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11.04.2014

Grußwort zur Einbürgerungsfeier

 

 

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,  
meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
ich heiße Sie herzlich willkommen im Großen Festsaal unseres Rathauses und herzlich willkommen als deutsche Bürgerinnen und Bürger in der Hansestadt Hamburg! Schön, dass auch dieses Mal wieder so viele junge Gäste hier sind.

Wer wie Sie schon lange in Hamburg lebt, weiß Vieles über diese Stadt, und Vieles davon aus eigener Anschauung. Aber was Sie vielleicht noch nicht wussten: Sie leben sozusagen in der Hauptstadt der Einbürgerungen.
In keinem anderen deutschen Land gemessen an der Einwohnerzahl nehmen so viele Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft an. Im vergangenen Jahr konnten wir 7.329 Frauen, Männer und Kinder einbürgern. Doppelt so viele wie noch 2009.

Das zeigt mir, dass unsere Anstrengungen für mehr Teilhabe, Vielfalt und Zusammenhalt erfolgreich sind und unsere Willkommens- bzw. Anerkennungskultur auch als solche wahrgenommen wird. Es bestätigt außerdem, dass Sie sich wohl fühlen in Hamburg und gern ein Teil unserer Gesellschaft sind. Und es stimmt mich optimistisch, dass sie diese auch in Zukunft mitgestalten wollen.

Schon seit dem 16. Jahrhundert haben unzählige Einwanderer und Händler in Hamburg ihre Spuren hinterlassen. Sie prägten Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Kultur und trugen dazu bei, dass Hamburg eine Weltstadt wurde. Die niederländische Mennonitenfamilie de Voss beispielsweise gründete die spätere St. Pauli-Brauerei. Der Hamburger Reeder Albert Ballin wuchs in einer jüdisch-dänischen Immigranten-Familie auf, er baute die HAPAG zur größten Schifffahrtslinie der Welt aus. Und die in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts sehr bekannte Hamburger Malerin Alma del Banco stammte ursprünglich aus Italien.

In unserer Zeit hat fast jeder dritte Erwachsene und sogar jedes zweite Kind bei uns eine Zuwanderungsgeschichte. Gebürtige Hamburgerinnen und Hamburger, deren Eltern und Großeltern ebenfalls von hier stammen, gibt es gar nicht so viele.

Weniger als die Hälfte aller hier lebenden Frauen, Männer und Kinder sind auch hier geboren. 55 Prozent kommen aus Schleswig-Holstein, aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern, Schwaben oder sind irgendwo anders in Deutschland zur Welt gekommen. Und die werden auf hamburgisch liebevoll als Quiddje bezeichnet, was übersetzt so viel heißt wie Fremder und Hochdeutsch Sprechender.

Es kommt also nicht auf Herkunft oder Geburt an, sondern auf die Identifikation wer hier lebt und sich zu Hause fühlt, ist selbstverständlich auch ein richtiger Hamburger.

Und deshalb möchte ich, dass Zuwandererinnen und Zuwanderer sich von Anfang an als echte Hamburgerinnen und Hamburger begreifen: die, die hier geboren wurden; die, die zum Arbeiten, Studieren oder der Liebe wegen gekommen sind; die, die vor Krieg oder Armut geflohen sind, die Muslime, Hindus, Christen, Juden oder Atheisten sind.

Menschen mit Migrationshintergrund gehören zu unserer Stadt. Wir alle wohnen nebeneinander, unterrichten, trainieren und treiben Handel miteinander. Kurz: Ob hier Geborene oder Zugewanderte alle beteiligen sich am kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben unserer Stadt und bereichern sie durch ihre Perspektive.

Denn wir leben in einer Metropole, die dynamisch ist, die sich ständig weiterentwickelt und auseinandersetzt mit dem Neuen. Durch den Austausch zwischen Bürgern verschiedener Herkunft, Religion und kultureller Hintergründe wächst und prosperiert die Stadt. Frauen, Männer und Kinder aus 179 Nationen tragen dazu bei, dass wir kosmopolitisch, kulturell reich, innovativ und leistungsstark bleiben.

Das aus dem Griechischen stammende Wort Kosmopolit bedeutet übersetzt nichts anderes als Bürger der Welt. Ein Weltbürger zeichnet sich nach meinem Verständnis vor allem dadurch aus, dass er unvoreingenommen gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Traditionen ist, dass er die Vielfalt der Welt in sich zu vereinen weiß und sich zwischen den Welten zu bewegen weiß. So wie Sie, meine Damen und Herren, die Sie den Mut und die Offenheit hatten, sich auf Neues einzulassen, Bekanntes und Unbekanntes zusammenzubringen und dadurch Stärken zu entwickeln, die in unserer globalisierten Welt von großem Nutzen sind.

Der deutsche Autor bulgarischer Abstammung Ilija Trojanow hat einmal gesagt, dass sich im kosmopolitischen Bürger das Globale und das Lokale als zwei Seiten einer Medaille zusammenfinden.

Es geht nicht um ein Entweder/Oder, es geht um ein Sowohl/Als auch. Entscheidend ist, dass Werte, Anschauungen, Kulturen und Identitäten in Frieden und Toleranz nebeneinander bestehen.

Und: Zuwanderer bescheren der deutschen Sozialversicherung nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung pro Kopf und Jahr Mehreinnahmen von weit mehr als 2.000 Euro. Der volkswirtschaftliche und demografische Nutzen der Zuwanderung steht außer Frage.

Mein Senat verfolgt eine moderne Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik. So hat der Bundesrat auf Initiative Hamburgs zum Beispiel eine Regelung für Jugendliche gefordert, die zwar kein Asyl erhalten haben, aber vorläufig geduldet werden. Wer einen Schulabschluss macht, soll damit auch einen sicheren Aufenthaltsstatus erwerben können. Und natürlich müssen junge Männer und Frauen eine Berufsausbildung absolvieren können, ohne an den Regelungen des Arbeitsmarkts zu scheitern. Im Übrigen hat Hamburg als erstes Bundesland überhaupt ein Anerkennungsgesetz auf den Weg gebracht, damit Berufsabschlüsse aus anderen Ländern auch in Deutschland anerkannt werden.

Wie viel sich in Deutschland tut in Sachen Willkommenskultur, sieht man auch am Koalitionsvertrag der Berliner Regierungsparteien, der nun umgesetzt werden soll: Endlich soll die Optionspflicht für jene Kinder ausländischer Eltern wegfallen, die bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt oder sechs Jahre hierzulande eine Schule besucht haben. Bislang müssen sie sich bis zum 23. Geburtstag noch für einen Pass und damit für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Der Hamburger Senat hat sich seit Langem für den Wegfall dieser Optionspflicht stark gemacht, und ich bin sehr froh, dass dieses Anliegen vieler Tausender junger Leute umgesetzt wird.

Beim Thema Zuwanderung stellt sich grundsätzlich die Frage: Warum sollten wir auf die Ressourcen verzichten, auf das Wissen, die Kreativität, die Weisheiten und das Know-how so unterschiedlicher Männer und Frauen, die sich anderswo längst bewährt haben? Wir alle gestalten gemeinsam die Gegenwart Hamburgs und arbeiten an der Zukunft der Stadt. Dafür sind wir auch auf Ihre Erfahrung und Ihre Ideen angewiesen. Und ich bitte Sie sehr herzlich: Nutzen Sie alle Möglichkeiten der Teilhabe am öffentlichen Leben. Betätigen Sie sich aktiv in Vereinen, Stadtteilgruppen, Parteien und Verbänden.

Liebe Neubürgerinnen und Neubürger,
oft wird von Hamburg als schönster Stadt der Welt gesprochen und geschrieben ob Sie das auch so sehen, sei ganz Ihnen überlassen. Ich jedenfalls freue mich, dass Sie sich nicht nur für Hamburg entschieden haben, sondern auch für die deutsche Staatsangehörigkeit und wünsche Ihnen und Ihrer Familie, dass sich ihre ganz persönliche Vorstellung von Glück hier in Hamburg realisieren lässt. Noch einmal: Herzlich willkommen und alles Gute für Sie!

 

Es gilt das gesprochene Wort.