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25.04.2014

"Freiheit der Medien als Maßstab" Artikel zur Debatte über einen Medienstaatsvertrag im VDZ-Jahrbuch 2014

"Freiheit der Medien als Maßstab" Artikel zur Debatte über einen Medienstaatsvertrag im VDZ-Jahrbuch 2014

 

 

Journalistische Medien sind ein klassisches Inhaltegeschäft. Zugleich reden wir heute sehr viel über Technik, wenn wir uns mit der Situation der Verlage oder Rundfunksender auseinandersetzen. Wir reden über das offene Internet und die App-Welten der Tablets. Wir reden über die Technologieneutralität des Urheberrechts und über neue digitale Herausforderungen für den Datenschutz. Wir reden über die Bandbreiten, die aus den überall im Land  vergrabenen Kupferkoaxialkabeln noch herauszuholen sind. Wir reden darüber, wie sich technische Ideen für neue Plattformen und Commerce-Angebote im Netz auch für Medieninhalte nutzbar machen lassen. Es scheint daher auf den ersten Blick so, als sei die Innovationsdynamik vor allem technologisch motiviert, während der Journalismus auf neue Entwicklungen reagiert und sie adaptiert.

 

Das ist in dieser holzschnittartigen Darstellung sicherlich stark vereinfacht, zugleich aber stecken dahinter Trends, die sich überall auf der Welt entdecken lassen. Seit die Digitalisierung entfesselt wurde, geraten die Dinge schnell in Bewegung. Das Wort von der Disruption macht die Runde. Es bezeichnet die grundstürzende Veränderung der Verhältnisse, die gerade denen den Boden unter den Füßen entzieht, die bislang wirtschaftlich am erfolgreichsten gearbeitet haben.

Disruption kein Naturgesetz
Es gibt allerdings  gerade in der deutschen Verlagslandschaft auch viele Beispiele dafür, dass Disruption kein Naturgesetz ist, sondern dass die Digitalisierung auch den Wandel des Bestehenden befördert und dass sich Verlagshäuser als digitale Inhaltehäuser neu erfinden können. Das ist eine betriebswirtschaftliche Aufgabe, die wir politisch begleiten können, indem wir die angemessenen Rahmenbedingungen für diese Veränderungen schaffen. Das betrifft ganz viele politische Felder, aber eben auch die Medienpolitik selbst, die längst noch nicht in allen ihren Facetten auf der Höhe der Zeit ist.

 

Verlässliche Klarheit erforderlich
Dieser Befund ist nicht neu, gleichwohl hat er bisher vergleichsweise wenige Konsequenzen nach sich gezogen. Die Verhältnisse waren schon immer kompliziert, die Kompetenzen schon immer zersplittert. Durch die Konvergenz der Medien, die Folge der Digitalisierung ist, entsteht nun allerdings eine Situation, in der in zunehmend mehr Fällen von verschiedenen Seiten und aus unterschiedlichen rechtlichen Logiken heraus auf einen Problemfall zugegriffen werden kann. Oftmals ist zu Beginn nicht ausgemacht, welche Logik sich am Ende durchsetzen wird. Hier für verlässliche Klarheit zu sorgen, ist eine der vordringlichsten Aufgabe der Medienpolitik.

 

Das steckt hinter Prozessen wie dem Mediendialog Hamburg oder den bayrischen Runden Tischen. Und auch der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene verspricht eine Bund/Länder-Kommission zur Bearbeitung der wichtigsten Schnittstellenprobleme mit dem Ziel einer der Konvergenz angemessenen Medienordnung. Ende 2013 hat die Rundfunkkommission auf Initiative Hamburgs beschlossen, unter unserem Vorsitz eine AG einzurichten, die sich mit diesen Themen beschäftigen soll. Dabei geht es insbesondere um gemeinsame Regelungsziele, um Kompatibilitätsregeln für Schnittstellenprobleme zum Beispiel zwischen Medien- und Kartell- oder Telekommunikationsrecht und um neue Instrumente einer marktnäheren Governance.

 

Wenn die Medien näher aneinanderrücken, dann müssen wir unseren Instrumentenkasten neu bestücken. Wir sollten dabei pragmatisch sein und das heißt auch, dass wir zwei Dinge vermeiden sollten:

 

Keine Kompetenzdebatten
Erstens wollen wir keine Kompetenzdebatten führen mit dem Ziel, das gesamte medienbezogene Recht von Bund und Ländern in einem Regelwerk  zusammenzufassen. Ein solches Systematisierungsvorhaben würde dringend praktischer zu nutzende Kraft verschwenden.

Publizistische und ökonomische Pressefreiheit
Und zweitens wollen wir keine neuen Regulierungshürden aufbauen. Wenn wir von Konvergenz reden, dann bedeutet das ausdrücklich nicht, dass künftig die Presse nach den Standards des Rundfunks behandelt wird. Weder beseitigen technologische Verbreitungsplattformen vorhandene Gattungsunterschiede vollständig, noch verhindern sie abgestufte Regelungen, wie sie das Medienrecht schon heute kennt. Dort, wo wir ein level playing field schaffen können und wollen, sind Liberalisierung und Regulierungsaskese die richtigen Wege.

 

Auch künftig sind klare gesellschaftliche Vorstellungen hinsichtlich der Maßstäbe unserer öffentlichen medialen Ordnung von Bedeutung und müssen unsere Politik leiten. Diese Maßstäbe reichen in modernen demokratischen und offenen Gesellschaften bis zu den Maximen der Aufklärung zurück, die schon an der Wiege der hart erkämpften publizistischen und ökonomischen Pressefreiheit standen. Wer unsere Medienordnung auf die Höhe der digitalen Zeit bringen will, der sollte sich vor allem diesen seit Jahrhunderten etablierten Grundgedanken der Freiheit der Medien zum Maßstab nehmen.

 

Der Artikel erschien im Jahrbuch des Verbandes Deutscher Zeitungsverleger.