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29.08.2013

Fusion der Einzelhandelsverbände Nord

 

 

 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrter Herr Frick,
sehr geehrter Herr Bartmann,

Zusammenarbeiten ist ein Erfolg: das berühmte Henry-Ford-Zitat, das in dieser Feststellung gipfelt, wird am heutigen Tag zu recht vielfach zitiert. Und weil der Einzelhandelsverband Nord-Ost mit den Verbänden Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig Holstein schon seit 1994 diesen Erfolg vorlebte, kommen nun auch noch die bisher assoziierten Fachverbände des Hamburger Einzelhandels dazu.

Ich kann Sie, sehr geehrter Herr Frick und Sie, sehr geehrter Herr Bartmann, als ehemaligen Präsidenten des Einzelhandels in Hamburg, zu diesem Zusammenschluss im Norden nur beglückwünschen und gratuliere Ihnen im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg zu diesem konsequenten Schritt.

Wie sehr sich unsere Zusammenarbeit im Norden auszahlt, erleben wir auch in der Metropolregion Hamburg, die sich über vier Ländergrenzen erstreckt, in der guten Kooperation der Länder. Mit meinen Kollegen Torsten Albig aus Schleswig-Holstein und Erwin Sellering aus Mecklenburg-Vorpommern regle ich viele Sachfragen, um effektivere Lösungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft zu finden.

Dass die Zusammenarbeit im Einzelhandelsverband Fortschritt ermöglicht und auch zu einer höheren Effizienz führt, haben Sie in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten bereits bewiesen. So repräsentieren Sie als Wirtschafts- und Arbeitgeberverband 31.000 Einzelhandels-betriebe in Norddeutschland, die in diesem Gebiet 80 Prozent des Umsatzes erwirtschaften. Für Politik und Verwaltung wie für die Gewerkschaften sind sie ein zuverlässiger Ansprech- und Verhandlungspartner.

Die Metropolregion Hamburg braucht diese Partner wie Luft zum Atmen. Schon frühe Vorläuferorganisationen des Einzelhandelsverbands Nord waren seit dem 14. Jahrhundert eng mit der Hanse verbunden. Hamburg ist historisch nicht nur ein traditionsreicher Einzelhandels- und Großhandelsplatz, sondern übernimmt auch eine zentrale Rolle im deutschen Außenhandel.

Hamburg steht aber nicht nur für den Handel, sondern fußt auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis und einem hervorragenden Branchenmix mit Dienstleistungsunternehmen, Medienhäusern und natürlich einer starken Industrie. Sie alle sind die Stabilitätsanker realer Wertschöpfung, mit denen die Stadt und ihr Umland vergleichsweise unbeschadet durch die kleineren und größeren Krisen der Vergangenheit gekommen sind.

Gerade im Einzelhandel spielt neben einer gesunden Wirtschaftsstruktur mit niedriger Arbeitslosenrate auch die räumliche Lage eine entscheidende Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg jedes Unternehmens. Neben einem innovativen Geschäftskonzept und einer soliden Finanz¬planung sowie einer ausgeprägten Kunden- und Serviceorientierung geht nichts über das Umfeld. Dies gilt für Existenzgründer ebenso wie für bestehende Unternehmen.

Die Innenstädte des 21. Jahrhunderts sind weit mehr als reine Handelsplätze oder Lagen unterschiedlicher Güte aus Sicht der Einzelhändler. Sie sind auch Identifikationsorte, Imageträger und Standortfaktor und daher für jede Kommune von immenser Bedeutung. Je attraktiver sie sind, desto interessanter sind sie auch für den Einzelhandel.

In Hamburg widmen wir der Gestaltung des Öffentlichen Raums deshalb unser besonderes Augenmerk. Die Stadt hat dabei starke Verbündete. Wir haben es geschafft, über das Modell des Business Improvement District (BID) Grund- und Hauseigentümer, den Einzelhandel und öffentliche Träger aus den betroffenen Arealen zu gemeinsamen Aktionen zu bewegen.

Das Spektrum der möglichen Handlungsfelder innerhalb eines Business Improvement Districts ist vielfältig und reicht von Maßnahmen zur Verbesserung der Stadt¬gestaltung und Aufenthaltsqualität über zusätzliche Sicherheits- und Stadtreinigungsmaßnahmen bis hin zu gebietsbezogenen Marketing- und Service-Aktivitäten. Die konkrete Ausgestaltung richtet sich jeweils nach dem lokalen Bedarf sowie den Wünschen und Möglichkeiten der Akteure.

Als Ergänzung zu den klassischen Instrumenten wie Stadtmarketing oder Gründung von Interessengemeinschaften, bieten Business Improvement Districts neue Mitwirkungsansätze für die Eigentümer sowie Anlieger und somit neue Partner bei der Stadtentwicklung. Davon profitiert die Stadt, die angesichts zurückgehender finanzieller Spielräume der öffentlichen Haushalte zunehmend auf private Partner in der Stadtentwicklung angewiesen ist. Die privaten Akteure leisten auf diese Weise einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung Hamburgs und stärken Hamburg als Einzelhandelsstandort.

Lassen Sie mich einige Worte zur Stärke des Einzelhandelsstandorts Hamburg sagen.

Als polyzentrische Metropole erfreut sich unsere Stadt einer Vielzahl von guten Standorten für den Einzelhandel: In der Hamburger Innenstadt beispielsweise erwirtschaftet der stationäre Einzelhandel auf rund 310.000 Quadratmetern Verkaufsfläche einen Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro pro Jahr. Die Innenstadt ist damit der vielfältigste und zugleich der ökonomisch bedeutendste Einzelhandelsplatz in Deutschlands Norden.

Die Flächenproduktivität liegt hier mit mehr als 5.700 Euro pro Quadratmeter wie in anderen Innenstädten auch weit über dem Durchschnitt. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt liegt die Flächenproduktivität nur bei 3.500 Euro.

In Hamburg insgesamt sind mehr als 66.000 Menschen sozialversicherungspflichtig im Einzelhandel beschäftigt. Sie erwirtschaften auf insgesamt mehr als 2,5 Millionen Quadratmetern Verkaufsfläche knapp elf Milliarden Euro Umsatz pro Jahr.

Der Einzelhandel ist zugleich ein starker Motor für den Hamburger und den deutschen Ausbildungs-markt. Mit 1.500 Ausbildungsbetrieben und mehr als 5.000 Auszubildenden gehören die Handels-unternehmen zu den größten Ausbildern der Hansestadt. Die Berufe Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel und Kaufmann/Kauffrau im Groß- und Außenhandel sind, gemessen an der Zahl der Ausbildungsverträge, die größten Ausbildungsberufe in Hamburg.

Das duale System der Berufsausbildung inzwischen ein Erfolgsmodell, von dem auch einige unserer europäischen Nachbarn lernen möchten zeigt im Einzelhandel seine Stärken: Knapp zwei Drittel aller Führungskräfte im Einzelhandel haben ihre Kompetenzen über die berufliche Aus- und Fortbildung erworben. Damit bietet der Einzelhandel jungen Menschen attraktive Aufstiegschancen, auch ohne Hochschulausbildung. Karriere mit Lehre ist hier das Stichwort.


Aufgrund seiner Handelstradition war Hamburg schon immer ein Innovationstreiber für den Einzelhandel und ist es heute erst recht. Klar ist aber auch: Angesichts von Globalisierung und dem wachsenden E-Commerce bleibt uns bei diesem Strukturwandel allerdings auch keine andere Wahl als Innovationstreiber zu bleiben.

Mit der Hamburger Unternehmerfamilie Otto und vielen anderen Internet-basierten Unternehmen hat sich Hamburg in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten deutschen Standorte im Onlinehandel entwickelt. Gerade an der evolutionären Entwicklung von Otto wird dies deutlich. Bereits 1995 eröffnete Otto einen Online-Shop und wurde anfangs belächelt. Heute ist die Otto-Group der einzige verbliebene Universal¬versender, der sowohl das Kataloggeschäft als auch den Online-Handel erfolgreich beherrscht als aktuell zweitgrößter Online-Versandhändler weltweit nach Amazon. Und erlauben Sie mir die Bemerkung: Otto zahlt hier bei uns auch Steuern!

Wie alles hat auch E-Commerce mindestens zwei Seiten. Denn wahr ist auch, dass das Onlinegeschäft seit Jahren beachtliche Potenziale vom stationären Einzelhandel abschöpft.

Der gut informierte und kritische Verbraucher kann seine Waren heute weltweit ordern, vergleicht Informationen und Preise sogar unterwegs per Smartphone mit Internetzugang und erwartet auch im lokalen Handel ein breites Sortiment, von Fair-Trade-, Bio- und Regional- bis zu Convenience-Produkten. All das findet er im Netz.

Was allerdings nicht das letzte Wort sein muss. Immerhin unterhalten schon ein Drittel der stationären Einzelhändler heute auch einen Online-Shop. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein Großteil der stationären Buchläden bietet über ihre eigene Webseite auch den Kauf von elektronischen Büchern an, womit die Marge dem jeweiligen Einzelhändler zukommt statt den Grossisten. Bekannt ist das bislang nur den wenigsten eBook-Käufern das könnte man ändern, wenn man wollte.

Das Beispiel zeigt: Die Umsatzverlagerung erfolgt immer weniger vom Versand- zum Online-Handel, sondern immer deutlicher zu Lasten des stationären Einzelhandels. Der Online-Handel wächst Jahr für Jahr zweistellig und erreicht aktuell einen Anteil von rund sieben Prozent am Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels. Im vergangenen Jahr setzte der Einzelhandel insgesamt rund 428 Milliarden Euro um, der Online-Handel 29,5 Milliarden Euro. Für Letzteren rechnet man für 2013 mit einem Wachstum von annähernd zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Aber nicht nur der Onlinehandel verlangt dem klassischen Einzelhandel große Veränderungen ab. Auch der demografische Wandel wird Konsequenzen für die gesamte Branche haben. Das absehbar sich ändernde Konsumverhalten vor allem älterer und allein lebender Menschen bietet aber gleichzeitig die Chance, mit innovativen Produkten und Dienstleistungen für ältere Menschen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln ortsunabhängig und darum gerade für weniger mobile Kunden attraktiv.

Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung die in den Regionen Deutschlands zugegebenermaßen uneinheitlich verläuft wird sich der Wettbewerb im Einzelhandel weiter verschärfen. Mit dem wachsenden Anteil über 60-Jähriger wird erwartet, dass bis 2030 die Zahl der Einpersonenhaushalte um 1,4 Millionen und die der Zweipersonen¬haushalte um 1,6 Millionen wachsen, die Zahl der größeren Haushalte dagegen schrumpfen wird.

Meine Damen und Herren,
neben den eben geschilderten strukturellen Veränderungen Ihrer Branche hat Sie auch die Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten Jahre getroffen wenn auch die Wirtschaftsentwicklung in Hamburg weniger schwankungsanfällig war als in anderen Regionen Deutschlands. Hamburg in der Metropolregion steht vergleichsweise gut da, und wir möchten mit Ihnen gemeinsam diese Position halten, ausbauen und weiter entwickeln.

Die Fusion des Einzelhandelsverbandes Nord Ost mit den Fachverbänden des Hamburger Einzelhandels schafft eine exzellente Basis dafür, die Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen. Ich bin mir sicher, dass der neue Einzelhandelsverband Nord die richtigen und innovativen Antworten finden wird. Für Ihre Arbeit wünsche ich Ihnen gutes Gelingen.

 

Es gilt das gesprochene Wort.