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19.11.2015

Grußwort: Einweihung Kraftwerk Moorburg

 

Sehr geehrter Wasmuth,
sehr geehrter Herr Hatakka,
sehr geehrter Herr Gade,
sehr geehrter Herr Dr. Schneiker,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

dies wird ein kleiner Knopfdruck für uns sein, die wir hier versammelt sind, aber ein wichtiger Schritt  auf dem Weg zu einer sicheren Energieversorgung Hamburgs und Norddeutschlands. Zugegeben heute nur ein symbolischer, denn in Betrieb ist das Kraftwerk Moorburg ja schon seit einigen Monaten und es wird ja, wie wir gehört haben, schon gewartet.

Nicht von ungefähr präsentierte neulich eine Tageszeitung aus der Region ein Foto ebendieser Anlage; darunter folgenden Bildtext: Aus Kohlekraftwerken wie dem in Hamburg-Moorburg steigt Rauch auf. Zitatende. Vermutlich war keine Anspielung auf den weißen Rauch beabsichtigt, der manchmal aufsteigt, wenn lange und schwierige Entscheidungen zu einem Ergebnis geführt haben. Eigentlich ging es in dem Artikel um ein anderes Kraftwerk, das auf der niedersächsischen Seite geplant ist, in der Nähe des früheren AKW Stade. Eine Klageschrift dagegen wurde gerade beim Oberverwaltungsgericht abgegeben.

Sie sehen, wenn es um Energiepolitik und Energiewirtschaft geht, muss man lange Vorreden gar nicht versuchen zu formulieren man ist mit jedem Satz mitten im aktuellen Geschehen. Das liegt daran, dass in diesem schwierigen Gelände jeder einzelne Schritt andere Schritte beeinflusst, nach sich zieht, voraussetzt.

Denn viele Wege, auch unterschiedliche Zielvorstellungen kreuzen und verzweigen sich in der Energiepolitik, erst recht in dieser Unterelberegion, der Metropolregion Hamburg, die längst einen großen Wirtschaftsraum darstellt.


Hamburgs Ziel ist es, die vielen Wege zu einem Netz zu verknüpfen. Nur dann wird die Energiewende, die wir zu unserer Sache gemacht haben, funktionieren.

Ich freue mich, heute mit Ihnen dieses leistungsstarke Kohlekraftwerk Moorburg offiziell einzuweihen, ein Ergebnis von Ingenieurskunst nach state of the art, gleichzeitig ein Ergebnis vielleicht ja auch Zwischenergebnis politischer Kompromisskunst. Auf den Weg gebracht von einem Bürgermeister mit CDU-Parteibuch, genehmigt von einer grünen Senatorin und eröffnet von einem sozialdemokratischen Bürgermeister. Was will man mehr. Ach ja, die Gerichtsbarkeit war und ist stets einbezogen! Auch das ist schön.

Moorburg ist trotz ihrer Größe eine flexible Energieanlage; wenn Sie so wollen, ein Tanker mit den Manövrier-Eigenschaften einer Hafenfähre. Das ist wichtig, weil sie damit zur Netzstabilität beiträgt und weil beim weiteren Ausbau der regenerativen Energien, den wir anstreben, die unvermeidliche Volatilität zum Beispiel des Windangebots ausgeglichen werden muss. Jeder kann an bestimmten Tagen jetzt schon beobachten, dass das Kraftwerk gerade dann Strom produziert, wenn Flaute ist und sich die umliegenden Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein, auch die etwas weiter entfernten in Mecklenburg-Vorpommern, nicht drehen. Umgekehrt ist ein partielles Herunterfahren bei kräftigem Windangebot kein Problem, wenn der Übertragungsnetzbetreiber es für ratsam hält. Wir erleben es gerade.

Man unterschätze diesen Punkt nicht! Erst dadurch kommt ja Windstrom nach Hamburg, wird das Einspeisen allen regenerativ erzeugten Stroms immer besser möglich, dass wir nicht nur nach Speichermöglichkeiten suchen und den Netzausbau forcieren, sondern dass wir an Flexibilität gewinnen. Moorburg trägt somit im Verein mit der Ende 2012 in Betrieb genommenen Nordleitung Görries-Krümmel  zur sicheren und zukunftsfähigen Stromversorgung Hamburgs bei.

Und entkleidet man einmal den Begriff konventionell seines uncoolen Beiklangs, dann weiß man, dass dieses konventionelle Kohlekraftwerk in Moorburg nicht nur viel Strom erzeugt, sondern dass es einen der bestmöglichen Wirkungsgrade in ganz Europa erzielt.

Meine Damen und Herren,
noch einmal zurück zum Thema kluge Alternativen. Was einer zukunftsfähigen Energiepolitik nicht hilft, gerade auch nicht im Zeichen der Energiewende, ist ein wechselseitiges Beharren auf einzig denkbaren Ideallösungen, von denen bisher noch keine der Versorgungssicherheit oder dem Weltklima geholfen hat.  

Moorburg hat die energie- und umweltpolitischen Diskussionen in unserer Stadt über Jahre geprägt. Geplant wurde dieses Kraftwerk seit 2004, also weit vor dem Reaktorunglück von Fukushima, das auch für Deutschland indirekt folgenreich war. Auch 2004 und noch viel früher wurde über den Ausstieg aus der Kernenergie diskutiert und nicht nur das: Vereinbarungen zwischen einer früheren Bundesregierung und der Energiewirtschaft ließen einen schrittweisen Ausstieg näher rücken so schien es. Perspektivisch sollte Moorburg schon damals Atomkraftanteile substituieren, weil man trotz allem wusste: gleichzeitig aus Kernkraft und Kohle aussteigen zu wollen, war eine romantische, nicht wirklich realistische Vorstellung.
 
Deutschland hat dann Jahre später erneut die Energiewende und, nunmehr deutlich radikaler, den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen.

Wenn ein kurzer Blick über unsere Grenzen angebracht ist: Den Ausstieg wird es nicht überall geben. Dennoch habe ich dieser Tage auch in China erläutern dürfen, unter anderem, was wir in Deutschland genauer unter der Energiewende verstehen. Und meinerseits Neues gelernt über dortige Ziele, die anders sind und doch bei allen Unterschieden in der Größe und politischen Verfasstheit mit der gleichen grundsätzlichen Kybernetik umgehen oder einfacher gesagt: mit den gleichen Kugeln jonglieren müssen. Denn das Prosperieren einer Industriegesellschaft hängt überall sehr wesentlich davon ab, ob es ihr gelingt, die benötigte Energie zu erzeugen oder zu beschaffen und sie verfügbar zu halten. Und zwar so, dass sie

  • erstens: versorgungssicher,
  • zweitens: wirtschaftlich,
  • drittens: nachhaltig umweltverträglich

den Unternehmen und den Verbrauchern zur Verfügung steht. Wobei es keinen Unterschied macht, in welcher Reihenfolge man die Ecken dieses Zieldreiecks aufzählt, denn alle drei sind unverzichtbar.

In jüngerer Zeit haben wir besser erkannt, dass es eigentlich ein Zielviereck ist. Denn Sicherheit darf nicht nur die Sicherheit der Versorgung, sondern muss auch die Sicherheit der Bewohner und der Beschäftigten bei der Energieerzeugung bedeuten. Was mir erlaubt, an dieser Stelle den 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die am und im Kraftwerk Moorburg arbeiten, sowie zusätzlich weiteren 250 Personen von Dienstleistern in den Bereichen Logistik, Reinigung, Labor, Wartung und Sicherheit zu danken und ihnen jetzt und in Zukunft Glück, Erfolg und Zufriedenheit wünschen.

Meine Damen und Herren,
in sehr kurzer Zeit hat es in der Energiewirtschaft große Umbrüche gegeben, die die großen Energieversorger vor nicht minder große Herausforderungen stellen wie die Groß- und Kleinverbraucher auf der anderen Seite.
 
Hamburg ist eine auf Wachstum ausgerichtete Metropole. Sie wird auch zukünftig einen wichtigen Beitrag zu einem prosperierenden Deutschland leisten. Sie alle kennen das ehrgeizige Ausbauprogramm des Senats im Wohnungsbau; gerade im innerstädtischen Bereich ist die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen hoch und sie wird durch verstärkte Zuwanderung noch steigen.

Auch und vor allem hat Hamburg viele stromintensive Großverbraucher und die Stadt ist stolz, sie am Standort zu haben. Sie kann und will nicht auf sie verzichten. Ob Stahl, Kupfer und Aluminium, aber auch Flugzeugbau oder Wissenschaftsbetriebe wie das Deutsche Elektronen-Synchrotron, DESY, sie alle hätten es ohne eine verlässliche und preisgünstige Stromversorgung schwer am Standort Hamburg. Klima-Großrechner würden dann übrigens auch keine realistischen Szenarien mehr errechnen.
 
Wir werden auch zukünftig effiziente Kraftwerke brauchen, die Strom preisgünstig, zuverlässig und mit hohem Ausnutzungsgrad dessen, was wir aus der Erde herausfördern, zur Verfügung stellen können. Dass die Menschheit perspektivisch nicht mehr den früheren und heutigen Bedarf an großen Kraftwerken haben wird, dass sie zukünftig noch mehr Strom aus Wind und Sonne produzieren wird, vernehme ich als uneingeschränkter Befürworter, sogar als Fan der Regenerativen mit Interesse. Eines ist klar. Der immer größere Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion beeinflusst Investitionsstrategien. So ein Kraftwerk wie Moorburg erfordert mittlerweile milliardenschwere Investitionen. Es läuft vermutlich 40 oder 50 Jahre und es werden sich nicht viele Erzeuger solch eine Investition trauen. Das Kraftwerk Moorburg ist also zugleich modernste Technik und doch vielleicht in Deutschland eines der letzten seiner Art, das ans Netz geht.

In meinen Dank von vorhin schließe ich nunmehr ein: alle, die als Planer, Konstrukteure, Bauleiter, Baufirmen, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Anlage fertiggestellt haben; alle, die in der städtischen Verwaltung dieses Projekt mit viel Engagement und fachlicher Expertise begleitet, unterstützt und genehmigt haben; und natürlich das Unternehmen Vattenfall, das uns weiterhin als wichtiger Versorger und ein großer Arbeitgeber in Hamburg und der Metropolregion zur Seite stehen wird.

Vielen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.