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26.08.2011

Grußwort beim Jahresempfang des Bundes der Steuerzahler

 

Sehr geehrter Herr Neubauer,
sehr geehrter Herr Schweitzer,
meine Damen und Herren,

für die Einladung zu Ihrem Jahresempfang darf ich mich herzlich bedanken.


Das nächste Mal ist alles anders, heißt das Buch von Carmen M. Reinhart und Kenneth S. Rogoff. Es beschreibt über mehrere Jahrhunderte und von mehreren Staaten deren Staatspleiten. Der Leser ahnt bald: Ob beim nächsten Mal wirklich alles anders sein wird, ist mehr als zweifelhaft. Kein Staat kann mehr Schulden machen als die Wirtschaftskraft zulässt.

 

Die hohen Schulden der Staaten sind eine große Bedrohung für die Zukunftsfähigkeit moderner Gesellschaften. Reinhart und Rogoff sagen es deutlich: Sehr oft kommt es während der Bildung einer Blase zu einer massiven Schuldenaufnahme, die für eine überraschend lange Zeit gewahrt werden kann. Hoch verschuldete Ökonomien (...) überleben solche Schuldentürme nur selten langfristig.

Überraschend lange, aber nicht langfristig. Dabei waren sie schon immer einfallsreich. Dionysos das ist der Tyrann aus der Bürgschaft ließ 400 Jahre vor Christi Geburt alle in Syrakus umlaufenden Münzen einsammeln und umprägen. Anschließend stand auf jeder ehemaligen Drachme: 2 Drachmen. Schon konnte er seine Schulden zurückzahlen, denn darum kamen auch Tyrannen nicht herum. Reinhart und Rogoff neigen aber zu der Annahme, dass das allgemeine Preisniveau nach Dionysos´ Schwindel in die Höhe geschossen sein muss.

Das ging dann beim nächsten Mal nicht mehr, aber wurde seitdem alles anders? Viele Staaten haben jetzt wieder derart viele Schulden aufgehäuft, dass sie akute Probleme haben, ihre Ausgaben zu finanzieren.

 

Das ist in Deutschland nicht der Fall. Aber auch die deutschen Gebietskörperschaften haben so viele Schulden aufgehäuft, dass ein grundlegender Wandel des Umgangs mit öffentlichem Geld notwendig ist. Die Schulden sind nicht von ungefähr entstanden und sie sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass die demokratische Debatte über die Einnahmen und Ausgaben der Staaten nicht funktioniert.

Es gibt politische Kräfte, meist konservative und liberale Parteien, die das Senken der Steuern zum Programm erhoben haben; manchmal zum einzigen. Wenn sie die politische Mehrheit dazu hatten, haben sie das oft auch gemacht. Aber niemals haben sie die Kraft gehabt, die ausfallenden Steuereinnahmen mit Ausgabenkürzungen zu finanzieren.

 Konservative amerikanische Präsidenten haben oft sogar gleichzeitig die Staatsausgaben massiv ausgeweitet für die Rüstung. Das Ergebnis ist ein dramatischer Anstieg der Staatsschulden. Nicht von ungefähr hieß es neulich in der Zeit: Staatsschulden sind rechts.

Und damit es nicht zu einseitig wird es gibt politische Kräfte, meist linke Parteien, die den Ausbau sozialer Unterstützungsprogramme zum Programm erhoben haben. Und das haben sie, wo die Möglichkeit dazu bestand, auch gemacht. Aber sie hatten meist nicht die Kraft, gleichzeitig die Einnahmebasis des Staates für die zusätzlichen Ausgaben zu verbessern. Auch so stieg die Staatsschuld.

Letztlich waren immer Halbstarke am Werk, sie haben immer nur das halbe Programm fertig bekommen. Weil wir eine erwachsene Politik brauchen, habe ich mich für das Pay as you go-Prinzip ausgesprochen, das der US-amerikanische Kongress während der Präsidentschaft von Bill Clinton praktiziert hat. Ihm ist es gelungen, in zwei Amtsperioden den Haushalt zu sanieren und Überschüsse zu erwirtschaften. Die bei uns beschlossene Schuldenbremse womit das Wort jetzt gefallen ist garantiert, dass wir nicht über unsere Verhältnisse leben. Und dass wir, wenn wir mehr für eine Aufgabe ausgeben wollen, bei etwas anderem sparen oder übertragen auf die Staaten dass sie die Steuern erhöhen müssen.

Damit es kein Missverständnis gibt: Um Steuererhöhung geht es in Hamburg nicht!

Die Demokratie gewinnt. Denn der Ausweg in die Schulden hat auch Debatten verhindert. Jetzt müssen wir, die Bürger, die Abgeordneten, die Regierung, zwischen Handlungsalternativen entscheiden. Das gehört zu Demokratie. Und zur Ehrlichkeit.

Übrigens: Dasselbe gilt für die Verschuldung der Privathaushalte, wie wir sie zum Beispiel in den USA oder auch in Spanien und Irland beobachten können.

In der FAZ fragen Jens Beckert und Wolfgang Streeck: Wer bezahlt, was längst ausgegeben wurde? Ausgegeben nicht zuletzt von den US-amerikanischen Privathaushalten. Denen wurden über längere Zeit scheinbar zinsgünstige Kreditprodukte angedient, anfangs vor allem für Immobilien, und sie bestritten davon auch einen wesentlichen Teil ihrer Konsumausgaben, bis das Ganze nicht mehr funktionierte, weil sie die Privathaushalte ihre Konsum- und Immobilienschuld nicht mehr bedienen konnten.  

Es ist aber kein Thema von Anderen: Die Verschuldung der US-amerikanischen Privathaushalte hat die weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst; jetzt zahlen sie mit Einschnitten in den Sozialstaat, Kürzungen bei Bildung und Gesundheit und bei öffentlichen Investitionen. Und das, so Beckert und Streeck, bei stagnierenden Reallöhnen und einer Situation, in der der Lebensstandard durch private Verschuldung und eine ständige Aufstockung der von den Familien erbrachten Arbeitsstunden verteidigt werden musste.

 

Ein Teufelskreis also, und es ist kein Thema von Anderen: Ein großer Teil der Exporte in die USA, auch unserer Exporte, basiert auf genau der schuldenfinanzierten Wirtschaft der privaten US-Haushalte.

Also: Ganz offenbar haben Konsumschulden die stagnierenden Realeinkommen der amerikanischen Mittelschicht ausgeglichen. Und sicher viel zur Zufriedenheit der Bürger der USA beigetragen. Dieser Weg geht nicht mehr weiter.

Und das wird eine neue Debatte und Konflikte heraufbeschwören. Das wird sicher nicht gemütlich. Aber es ist notwendig und demokratisch. Die Schulden der Staaten und vieler Privathaushalte auf der Welt sind die Beruhigungsmittel, die die notwendige Debatte über Einnahmen und Ausgaben der Staaten oder auch die Höhe der Löhne und Gehälter vernebelt haben.

In meiner Regierungserklärung habe ich im März eine sachliche Diskussion über die Verwendung öffentlicher Mittel verlangt. Dazu zwingt uns sowieso die Schuldenbremse und damit holen wir die Debatte über den Haushalt der Stadt aus dem Fachgespräch der Beamten heraus in die Öffentlichkeit. Das ist ein Gebot demokratischer Politik. Jetzt beginnt die notwendige Debatte. Das ist gut.

Der morgendliche Blick in die Zeitung, egal ob man in Athen, Alaska oder an der Algarve frühstückt, hat es uns seit Wochen wieder vor Augen geführt: Jedes auf Pump errichtete Kartenhaus wird irgendwann einstürzen. 

Das ist übrigens uraltes Wissen, es steckt tief in unseren Genen, und es geht dabei nicht nur um mathematisch aufgehende Rechnungen. Darüber denkt die kanadische Romanautorin und Lyrikerin Margaret Atwood in ihrem Buch Payback nach.


Die gedankliche Konstruktion: du schuldest mir etwas, und die Bilanz ist erst wieder ausgeglichen, sobald du es mir zurückgegeben hast, diese Konstruktion setzt die Vorstellung von Gerechtigkeit voraus. Die haben Kinder, wenn sie sagen: Das ist unfair! wobei es nicht unbedingt um gleichwertige Geschenke oder gleichwertigen Tausch gehen muss, oder gar um Geld, mit dessen Tauschwert Vorschulkinder noch wenig anfangen können.

Atwood schreibt: Es erfüllt sie auch mit Befriedigung, wenn der Schuft in ihrer Gutenachtgeschichte seine verdiente Strafe bekommt, und sie sind beunruhigt, wenn die Vergeltung ausbleibt. Vergeltung als Kehrseite von Belohnung, und beides muss sein, weil jemand in Vorleistung gegangen ist, im Guten oder im Bösen. Gerechtigkeit funktioniert insofern unabhängig vom kulturell zu erwerbenden Sinn für Vergebung und Gnade, oder Umschuldung.

 

Ohne Gerechtigkeitssinn könnten Schulden- und Kreditstrukturen gar nicht existieren, folgert Atwood, denn ohne ihn würden wir es nicht als fair empfinden, dass wir zurückzahlen müssen, was wir uns geliehen haben, und kein Mensch würde so dumm sein, irgendjemandem irgendetwas in der Erwartung zu leihen, es zurückzubekommen.

 

Ich glaube, damit bin ich mitten im Thema und in unserem aktuellen Problem. Es gibt ja Theoretiker, für die das Schuldenproblem gar keines ist, so lange nur eine bestimmte, in Prozent auszudrückende Quote nicht überschritten wird. Solange die tatsächliche oder potenzielle Wirtschaftsleistung des betreffenden Landes außer Frage stehe, und es die Zinsen noch erwirtschafte, sei es auch kreditwürdig und könne den Gedanken an eine Schuldentilgung ruhig auf die lange Bank schieben, sprich: späteren Generationen hinterlassen.

 

Ist das so? Müssen wir es nicht mehr als fair empfinden, zurückzuzahlen, was wir uns geliehen haben? Dürfen wir es verbrauchen und der nachfolgenden Generation sagen: Ihr könnt euch ja selber etwas leihen? Wird die nicht fragen: von wem denn? Wird die so dumm sein, uns weiterhin  irgendetwas zu leihen in der Erwartung, es zurückzubekommen? Auch dann noch, wenn sie volljährig ist und auf ihr zorniges Das ist unfair! eine bessere Antwort will als dass wir ihr übers Haar streichen und sagen wird schon?

Im Tagesspiegel schreibt Robert Leicht: Keine Gesellschaft kann sich mehr leisten, als sie zuvor selber geleistet hat, und zwar jeweils in der Lebensspanne jeder Generation.

Ich gebe ihm Recht, auch an einer anderen Stelle, Zitat: Die nervösen Märkte reagieren jetzt gewissermaßen stellvertretend für unsere Nachkommen.

 

Damit ist nicht gesagt, dass die Märkte, dieses mysteriöse plurale tantum, immer richtig reagieren. Es ist auch nicht gesagt, dass alle, die sich da tummeln, auf offenem Feld oder hinter irgendwelchen Heckenfonds, immer das Wohl zukünftiger  Generationen im Sinn haben. Bei einigen ist es eher das eigene Mutterschaf, das sie jetzt ins Trockene bringen wollen, nicht ohne es vorher mit dem Heu zu füttern, das andere mit ihrer Arbeit haben reifen lassen.

 

Trotzdem sollten wir uns nicht selbst vom Wesentlichen ablenken. Das Wesentliche ist, dass wir in Hamburg jetzt nicht später die Schuldenbremse beachten und dafür sorgen, dass die Ausgaben fortan langsamer wachsen als die Einnahmen. Das zu tun, hat der neue Senat versprochen und er wird es halten.

Die Politik hat an vielen Stellen Aufgaben und Ausgaben, nämlich für die Sicherung und den Ausbau der Infrastruktur. Dafür, dass die Arbeitnehmer und die Wirtschaft möglichst optimale Bedingungen vorfinden. Unter Umständen muss sie auch Geld ausgeben, um den Folgen anhaltender Konjunkturschwäche gegenzusteuern oder wie gesehen den Folgen von schlechter Finanzpolitik und Spekulation in Europa oder anderen Regionen.

 

Der Senat wird tun, was zu tun ist. Er wird sich aus diesem Konzept nicht durch Momentaufnahmen bringen lassen, die suggerieren, jetzt wäre doch erstmal wieder Spielraum für Mehrausgaben... oder für Steuersenkungen. Für die ist kein Spielraum. Wenn wir zum 30. Juni einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet hatten, ist das schön für die Stadt, weil es zeigt, dass in Hamburg ein guter Branchenmix entstanden und die wirtschaftliche Basis gesund ist. Daran zu arbeiten, ist ja die andere Seite langfristig vorsorgender Politik.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

die ist wirtschaftlich in Hamburg jahrzehntelang gelungen und doch müssen wir bilanzieren, dass unsere Schulden im Lauf der vergangenen Jahrzehnte auf rund 28 Milliarden Euro angewachsen sind. Darin sind die so genannten Sondervermögen Konjunktur-Stabilisierungsfonds und Wohnungsbaukreditanstalt enthalten. In den Jahren 2009 und 2010 lag die Neuverschuldung jeweils bei rund 900 Millionen, bedingt sowohl durch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise als auch durch ein strukturelles Haushaltsdefizit. Die jährliche Zinsbelastung des Haushalts aus diesen Schulden liegt bei über 900 Millionen Euro.

Aber, die Schuldenbremse des Grundgesetzes schließt ab 2020 jede strukturelle Neuverschuldung aus und sie lässt auch eine temporäre Neuverschuldung nur in wirtschaftlichen Krisenzeiten zu. Und nur dann, wenn sie verlässlich durch Kredittilgung in Zeiten von Aufschwung und Hochkonjunktur ausgeglichen wird.

 

Nun ist es ja nicht so, dass hamburgische Senate der Vergangenheit die Probleme nicht gesehen hätten. Es wurden in der Vergangenheit diverse Konsolidierungsprogramme aufgelegt, aber nachhaltige Spuren hat keines davon hinterlassen. Das strukturelle Haushaltsdefizit der Stadt blieb. Zu manchen Zeiten waren es die unerwartet stark wegbrechenden Einnahmen, die Konsolidierungsbestrebungen zu Nichte machten.

Aber es haben auch teure politische Kompromisse die Bestrebungen konterkariert und wenn die Steuereinnahmen in Zeiten der Hochkonjunktur vorübergehend sprudelten, ließ alsbald die Ausgabendisziplin nach. Konsolidierungsprogramme, die in kurzfristigen Kraftakten beschlossen wurden, haben deshalb nicht nachhaltig etwas gebracht.

 

Der Senat, der im Frühjahr 2011 die bestehenden Haushaltsstrukturen geerbt hat, macht es jetzt anders. Er hat die Einhaltung der Schuldenbremse des Grundgesetzes zur obersten Leitschnur seiner Haushaltspolitik erklärt. Es geht uns nicht darum, nur jeweils für das nächste anstehende Haushaltsjahr über die Runden zu kommen, oder für die aktuelle Legislaturperiode. Vielmehr stecken wir den Kurs für die Jahre bis 2020 ab. Bei jeder einzelnen haushaltpolitischen Entscheidung der nächsten Jahre muss gewährleistet sein, dass dieser Kurs eingehalten wird, so dass wir spätestens 2020 das Ziel des strukturell ausgeglichenen Haushalts erreichen.

 

Meine Damen und Herren,

 

das ist das entscheidende Wort. Es geht um strukturelle Sanierung. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass konjunkturelle Entwicklungen bei der Haushaltsplanung ausgeblendet werden müssen. Das gilt ganz besonders in Hinblick auf die kurzfristigen Schwankungen der Steuereinnahmen und der Steuerschätzungen. 

 

Bis hierher hört sich das einfach an, aber die konjunkturellen Einflüsse sind massiv. In guten Jahren wie 2006 oder 2008 hat Hamburg jährliche Anstiege der Steuereinnahmen in Größenordnungen von 700 oder 800 Millionen Euro verzeichnet, das heißt: um bis zu 10 Prozent. In einem ausgeprägten Krisenjahr wie 2009 musste man mit ansehen, wie die Einbrüche der Steuereinnahmen noch über die 10 Prozent hinausgingen und eine volle Milliarde erreichten.

 

Neben den Schwankungen der tatsächlichen Einnahmen gibt es die Schwankungen der Steuerschätzungen. Ein gutes Beispiel ist das Jahr 2011. Im Mai 2008 wurden die Steuereinnahmen für 2011 auf etwa 9,2 Milliarden Euro geschätzt. Ein Jahr später in 2009 fiel die Schätzung für 2011 um volle 1,4 Milliarden geringer aus, und im Mai 2010 wurde sie nochmals abgesenkt auf nur noch rund 7,5 Milliarden. Mit den folgenden Steuerschätzungen ging es dann wieder nach oben, und die letzte Schätzung für 2011 aus dem jetzigen Mai liegt bei 8,3 Milliarden Euro.

 

Liegt es auf der Hand oder nicht, dass es aberwitzig wäre, die Ausgaben der Stadt parallel zu den Schwankungen der Einnahmen oder gar der Einnahmeprognosen zu steuern? Die Wahrnehmung städtischer Aufgaben braucht - auch in der Bereitstellung von Ressourcen - Kontinuität. Hektische Sparprogramme bei wegbrechenden Steuereinnahmen sind fachpolitisch und konjunkturpolitisch kontraproduktiv - und wenn sie versucht werden, misslingen sie zu großen Teilen. Wenn sich aber das Nachsteuern nach unten verbietet, so verbietet sich auch das Nachsteuern nach oben, also ein Nachlassen der Ausgabendisziplin in Zeiten des Booms.

 

Die Ausgabenpolitik der Stadt muss sich daher am langfristigen Trend der Entwicklung der Steuereinnahmen orientieren. Nach diesem Trend kann Hamburg - über Konjunkturzyklen hinweg - einen Zuwachs der Steuereinnahmen von etwas mehr als zwei Prozent pro Jahr erwarten. Das ist natürlich auch nur eine Prognose, aber sie stammt von unserer Finanzbehörde und beruht auf dem durchschnittlichen Anstieg der vergangenen zwanzig Jahre. Auf dieser Basis lässt sich ermitteln, mit welchem strukturellen Einnahmeniveau die Stadt im Jahr 2020 in etwa rechnen kann - und genau auf dieses Niveau muss die Stadt ihre Ausgaben beschränken.

 

Da wir heute aber vor einem strukturellen Defizit stehen, muss der Ausgabenzuwachs in den Jahren bis 2020 kontinuierlich niedriger ausfallen als der langfristige Trend des Einnahmewachstums. Der Senat hat beschlossen, den mittleren jährlichen Ausgabenanstieg im Haushalt bis 2020 auf ein Prozent zu begrenzen.

 

Darin sind übrigens die vor der Bürgerschaftswahl gemachten Zusagen und die so genannten unabweisbaren Mehrausgaben enthalten.

Selbstverständlich muss eine so langfristig angelegte Vorgabe regelmäßig überprüft werden. Sollte es beispielsweise zu wesentlichen strukturellen Änderungen unseres Steuersystems oder der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern kommen, so kann dies den Trend der Einnahmeentwicklung und damit auch die Höhe der zulässigen Ausgaben verändern.

 

 

Meine Damen und Herren,


diese Deckelung der Ausgabenzuwächse führt nicht zu eiligen Streichkonzerten im Haushalt. Sie muss aber dazu führen und wird es auch, dass mit langem Atem sparsam gewirtschaftet wird.

 

Ein Zuwachs der öffentlichen Budgets von einem Prozent pro Jahr, das ist - wenn man etwa die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst vor Augen hat nicht viel. Der Senat wird nicht darauf verzichten, in einzelnen Bereichen Schwerpunkte zu setzen und staatliche Leistungen zu erweitern, aber in vielen städtischen Aufgabenfeldern wird sich das Volumen der verfügbaren Ressourcen in der Zeit bis 2020 real verringern.

Eine Konsequenz daraus ist, dass die Anstrengungen verstärkt werden müssen, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu steigern. Nur wenn der Einsatz an Personalkapazität, an räumlichen und sonstigen Ressourcen wirtschaftlicher gestaltet werden kann, nur dann können wir trotz real sinkender Budgets den Leistungsumfang für die Bürger halten oder verbessern.

 

Eine weitere Konsequenz ist, dass jeder zusätzliche Ressourceneinsatz - so wünschenswert, so dringend und so unabweisbar er auch sein mag finanziert werden muss durch Haushaltsentlastungen an anderer Stelle. Und die müssen im gleichen Zuge präzise definiert und beschlossen werden. Das ist der Inhalt des schon erwähnten Handlungsgrundsatzes Pay as you go, den der Senat beschlossen hat.

 

Eine dritte Konsequenz ist, dass alle Fachressorts der öffentlichen Verwaltung die Verwendung ihres Budgets langfristig planen und über Vor- und Nachrangigkeiten entscheiden müssen. Der Senat wird es daher nicht bei der Festlegung der beschriebenen Ausgabenobergrenze für den Gesamthaushalt belassen. Sondern er wird die Ausgaberahmen der einzelnen Ressorts ebenfalls langfristig bis zum Ende des Jahrzehnts kalkulieren und diesen Ausgaberahmen - zusammen mit der Planung für den Gesamthaushalt - regelmäßig aktualisieren.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

ich darf behaupten, dass der Senat in den ersten Monaten seiner Amtszeit bereits deutlich gemacht hat, wie ernst es ihm mit den proklamierten Grundsätzen ist.

Kurz nach Verabschiedung des neuen Haushaltsplanentwurfs für 2011 und 2012 wurden die Ergebnisse der Steuerschätzung vom Mai 2011 veröffentlicht. Ich habe es schon erwähnt: Sie korrigierte den Erwartungswert für die Steuereinnahmen der nächsten Jahre in einer Größenordnung von 600 bis 700 Millionen Euro pro Jahr nach oben. Der Senat hat diese erwarteten Mehreinnahmen in seine Planung aufgenommen, ohne die geplanten Ausgaben der Fachressorts um einen einzigen Euro zu erhöhen. Die Mehreinnahmen werden vielmehr ausschließlich dazu eingeplant, teure Schulden Hamburgs beim Bund vorzeitig zu tilgen, Vorsorge für Zukunftsbelastungen beim Hamburgischen Versorgungsfonds zu schaffen, die Nettoneuverschuldung abzusenken und den Verzehr an Haushaltsrücklagen zu verringern.

 

Selbst einschließlich der Ausgaben für die Schuldentilgung beim Bund und für die Sanierung des Hamburgischen Versorgungsfonds werden die geplanten Gesamtausgaben gegenüber 2010 in den Jahren 2011 und 2012 jeweils nur um weniger als ein Prozent anwachsen. Der abgesteckte Pfad zur Einhaltung der Schuldenbremse wird also in beiden Jahren in vollem Umfang eingehalten.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen. Der Senat hat, wie Sie wissen, gerade erst schwierige Haushaltsberatungen hinter sich gebracht. Da haben sich einige Sachen hart gestoßen und das Schiller-Zitat schwebte sozusagen ständig über uns. Aber wir behalten die wie ich glaube richtigen Gedanken beieinander, dass die Schuldenbremse ein Gebot der Vernunft ist, weil wir auf die vielen Schulden der vergangenen Jahrzehnte keine weiteren mehr auftürmen dürfen.


Verfolgen Sie unsere Konsolidierungspolitik gern weiter und nehmen Sie uns beim Wort. Vielen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.