser Zeit resultiert vielleicht auch das Gefühl, hier ein wenig vernachlässigt worden zu sein. Das stolze, weltstädtische und manchmal glamouröse Hamburg spielte sich jenseits der Elbe ab, und der Zollzaun hier auf dem Klütjenfelder Hauptdeich, der den Zugang und damit den Blick nach drüben versperrte, stand symbolhaft für diese Teilung.

 

Vor wenigen Wochen nun haben wir diesen Zaun abgerissen, und es war mir ein besonderes Vergnügen, mit dem Bagger einen Teil davon selbst zu beseitigen. Endlich kann sich der Blick vom Deich aus weiten, und in diesen Wochen und Monaten werden neue Perspektiven deutlich.

 

Das zeigen schon die Zahlen: Das öffentliche und private Investitionsvolumen seit 2007 in Wilhelmsburg, auf der Veddel und im Harburger Binnenhafen beträgt mehr als eine Milliarde Euro für die IBA, die demnächst eröffnete Internationale Gartenschau, den Städtebau, den S-Bahnhof, für den Energieberg, den Weltgewerbehof, die Veringhöfe und Vieles mehr. Wilhelmsburg, Veddel und Harburger Binnenhafen sind damit absoluter Spitzenreiter: In keinem Stadtteil mit Ausnahme der neu geschaffenen HafenCity wurde und wird mehr investiert.

 

90.500 m² neuer Büro- und Dienstleistungsflächen entstehen, mehr als 70 Hektar an zusätzlichen Frei- und Grünflächen, dazu 100 Hektar gestalteter Fläche der Internationalen Gartenschau, umgeben von mehr als zweieinhalb Kilometern neuer Wasserwege.

 

Die Verlegung der Reichsstraße ist ein Großprojekt für Jahrzehnte, und es bringt entscheidende Vorteile: Eine Barriere durch den Stadtteil wird beseitigt und dadurch werden neue städtische Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen. Die Verkehrssicherheit erhöht sich und die Umweltverträglichkeit steigt. Lärm- und andere Immissionen werden reduziert. Nur noch zwei große Verkehrsadern führen zukünftig durch Wilhelmsburg das macht die größte Flussinsel Europas noch ein Stück attraktiver.

 

Am bedeutendsten für die Bürgerinnen und Bürger sind aber zweifellos die Wohnungsbaupotenziale. Hier entstehen bereits jetzt und in Zukunft attraktive Angebote für Wohnen und Arbeiten, die den Stadtteil verschönern, ihn noch lebenswerter machen und quasi nebenbei den Nachfragedruck in ganz Hamburg verringern helfen.

 

Bis zum Ende dieses Jahres werden im Rahmen der IBA bereits ca. 1.300 neue Wohnungen entstanden sein. Auf dieser Grafik sehen Sie rot eingezeichnet den aktuellen Stand der Entwicklungspotenziale, die von den Planern darüber hinaus für die Zeit nach 2013 gesehen werden, insbesondere links und rechts der Wilhelmsburger Reichsstraße:

 

Im Rahmen von IBA-Projekten für die Zeit nach 2013 gut 1.800 Wohneinheiten, in den Schwerpunkträumen Zukunftsbild Elbinseln 2013 + auf der Veddel, an der Harburger Chaussee, an der Mittelachse Nord und Süd sowie in Wilhelmsburg Mitte weitere rund 3.200 Wohneinheiten.

 

Insgesamt eröffnet sich ein Potenzial von mehr als 5.000 weiteren Wohneinheiten, daneben erfolgen rund 450 energetische Modernisierungen.

 

Das Thema Bildung wird dabei nicht vergessen: Zukünftig bereichern zehn neue Bildungseinrichtungen den Stadtteil, davon fünf Bildungszentren, zwei neue Senioren-Einrichtungen mit interkulturellem Schwerpunkt, ein Studentenwohnheim, zwei Kindertagesstätten, ein Zentrum für Künstler und Kreative sowie eine Sport-, Schwimm- und Kletterhalle, Brücken, Fährverbindungen, Rad- und Wanderwege. Und am Berta-Kröger-Platz ist ein Einzelhandels­zentrum, Am Veringhof der erste Supermarkt auf der Elbinsel entstanden.

 

Und der Wilhelmsburger Inselpark ist hamburgweit die bedeutendste Baustein der Fortentwicklung unserer Stadt als Grünen Metropole.

 

Viele dieser Projekte werden auch das ein Novum und international mit großem Interesse verfolgt von jeweils individualisierten Beteiligungsverfahren begleitet:

 

  • Zu zehn Projekten fanden und finden halbjährliche Projektdialoge statt.
  • Das IBA/igs-Beteiligungsgremium hat bislang 66 Mal getagt.
  • In 20 Architektur- und städtebaulichen Wettbewerben wurden die Ideen der Planer öffentlich präsentiert.
  • Sechs IBA-Foren, neun IBA-Labore, sechs öffentliche Bürgerdialoge, sechs über­geordnete künstlerische Beteiligungsformate und eine Reihe weiterer Diskussions­werkstätten und Mediations­verfahren boten und bieten Raum für Information, Austausch, Kritik und Konsens zwischen Stadtplanern, Bürgerinnen und Bürgern und den mehr als 130 IBA-Partnern.

 

Das alles steht für eine nie dagewesene Belebung des Stadtteils als Auftakt einer Entwicklung, die mehr als hoffnungsfroh stimmt.

 

Unsere Untersuchungen zeigen, wie sehr diese positive Entwicklung bereits in vollem Gange ist. Seit Jahren ziehen mehr Bürgerinnen und Bürger auf die Elbinseln, als von dort wegziehen vor allem 18- bis 30-Jährige, also Auszubildende, Studierende, Selbstständige und junge Familien. Wilhelmsburg und die Veddel verjüngen sich zunehmend. Das Durchschnittsalter hier liegt bereits heute fast fünf Jahre unterhalb des Hamburger Durchschnitts.

 

Auch die soziale Lage verbessert sich, unsere Bildungsoffensive greift: Vor wenigen Jahren hatte ein Viertel der Schulabgänger hier keinen Abschluss, heute ist es noch jeder Siebte und auch diesen Anteil werden wir weiter drücken. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Schüler, die auf den Elbinseln ihr Abitur machen, in den vergangenen Jahren um ein Viertel erhöht.

 

Die Arbeitslosenquote ist rückläufig, während die Mieten nach wie vor niedrig sind: Im Durchschnitt muss ein Hamburger Haushalt in anderen Stadtteilen rund drei Euro pro Quadratmeter mehr Miete zahlen als auf den Elbinseln.

 

An dieser Stelle erlaube ich mir einen kurzen Ausflug in die aktuelle Bundespolitik. Damit die Wohnkosten erschwinglich bleiben, haben die Länder unter Hamburgs Federführung heute eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Wohnraumvermittlungsgesetzes auf den Weg gebracht. Bei der Maklercourtage soll zukünftig das Prinzip gelten: Wer bestellt, bezahlt auch.

 

Eine weitere, noch wichtigere Bundesratsinitiative soll Mieter künftig wieder wirksam vor überhöhten Mieten von mehr als 20 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete schützen, weil die derzeitige Regelung derzeit meist ins Leere läuft. Wir wollen stattdessen eine klar definierte Obergrenze für Mieterhöhungen bei der Wiedervermietung von Wohnungen. Und Erstvermietungen sollen davon ausgenommen werden, damit alle, die neue Wohnungen bauen, die nötige Planungssicherheit haben.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

die Entwicklung in Wilhelmsburg geht weiter. Das künftige Wilhelmsburg nach der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße ist schon zu erkennen: ein attraktiver Stadtteil mit ungeahnten Möglichkeiten. Ein Stadtteil, der zunehmend zusammenwächst und sich auf seine Entwicklungsmöglichkeiten besinnt.

 

Ziel ist es, Perspektiven für die Zeit 2020 bis 2025 zu entwickeln. Dabei wird es nicht mehr unbedingt in erster Linie um die Frage gehen, wo, wie viel und wie hoch wir bauen, sondern wie wir künftig leben und arbeiten, welche Wohnformen wir in Zukunft wünschen und brauchen.

 

Die Entwicklung zwischen Spreehafen und Wilhelmsburger Inselpark wird weiter eine zentrale Aufgabe der Hamburger Stadtentwicklung sein.

 

An zentraler Stelle wird die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auch künftig ihren Platz haben: Mit den Bürgerinitiativen und dem Initiativennetzwerk sind bereits spezielle Formen der gemeinsamen Diskussion und Beteiligung über den Sommer 2013 hinaus verabredet, die wir nicht nur initiieren, sondern auch finanzieren.

 

Ich weiß, dass es Skeptiker gegenüber den Großveranstaltungen in diesem Frühjahr und Sommer gibt. Ihnen kann ich versichern: Der Schwung, der von der Internationalen Bauausstellung und auch der Gartenschau ausgeht, ist kein Strohfeuer und auch nicht der Beginn eines Verdrängungsprozesses im Stadtteil.

 

Superlativen ist oft zu misstrauen. Fest steht aber: Nie zuvor wurde ein Zukunftskonzept für ein großstädtisches Quartier erarbeitet, in dem auf vergleichbare Weise ein solch enormes Investitionsvolumen und ein Entwicklungsansatz weit über das Jahr 2013 hinaus zusammenfließen. Mit den Projekten der IBA ist die entscheidende erste Etappe, der Einstieg in die Umsetzung dieses ganzheitlichen Zukunftskonzepts, geschafft.

 

Ganzheitlich heißt: Es geht nicht nur um Arbeit oder allein um Verkehr und Infrastruktur, nicht bloß um Wohnungsbau oder um gute Bildungs­einrichtungen, um Kultur- oder Freizeitangebote. Es geht um alles zusammen.

 

Noch immer gibt es relativ wenig innerstädtischen Wechsel aus den anderen Stadteilen hin zum Süden. Aber ich prophezeie, dass sich das sehr bald ändern wird. In Wilhelmsburg und drum herum zu wohnen, wird in sein, nicht nur für die Szene der Trendsetter, die bereits jetzt einen neuen Kult-Stadtteil für sich entdecken, sondern für alle, die der Reiz dieses wohl buntesten Teils von Hamburg lockt. Diese neue Attraktivität des Südens nur wenige Minuten von der City entfernt ist eine Bereicherung für unsere ganze Stadt.

 

Aber nach der Revitalisierung der Elbinseln und mit dem Sprung über die Elbe nach Harburg in den Süden ist nicht Schluss. Wir werden auch in Hamm, Horn, Rothenburgsort und weiteren Stadtteilen vitale innerstädtische Quartiere entwickeln, in denen sich junge urbane Milieus mit Alteingesessenen treffen und das Hamburg der Zukunft mit Leben füllen.

 

Auch in diesen Vierteln zeigt sich schon heute auf besondere Weise der amphibische Charakter unserer Stadt am Wasser. Auch dort wollen und werden wir die Chancen nutzen, die Stadt im Sinne aller ihrer Bewohner weiterzuentwickeln.

 

Der siebenjährige Prozess IBA Hamburg 2013 als Teil unserer perspektivischen Stadtentwicklungspolitik wird das Gesicht Hamburgs als Ganzes verändern, weit über die Dauer einer Bauausstellung hinaus, die es so nur bei uns in Hamburg gibt und geben kann.

 

Ich wünsche mir die IBA als eine große Zukunftswerkstatt, die Fachleuten, aber auch Laien Lust macht, sich mit Mut und Fantasie an der Diskussion über die Stadt und das Zusammenleben von morgen zu beteiligen. Das immense Interesse internationaler Fachleute an der IBA in Hamburg ist nicht nur an Tagen wie heute deutlich zu spüren, und ich freue mich, dass auch gesellschaftskritische Stimmen dazugehören wie die von Professor Richard Sennet.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

dies sind gute Tage für Wilhelmsburg, für die HafenCity, für ganz Hamburg, seine Bewohnerinnen und Bewohner. Tage, an denen wir über Entwürfe für die Zukunft der Metropole sprechen und sagen können: Nicht wenige solche Entwürfe kann unsere Stadt inzwischen vorzeigen.

 

Ab morgen beginnt das offizielle Präsentationsjahr, aber schon heute möchte ich im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg allen Beteiligten der Internationalen Bauausstellung Hamburg 2013 für ihr jahrelanges, leidenschaftliches Engagement danken. Ich wünsche der IBA ein reges Besucherinteresse und uns allen weiterhin fruchtbare Diskussionen über die Metropolen von morgen.

 

Es gilt das gesprochene Wort.